Träume spielen im Denken und Handeln der Menschen eine wichtige Rolle. Nach LATACZ ist „das Träumen [...] ein universales Phänomen [...] unabhängig von der historischen Zeit, vom historischen Ort, von der Rasse; es ist für den Menschen lebensnotwendig, und es ist wegen der so täuschend echten Realitätsillusion, die es zu erzeugen vermag, zutiefst beunruhigend“ (1984, 10).
Träume haben eine besondere Magie. Sie sind die Sekunden, in denen man passiv ist. Man tut nichts, aber gleichzeitig macht man alles. Man sieht und hört und man kann alles sein und haben, was man in der Wirklichkeit nicht ist oder nicht hat. Während wir im Wachzustand eine gemeinsame Welt mit den anderen Menschen haben, besitzen wir aber in den Träumen eine ganz andere, eine eigenartige Welt, die nur zu uns gehört. Diese Welt nennt Heraklitos ídios kósmos, nämlich die Welt der Träume. Er sagt dazu in seinen Fragmente: „Die Wachen haben eine einzige und gemeinsame Welt. Im Schlafe wendet sich
jeder der eigenen zu“ (NEEßE: 1982, 103).
Die Menschen sind immer in allen Epochen und Kulturen von diesen täglichen und nächtlichen Eindrücken der Träume fasziniert und gleichzeitig beunruhigt gewesen. Träume sind allgemeine menschliche Erfahrung. Wie WEBER bemerken hat, träumte jeder vom Kaiser bis zum Sklaven, Männer und Frauen, und es wurde eher als bemerkenswert angesehen, wenn jemand nicht träumte (2003, 21). Träume versuchte man immer in
verschiedener Art und Weise zu deuten. Es wurde nach ihren Sinn und Nutzen gefragt. Deswegen stellt die Literatur aller Zeiten schon von Anfang an öfters Träume, deren
Deutungsversuche und Erklärungen dar.
In der Literatur des Mittelalters spielen Träume eine ganz besondere Rolle. Das Ziel der Arbeit ist es herauszuarbeiten, welche Rollen und Funktionen die Tier-Träume in der mittelalterlichen Literatur haben. Es gibt viele verschiedene Träume in der mittelalterlichen Literatur, aber es ist nicht möglich im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit alle Träume zu untersuchen. Besonders erscheint es mir interessant, die Tiere in den weiblichen Träumen zu untersuchen. In zwei kanonischen Werken, dem Nibelungenlied und Parzival, werden die Tier-Träume von zwei wichtigen Figuren geträumt. Das Anliegen meiner Arbeit ist es, diese Träume zu untersuchen. Dabei möchte ich mich auf die wichtige Studie SPECKENBACHs beziehen, die sich mit der Traumdeutung in der Literatur des Mittelalters beschäftigt. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Zum Traum in der Antike
- 1.1. Träume und ihre Funktionen in der antiken Literatur
- 1.1.1. Penelopes Gänsetraum
- 1.1.2. Klytaimnestras Drachentraum
- 1.2. Allgemeines zum Traum und zur Traumdeutung im Mittelalter
- 1.2.1. Traum in der mittelalterlichen Literatur
- 2. Tiere in den weiblichen Träumen im Mittelalter
- 2.1. Kriemhilds Träume im Nibelungenlied
- 2.1.1. Kriemhilds Falkentraum
- 2.1.1.1. Falke im Mittelalter
- 2.1.1.2. Zur symbolischen Bedeutung des Falken im Nibelungenlied
- 2.1.1.3. Adler im Mittelalter
- 2.1.1.4. Zur symbolischen Bedeutung des Adlers im Nibelungenlied
- 2.1.2. Kriemhilds Ebertraum
- 2.1.2.1. Eber im Mittelalter
- 2.1.2.2. Zur symbolischen Bedeutung des Ebers im Nibelungenlied
- 2.1.3. Funktionen der Träume in der Handlung
- 2.2. Herzeloydes Traum im Parzival
- 2.2.1. Herzeloydes Drachentraum
- 2.2.1.1. Drache im Mittelalter
- 2.2.1.2. Zur symbolischen Bedeutung der Drachen im Parzival
- 2.2.2. Funktionen des Traums in Parzivals Leben und in der Handlung
- 3. Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rolle und Funktion von Tierträumen in der mittelalterlichen Literatur, fokussiert auf weibliche Figuren. Das Hauptziel ist es, die Bedeutung dieser Träume im Kontext der jeweiligen Erzählungen zu analysieren und ihre Funktion innerhalb der Handlung aufzuzeigen. Die Studie beschränkt sich auf ausgewählte Beispiele aus dem Nibelungenlied und Parzival.
- Die Bedeutung von Träumen in der mittelalterlichen Kultur und Literatur.
- Symbolische Interpretation von Tieren in Träumen.
- Die Funktion von Träumen als Vorhersagemittel in der Erzählung.
- Der Einfluss von Träumen auf das Leben und Handeln der weiblichen Figuren.
- Vergleichende Analyse von Traumsymbolen in verschiedenen literarischen Werken.
