Im Verlauf ihrer Geschichte hat sich die Musik als kulturelles und ökonomisches Gut immer wieder Modifikationen unterzogen und technologische Entwicklungen durchlebt.
Mit dem Aufkommen des Internets und dem Beginn des “Digitalen Zeitalters“, das ein Set neuer Technologien hervorbrachte, ist die Musikpraxis und -wirtschaft vor bis dato
unvergleichliche Herausforderungen gestellt worden. Die Loslösung der Musik von ihrem physischen Trägermedium stellt in diesem Kontext eine der innovativsten Entwicklungen
dar und bewirkt seitdem weitreichende Umgestaltungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Branche. Als Reaktion auf diese Genese konnte lange Zeit, insbesondere bei den Major Labels, ein konservatives Festhalten an der gängigen Praxis der Musikindustrie beobachtet werden. Versuche rechtlicher Restriktionen etwa sollten das Aufkommen neuer Implikationen und Konkurrenten weitestgehend unterbinden.
Die strategische Marschroute, eine Abwehrhaltung gegenüber brancheninnovativen Prozessen aufzubauen, offenbarte sich jedoch als nicht ertragsbringendes Kalkül, was sich in starken Umsatzeinbußen ausdrückte.
Es stellt sich daher die Frage, welcher neuen Strategien es seitens der Musikindustrie bedarf, um der Vielschichtigkeit an Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung im Musikmarkt
einhergehen, gerecht zu werden, und trotz des einfachen und meist kostenfreien Zugangs zur Musik im Internet, Erlöse erzielen zu können.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Eingrenzung des Feldes und Methodik
1.3 Untersuchungshypothesen
1.4 Vorgehensweise
2 Theoretisches Fundament
2.1 Feldtheorie von Bourdieu
2.2 Production-of-Culture Ansatz nach Peterson
3 Grundlagen
3.1 Die Beschaffenheit der Musik als Gut
3.2 Ausdifferenzierung der Musikindustrie
3.3 Die Tonträgerindustrie
3.3.1 Die Major-Labels
3.3.2 Independent-Labels
3.3.3 Klassische Wertschöpfungskette der Tonträgerindustrie
3.4 Das digitale Zeitalter
4 Der musikkulturelle Wandel
4.1 Kultureller Paradigmen wechsel
4.1.1 Jazz-Revolution
4.1.2 Rock’n’Roll-Revolution
4.1.3 Digitale Revolution
4.2 Kosten- und Wertschöpfungsstrukturen digitaler Musik
4.3 Online Distributoren
4.3.1 Download to Own
4.3.2 Download to Rent
4.3.3 Music as a Service
4.3.4 Internetradios und webradioähnliche Streaming-Dienste
5 SOZIOKULTURELLER WANDEL
5.1 Verändertes Werte- und Normensystem der Konsumenten
5.1.1 Mobilität und Flexibilität
5.1.2 Pluralität und Individualismus
5.1.3 Datenklau als Kavaliersdelikt
5.1.4 Wertschätzung für digitale Musik
5.2 Retromanie
6 Paradigma 4: Das Zeitalter des Digitalen
6.1 Strukturwandel des Musikmarktes
6.2 Strategieansätze neuer Akteure im digitalen Paradigma
6.3 Eigenständige Erhaltungsstrategien der Tonträgerkonzerne
6.4 Ausbildung einer neuen Musikästhetik? ! - Mashup
7 Fazit
8 Anhang
9 Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Physischer Absatz von Tonträgern in Deutschland von 2001 bis 2012 Beliebteste Geräte bei der mobilen Musiknutzung 2012 Meinung zu einem Leben ohne Handy
Meistverkaufte Alben der Musikgeschichte in Millionen Stück
GfK-Konsumstudie des Veranstaltungsmarktes 2011 - Übersicht über die Entertainment-Märkte
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Einführung
Mit der Digitalisierung verhält es sich wie mit dem Wasser: sie sucht sich ihren Weg. Auch wenn man versucht, die Nutzung zu verhindern oder zu erschweren. Egal, ob mit preislichen oder rechtlichen Instrumenten, man wird den Fortschritt in der Kommunikation und Distribution durch Digitalisierung nicht stoppen können
(Tim Renner 2006).
Fortschreitende Digitalisierungsprozesse lassen sich in nahezu allen Bereichen der Unterhaltungsindustrie wiederfinden. Besonders stark wirkt sich diese Entwicklung auf die Musikindustrie aus, was sich anhand neuer Geschäftsmodelle sowie veränderter Produktions- und Distributionsbedingungen erkennen lässt.
Im Verlauf ihrer Geschichte hat sich die Musik als kulturelles und ökonomisches Gut immer wieder Modifikationen unterzogen und technologische Entwicklungen durchlebt. Mit dem Aufkommen des Internets und dem Beginn des “Digitalen Zeitalters“, das ein Set neuer Technologien hervorbrachte, ist die Musikpraxis und -wirtschaft vor bis dato unvergleichliche Herausforderungen gestellt worden. Die Loslösung der Musik von ihrem physischen Trägermedium stellt in diesem Kontext eine der innovativsten Entwicklungen dar und bewirkt seitdem weitreichende Umgestaltungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Branche. Als Reaktion auf diese Genese konnte lange Zeit, insbesondere bei den Major Labels, ein konservatives Festhalten an der gängigen Praxis der Musikindustrie beobachtet werden. Versuche rechtlicher Restriktionen etwa sollten das Aufkommen neuer Implikationen und Konkurrenten weitestgehend unterbinden. Die strategische Marschroute, eine Abwehrhaltung gegenüber brancheninnovativen Prozessen aufzubauen, offenbarte sich jedoch als nicht ertragsbringendes Kalkül, was sich in starken Umsatzeinbußen ausdrückte.
Es stellt sich daher die Frage, welcher neuen Strategien es seitens der Musikindustrie bedarf, um der Vielschichtigkeit an Möglichkeiten, die mit der Digitalisierung im Musikmarkt einhergehen, gerecht zu werden, und trotz des einfachen und meist kostenfreien Zugangs zur Musik im Internet, Erlöse erzielen zu können.
Die Ablösung der Musik von dem Trägermedium reformierte jedoch nicht alleinig die Industrie, sondern führte auch zu einer Emanzipation des Musikkonsumenten. Durch die Digitalisierung der Musik und den globalen Vernetzungsstrukturen die das Web 2.0 bietet, ist der Rezipient[1] nicht mehr auf das begrenzte Warenangebot diverser Einzelhändler angewiesen. Stattdessen ermöglichen die neu entstandenen Vertriebs- und Geschäftsmodelle im World Wide Web dem Konsumenten, seine Auswahl aus einem nahezu unbegrenzten Angebot treffen zu können.
Da die Werte- und Normenvorstellungen der Anspruchsgruppen den Erfolg der unternehmerischen Tätigkeit maßgeblich bestimmen, ist es „zum Verständnis der Musikindustrie [...] unerlässlich, die Präferenzen der Hörer und Hörerinnen selbst zum Gegenstand einer kritischen Analyse zu machen“ (Gebesmair 2008: 9). Dabei werden aus einer sozial- und kulturwissenschaftlichen Sichtweise heraus grundsätzliche Veränderungen hinsichtlich des Umganges mit und Verständnisses von Musik im digitalen Zeitalter untersucht.
Die Erforschung des musikkulturellen Wandels für das digitale Zeitalter steht daher auch im Fokus der Arbeit. Unter Berücksichtigung der wechselseitig bedingten Bezie- hungs- und Abhängigkeitskonstrukte relevanter Akteure, Formate und Geschäftsmodelle, macht es sich der Autor zur Aufgabe das digitale Zeitalter der Musikindustrie bis zum heutigen Zeitpunkt zu untersuchen.
