Das Gegenstück der Olympischen Spiele sind die Paralympischen Spiele, bei denen lediglich Sportler mit Behinderungen teilnehmen dürfen.
Markus Rehm konnte sich durch herausragende Leistungen bei diesen Paralympics für die deutschen Meisterschaften qualifizieren. Dem 26-jährigen Rehm gelang es, Christian Reif,den ehemaligen Europameister im Weitsprung,bei jenen deutschen Meisterschaften 2014 zu überbieten.
Er sprang 8,24m weit und setzte damit seine neue Bestmarke.
Dem Paralympics-Athlet wurde wegen eines Wakeboard Unfalls das rechte Unterbein amputiert, weshalb er dort eine Prothese besitzt.
Doch trotz seines Erfolges wurde der neue deutsche Meister nicht für die Leichtathletik Europameisterschaft in Zürich nominiert. Zu groß sei der Zweifel daran, dass Rehm sich durch die Karbonfeder in seiner Prothese einen Vorteil verschaffe. Das Problem hierbei ist, dass er eine Leistung erreicht, die er ohne Prothese womöglich nicht erreichen könnte.
In dieser Arbeit wird näher auf diese Problematik eingegangen, es werden Vor- sowie Nachteile für und gegen seine Teilnahme an der europäischen Meisterschaft genannt und das Ergebnis schließlich diskutiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Situation
1.2 Problematik
2 Argumentation
3 Diskussion
3.1 Fazit
3.2 Ausblick
Literatur
1 Einleitung
1.1 Situation
Das Gegenstück der Olympischen Spiele sind die Paralympischen Spiele, bei denen le- diglich Sportler mit Behinderungen teilnehmen dürfen. Markus Rehm konnte sich durch herausragende Leistungen bei diesen Paralympics für die deutschen Meisterschaften qua- lifizieren. Dem 26-jährigen Rehm gelang es Christian Reif, den ehemaligen Europameister im Weitsprung, bei jenen deutschen Meisterschaften 2014 zu überbieten. Er sprang 8,24m weit und setzte damit seine neue Bestmarke. Dem Paralympics Athlet wurde wegen eines Wakeboard Unfalls das rechte Unterbein amputiert, weshalb er dort eine Prothese besitzt. Doch trotz seines Erfolges wurde der neue deutsche Meister nicht für die Leichtathletik- Europameisterschaft in Zürich nominiert5. Zu groß sei der Zweifel daran, dass Rehm sich durch die Karbonfeder in seiner Prothese einen Vorteil verschaffe2. Das Problem hierbei ist, dass er eine Leistung erreicht, die er ohne Prothese womöglich nicht erreichen könnte. Im folgenden wird näher auf diese Problematik eingegangen, es werden Vor- so- wie Nachteile für und gegen seine Teilnahme an der europäischen Meisterschaft genannt und das Ergebnis schließlich diskutiert.
1.2 Problematik
Etliche Biomechaniker stellen sowohl die Aussagekraft als auch die Vergleichbarkeit des Sprungs in Frage und bestätigen somit den Zweifel des Deutschen Leichathletik-Verbandes (DLV). Die Anlaufgeschwindigkeit stände zur Absprungenergie in einem unnatürlichen Verhältnis, da Rehm kurz vor seinem Absprung ca. einen Meter pro Sekunde langsamer war als sein Gegenüber Reif. Nichtsdestotrotz war die Vertikalgeschwindigkeit bei Rehms Sprung höher als die Reifs2. Die Abbildungen 1 und 2 zeigen die jeweiligen Horizontalund Vertikalgeschwindigkeiten der beiden Sportler.
Diese Messergebnisse sind laut DLV Grund genug Rehm nicht starten zu lassen. Laut Prof. Veit Wank, dem Leiter des Bereichs Biomechanik am Institut für Sportwissenschaften der Universität Tübingen, sei die Unnatürlichkeit des Verhältnisses mit dem Energieumsatz zu erklären: Rehms Karbonfeder könne rund 80 Prozent der Energie im Absprung umsetzen, ein menschliches Sprunggelenk hingegen nur 50 Prozent. Es sei eine völlig andere Art zu springen7. Im Jahr 2010 wurden bereits Messungen von Alina Grabowski und ihren Kol- legen, vom Massachusetts Institute for Technology, im Fall Oscar Pistorius durchgeführt. Dieser startete 2012 anschließend als Sprinter bei Olympia. Sie kamen bei der Auswer- tung der Messergebnisse zu dem Schluss, dass selbst die modernsten Karbonfedern die Kraftentwicklung erschweren und somit die Maximalgeschwindigkeit begrenzen. Der te- xanische Biomechanik-Fachmann Peter Weyand kam ein Jahr zuvor zu einem ähnlichen Schluss5. Unterschiede gäbe es bei Sportlern mit und ohne Hilfsmitteln lediglich im Be- wegungsablauf, was mit dem Fazit Wanks übereinstimmt. Jedoch könne der DLV Rehm nicht starten lassen, solange nicht alle Zweifel beseitigt sind7.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Diese Abbildung zeigt die Horizontalgeschwindigkeiten, also die Anlaufgeschwindigkeiten unmittelbar vor dem Absprung der beiden Sportler. Rehms Geschwindigkeit beträgt 9,73 m/s, Reifs hingegen beträgt 10,74 m/s [1].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: In dieser Abbildung sind die Vertikalgeschwindigkeiten, also die Geschwindigkeiten mit welcher die Sportler den Boden verlassen, zu sehen. Rehms Vertikalgeschwindigkeit liegt bei 3,65 m/s und Reifs bei 2,98 m/s [1].
