Waren im deutschsprachigen Raum noch bis ins 19. Jahrhundert hauptsächlich die Kirchen Schulträger, so ist es heute der Staat, der alle schulischen Angelegenheiten regelt: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“, heißt es im Grundgesetz laut Artikel 7 Absatz 1. [...]
Da das gesamte politische System der Bundesrepublik Deutschland föderalistisch organisiert ist, betrifft dies auch die Bildungspolitik. Bund, Ländern und Kommunen kommen hier jeweils verschieden gewichtete Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu. Wer auf die Geschichte des deutschen Bildungswesens zurückblickt, stellt schnell fest, dass die Bundesländer hier eine besondere Rolle einnehmen. [...]
Waren im deutschsprachigen Raum noch bis ins 19. Jahrhundert hauptsächlich die Kirchen Schulträger, so ist es heute der Staat, der alle schulischen Angelegenheiten regelt1: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates“, heißt es im Grundgesetz laut Artikel 7 Absatz 1. Außerdem ist die Errichtung privater Schulen gewährleistet (Art. 7 Abs. 4 GG), wobei die privaten Schulen als Ersatz, für öffentliche Schulen, einer Genehmigung bedürfen, und den Landesgesetzen unterstehen. Private Volksschulen (Art. 7 Abs. 5 GG) dürfen nur unter bestimmten Auflagen gegründet werden. Vorschulen gibt es lt. Grundgesetz nicht (Art. 7 Abs. 6 GG).
Da das gesamte politische System der Bundesrepublik Deutschland föderalistisch organisiert ist, betrifft dies auch die Bildungspolitik. Bund, Ländern und Kommunen kommen hier jeweils verschieden gewichtete Aufgaben- und Kompetenzbereiche zu. Wer auf die Geschichte des deutschen Bildungswesens zurückblickt, stellt schnell fest, dass die Bundesländer hier eine besondere Rolle einnehmen. In Bildungsangelegenheiten besitzen sie traditionell ohnehin eine große Stärke, die in der Zeit des Nationalsozialismus noch gefestigt wurde und heute durch verschiedenste politische Entwicklungen zu einer großen Autonomie gewachsen ist.2
Auf Bundesebene ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung lediglich maßgeblich für die Gesetzgebung im Bereich der außerschulischen Bildung, der Ausbildungsförderung und unterstützt außerdem die Forschung durch finanzielle Mittel.3 4 Daneben gibt es auch Bereiche, in denen Bund und Länder zusammenwirken. Gemeinsam sind ihnen die Aufgaben zur Förderung von Wissenschaft und Forschung (Art. 91b Abs. 1 GG) sowie „zur Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich und bei diesbezüglichen Berichten und Empfehlungen“ (Art. 91b Abs. 2 GG).
Der größte Aufgaben- und Kompetenzbereich in der föderalistischen Bildungspolitik fällt in der BRD den Ländern zu. Das Schulwesen untersteht der “Kulturhoheit“ der einzelnen Bundesländer, wobei die höchste Behörde für das Schulsystem eines Landes das jeweilige Kultusministerium ist. Die Kultusministerien sind zuständig für die Schulaufsicht, die in den Bundesländern unterschiedlich organisiert ist, und deren Aufgabe die Organisation, Planung, Leitung und Beaufsichtigung des Schulwesens ist. Dazu gehören auch die Bestimmungen von Unterrichtsinhalten, Ausbildungsgängen und Lehrmitteln5, der Klassenstärke, der Lehrer- Schüler-Relation6, der Dauer der Schulstunden, sowie der Lehrerausbildung und die Verwaltung des Lehrpersonals7 etc.. Im Rahmen der Schulaufsicht beraten und kontrollieren Schulräte die Schulen und Lehrer in Bezug auf den Unterricht. Die Umsetzung der Schulaufsicht obliegt in erster Linie den jeweils zuständigen Landesparlamenten und Kultusministern, wobei der Begriff der Schulhoheit lediglich die gesetzgebende und planende Funktion von Ministerium und Parlament bezeichnet.8 Die Kultusministerkonferenz (KMK) ist ein freiwilliger Zusammenschluss der verschiedenen Kultusminister der 16 Bundesländer und spielt unter Anderem in Bezug auf das Schulsystem eine große Rolle. In der Konferenz wird versucht, „formale Gleichheit in der Ausgestaltung der Pflichtschulzeit und der Bildungsabschlüsse zu gewährleisten“9.
Die einzige selbstauferlegte Einschränkung der Länder ist, dass die innerhalb der einzelnen Länder erreichten Schulabschlüsse so gestaltet werden müssen, dass die anderen Bundesländer sie als den Abschlüssen in ihrem Land gleichwertig anerkennen10. Hierdurch wird für die Schülerinnen und Schüler Mobilität gewährleistet, sodass sie ihren Bildungsweg auch in anderen Bundesländern fortsetzen können.