1.2 Eingrenzung des Feldes und Methodik
Wie in den einführenden Worten bereits angedeutet, zielt diese Arbeit darauf ab, die Untersuchung des Gegenstandsbereiches aus einer interdisziplinären Sichtweise durchzuführen. Da die Anforderungsbereiche der verschiedenen Disziplinen (Wirtschafts-,Kultur-, Sozialwissenschaften etc.) unterschiedlich ausgelegt sind, bedarf es eines For-schungsansatzes, dessen Fokus dem interdisziplinären Charakter von Kulturbetrieben[2] gerecht wird. Das wissenschaftliche Verständnis der Kulturbetriebslehre[3] und des Kulturmanagements[4] setzten an dieser Schnittestelle an. Die Musikindustrie wird in diesem Kontext als Institution verstanden, in der kulturelle Symbole (Musik) zum Gegenstand von Tauschakten gemacht werden, wobei es zur ökonomischen Aufladung der symbolischen Entitäten kommt (Tschmuk 2003: 18).
Das Forschungsfeld der Kulturbetriebslehre verleugnet dabei keineswegs die Tatsache, dass Untersuchungen aus einer rein ökonomischen Betrachtungsweise wichtige Erkenntnisse bezüglich der Produktions-, Distributions- und Rezeptionsweisen von kulturellen Gütern und Dienstleistungen hervorgebracht haben, jedoch wird der besonderen Beschaffenheit und Vielfalt des kulturellen Sektors vermehrt unzureichende Aufmerksamkeit geschenkt (vgl. Hasitschka/ Tschmuck/ Zembylas 2005: 1). Dem Anspruch der Kulturbetriebslehre folgend, beabsichtigt die Arbeit, in ihrer Analyse sowohl die ökonomische als auch die sozial- und kulturwissenschaftliche Perspektive einzubeziehen.
Innerhalb des von der Kulturbetriebslehre aufgespannten Forschungsfeldes bewegt sich die Habilitationsschrift “Kreativität und Innovation in der Musikindustrie“ von Peter Tschmuck, in der er ein Modell der kulturellen Paradigmen für die Musikindustrie des 20. Jahrhunderts entwirft. Methodisch stellt dieses Modell die Basis und den Ausgangspunkt für die Analyse der vorliegenden Arbeit dar.
Tschmucks Werk fußt auf dem von Alfred Smudits entwickelten Schema der Media- morphosen[5]. Darunter fasst dieser „Transformationsprozesse des Kulturschaffens, die auf den Einfluss neuer Kommunikationstechnologien zurückzuführen sind“ (Smudits 2008: 241) zusammen. Nach ihm können dabei bislang fünf Ausprägungen genannt werden:
Die erste grafische Mediamorphose (auch als schriftliche Mediamorphose bezeichnet), welche die Entwicklung der Schrift und - hier besonders relevant - die Notenschrift hervorbrachte. Die zweite grafische Mediamorphose, auch reprografische Mediamorphose genannt, die sich mit der Erfindung des Buchdrucks bzw. des Notendrucks ausbildete und erstmals die unabhängige Rezeption ohne Beisein des Schöpfers zusicherte. Die chemisch-mechanische Mediamorphose, die auf der Erfindung des Grammophons gründet sowie die elektronische Mediamorphose, welche die Epoche der Industrialisierung der Musikkultur einläutete, beschreiben die dritte bzw. vierte Mediamorphose. Seit den 1980er Jahren wird von der fünften Mediamorphose, der sogenannten digitalen Mediamorphose, gesprochen (vgl. Smudits 2002: 143).
Davon ausgehend attestiert Tschmuck für die Entwicklung der Musikindustrie im 20. Jahrhundert seit der Entstehung des Phonographen drei mit Strukturbrüchen verbundene Paradigmenwechsel (vgl. Grafik 1). Für ihn resultieren die Paradigmenwechsel in der Musikindustrie allerdings nicht alleinig aus den Erzeugnissen technologischer Innovationen, sondern sind als „umfassender, kultureller Wandel“ zu verstehen, da jede Industrie von einem „kulturellen Paradigma bestimmt“ (Tschmuck 2003: 277) sei. Nach ihm sind unter dem Begriff des kulturellen Paradigmas „sämtliche Werte-, Normen und Handlungsheuristiken, die als Basis für die Akteure dienen“ (ebd.: 277) zu fassen. Ein Paradigmenwechsel stellt aus diesem Verständnis heraus einen „radikalen Umbruch des Werte- und Normensystems“ (ebd.) dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 1 - Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Tschmuck 2003: 279
Die dargestellten Paradigmenwechsel zeichnen sich nach Tschmuck dabei durch folgende Gesetzmäßigkeiten aus:
Paradigma 1, das durch die Produktionslogiken der Musikverlage mit dem Handel von Notenpapieren bestimmt wurde und im späten 19. Jahrhunderts bis zu den frühen 1920er Jahren zu verorten ist.
Paradigma 2, das durch die Jazz-Revolution ausgelöst wurde und folglich von den Handlungsroutinen der großen Rundfunknetzwerke bis Mitte der 1950er Jahre geprägt wurde.
Paradigma 3, das aus der Rock‘n’Roll-Revolution hervorging und dabei die optimierten Produktions- und Distributionsprozesse der Tonträgerkonzerne hervorbrachte. Das bis heute andauernde Paradigma wird seit Ende der 1990er Jahre verstärkt durch die digitale Revolution beeinflusst (vgl. ebd.: 279-280).
Tschmuck merkt dazu an, dass sein Verständnis des kulturellen Paradigmas keineswegs auf der Prämisse beruht, die Handlungsakteure seien eine homogene Masse. Vielmehr versucht er, mit dieser Auffassung Regelmäßigkeiten der Produktions- und Distributionsbedingungen sichtbar zu machen, die als maßgebliche Charakteristika des vorherrschenden Paradigmas begriffen werden können (vgl. ebd.).
Im Verlauf seiner Arbeit stellt er das Innovations- und Kreativitätspotential der Musikindustrie am Beispiel der verschiedenen Paradigmen unter Berücksichtigung der relevanten Akteure der Musikindustrie dar. Tschmuck benennt in diesem Zusammenhang die digitale Revolution als neuen Strukturbruch und weist in seinen Ausführungen auf ein kommendes viertes Paradigma hin. Die damit einhergehenden ersten Entwicklungstendenzen, die sich bis zur Veröffentlichung seines Werkes im Jahr 2003 ereigneten, stellt Tschmuck dar, unterlässt allerdings die weiterführende Ausführung aus zweierlei Gründen: Zum einen waren die Entwicklungstendenzen der Digitalisierung für die Musikindustrie zu diesem Zeitpunkt nur äußerst vage und hypothetisch zu erahnen, zum anderen betont Tschmuck bereits zu Beginn seiner Habilitationsschrift, sich mit der Musikindustrie des 20. Jahrhunderts auseinandersetzen zu wollen.
Der dieser Arbeit zugrunde liegende Forschungsansatz setzt an die von Peter Tschmuck beschriebene Abfolge kultureller Paradigmen der Musikindustrie des 20. Jahrhunderts an und führt zehn Jahre nach Tschmucks Veröffentlichung sein Modell für die Musikindustrie des 21. Jahrhunderts fort. Dabei werden derzeitige Erkenntnisse über die Innovationspotentiale der Musikindustrie erschlossen und anhand ausgewählter Beispiele charakteristisch aufgezeigt. Auch wird der soziokulturelle Wandel innerhalb der Gesellschaft betrachtet, um Aussagen über die Handlungsroutinen der Akteure im neuen vierten Paradigma treffen zu können, dass sich derzeit aufzeigt.
Die Untersuchung des Gegenstandsbereiches wird vorrangig für die deutsche Musikindustrie erfolgen und widmet sich primär den Bereichen der Tonträgerindustrie und ihrer komplementären bzw. substitutiven Angeboten im Online-Bereich, da hier die derzeit größten Veränderungen bzw. Entwicklungen auszumachen sind. Aufgrund fortschreitender Globalisierungsprozesse in nahezu allen Teilmärkten der Musikindustrie können strikte territoriale Abgrenzungen jedoch nicht immer vorgenommen werden. Neben systematischen Abgrenzungsproblemen würde sich zudem die Schwierigkeit ergeben, Implikationen oder Geschäftsmodelle, deren Zugriffsmöglichkeiten weltweit ausgelegt sind (z.B. onlinebasierte Tauschbörsen, Streaming-Dienste etc.), einem bestimmten Markt zuordnen zu müssen, was von der Zielführung der Arbeit abweichen würde.
