Im Jahr 2000 lebten in Deutschland bereits 114.000 Menschen, die 90 Jahre oder älter waren und auch aktuelle Studien zeigen einen anhaltenden demographischen Wandel zu einer Gesellschaft der Alten, die in vielen Industrienationen zu beobachten ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bundesbürger steigen dabei auf 84,5 Jahre für Frauen und 80,5 Jahre für Männer, die Achtzig und Neunzigjährigen sind mittlerweile nicht nur in der Bundesrepublik die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe, während die Unsicherheit und die Zukunftsängste wachsen. Fortschritte der Medizin verdrängen den Tod und die Auseinandersetzung mit dem Sterben immer weiter aus der Gesellschaft. Demgegenüber steht eine große Debatte um die Möglichkeit den eigenen Tod in Krankheits- und Pflegefall einzuleiten, die sich vielfach unter dem Begriff Sterbehilfe in den Medien findet.
Im Jahr 2000 lebten in Deutschland bereits 114.000 Menschen, die 90 Jahre oder älter waren und auch aktuelle Studien zeigen einen anhaltenden demographischen Wandel zu einer Gesellschaft der Alten, die in vielen Industrienationen zu beobachten ist. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bundesbürger steigen dabei auf 84,5 Jahre für Frauen und 80,5 Jahre für Männer, die Achtzig und Neunzigjährigen sind mittlerweile nicht nur in der Bundesrepublik die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe, während die Unsicherheit und die Zukunftsängste wachsen. Fortschritte der Medizin verdrängen den Tod und die Auseinandersetzung mit dem Sterben immer weiter aus der Gesellschaft. Demgegenüber steht eine große Debatte um die Möglichkeit den eigenen Tod in Krankheits- und Pflegefall einzuleiten, die sich vielfach unter dem Begriff Sterbehilfe in den Medien findet.
Besonders nachdem in den 80er Jahren die PEG Magensonde erfunden wurde, die eine langjährige künstliche Ernährung erst ermöglichte, ist der Tod für viele zu einem planbaren Ereignis geworden, immer öfter geht einem Ableben eine Entscheidung über lebenserhaltende Maßnahmen voraus, die sich nicht nur im Willen des einzelnen Sterbenden, sondern in der gesamten Politik als eine Auseinandersetzung entwickeln, die Wege sucht über Sinn und Unsinn lebenserhaltender Maßnahmen zu entscheiden. Unumstritten sind dabei auf beiden Seiten der Diskutierenden die Aufgaben der Pflege, der menschenwürdigen Unterbringung und Schmerzlinderung, die in der ärztlichen Ethik tief verwurzelt sind und bereits seit der Antike im Eid des Hippokrates festgehalten wurden, umstritten hingegen sind das Durchführen künstlicher Ernährung, der Langzeitbeatmung und weiterer lebenserhaltender Maßnahmen. Die gegensätzlichen Parteien stützen sich dabei auf Argumente religiöser Herkunft ebenso wie die Angst vor einer zu großen Macht der Ärzte einerseits, andererseits auf das Recht sein Leben und damit auch seinen Tod selbst bestimmen zu dürfen. Verschiedenste Interessengruppen und Argumentationswege erschweren also zunehmend die kritische Auseinandersetzung mit dem so wichtigen Thema der Sterbehilfe.
Zunächst wirft die Kontroverse dabei die Frage auf, was die verschiedenen Debattierenden unter dem Begriff der Sterbehilfe verstehen und inwiefern dieser vom Suizid, also dem Freitod ohne Hilfe abgegrenzt werden kann.
Unter dem Begriff Sterbehilfe lassen sich zunächst vier unterschiedliche Arten des Todes unterschieden, die sich stark voneinander abgrenzen.
Bei der passiven Sterbehilfe handelt es sich um den Verzicht lebensverlängernde Maßnahmen weiter zu führen, während eine schmerzlindernde Behandlung fortgeführt wird. Der Tod setzt dabei beispielsweise durch das Ausschalten der künstlichen Beatmung ein, während sich der Patient in einem anhaltenden komatösen Zustand befindet, der ein Weiterleben ohne maschinelle Unterstützung unmöglich macht.
