Bourdieus Konzeption geht von der Annahme aus, dass die verschiedenen Lebensstile vor allem Ausdruck verschiedener Klassenzugehörigkeiten sind und die „Geschmäcker“ und Lebensstile mit der Klassenzugehörigkeit korrelieren. Um diese Korrelation zwischen den Geschmäckern und Lebensstilen mit der Klassenzugehörigkeit zu erfassen, wird diese Arbeit wie folgt aufgebaut: Zunächst wird Bourdieus These im Vergleich zu zwei anderen Thesen von Beck und Schulz diskutiert. Als Kultursoziologe beschäftigt sich Bourdieu mit der subjektiven Alltagpraxis konkreter Individuen, die er jedoch ausschließlich als Repräsentantinnen und Repräsentanten einer Gruppe mit bestimmten sozioökonomischen Merkmalen versteht. Er bindet objektive Strukturen immer an die Alltagspraxis zurück. Bourdieu hat daher den Versuch in seiner Habitustheorie unternommen, die herkömmliche Sozialstrukturanalyse mit den verschiedenartigen Lebensstilen zu kombinieren. Dabei richtet er seine Aufmerksamkeit vor allem auf die drei Geschmacks-Dimensionen, die mit entsprechenden sozialen Räumen bzw. Klassenzugehörigkeiten verbunden sind. Als Unterscheidungskriterium für die Klassenzugehörigkeit dient hierbei der Besitz der Kapitalformen des kulturellen Kapitals, d.h. der Schulausbildung, und des sozialen Kapitals, der förderlichen Beziehungen, überlagert das ökonomische Kapital. In diesem Sinne wird anschließend die Kultursoziologie Bourdieus dargestellt. Dieser Schritt ist in drei Teile Struktur, Habitus und Praxis/Geschmack aufgeteilt. Struktur-Habitus-Praxis ist die allgemeine Formel, die Bourdieu unterschiedslos auf alle Gesellschaftstypen anwendet. In einem letzten Schritt wird über die Schlussfolgerung der These Bourdieus und deren Kritik diskutiert.
Inhalt
I. Einleitung
II. Einstieg
III. Die Kultursoziologie Bourdieus
3.1. Struktur
3.1.1 Kapitalsorten
a) Ökonomisches Kapital (die grundlegende Kapitalsorte)
b) Soziales Kapital
c) Kulturelles Kapital
1) Inkorporiertes Kulturkapital
2) Objektiviertes Kulturkapital
3) Institutionalisiertes Kulturkapital
3.1.2 Dimension
3.2. Habitus
3.3. Praxis/Geschmack
3.3.1 Der legitime Geschmack
3.3.2 Der mittlere Geschmack
3.3.3 Der populäre Geschmack
4. Zusammenfassung
5. Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Bei der vorliegenden Hausarbeit handelt sich um die Ausarbeitung eines Referates, das im Rahmen des Seminars Sozialstruktur und Lebensstile zum Thema „Geschmäcker und Lebensstile in der Welt der Klassenkämpfe. Grundzüge von Bourdieus Theorie der Distinktion“ vorgetragen wurde. Der Haupttext dieser Arbeit ist das Hauptwerk Bourdieus „Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“[1], das eine empirisch und theoretisch sehr aufwendige Studie ist.