Weiterhin wird eine Eingrenzung des Feldes vorgenommen, indem sich bei der Problemstellung auf die Darstellung der ,U-Musik‘ (Unterhaltungsmusik) in Abgrenzung zur ,E-Musik‘ (Ernste Musik) konzentriert wird. Als Besonderheit der Unterhaltungsmusik bzw. populären Musik gegenüber der E-Musik ist der enge Bezug zu den elektronischen Medien auszumachen. Die Popularmusik gilt demnach als „einziges musikalisches Genre des 20. Jahrhunderts, dessen musikalische Gestaltung mit der Phonographie und der elektronischen Klangerzeugung unauflösbar verbunden ist“ (Bielefeldt/Dahmen, Großmann: 2008: 11). Da die Gesetzmäßigkeiten der Produktions-, Distributions-, und Rezeptionsbedingungen nicht nur bei der E-Musik, sondern auch bei volkstümlicher Musik und Schlagern, die für gewöhnlich der Popularkultur zugeordnet werden, völlig anders verlaufen und analoge Rückschlüsse somit nicht vorgenommen werden können, sollen diese im Rahmen der Arbeit nicht betrachtet werden.
1.3 Untersuchungshypothesen
Aus der ökonomischen Perspektive gilt es zu untersuchen, inwiefern wirklich von einem Umsatzeinbruch der gesamten Musikindustrie gesprochen werden kann. Um dieses zu ergründen, gilt die Prämisse, die Musikindustrie nicht als Gesamtbetrachtungsobjekt oder lediglich als Abbild der Tonträgerindustrie zu begreifen, sondern die Untersuchung für einzelne Branchensegmente der Musikindustrie gesondert vorzunehmen und die jeweiligen Wachstumspotentiale gegenüberzustellen.
These 1: Die ökonomische Betrachtung der Musikindustrie darf keineswegs als Gesamtobjekt betrieben werden, sondern muss gesondert für die ausdifferenzierten Branchensegmente erfolgen, da das Wachstumspotential innerhalb der verschiedenen Branchensegmente der Musikindustrie im digitalen Zeitalter sehr heterogen ist und nicht überall negative Entwicklungstendenzen aufweist.
Von der Annahme ausgehend, dass sich der musikkulturelle Wandel aus einem wechselseitig bedingten Abhängigkeitsverhältnisses zwischen der Musikindustrie auf der einen und dem Musikrezipienten auf der anderen Seite herausbildet und gleichzeitig die Interessen beider Parteien befriedigt werden müssen, ergibt sich die zweite zentrale These, die im Rahmen dieser Arbeit beleuchtet werden soll:
These 2: Das Werte und Normensystem der Konsumenten hat sich mit der Digitalisierung und dem Aufkommen neuer Akteure im Web 2.0 verändert. Die Musikindustrie und insbesondere die Tonträgerindustrie hat auf die Veränderung des musikkulturellen Wandels noch keine adäquate Lösung gefunden, welche diesen Wandel hinreichend berücksichtigt.
Der musikkulturelle Wandel sollte allerdings nicht generalisiert werden, da sich sowohl auf der Produzenten- wie auch auf der Rezipientenseite immer Anspruchsgruppen finden lassen, die an bestimmten Entwicklungen nicht partizipieren oder gerade Maßnahmen ergreifen, mit denen sie bewusst versuchen, sich von der breiten Masse abzuheben. Dies führt zur Formulierung der dritten Forschungsthese:
These 3: Die Digitalisierung im Musikbusiness bewirkt nicht nur eine steigende Partizipation an neuen Geschäftsmodellen, sondern ebenso eine verstärkte Rückwärtsorientierung zu Retromedien.
Die Strukturbrüche des vergangenen Jahrhunderts gingen immer mit neuen Musikstilen einher, die als charakteristisch für ein jeweiliges Paradigma ausgemacht werden konnten. Somit liegt die Annahme nahe, dass mit dem Einzug des digitalen Zeitalters ein solch ästhetischer Paradigmenwechsel ebenfalls ausgemacht werden kann.
These 4: Das digitale Zeitalter hat eine neue Musikästhetik hervorgebracht, in der sich die Möglichkeiten der digitalen Innovationen widerspiegeln.
1.4 Vorgehensweise
Zur Beantwortung der Fragestellungen, die sich innerhalb des technologischen, sozio- kulturellen und ökonomischen Wandels bewegen, wird mit Literatur aus den verschiedenen Disziplinen gearbeitet. Aufgrund der starken Dynamik der Musikindustrie im digitalen Zeitalter und der damit zusammenhängenden Problematik, dass mitunter selbst aktuellste Literatur direkt nach ihrer Veröffentlichung den bestehenden Branchenbedingungen nicht mehr gerecht wird, ist es unerlässlich, Internetquellen heranzuziehen, deren Aktualitätsgrad denen von Büchern voraus ist.
Zur Bearbeitung nach kulturbetriebswirtschaftlichen Maßstäben gilt es, ein theoretisches Gerüst (2) zu schaffen, das Aufschluss über die Formation kultureller Güter und ihrer sozialen Ordnung liefert. Zu diesem Zweck wird auf zwei Theorien zurückgegriffen, deren Verwendung jedoch nicht alleinig als Hilfestellung für ein theoriegeleitetes Gerüst zu verstehen ist, sondern auch methodologische Anknüpfungspunkte liefern soll.
Mit der Feldtheorie nach Pierre Bourdieu (2.1) wird eine Theorie herangezogen, die der Erklärung des Spannungsfeldes, in dem die Produktionsmechanismen der kulturellen Güter der Musikindustrie stattfinden, dienlich ist. Es besteht jedoch nicht der Anspruch, die Theorie in ihrer Vollständigkeit wiederzugeben. Vielmehr werden die Aspekte herausgestellt, die zu einem besseren Verständnis beitragen, die Veränderungen des Feldes der Musikindustrie im weiteren Verlauf der Arbeit besser erläutern zu können. Der Production-of-Culture-Ansatz nach Richard A. Peterson (2.2) stellt ein Instrument zur Analyse von Prozessen bei der materiellen und symbolischen Herstellung kultureller Güter dar. Unter Einbezug mehrerer Perspektiven können mit dem Ansatz die Produkti- ons-und Distributionsprozesse aus einer institutionalisierten Sichtweise heraus bestimmt werden, bei der die Aneignungsprozesse seitens der Rezipienten im wechselseitig bedingten Zusammenspiel mit einbezogen werden.
Der anknüpfende Grundlagenteil (3) bestimmt zunächst die Eigenschaften, welche der Musik als kulturelles und wirtschaftliches Gut eigen sind (3.1). In 3.2 wird die Ausdifferenzierung der Musikindustrie in ihre verschiedenen Bestandteile dargestellt, um einerseits einen Überblick über das Feld zu schaffen und andererseits Begrifflichkeiten voneinander abzugrenzen, die im Fortlauf dieser Arbeit Verwendung finden. Der dritte Teil dieses Kapitels widmet sich der Tonträgerindustrie (3.3) als einem Hauptakteur der Musikindustrie. Mit den Major-Labels (3.3.1) und den Independent-Labels (3.3.2) werden die zwei bedeutendsten Vertreter der klassischen Wertschöpfungskette der Tonträgerindustrie (3.3.3) vorgestellt. Den Abschluss des Grundlagenkapitels bilden Ausführungen zu den technischen Transformationen, welche das digitale Zeitalter (3.4) hervorgebracht hat.