Davon zu unterscheiden ist die sogenannte indirekte Sterbehilfe. Diese lässt allerdings eher als Lebensverkürzung als als direkte Sterbehilfe beschreiben, da der Patient durch eine lebenswichtige schmerzlindernde Behandlung eine Verkürzung der Lebenszeit in Kauf nimmt. Da das Leben ohne diese schmerzlindernden Medikamente nicht möglich wäre ist diese Methode aber nicht als Wirkliche Beihilfe zum schmerzfreieren Tod zu charakterisieren.
Eine weitere davon zu unterscheidende Vorgehensweise ist die sogenannte Freitodbegleitung, also einer Hilfeleistung zum Suizid, die als ein indirektes Einwirken einer dritten Person in den Tod eines anderen zu beschreiben ist. Vielfach handelt es sich bei der dritten Person um einen Arzt, der, auf Wunsch des Patienten, ein bestimmtes Medikament in einer zu hohen Dosis verschreibt, sodass dieser selbst über die Einnahme und damit seinen Tod verfügen kann.
Ein direkter Eingriff einer dritten Person auf Wunsch des Patienten hin bezeichnet man hingegen als aktive Sterbehilfe. Dies geschieht besonders, wenn die leidende Person nicht mehr selbst dazu in der Lage ist, ein tödliches Medikament einzunehmender auf anderem Wege sein Leben zu beenden.
Der Begriff Sterbehilfe als solcher lässt sich dabei vor allem von Wegen der Sterbebegleitung, also der psychischen Betreuung während des Sterbeprozesses, und der Palliativmedizin, also der Schmerzbekämpfung bei Sterbenden unterscheiden. Zudem wird der Begriff der Euthanasie, der im Ausland noch vielfach genutzt wird, um die Sterbehilfe zu beschreiben, aus geschichtlichen Gründen in der Bundesrepublik nicht mehr genutzt.
So hatte man im Dritten Reich unter dem Schlagwort Euthanasie, das als griechischer Euphemismus einen schönen Tod meint, also ein Lebensende unter Vermeidung von Schmerz und Krankheit, die Ermordung körperlich oder geistig beeinträchtigter Menschen verstanden. Diese Formen "lebensunwerten Lebens" wurden dabei im Zuge der Rassenhygiene und der Reinhaltung des Blutes von Krankheiten, aber auch aus ökonomischer Sicht durch Giftspritzen umgebracht, sodass sie der Gesellschaft der Arier nicht schaden konnte. Durch diese fehlgeleitete Entwicklung und den Missbrauch des Begriffes Euthanasie kam es allerdings nicht nur dazu, dass die Begrifflichkeit verändert werden musste, auch eine gesamte Tabuisierung des Themas und eine gehemmte Entwicklung der Rechtslage zur Sterbehilfe lässt sich auf die nationalsozialistischen Tötungsmethoden zurückführen.
So gibt es auch im heutigen Gesetz der Bundesrepublik weiterhin keinen expliziten Paragraphen zur Sterbehilfe, sodass bei Rechtsfragen genaue Untersuchungen des jeweiligen Falles durchgeführt werden müssen, die sich auf unterschiedlichste Rechtsgrundlagen stützen. Aktive Sterbehilfe ist dabei als Totschlag widerrechtlich, kann aber ebenso als Tötung auf Verlangen strafverfolgt werden, während die passive Sterbehilfe straffrei bleibt, wenn das Fortführen der Behandlung und der künstlichen Lebenserhaltung das Recht des Patienten auf ein menschenwürdiges Sterben behindern würde. Lebensverlängernde Maßnahmen sind also insofern nicht verpflichtend, dass der Patient seine Zustimmung geben muss und es bei Ausbleiben dieser Einwilligung zur Lebensverlängerung nicht zu einer Weiterbehandlung kommen darf. Vielfach klagten hier aber Angehörige des Sterbenden, um die Lebenserhaltungsmaßnahmen auch gegen den Willen des sterbenden Verwandten durchzuführen. In diesem Falle kann das Abstellen der lebenserhaltenden Maschinen für den Arzt als unterlassene Hilfeleistung gelten und somit trotz des Patientenwillens zu einer Strafverfolgung führen.