„Das Verhältnis zwischen kommunaler Selbstverwaltung und staatlicher Schulaufsicht ist in einer komplizierten (und in den Bundesländern unterschiedlichen) Kompetenz- und Lastenverteilung austariert, die auf der Trennung von inneren und äußeren Schulangelegenheiten beruht.“11 Die inneren Schulangelegenheiten fallen in den Bereich der Landesebene, denn sie betreffen Fragen der Unterrichtsgestaltung. Die staatliche Schulbehörde regelt also - durch die Bestimmung von Zielen, Organisation und Inhalt des Unterrichts- den inneren Schulbetrieb.12 Für Fragen der äußeren Schulangelegenheiten - wie der Sachausstattung von Schulen, Grundstücke, Gebäude und deren Finanzierung - sind die kommunalen Behörden zuständig.13 Verfassungsrechtlich betrachtet kann hier allgemein der Grundsatz gelten: „Die Gemeinde baut (…) der Schule das Haus; Herr im Haus aber ist der Staat“14.
Die Trennung der verschiedenen Zuständigkeiten auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene soll durch die so entstehende Machtverteilung einerseits die Qualität des Schulsystems sichern. Wie Zahnräder greifen die verschiedenen Regelungen und Institutionen im besten Fall ineinander, und gewährleisten eine gegenseitige Kontrolle. Probleme, die hier entstehen sind beispielsweise der Mehraufwand an Bürokratie, verlangsamte Reformen durch den Föderalismus, sowie ein dichtes Geflecht von Kompetenzzuschreibungen und Aufgabenbereichen, kurz: ein „Zuständigkeitschaos“.
Ab dem ersten Lebensjahr besteht in der Bundesrepublik für Kinder die Möglichkeit, Kinderkrippen und Kindergärten zu besuchen. Ab dem dritten Lebensjahr hat sogar jedes Kind einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz, wobei der Besuch des Kindergartens freiwillig ist. Weder Kinderkrippen noch Kindergärten sind aber Teil des Schulsystems, sondern der Jugendhilfe15. Der Schulbesuch ist für die Schülerinnen und Schüler zwar bis auf einen geringen Eigenanteil der Lehrmittel kostenlos16, aber nicht mehr freiwillig. Spätestens mit der Einschulung - je nach Bundesland zwischen dem vollendeten fünften und dem vollendeten sechsten Lebensjahr - beginnt die Schulpflicht. Von einigen Abweichungen abgesehen, ist der Stichtag zum Beginn der Schulpflicht in den meisten Bundesländern für alle Kinder, die bis zum 30. Juni eines Jahres das sechste Lebensjahr vollendet haben, der erste August. Unter bestimmten Umständen gibt es in einigen Ländern die Möglichkeit, ein Kind auch früher einzuschulen, bzw. um ein Jahr - zwecks spezieller Förderung - zurückzustellen. Die Schulpflicht ist gesetzlich in den verschiedenen Landesverfassungen
Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 148
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1 Blömeke, S., Herzig, B., & Tulodziecki, G. (Hrsg.). (2007). Gestaltung von Schule. Eine Einführung in Schultheorie und Schulentwicklung. Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt., S. 100
2 Ebenda, S. 98
3 http://deutschland.dasvonmorgen.de/de/90.php
4 Cortina, K. S., Baumert, J., Leschinsky, A., Mayer, K. U., & Trommer, L. (Hrsg.). (2008). Das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 145 f.
5 Cortina, K. S., Baumert, J., Leschinsky, A., Mayer, K. U., & Trommer, L. (Hrsg.). (2008). Das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 147
6 Blömeke, S., Herzig, B., & Tulodziecki, G. (Hrsg.). (2007). Gestaltung von Schule. Eine Einführung in Schultheorie und Schulentwicklung. Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt., S. 100,f.
7 Cortina, K. S., Baumert, J., Leschinsky, A., Mayer, K. U., & Trommer, L. (Hrsg.). (2008). Das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 148
8 Cortina, K. S., Baumert, J., Leschinsky, A., Mayer, K. U., & Trommer, L. (Hrsg.). (2008). Das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 148
9 Blömeke, S., Herzig, B., & Tulodziecki, G. (Hrsg.). (2007). Gestaltung von Schule. Eine Einführung in Schultheorie und Schulentwicklung. Bad Heilbrunn/Obb.: Klinkhardt., S. 99
10 Ebenda, S. 97
11 Cortina, K. S., Baumert, J., Leschinsky, A., Mayer, K. U., & Trommer, L. (Hrsg.). (2008). Das Bildungswesen der Bundesrepublik Deutschland: Strukturen und Entwicklungen im Überblick. Reinbek bei
12 Ebenda, S. 148
13 Ebenda, S. 148
14 Anschütz, 1933, S. 668
15 Ebenda, S. 103
16 Ebenda, S. 114
- Arbeit zitieren
- Jana Zimmermann (Autor:in), 2013, Das Schulsystem der BRD. Struktur und Organisation in einem föderalistischen Bildungssystem, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293890
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