Das vierte Kapitel befasst sich mit dem musikkulturellen Wandel (4), der durch die Digitalisierung und den neuen Möglichkeiten im Web 2.0 ausgelöst wurde. Ehe auf die dadurch bedingten veränderten Kosten- und Wertschöpfungsstrukturen der Musikindustrie (4.2) und die Ausprägungen der neuen Online-Distributoren (4.3) eingegangen wird, erfolgt eine genauere Vorstellung des Konzeptes der kulturellen Paradigmenwechsel nach Tschmucks Modell (4.l). Die Erkenntnisse, die durch die vergangenen Paradigmen gewonnen wurden, sollen dazu verhelfen, Analogien herauszubilden, die im weiteren Verlauf der Arbeit auf das vierte Paradigma übertragen werden können.
Im Anschluss setzt sich die Arbeit mit dem soziokulturellen Wandel der Konsumenten und seinem wechselseitigen Einfluss auf die Geschäftsmodelle und Formate der Musikindustrie auseinander (5). Nach einer einführenden Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Werte- und Normvorstellungen (5.1) werden diesbezügliche Veränderungsprozesse innerhalb der heutigen Gesellschaft aufgezeigt. Zunehmende Mobilitätsund Flexibilitätsbestrebungen (5.1.1) werden ebenso betrachtetet wie Pluralität und Individualismus-Tendenzen (5.1.2). Weiterhin wird der Frage nachgegangen, welcher Wert der digitalen Musik beigemessen wird, indem einerseits die Netzpiraterie (5.1.3) und andererseits die Wertschätzung für digitale Musik untersucht werden (5.1.4). Da Entwicklungen jedoch auch rückwärtsgerichtete Tendenzen annehmen können, wird der sogenannte „Retromanie“-Effekt ebenfalls beleuchtet (5.2).
Der folgende Punkt untersucht die neuen Rahmenbedingungen für das vierte Paradigma der Musikindustrie (6), indem die gewonnen Erkenntnisse der vergangenen Gliederungspunkte zusammengeführt werden. Inwiefern sich der Strukturwandel auf den Musikmarkt ausgewirkt hat (6.1) wird dabei vorangestellt, um im Folgenden die komplexe Zusammenführung aller vorab bestimmter Faktoren und den daraus resultierenden Strategieausrichtungen der neuen (6.2) und etablierten Akteure (6.3) der Musikindustrie unter Berücksichtigung der Konsumentenbedürfnisse zu betrachten. Ob Mashups (6.3) für das digitale Paradigma als neue charakteristische Musikform verstanden werden können, soll abschließend diskutiert werden.
Resümierend werden im Fazit (7) die verschiedenen Perspektiven, die für den Wandlungsprozess der Musikindustrie verantwortlich gemacht wurden, dargestellt und ihre wechselseitigen Abhängigkeitsbeziehungen modellhaft gekennzeichnet. Darüber hinaus werden mögliche Entwicklungen der nahen Zukunft betrachtet.
2 Theoretisches Fundament
2.1 Feldtheorie von Bourdieu
Der Begriff des sozialen Feldes ist auf den französischen Soziologen Pierre Bourdieu zurückzuführen und dient der Erklärung von Prozessen innerhalb differenzierter gesellschaftlicher Bereiche, die über eigene Ressourcen und eigene Spielregeln verfügen. Bourdieu begreift Felder als
Räume [...], die ihre Struktur durch Positionen der Akteure bekommen, deren Eigenschaften wiederrum von ihrer Position in diesen Räumen abhängen und unabhängig von den Merkmalen ihrer Inhaber untersucht werden können (Bourdieu 1993: 107).
Mit der Verwendung des Begriffes „Feld“ bewegt er sich in der Tradition Émile Durk- heims und des Strukturalismus, weil er damit die „relative Eigenständigkeit sozialer Tatsachen [...] und den Zwang [...], den diese den Handelnden auferlegen“ (Schwingel, 1995: 77), betont. Demnach gebe es
objektive, d.h. vom Willen und Bewußtsein [sic] der Akteure (relativ) unabhängige Strukturen - die Strukturen sozialer Felder - die, obgleich sie realiter nur vermittels der Praxis sozialer Akteure existieren, dennoch ein gewisses Eigenleben haben (ebd.).
Gesellschaftliche Praxis beobachtet er in verschiedenen Feldern im sozialen Raum. So benennt er beispielsweise das Feld der Religion, das Feld der Philosophie, das Feld der Politik und das Feld der Produktion von kulturellen Gütern. Alle Felder verfügen über eigene charakteristische Merkmale sowie über unterschiedliche Interessen und Interessensobjekte. Jedes Feld ist zudem mit einem bestimmten Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsschema der Akteure verknüpft, dem sogenannten Habitus (vgl. Bourdieu 2005: 31), der die Individuen dazu befähigt, „an der sozialen Praxis teilzunehmen und soziale Praxis hervorzubringen“ (Fuchs-Heinritz/König 2005: 113f.).
Als einen Grundmechanismus, der jedoch allen Feldern gemein ist, bezeichnet Bourdieu den „Kampf zwischen den Herrschenden und den Anwärtern auf die Herrschaft“ (Bour-
dieu 1993: 107). Ein Neuling versuche immer die „Riegel des Zugangsrechts“ (ebd.) zu sprengen, währenddessen der Herrschende darum bemüht sei, sein Monopol zu erhalten und Konkurrenz abzuwehren. Während also diejenigen, die über eine monopolistische Position im Feld verfügen, eine Erhaltungsstrategie verfolgen, versuchen die weniger kapitalkräftigen Akteure mit einer Umsturzstrategie ihre Ziele zu realisieren (vgl. ebd.: 109). Objekt der Kämpfe[6] ist die vorherrschende Stellung im Feld, was sich nach Bourdieu letztlich „im Erhalt bzw. in der Umwälzung der Verteilungsstruktur des spezifischen Kapitals [7] “ (ebd.: 108) ausdrückt. Die Struktur des Feldes ergibt sich daher aus der gegebenen Konstellation der Machtverhältnisse zwischen den am Kampf beteiligten Akteuren. Trotz ihrer unterschiedlichen Ansprüche und den daraus resultierenden Auseinandersetzungen vereint alle Akteure das Grundinteresse an der Existenz des Feldes. Es besteht folglich eine Übereinkunft über die Bedeutung und den Wert des Feldes, so- dass dessen stetige Reproduktion des Feldes durch den Kampf um dieses geschieht. Als Prämisse für die Teilnahme an dem „Spielakt“ (ebd.: 110) gilt insbesondere für Neulinge die Akzeptanz der Werte sowie profunde Kenntnisse über die Vergangenheit des Feldes. Ein Werk und sein Wert sei nur für denjenigen in Gänze zu verstehen, der die Geschichte des Produktionsfeldes kennt (vgl. ebd.: 111).
Im Gegensatz zur Auffassung einiger Vertreter poststrukturalistischer Theorien (vgl. Zembylas 2006: 30) stellen also Akteure bei Bourdieu keine passiven Elemente des Feldes dar. Vielmehr tragen sie zur Konstitution und zum Erhalt des Feldes unter Beachtung der feldspezifischen Regeln bei.
Der Production-of-Culture-Ansatz entstammt der amerikanischen Kultursoziologie und wurde maßgeblich von den Arbeiten Richard A. Petersons geprägt, auf dessen Forschung sich an dieser Stelle konzentriert wird[8]. Den Ausgangspunkt der seit mehr als drei Jahrzehnten bestehenden Forschungstradition bildet die Erkenntnis, „that the social arrangements used in making symbolic elements of culture affect the nature and content of the elements of culture produced“ (Peterson 1994: 163). Die Forschung konzentriert sich damit auf die Frage, wie Kultursymbole von dem System, in dem sie geschaffen, verteilt, ausgewertet, gelehrt und bewahrt, beeinflusst und geformt werden (vgl. Peterson/Anand 2004: 311).