Ebenso unklar ist die Rechtslage im Falle der Beihilfe zur Selbsttötung eines Patienten. Zwar bleibt der Vorgang als solcher straffrei, da der Arzt aber ein Medikament zur Verfügung stellt, kann die Freitodbegleitung als Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz behandelt werden und somit ebenfalls zu einer Strafe führen. Leichter verständlich ist hingegen die Rechtslage bei der indirekten Sterbehilfe, die grundsätzlich als Nebenfolge einer notwendigen Behandlung straffrei bleibt und so trotz der massiven Einwirkung in das Leben des Patienten nicht rechtlich angefochten werden kann.
Insgesamt lässt sich sagen, dass die Sterbehilfe zunächst in eine Sterbehilfe im engeren Sinne, also bei bereits eingesetztem Sterbevorgang, und Sterbehilfe im weiteren Sinne, also ohne unmittelbare Todesnähe, unterschieden wird, wobei in erster Linie die Durchführung der Sterbehilfe ohne unmittelbare Todesnähe juristisch verfolgt werden kann, während bei einer Sterbehilfe mit unmittelbar bevorstehendem Tod der Wille des Patienten ausschlaggebend ist.
Auch bei dauerhaft bewusstlosen und bewusstseinsgetrübten Patienten lässt sich anhand einer Patientenverfügung, sofern vor Eintritt der Krankheit der letzte Wille des Patienten auf diese Weise notariell beglaubigt wurde, rückverfolgen. Durch eine solche Patientenverfügung kann also trotz eines komatösen Zustandes der Wunsch des Patienten bezüglich der Gesundheitsvorsorge, ebenso aber bezüglich der Unterbringung und Vermögenssorge beachtet werden. Durch einen Bevollmächtigten lässt sich dann die Einwilligung oder Ablehnung einer weiteren lebenserhaltenden Behandlung geben, vielfach kam es in diesen Fällen aber erneut zu gerichtlichen Auseinandersetzungen, wenn Angehörige den Willen des Sterbenden auf unterschiedliche Weise interpretieren. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass die Beschäftigung mit dem Thema zwar groß ist, nur jeder vierte Deutsche aber tatsächlich eine Patientenverfügung anlegt, auch wenn diese Zahl langsam wächst.
Vielfach kommt es hier also im Ernstfall auf eine Motivforschung an, die den mutmaßlichen Willen des Patienten durch Befragung der Angehörigen ermitteln und so zu einem Schluss kommen soll, der dem Wunsch des Sterbenden am nächsten ist. Auch hier lassen sich familiäre Zwiste und unterschiedliche Interpretationen aber zu oft nur vor Gericht entscheiden, sodass der Wunsch des Sterbenden hinter den Motiven der Einzelnen zurücktreten muss. Eine Patientenverfügung sollte also in Zukunft von deutlich größeren Teilen der Gesellschaft abgeschlossen werden und muss auch für Menschen vor dem 80. Lebensjahr zu einer wichtigen Überlegung werden, da durch Unfall und Krankheit auch deutlich jüngere Personen in eine Situation kommen können, in der sie ihren Willen nicht selbstständig geltend machen können. Einen rechtlichen Zwang zum abschließen einer Patientenverfügung halte ich allerdings für schwierig, da die Beschäftigung mit dem Tod in frühen Lebensabschnitten deutlich geringer ausfällt und genaue Planungen über das eigene Sterben eine Belastung für viele sein können. Dennoch wird eine Patientenverfügung in Zukunft immer größere Bedeutung bekommen, besonders solange das deutsche Recht keine einheitliche Grundlage zur Beschäftigung mit der Sterbehilfe bietet.
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- Citation du texte
- Philip Neuß (Auteur), 2011, Sterbehilfe und Sterbebegleitung. Zum Text "Tanner geht" von Wolfgang Prosinger, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288655
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