2 Argumentation
Ob die Entscheidung, Markus Rehm nicht zu nominieren, gerechtfertigt ist, steht nun zur Debatte. Fest steht, dass es weder an Argumenten gegen, noch an Argumenten für eine Teilnahme Rehms mangelt. Im Zentrum dieser Aspekte steht stets die Inklusion behinderter Sportler in herkömmliche Wettbewerbe.
Gegen die Teilnahme Rehms spricht der Aspekt des Fairplays: Solange nicht die absolut gleichen Bedingungen gegeben seien, wäre eine Teilnahme nicht im Sinne der sportlichen Fairness. Hierbei steht im Vordergrund, dass Ergebnisse im Leistungssport vergleichbar sein müssen und somit auch auf der gleichen Grundlage erbracht sein müssen3. Die Trennung von beeinträchtigen und gesunden Sportlern macht Sinn, denn diese Inklusion ist nicht in jeder Sportart möglich. So ist es beispielsweise keinem Rollstuhlfahrer erlaubt, gültig bei einem Marathon anzutreten. Es gibt jedoch durchaus Sportarten bei denen In- klusion bereits stattfindet, wie z.B. Rollstuhlbasketball, wo Sportler mit und ohne Behin- derungen im Rollstuhl sitzen, und Sportarten bei denen es sich wesentlich komplizierter gestaltet zu inkludieren3. Ein weiterer Faktor gegen eine Teilnahme Markus Rehms ist das Regelwerk, welches sich laut Reyk Albrecht, dem wissenschaftlichen Geschäftsführer des Ethikzentrums der Universität Jena, im Spitzensport weniger die Inklusion beachtet, sondern mehr nach einer Bestleistung ohne illegitime Leistungssteigerung strebt3. Das Regelwerk beinhaltet meist Hürden für beeinträchtige Sportler. Solange man also nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, dass der mehrfache Paralympics Sieger keinen Vorteil hat, wäre es unberechtigt, ihn starten zu lassen. Hinzu kommt die Überlegung Ste- ven Edwards’, Philosoph der Universität in Swansea, welcher die Definition des jeweiligen Sportes in den Vordergrund stellt. Er beschreibt es anhand des Beispiels des Laufens: Das Laufen ist als Abstoßen mithilfe der Füße vom Boden definiert. Der Läufer setzt also das eine Bein vor das andere und zwischen diesen Abstoßimpulsen befindet er sich für einen Moment in der Luft. Fehlt ihm nun aber ein Fuß oder ein Bein um diese Abstoßimpulse zu setzen, sei es nach Edwards unrechtmäßig die Bewegung, welche nun stattdessen abläuft, als Laufen zu bezeichnen3. Diese Gegebenheit ist ohne Weiteres auf den Weitsprung übertragbar: Es ist fraglich ob man Rehms Sprung noch als „Sprung“ bezeichnen kann, wenn die eigentlich Sprungbewegung gar nicht stattfindet, sondern eine Karbonprothese ihn vom Boden abfedert und er sich somit vom Boden löst. Ein weiterer Aspekt, der die Inklusion erheblich erschwert, ist, dass jeder Sportler mit Prothese seine eigene Messreihe benötigte, da jede Prothese eine Spezialanfertigung ist. Es ist notwendig sicherzustellen, dass der Energieumsatz bei Sportlern mit Prothese einem „natürlichen“ Wert entspricht. Auch ist zu beachten, dass diese Grenze zwischen einem natürlichen und einem unna- türlichen Energieumsatz nicht exakt zu definieren ist. Es müsste also jedes Hilfsmittel untersuchen werden, um stets sicher zu sein, dass keine Vorteile nachzuweisen sind. Die biomedizinischen Untersuchungen, die dies ermöglichen sind sowohl kosten- als auch zei- tintensiv und außerdem müsste die gesamte Organisation eines solchen Wettbewerbs neu strukturiert werden3.
Allerdings sprechen auch Aspekte für die Teilnahme Rehms. Die Frage nach der Ungleich- heit von gesunden und behinderten Sportlern lässt sich nicht so einfach beantworten. Vie- le erfolgreiche Sportler haben schließlich bereits Operationen hinter sich, aus denen sie womöglich stärker hervorgingen, z.B. Knieoperationen oder die Einsetzung eines neu- en Hüftgelenks. Es gibt also keine eindeutige Grenze zwischen solchen Operationen und Prothesen4. Auch bei dem südafrikanischen Sprinter Oscar Pistorius sei es nicht möglich gewesen seine Leistungen mit denen der gesunden Sportler zu vergleichen. Studien erga- ben jedoch, dass Vor- und Nachteile sich in diesem Fall ausgleichen und einen Vergleich somit möglich machen. Solange gravierende Vorteile auszuschließen sind, sollte es also auch für Sportler mit Hilfsmitteln möglich sein, an den klassischen Wettbewerben teilzu- nehmen. Eine absolute Chancengleichheit zwischen gesunden und behinderten Sportlern bleibt aber ohnehin zweifelhaft, da beispielsweise einige Staaten durch ihre wirtschaft- liche Lage mehr Geld in Trainingsausrüstung investieren können als andere4. Ferner bedeutet Inklusion nicht nur, dass ein Markus Rehm gegen einen Christian Reif antreten kann.
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- Quote paper
- Marcel Kelef (Author), 2014, Auswertung einer möglichen Teilnahme Markus Rehms an der Leichtathletik WM 2014, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/292859
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