Die Herstellung bzw. die Produktion von Kulturprodukten ist für Peterson nie allein dem Resultat eines einsamen schöpferischen Aktes (vgl. ebd.), sondern immer dem Ergebnis kollektiver Anstrengung geschuldet (vgl. Kirchberg 2005: 157). Kulturelle Umbrüche resultieren aus Sicht des Production-of-Culture-Ansatzes immer aus Veränderungen der industriellen Produktionsumwelt und der Produktionssysteme (vgl. Peterson 1976: 672). Beeinflusst werden Stile und Inhalte der kulturellen Produkte demgemäß durch die vorherrschenden Verhältnisse und Zustände dieser institutionellen Felder und Umwelten. Der Begriff der „Produktion“ ist jedoch nicht allein auf den Herstellungsakt bezogen. Vielmehr sind daran auch sämtliche Handlungen gebunden, die der reinen Produktion nachgelagert sind wie etwa die Distribution, Konsumption, Rezeption und Evaluierung. Die Rezipienten werden folglich bei diesem Ansatz als Akteure des Produktionsprozesses verstanden.
Die Bedeutung dieses methodischen Ansatzes zur Analyse sieht Peterson darin bestehen, dass er „techniques for researching the constructed nature of collective representations, values and the other aspects of culture“ (ebd.: 326f.) bereitstellt. Dem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass jedes Symbolsystem nach dem gleichen Muster untersucht werden könne (vgl. Peterson 1994: 177). Für eine vollständige Analyse der konstituierenden Elemente kultureller Produkte aus Sicht dieses Ansatzes bedürfe es dementspre-
chend einer Untersuchung von sechs Bereichen, die für die Konstitution verantwortlich gemacht werden: „These include technology, law and regulation, industry structure, organization structure, occupational career, and market“ (Peterson/Anand 2004: 313). Die Ansicht einer wechselseitigen Wirkung und Beeinflussung bei der Produktion eines Kulturgutes aller Handlungsstufen und Felder ist dabei ein wesentlicher Faktor der Analyse im Sinne des Production-of-Culture-Ansatzes.
3 Grundlagen
3.1 Die Beschaffenheit der Musik als Gut
1847 besuchte Ernest Bourget, französischer Komponist, gemeinsam mit seinem Kollegen Victor Parizot das Pariser Konzert-Café Ambassadeurs. Nach dem Genuss der Getränke verlangte der Kellner die Begleichung der Rechnung von Bourget. Bourget verweigerte die Bezahlung mit der Begründung, das Orchester des Cafés habe vermehrt seine komponierten Stücke ohne Genehmigung gespielt und seinen Besitz damit unerlaubt verwendet, weshalb die Schuld für die Begleichung der Getränke bereits im Vorfeld vollzogen worden sei. Der anschließende Streit zwischen Bourget und dem Wirt der Lokalität wurde in einem Gerichtsprozess fortgeführt, aus dem Bourget als Sieger hervorging (vgl. Kreile/Becker 2003: 595).
Diese Anekdote verdeutlicht den hohen Bedarf an Schutzmechanismen, die der Musik zugesprochen werden müssen, da sie von ihrer Beschaffung her als immaterielles Gut (vgl. Homann 2007: 4) mit zwei Eigenschaften behaftet ist, die grundsätzlich öffentlichen Gütern zugeschrieben werden: die Nicht-Rivalität sowie die Nicht-
Ausschließbarkeit im Konsum. Erst genanntes kann anhand zweier Dimensionen auftreten. Zum einen liegt eine Nicht-Rivalität im Konsum vor, wenn keine Abnahme der Qualität nach Nutzung des Gutes zu beobachten ist und somit von jedem weiteren Nutzer in Anspruch genommen werden kann. Andererseits wird von Nicht-Rivalität im Konsum gesprochen, wenn das entsprechende Produkt gleichzeitig an mehreren Orten von Personen oder Personengruppen konsumiert werden kann (vgl. Schumann/Hess 2009: 38). Eine Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum dagegen bezeichnet die Eigenart, die einem Gut bzw. Produkt zugesprochen wird, wenn der Anbieter eines Gutes nicht in der Lage ist, den Konsum auf bestimmte Nutzer einzuschränken (vgl. ebd.). Nach Beck weist besonders Musik in digitaler Form die beiden Merkmale der Nicht-Rivalität und Nicht-Ausschließbarkeit im Konsum auf (vgl. Beck 2011: 239). Schumann/Hess führen dazu erklärend an, dass die Ausprägungsstärke der Rivalität im Konsum nach der Medienform unterschieden werden muss: Während klassische Trägermedien eine hohe Rivalität aufweisen, nimmt die Stärke für digitale Trägermedien ab und führt bei nichtphysischen Trägermedien zu einer „maximalen ,Nicht-Rivalität(Schumann/Hess 2009: 39).
Problematisch erweisen sich diese Eigenschaften dann, wenn es um die ökonomische Aufladung von kulturellen Symbolen (z.B. Musik) und ihrer Transformation zu Kulturgütern geht (vgl. Zembylas/Tschmuck 2006: 10). Denn gerade dieser Transformationsprozess in handelbare Güter setzt klare Eigentumsverhältnisse und Knappheit voraus, die jedoch bei der Musik nicht als grundsätzlich gegeben vorliegen (vgl. ebd.). Die Besonderheit von Kulturgütern und -leistungen besteht schließlich darin, dass bei ihnen im Gegensatz zu anderen ökonomischen Gütern „die Wechselwirkung und Simultanität von symbolischer und ökonomischer Funktion konstitutiv ist“ (ebd.). Im digitalen Zeitalter wird diese konstitutive Beschaffenheit zu einem akuten Problem für die Musikindustrie. Musikinhalte in digitaler Form sind folgendermaßen nicht nur mit der Eigenart behaftet, eine hohe Nicht-Rivalität im Konsum aufzuweisen, sondern können darüber hinaus auf einfache Art und Weise ohne Qualitätsverlust kopiert oder weitergegeben werden, womit ein Ausschluss nicht zahlender Konsumenten erheblich erschwert wird (vgl. Schumann/Hess 2009: 39).
Wirtschaftspolitische Instrumentarien unterstützen die Erzeugung einer künstlichen Knappheit und die Bewahrung von Eigentumsverhältnissen bei immateriellen Gütern. Die Rechtsgrundlage für den Schutz der Immaterialgüterrechte bzw. dem Schutz von „geistigem Eigentum“ musikalischer Inhalte bietet das Urheberrecht, das seine gesetzliche Grundlage in Deutschland im Urheberrechtsgesetz vom 9.9.1965 (UrhG) wiederfindet (vgl. Homann 2007: 3). Dieses sichert den Urhebern von literarischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Werken den Schutz nach Maßgabe des Gesetzes zu (§1 UhrG), unter denen auch ausdrücklich musikalische Werke (§2 Abs. 1 (2) UrhG) sub- summiert werden. Die Schutzmaßnahmen bestehen darin, dem Urheber durch die gesetzlichen Reglementierungen des Urheberrechts „umfassende Verbotsrechte in Form von Verwertungsrechten“ (Ventroni 2008: 60) einzuräumen. Die Verwertungsrechte unterscheiden dabei zwischen der Verwertung von körperlichen (§15 Abs. 1. UrhG) und nicht körperlichen Formen (§15 Abs. 2 UrhG). Zu den wichtigsten körperlichen Formen im Musikbereich zählen das Vervielfältigungs- (§16 UrhG) und das Verbreitungsrecht (§17 UrhG), welche dem Urheber die Rechte an der Übertragung des Werkes auf jegliche Formen physischer Träger und die Verwertung dieser in der Öffentlichkeit, unabhängig von dem Verfahren oder der Stückzahl, zusichern. Die Verwertungsrechte für unkörperliche Formen, zielen darauf ab, den Urhebern das Recht auf öffentliche Wiedergabe zu gewähren (§15 Abs. 2 UrhG). Darunter ist auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19 a UrhG) angesiedelt, welches es dem Urheber erlaubt, das Werk über einen drahtgebundenen oder drahtlosen Übertragungsweg der Öffentlichkeit in einer Form bereitzustellen, die es den Nutzern ermöglicht, das Werk zeit- und ortsunabhängig zu nutzen.