Was und wie man ißt, wie man sich einrichtet, usw., ist nach dem französischen Soziologen Pierre Bourdieu keine persönliche Geschmacksache mehr. Nach ihm muß Geschmack nicht als etwas Individuelles, sondern immer als etwas Gesellschaftliches gesehen werden. Mit seiner Geschmacktheorie gründet er ein neues Klassifikationssystem, eine neue Klassentheorie. Er vertritt die These, daß Klassenzugehörigkeit am deutlichsten in differentiellen Lebensstilen zum Ausdruck kommt und sich deshalb „Geschmack“ als bevorzugtes Merkmal von `Klasse´ anbietet.[2]
In der westdeutschen Soziologie hat erst seit Ende der 80er Jahre eine intensivere Rezeption Bourdieus begonnen. In den letzten Jahren wurden nach Bourdieu systematisch und vielschichtig die Zusammenhänge zwischen Sozialstruktur und Kultur analysiert. Kultur ist für ihn das entscheidende Medium zur Reproduktion der Klassenstrukturen in spätkapitalistischen Konsumgesellschaften. Sein Interesse gilt dem Verhältnis von Kultur, Herrschaft und sozialer Ungleichheit. Um den Zusammenhang zwischen Kultur, Herrschaft und Ungleichheit im einzelnen aufzudecken, muß der Zusammenhang zwischen Klasse und Klassifikation vertieft und abschließend seine Erkenntnissoziologie und ästhetische Theorie betrachtet werden.[3]
Seine Gesellschaftstheorie ist daher als soziokulturelle Klassentheorie angelegt, die den Zusammenhang zwischen Klassenlagen und -positionen, Bildungspartizipation, Kulturkonsum und Lebensstilen zum Gegenstand hat. Es dient also die Kultur und der Lebensstil als Mittel zur Identitätsfindung und zur Distinktion. Man unterscheidet sich von anderen durch seinen Geschmack und Lebensstil. Da die in der Kindheit geprägte „Lebensstilkultur“ als ziemlich konstant angesehen wird, werden Kultur und Lebensstil zum „hauptsächlichen Medium der Reproduktion von Klassenstrukturen“.[4] Dabei hat Bourdieu sich mit der Frage beschäftigt, wie die Ungleichheit der schulischen Leistungen von Kindern aus verschiedenen sozialen Klassen entsteht.
Bourdieus Konzeption geht von der Annahme aus, daß die verschiedenen Lebensstile vor allem Ausdruck verschiedener Klassenzugehörigkeiten sind und die „Geschmäcker“ und Lebensstile mit der Klassenzugehörigkeit korrelieren. Um diese Korrelation zwischen den Geschmäckern und Lebensstilen mit der Klassenzugehörigkeit zu erfassen, wird diese Arbeit wie folgt aufgebaut:
Ich halte es für sinnvoll, zunächst Bourdieus These im Vergleich zu zwei anderen Thesen von Beck und Schulz zu diskutieren. Als Kultursoziologe beschäftigt sich Bourdieu mit der subjektiven Alltagpraxis konkreter Individuen, die er jedoch ausschließlich als Repräsentantinnen und Repräsentanten einer Gruppe mit bestimmten sozioökonomischen Merkmalen versteht. Er bindet objektive Strukturen immer an die Alltagspraxis zurück. Bourdieu hat daher den Versuch in seiner Habitustheorie unternommen, die herkömmliche Sozialstrukturanalyse mit den verschiedenartigen Lebensstilen zu kombinieren. Dabei richtet er seine Aufmerksamkeit vor allem auf die drei Geschmacks-Dimensionen, die mit entsprechenden sozialen Räumen bzw. Klassenzugehörigkeiten verbunden sind. Als Unterscheidungskriterium für die Klassenzugehörigkeit dient hierbei der Besitz der Kapitalformen des kulturellen Kapitals, d.h. der Schulausbildung, und des sozialen Kapitals, der förderlichen Beziehungen, überlagern das ökonomische Kapital. In diesem Sinne wird anschließend die Kultursoziologie Bourdieus dargestellt. Dieser Schritt ist in drei Teile Struktur, Habitus und Praxis/Geschmack aufgeteilt. Struktur-Habitus-Praxis ist die allgemeine Formel, die Bourdieu unterschiedslos auf alle Gesellschaftstypen anwendet. In einem letzten Schritt wird über die Schlußfolgerung der These Bourdieus und deren Kritik diskutiert.
II. Einstieg
Die allgemeine Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten wird von keinem Soziologen in Frage gestellt. Beck spricht von dem „Fahrstuhl-Effekt“,[5] Schulze bezeichnet dies als „Vermehrung der Möglichkeiten“[6] und Bourdieu als „Verschiebung der Struktur“.[7] Die Konsequenzen aus dieser Strukturveränderung werden jedoch sehr unterschiedlich gedeutet.