Zusammenfassung der Kapitel
0. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Traumdeutung in der Literatur ein und betont die universelle Bedeutung von Träumen in allen Kulturen und Epochen. Sie stellt die zentrale Forschungsfrage nach der Rolle und Funktion von Tierträumen in der mittelalterlichen Literatur vor und umreißt den Fokus der Arbeit auf weibliche Figuren im Nibelungenlied und Parzival. Die Einleitung betont die besondere Faszination und Beunruhigung, die Träume seit jeher ausgelöst haben und verweist auf die Notwendigkeit der Interpretation ihrer Bedeutung und ihres Nutzens. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die spezifischen Funktionen der Tierträume in den ausgewählten Texten zu analysieren.
1. Zum Traum in der Antike: Dieses Kapitel liefert einen historischen Kontext, indem es die Bedeutung von Träumen in der antiken Literatur beleuchtet. Es werden ausgewählte Beispiele aus der Antike präsentiert und analysiert, um die Tradition der Traumdeutung und ihre verschiedenen Funktionen zu veranschaulichen. Der Fokus liegt auf der Untersuchung der Rolle von Träumen als Vorzeichen, sowie auf dem Verständnis von Träumen als Ausdruck des Unterbewusstseins und seiner Bedeutung für die Handlungsentwicklung. Es werden ausgewählte antike Beispiele erörtert, die die verschiedenen Auslegungen und Interpretationen von Träumen der Antike verdeutlichen.
2. Tiere in den weiblichen Träumen im Mittelalter: Dieses Kapitel bildet den Kern der Arbeit. Es analysiert detailliert die Tierträume von Kriemhild (Nibelungenlied) und Herzeloyde (Parzival). Die Analyse betrachtet die jeweiligen Tiere und ihre symbolische Bedeutung im mittelalterlichen Kontext, setzt sie in Beziehung zu den Ereignissen der Handlung und untersucht den Einfluss dieser Träume auf das Leben und Handeln der jeweiligen Figuren. Die Kapitel analysieren, wie die Träume die Handlung vorantreiben und die Charakterentwicklung beeinflussen. Es wird auch erörtert, wie die Traumsymbole zur Gesamtdeutung der jeweiligen Texte beitragen.
Schlüsselwörter
Träume, Traumdeutung, Mittelalterliche Literatur, Tierträume, Symbolinterpretation, Weibliche Figuren, Nibelungenlied, Parzival, Kriemhild, Herzeloyde, Vorhersage, Handlungsfunktion.
Häufig gestellte Fragen zu: Analyse von Tierträumen in der mittelalterlichen Literatur
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Rolle und Funktion von Tierträumen in der mittelalterlichen Literatur, insbesondere in Bezug auf weibliche Figuren. Der Fokus liegt auf der Interpretation der symbolischen Bedeutung dieser Träume und ihrer Auswirkungen auf die Handlung der jeweiligen Erzählungen.
Welche Texte werden untersucht?
Die Studie konzentriert sich auf ausgewählte Beispiele aus dem Nibelungenlied und Parzival. Im Mittelpunkt stehen die Träume von Kriemhild (Nibelungenlied) und Herzeloyde (Parzival).
Welche Tierträume werden im Detail analysiert?
Die Analyse umfasst Kriemhilds Falkentraum, Ebertraum und (implizit) Herzeloydes Drachentraum im Parzival. Für jeden Traum wird die symbolische Bedeutung der Tiere im mittelalterlichen Kontext untersucht und in Beziehung zur Handlung gesetzt.
Wie wird die symbolische Bedeutung der Tiere bestimmt?
Die Arbeit untersucht die symbolische Bedeutung der Tiere (Falke, Eber, Drache) im mittelalterlichen Kontext. Die Interpretation der Symbole wird mit Bezug auf die jeweilige Erzählung vorgenommen, um die Funktion der Träume im Gesamtkontext zu verstehen.
Welche Funktion haben die Träume in den Erzählungen?
Die Träume fungieren als Vorhersagemittel, treiben die Handlung voran und beeinflussen das Leben und Handeln der weiblichen Figuren. Die Analyse untersucht, wie die Träume zur Charakterentwicklung und zur Gesamtdeutung der Texte beitragen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Bedeutung von Träumen in der Antike, ein zentrales Kapitel zur Analyse von Tierträumen im Mittelalter (Nibelungenlied und Parzival) und eine Schlussbemerkung. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz vor, das Kapitel zur Antike liefert einen historischen Kontext, das Hauptkapitel analysiert die Tierträume, und die Schlussbemerkung fasst die Ergebnisse zusammen.
Wie wird die Antike in die Analyse einbezogen?
Das Kapitel über die Antike liefert einen historischen Kontext, indem es die Bedeutung von Träumen in der antiken Literatur beleuchtet und verschiedene Funktionen von Träumen veranschaulicht. Es dient dazu, die Tradition der Traumdeutung aufzuzeigen und die Analyse der mittelalterlichen Träume zu kontextualisieren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Träume, Traumdeutung, Mittelalterliche Literatur, Tierträume, Symbolinterpretation, Weibliche Figuren, Nibelungenlied, Parzival, Kriemhild, Herzeloyde, Vorhersage, Handlungsfunktion.
Was ist das Hauptziel der Arbeit?
Das Hauptziel ist die Analyse der Bedeutung von Tierträumen im Kontext der mittelalterlichen Erzählungen und die Untersuchung ihrer Funktion innerhalb der Handlung, insbesondere in Bezug auf die weiblichen Figuren Kriemhild und Herzeloyde.
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- Elif Esen (Author), 2012, Träume weiblicher Figuren in der deutschen Literatur des Mittelalters, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/293367