Während das Vervielfältigungsrecht ein traditionell verankertes Verwertungsrecht im Urheberrechtsgesetz darstellt, handelt es sich beim §19a UrhG „um eine speziell auf die Nutzung des Internets und anderen elektronischen Netzen zugeschnittene Verwertungsbefugnis“ (Heine 2008: 19). Dieser und weitere Paragraphen des Urheberrechtsgesetzes wurden im Rahmen der beiden Gesetzesnovellen durch das erste und zweite „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft" im Jahr 2003 und im Jahr 2008 hervorgebracht und reagieren damit auf die fortschreitenden technischen Entwicklungen der digitalen Medien (vgl. Kuck 2008: 722).
3.2 Ausdifferenzierung der Musikindustrie
Über das Verständnis des Begriffes der Musikindustrie herrscht in der wissenschaftlichen Literatur kein einheitlicher Konsens. Zum einen wird etwa von Friedrichsen et al. oder Stähler die Auffassung vertreten, die Musikindustrie als synonymes Pendant zur Tonträgerindustrie bzw. phonographischen Wirtschaft zu verstehen (siehe hierzu z.B. Friedrichsen et al. 2004: 7ff.; Stähler 2002: 256). Einhergehend mit dieser Gleichstellung ergeben sich jedoch Zuordnungs- und Verständnisprobleme, da es sich bei dem Begriff Tonträgerindustrie um einen eng gefassten Terminus handelt, der sich „mit der Einspielung und Festlegung von Musik auf einen Träger beschäftigt und/oder nachfolgend diese auf Träger festgelegte Aufnahmen vermarktet“ (Kromer 2008: 24). Laut Tschmuck führe eine alleinige Betrachtung der Tonträgerindustrie zu einer unvollstän- digen und verzerrten „Darstellung der Zusammenhänge der industriellen Musikproduktion“ (Tschmuck 2003: 11). So sei etwa für die Produktion von Tonträgern das Musikverlagswesen unerlässlich, da es in Form von Nutzungsrechten das ,kreative‘ Rohmaterial für die Produktionen liefere (vgl. ebd.). Anhand dieses einen Beispiels wird bereits offensichtlich, dass die Herstellung und Verwertung von Musik wesentlich differenzierter betrachtet werden muss, als sie alleinig auf tonträgergebundene Erscheinungsformen zu reduzieren.
Als geeigneter erweisen sich Ansätze, welche die Musikindustrie als einen Oberbegriff verstehen, worunter verschiedene Teilmärkte subsumiert werden. In diesem Verständnis umfasst die Musikindustrie die „Gesamtheit der Unternehmen und Märkte zur organisierten Herstellung und Verwertung von Musik“ (Baumgärtel 2011: 421). Tschmuck spricht in diesem Zusammenhang von einem „Netzwerk, in dem Musik arbeitsteilig und unter Zuhilfenahme neuester Technologien so produziert und distribuiert wird, das ein Massenkonsum möglich wird“ (Tschmuck 2003: 12). Ein weiterer Vertreter dieses Verständnisses ist Eberhard Kromer, der in seiner Definition die Musikindustrie „als die Gesamtheit aller Marktteilnehmer, die sich fortlaufend systematisch mit Herstellung, Verkauf und Vermarktung musikalischer Produkte befassen“ (Kromer: 2008: 26) begreift. Für ihn setzt sich das Feld der Musikindustrie aus sechs relevanten Wirtschaftsbereichen zusammen:
1. die traditionelle Tonträgerindustrie[9]
2. Distributoren, worunter Kromer neben Musiksendern alle Online und MobileMusik-Portale fasst, die ihre Einnahmen nicht aus dem Verkauf der Musik sondern durch indirekte Erlösmodelle wie Werbeflächen generieren
3. die Musikverlage, einschließlich der Verwertungsgesellschaften
4. das musikalische Live-Entertainment (Konzerte, Galas, Musicals usw.)
5. Begleitindustrien, zu denen neben den Vervielfältigungs- und Pressewerken auch die Content-Aggregatoren, Internetprovider sowie Musikinstrumente- und Softwarehersteller zählen
6. sowie die ,Creative Community‘ (Autoren, Musiker, künstlerische Produzenten), die allerdings nur indirekt von den industriellen Strukturen der Musikwirtschaft tangiert werden (vgl. ebd.: 27).
Das weit gefasste Verständnis des Begriffs Musikindustrie schließt somit nicht nur die traditionellen Marktteilnehmer der Tonträgerindustrie mit ein, sondern wird auch neuen Teilnehmern des digitalen Zeitalters gerecht, die eine zentrale Stellung in der vorliegenden Arbeit beziehen.
3.3 Die Tonträgerindustrie
Für die Musik stellen physische Tonträger seit langer Zeit das Hauptspeichermedium dar. Thomas A. Edisons Erfindung des Phono graphens, der 1888 Marktreife erlangte, ermöglichte erstmalig Musik auf einem physischen Trägermedium (Wachswalze) zu speichern und abzuspielen. Diese Entwicklung gilt als die Geburtsstunde der Tonträgerindustrie (vgl. Wicke 1995: 1347). Für den Vertrieb der Phonographen wurde im gleichen Jahr die selbstständig operierende Columbia Phonograph Company gegründet, die ab 1938 ihre Geschäfte im Verbund mit dem amerikanischen Medienkonzern Columbia Broadcasting System (CBS) und seit 1988 im Rahmen des japanischen ElektronikKonzerns Sony fortführte. Sie stellt damit die älteste Tonträgerfirma der Welt dar. In den USA erwuchsen mit der 1893 von Emile Berliner gegründeten United States Grammophone Company und der 1901 von Eldridge R. Johnson gegründeten Victor Talking Machine Company zeitnah zwei weitere einflussreiche Tonträgerfirmen, die als Marktführer dieser Zeit angesehen werden. Mit der Gründung von Tochterunternehmen in Europa[10] bauten sie ihre Marktvorherschaft weiter aus (vgl. ebd.).
Der historische Rückgriff auf die Entstehung der Tonträgerindustrie verdeutlicht Strukturen, die auch heutzutage noch auszumachen sind: Die Vorherrschaft einiger Konzerne, die vertikal und horizontal miteinander verflochten sind (vgl. Gebesmair 2008: 17). Diese oligopolistische Struktur mit einigen wenigen dominierenden Unternehmen auf der einen Seite, die sich den Großteil des Marktes teilen, und vielen kleinen Firmen mit geringem Marktanteil auf der anderen Seite, war bis Ende der 1990er Jahre und dem Beginn der Digitalisierung noch zu erkennen (vgl. Wirtz 2013a: 563). Doch dieses bis dahin funktionstüchtige System wurde durch die Digitalisierung in Frage gestellt, was sich anhand ökonomischer Einbußen beobachtet ließ.
Für die Umsatzentwicklung des physischen Musikverkaufes in Deutschland kann in den Jahren zwischen 2003 und 2012 eine negative Veränderungsrate von ungefähr 37% ausgemacht werden. Die Umsätze sanken nach Angaben des Bundesverbandes für Musikindustrie e.V. (BVMI)[11] von 1,816 Milliarden (2003) auf 1,141 Milliarden (2012) (vgl. BVMI 2012a: 9). Für die Absatzentwicklung bedeutet das einen Rückgang von 160 Millionen verkauften physischen Tonträgern (2003) hin zu 103,7 Millionen Stück (2012) in der Bundesrepublik (vgl. Abb. 1).
Obwohl der Verkauf der CD im Betrachtungszeitraum 2011 bis 2012 einen Umsatzrückgang von 7,2% verzeichnete, nimmt sie mit einem Anteil von etwa 71% an den Gesamtumsätzen der Trägermedien für Musik nach wie vor den ersten Platz ein (vgl. BVMI 2012a: 10). Auch für Musik-DVDs als zweitwichtigste Einnahmequelle kann für diesen Zeitraum ein negativer Prozentsatz von 17,6% beobachtet werden. Für VinylAlben, die derzeit an dritter Stelle der wichtigsten physischen Abspielmedien stehen, konnte hingegen ein deutlicher Positiv-Trend verzeichnet werden. Mit einem Wachstum von knapp 40%, steigerte sich der Vinyl-Verkauf im Vergleich zum Vorjahr, was einen Gesamtumsatz von annähernd 20 Millionen Euro für das Jahr 2012 bedeutet (vgl. ebd.).