Beck zieht mit seiner Individualisierungstheorie den Schluß, daß zwar die Unterschiede zwischen den verschiedenen, vertikal angeordneten Schichten noch immer existieren, aber ihre soziale Relevanz verloren haben. Jedes Individuum kann in seiner neuen Unabhängigkeit seinen eigenen Weg und Lebensstil wählen und ist nicht mehr in Klassen gefangen. Individuelle Präferenzen ersetzen den Klassenkampf.
Schulze bestreitet mit seinem Bild von einer Erlebnisgesellschaft ebenso wenig wie die beiden anderen Autoren die Existenz von einer ungleichen Verteilung von Ressourcen unter der Bevölkerung, möchte diese Schichten jedoch nicht als gesellschaftlichen Kampf zwischen verschiedenen Klassen verstanden wissen, sondern als soziale Ferne, als Pluralisierung und Aufsplittung in verschiedene Lebensstile in „geschichtete“ Milieus. Diese sind aber nicht nach Kriterien von oben und unten, sondern nach Alter und Bildungsgrad getrennt. Erlebnisorientierung läßt dem Klassenkampf und Streben nach oben kaum Raum. Bourdieu spricht demgegenüber von einer Klassengesellschaft, in der die verschiedenen Lebensstile Ausdruck verschiedener Klassenzugehörigkeiten und Mittel der Auseinandersetzung sind.
Beck und Schulze vertreten die These, daß die Wahl des Lebensstils unabhängig von der Stellung in der sozialen Ungleichheitsstruktur geschieht. Beck begründet dies allerdings damit, daß der Mensch ein unabhängiges Individuum ist und seinen persönlichen Lebensstil entwickelt. Nach Schulze ist der Mensch erlebnisorientiert und wählt sich ein Milieu mit einem bestimmten Lebensstil. In Abgrenzung zu Schulze und Beck vertritt Bourdieu also die These, daß die Lebensstile der Menschen abhängig von ihrer Klassenzugehörigkeit sind. Es gibt eine homologe Beziehung zwischen dem Raum der sozialen Positionen und dem Raum der Lebensstile.
III. Die Kultursoziologie Bourdieus
Struktur - Habitus - Praxis (Geschmack)
Um die Überwindung zwischen Objektivismus und Subjektivismus zu gewinnen, knüpft Bourdieu am Praxiskonzept des frühen Marx an und entwickelt seinen theoretischen Ansatz als Ökonomie der Praxis. Diese praxeologische Perspektive beruht im Kern auf der allgemeinen Reproduktionsformel Struktur-Habitus-Praxis und der Annahme einer Universalität von Status- und Klassenkämpfen. Alle Handlungen sind ökonomische und auf die Maximierung materiellen und symbolischen Gewinns ausgerichtet.[8]
Denn es ist ein grundlegendes Axiom der „allgemeinen Wissenschaft der Ökonomie praktischer Handlungen..., alle Handlungen und selbst noch jene, die sich als interesselose oder zweckfreie, also von der Ökonomie befreite verstehen, als ökonomische, auf die Maximierung materiellen oder symbolischen Gewinns ausgerichtete Handlungen zu begreifen“.[9] Der Reproduktionsprozeß kann vereinfacht so vorgestellt werden, daß eine Struktur bestimmte Dispositionen bei Individuen oder Gruppen ausprägt, die zu praktischen Handlungen und einer strategischen Praxis führen.
3.1. Struktur
Die Struktur der Gesellschaft ergibt sich aus der ungleichen Verteilung von Ressourcen (Kapitalsorten) Als Unterscheidungskriterium für die Klassen-zugehörigkeit dient nach Bourdieu im wesentlichen hierbei der Besitz von ökonomischen, sozialem und kulturellem Kapital.
[...]
[1] Original erschien das Buch „Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“ auf französisch im Jahr 1979.
[2] Vgl.Müller, 1986: S. 162
[3] Vgl. Müller, 1986: S. 172
[4] Müller, 1995: S.929
[5] Beck: S. 122
[6] Schulze: S. 54
[7] Bourdieu, FU: S.72
[8] Vgl. Bourdieu, 1979: S. 356f
[9] Bourdieu, 1979: S. 356f
- Citation du texte
- MA. Mansoon Ahn (Auteur), 1998, Geschmäcker und Lebensstile in der Welt der Klassenkämpfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/29342
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