Die Grundstruktur der Tonträgerindustrie ist geprägt durch die beiden voneinander abzugrenzenden Organisationsformen der Major-Labels und Independent-Labels. Der Begriff des ,Labels‘ (z. Dt. ,Etikett‘) entspringt früheren Zeiten, in denen es üblich war, die Schallplatte mit dem Firmenaufdruck des Unternehmens oder einer spezifischen Marke des Unternehmens zu versehen (vgl. Gebesmair 2008: 16). Die Differenzierung zwischen Major Labels und Independent Labels wird nachfolgend ausführlicher dargestellt, indem die Eigenschaften und Besonderheiten der beiden Label-Formen hervorgehoben werden.
3.3.1 Die Major-Labels
Als Major-Labels werden die dominierenden, international organisierten Tonträgergesellschaften bezeichnet (vgl. Schmidt 2003: 209). Neben den internationalen Zentralen der jeweiligen Majors agieren die Ländergesellschaften als zuständige Einheiten für die nationalen Musikmärkte (vgl. Kulle 1998:135f.). Infolge des Joint Ventures zwischen Sony und BMG im Jahr 2004 und dem späteren Ausstieg von Bertelsmann aus diesem Zusammenschluss (vgl. Süddeutsche.de 2010: Online) sowie der Übernahme des ehemaligen Majors EMI durch die Universal Music Group im Jahr 2012, beherrschen derzeit drei Major-Labels den Tonträgermarkt: Universal Music Group, Sony Music Entertainment und die Warner Music Group (vgl. Zeit.de 2012a: Online). Die kumulierten Marktanteile der Major-Labels werden derweil auf ungefähr 72% geschätzt (vgl. Wirtz 2013a: 562), wobei die Universal Music Group durch die Übernahme von EMI mit knapp 40% den Branchenprimus darstellt (vgl. Focus.de 2012: Online).
Charakteristisch für diese global agierenden Unternehmen ist ihre Zugehörigkeit zu transnationalen Multimediakonzernen sowie einer Grundstruktur, die „durch wachsende Konzentrations- und Zentralisationsprozesse, Produktintegration [...] und Produktdiversifikation auch über Branchengrenzen hinweg gekennzeichnet ist“ (Wicke 1995: 1345). Für die Geschäftstätigkeit der Majors bewirken diese Prozesse eine vollständige vertikale Integration aller Vermarktungsstufen. Eigene Musikverlage sowie CD- Herstellungsbetriebe bis hin zum Vertrieb dienen ihnen zu einer vollständigen Abschöpfung aller nachgelagerten Wertschöpfungsstufen (vgl. Wirtz 2013a: 591f.). Aufgrund der hohen Bedeutung des Urheber- und Vervielfältigungsrechts für die kommerzielle Verwertung von Musik, nimmt besonders die Implementierung eigener Musikverlage für die Majors eine relevante Stellung ein, um somit zusätzliche Erträge zu erwirtschaften, die andernfalls Wettbewerbern zufließen würden (vgl. ebd.: 563).
Darüber hinaus können bei den Major-Labels horizontale Integrationsstrategien beobachtet werden, die sich in der Übernahme kleinerer unabhängiger Labels, sogenannter „Sub-Labels“, offenbaren (vgl. ebd.: 591f.). Sub-Labels sind für die Majors von hoher Bedeutung, wenn es um die Besetzung von Bereichen geht, bei denen die Organisationsstrukturen sowie der wirtschaftliche Zwang der Majors nur einen schweren Zugang ermöglichen würde (vgl. Bramböck 2010: 95). Die Ausgestaltung der Sub-Labels erfolgt nach Repertoiresegmenten, Musikstilen oder einer speziellen produktpolitischen
Ausrichtung, die als Markenzeichen der Sub-Labels aufgefasst werden können (vgl. Kulle 1998: 137). Rechtlich betrachtet treten die Sub-Labels als Unter- bzw. Schwesterfirmen der Majors auf, üben jedoch eigenständige Funktionen aus, insbesondere im Bereich der Musikselektion oder der Künstlerakquise sowie deren Betreuung und Erhalt (vgl. Friedrichsen et al. 2004: 25).
3.3.2 Independent-Labels
Als Independent-Labels (auch „Independents“ genannt) werden in der Tonträgerindustrie Firmen aufgefasst, deren Anliegen darin bestehen, „musikalisch und kulturell eigenständige Wege zu gehen, unter Umständen auch Musik am Markt vorbei zu produzieren“ (Vormehr 2003: 223). Independent-Labels zeichnen sich einerseits durch die Bearbeitung bereits vorhandener Marktnischen, aber auch durch das Eindringen in neue Trendmärkte aus (vgl. Kulle 1998: 138). Daher werden sie häufig nur als indirekte Konkurrenten zu den hitorientierten Major-Labels und ihrem profitorientierten Streben im Tonträgermarkt betrachtet. Das Innovationspotential der Indies machen sich die Major-Labels zu Nutze, indem sie die Independents als Markterprober für noch nicht erforschte Musiksparten betrachten (vgl. Schulze 1996: 138ff.).
Über die Größenordnung eines Independent-Labels kann keine einheitliche Aussage getroffen werden: „An Independent Label can be a small label owned by a garage band or solo musician, or one with multi-millions of dollars behind it” (Knab/Day 2007: 129). Als die derzeit umsatzstärksten Independent-Labels in Deutschland benennt der BVMI Alive, Cargo Records, Edel, Groove Attack, Indigo, Kiddinx, MCP, Rough Trade, Soulfood und Tonpool (vgl. BVMI 2012a: 21). Den Independent-Labels gemein ist ihr Verlangen nach einem unabhängigen Status gegenüber den international agierenden Major-Labels (vgl. Friedrichsen et al. 2004: 25). Das Anspruchsdenken, eine vollständige wirtschaftliche Unabhängigkeit gegenüber den Major-Labels genießen zu können, muss allerdings für die meisten Independents in der Tonträgerindustrie relativiert werden. Zwar arbeiten die Independent-Labels in der Regel selbstständig, besonders im kaufmännischen Bereich, betreiben eigene Marketing- und Artists and Repertoire- Aktivitäten (A;R)[12] und greifen für die Distribution ihrer Produkte auf wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Unternehmen zurück (vgl. ebd.: 26). Nur selten aber verfügen sie über eigene Herstellungs services, sodass für die Fertigungsprozesse vermehrt auf die Tonträger-Pressewerke der Majors zurückgegriffen werden muss (vgl. Kulle 1998: 138; Wirtz 2013a: 563).
Mischformen, deren Organisationsstrukturen zwischen denen der Majors und Independents anzusiedeln sind, werden als Major-Independents bezeichnet. Hinsichtlich Beschäftigungszahl und Finanzausstattung können diese Major-Independents mittelständische Dimensionen annehmen. Als wichtigstes Abgrenzungskriterium gegenüber den Majors gilt für die Major-Independents die Distanzierung zu den internationalen Multimediakonzernen. Im Unterschied zu den Indie Labels ist für die Major-Independents jedoch die Implementierung eigener Vertriebskanäle auszumachen (vgl. Friedrichsen 2008: 22).
3.3.3 Klassische Wertschöpfungskette der Tonträgerindustrie
Die klassische Wertschöpfungskette der Tonträgerindustrie, wie sie bis Mitte der 1990er Jahre vorherrschend war, ist als linearer Prozess zu verstehen und stellt die Abfolge der ökonomischen Aufladung des Musikgutes in einer vereinfachten Form dar. Trotz fortschreitender technologischer Entwicklung der Tonträgerindustrie vom Grammophon über Vinylplatte bis hin zu CDs und DVDs ist die Struktur der Wertschöpfungskette in der Tonträgerindustrie weitestgehend gleich geblieben (vgl. Emes 2004: 32). Nach Schusser definiert sich die Wertschöpfungskette
als eine Kette miteinander verbundener Aktionen bzw. Organisationsabläufe [...], die zusammenwirken müssen um ein Produkt vom Produzenten zum Kunden zu bewegen, und zeigt somit die verschiedenen Produktionsstufen, die zur Herstellung eines Produktes oder einer Dienstleistung durchlaufen werden (Schusser 1999, 43).[12]
In der Fachliteratur lassen sich unterschiedliche Darstellungsformen sowie differenzierte Standpunkte bezüglich der Anzahl der Wertschöpfungsstufen für die klassische Wertschöpfungskette der Tonträgerindustrie ausmachen. Während Wirtz von einer fünf stufigen Wertschöpfungskette (Komposition, Rechtehandel, Aufnahme, Tonträgerproduktion, Distribution) ausgeht (vgl. Wirtz 2013a: 582), stellen Zerdick et al. eine erweiterte Wertschöpfungskette auf, die sieben Stufen umfasst (vgl. Zerdick et al. 2001: 64) und für die folgenden Ausführungen als zweckdienliche Veranschaulichung des Wertschöpfungsprozesses fungieren soll.[13]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 2 - Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Zerdick et al. 2001: 52
Zu Beginn der Wertschöpfungskette steht der kreative Schaffungsprozess. Das Musikstück wird von einem Komponisten, Textdichter oder Songwriter entworfen, bei dem nach Maßgabe des Gesetzes auch alle Urheberrechte liegen (siehe Kapitel 3.1). Zuweilen können Urheber und Interpret eines Musikstückes auch ein und dieselbe Person darstellen. Die komponierten Stücke werden im Anschluss von einem Musiker oder einer Band interpretiert, in ein Audiostück übertragen und in Form eines Demotapes fixiert. Mit diesem Demotape erfolgt die Bewerbung der Künstler bei Musikverlagen bzw. Plat- ten-Labels (vgl. Wirtz 2013a: 582). Neben diesen Initiativbewerbungen seitens der Künstler betreiben Plattenfirmen eigenständige A&R-Aktivitäten, um neue, noch nicht gesignte Talente aufzuspüren, die kommerziell verwertbar sind.
[...]
[1] Um die Lesbarkeit des Textes zu erleichtern, wird bei personenbezogenen Begriffen stets nur die männliche Sprachform verwendet; sie schließt die entsprechende weibliche Sprachform selbstverständlich mit ein.
[2] Unter der Terminologie des Kulturbetriebes wird die institutionalisierte Form kulturellen Lebens als eine „Einheit von zusammenwirkenden Personen und Produktionsmitteln, die Güter und Dienstleistungen in verschiedenster künstlerischer Form hervorbringen und einem Publikum zur Verfügung stellen“ (Heinrichs 2006: 9) verstanden.
[3] Der interdisziplinäre Ansatz der Kulturbetriebslehre als Ausdifferenzierung des Kulturmanagements ist auf Werner Hasitschka (1997) zurückzuführen (vgl. Konrad 2009: 202; Tschmuck 2003: 16).
[4] Die Begrifflichkeiten der Kulturbetriebslehre und des Kulturmanagements sind in ihrer Bedeutung nicht als synonym zu begreifen. Während die Kulturbetriebslehre auf die „Erforschung des Entwick- lungs- und Veränderungsprozesses von spezifischen Kulturgütern [...], die im Kulturbetrieb produziert, distribuiert und vermittelt werden“ (Zembylas/Tschmuck 2006: 9), ausgerichtet ist, zeichnet sich das Kulturmanagement durch seine Anwendungsorientiertheit aus. Nach Heinrichs und Klein umfasst dieses „alle Steuerungen zur Erstellung und Sicherung von Leistungen in arbeitsteiligen Kulturbetrieben, die sich in einer komplexen und veränderbaren Umwelt abspielen und die auf Austauschbeziehungen zwischen Anbietern und Nutzern ausgerichtet sind“ (Heinrichs/Klein 2001: 193).
[5] Der Begriff Mediamorphose entspringt einem Konzept von Kurt Blaukopf, der diesen Terminus in seinem Buch „Beethovens Erben in der Mediamorphose - Kultur- und Medienpolitik für die elektronische Ära“ prägte (siehe dazu Blaukopf 1989: 5-6).
[6] Für die Bezeichnung „Kampf“ verwendet Bourdieu teilweise auch den weniger martialischen Begriff des „Spiels“. So spricht er synonym von „Kampffeldern“ und „Spielräumen“ (vgl. Bourdieu 1993: 107ff.).
[7] Bourdieu differenziert zwischen vier verschiedenen Kapitalformen: ökonomisches, kulturelles, symbolisches und soziales Kapital (vgl. Bourdieu 2005: 49ff.). Unter spezifischem Kapital versteht er das Kapital, welches in Verbindung mit einem bestimmten Feld steht, dort seinen Wert hat und nur unter bestimmten Bedingungen in eine andere Art von Kapital umgewandelt werden kann (vgl. Bourdieu 1993: 108). Somit definieren sich die Begriffe „Kapital“ und „Feld“ gewissermaßen wechselseitig und gehören zusammen: „Die verschiedenen, analytisch und begrifflich unterscheidbaren Kapitalformen [...] stellen nämlich das theoretische Kriterium zur Differenzierung der spezifischen Felder dar“ (Schwingel 1995: 80).
[8] Der Production-of-Culture-Ansatz stellte nicht eine von Beginn an bewusst konzipierte Kulturtheorie dar, vielmehr entwickelte er sich aus einer Reihe von unterschiedlichen Forschungsarbeiten heraus. Einen Überblick über die verschiedenen Ansätze bieten etwa Peterson (1976, 1994) oder Peterson/Anand (2004).
[9] Eine ausführlichere Darstellung der Tonträgerindustrie findet sich in Kapitel 3.3.
[10] In England wurde 1898 mit der London Grammophone Company ein Ableger der United States Grammophone Company gegründet. Ebenso baute die Columbia Phonograph Company ab 1900 mit der Columbia Graphophone Company eine Tochterfirma in London auf, die 1931 in der Electrical and Musical Industries (EMI) aufging. Die Victor Talking Machine Company eröffnete 1903 unter der Firmie- rung Odeon eine eigene Filiale in Berlin (vgl. Wicke 1995: 1347).
[11] Der Bundesverband Musikindustrie e.V. (BVMI), hervorgegangen aus der Verschmelzung der deutschen Sektion der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) und des Bundesverbandes der Phonographischen Wirtschaft e.V. im Jahr 2007, ist ein Interessensvertreter von rund 350 Musiklabels und Musikunternehmen, die ungefähr 90% des deutschen Musikmarktes repräsentieren. Aktuelles Zahlenmaterial wird von dem BVMI im Rahmen eines jährlich erscheinenden Abschlussberichtes publiziert. Die veröffentlichten Zahlen stellen somit zwar kein vollends unabhängiges Datenmaterial dar (vgl. Friedrichsen et al. 2004: 27), gelten jedoch als größte und repräsentativste Studien in Deutschland.
[12] Der Aufgabenbereich des A&R Managers umfasst die Suche nach neuen Talenten und die Betreuung von Künstlern, mit denen er über das Label in einem vertraglichen Verhältnis steht. Zu seinen weiterführenden Funktionen gehören beratende Tätigkeiten, wenn es beispielsweise um die Auswahl von Musiktiteln für ein Album geht oder die Suche nach einem Produzenten oder Aufnahmestudio. Der A&R Manager übernimmt die Aufgabe eines Marktanalysten, indem er als Spezialist für seinen Zuständigkeitsbereich neue Trends erkennt oder setzt und gemeinsam mit den Künstlern an der Produktion eines nachfrageorientierten Produktes interessiert ist (vgl. Meyer 2013: 105).
[13] Aufgrund ausgelassener Beschreibungen der einzelnen Wertschöpfungsstufen von Zerdick et al. werden andere Autoren zur Erklärung herangezogen.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.