Am Beispiel von drei Theorien namhafter Wirtschaftstheoretiker soll die unterstellte ökonomische Bedeutung des Entrepreneurs ebenso beleuchtet werden, wie die Zuschreibung von Eigenschaften und Charakterzügen aufgedeckt werden soll.
So unterschiedlich die ausgewählten Theorien Rolle und Eigenschaften des Entrepreneurs auch beleuchten, so soll versucht werden, ihre Gemeinsamkeiten am Ende so zusammenzufassen, dass ein allgemeines, die Denkschulen übergreifend gültiges Bild vom Entrepreneur gezeichnet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theorien
2.1. Joseph A. Schumpeter
2.2. Frank H. Knight
2.3. Israel M. Kirzner
3. Zusammenfassung
4. Quellen
1. Einleitung
Etwa seit der Industrialisierung steht die Unternehmerfigur im Fokus des gesellschaftlichen und öffentlichen Interesses. Für Philosophen und Ökonomen ebenso wie für Psychologen und Sozialwissenschaftler ist er bereits seit Jahrzehnten ein recht vielseitiges Untersuchungsobjekt: Nicht nur sein ökonomisches Handeln, auch seine gesellschaftliche Bedeutung wird zum Gegenstand multidisziplinärer Forschung. Dabei stehen inzwischen nicht ausschließlich die tatsächlichen Aktivitäten des Unternehmers im Vordergrund, sondern auch die charakterlichen Eigenschaften seiner Person als Entrepreneur, die seine Figur zu einem wahren Mythos werden ließen.
Die wirtschaftliche Leistung steht damit in enger Verknüpfung mit seiner Symbolik als Gallionsfigur des soziokulturellen Fortschritts, der in der Regel mit einer Verbesserung des Lebensstandards für eine Gesellschaft einhergeht. In all diesen Funktionen wird der Entrepreneur zu einer Art Heldenfigur, die oft die eigene Ehre und das eigene Hab und Gut riskiert, um dem gesamtgesellschaftlichen Wohlstand einen Dienst zu erweisen. Ganz dieser Wahrnehmung entsprechend setzen sich Theorien verschiedenster Disziplinen vor allem auch mit der Frage auseinander, wie ein „Unternehmercharakter“ beschaffen sein muss, um eben diese Aufgabe wahrnehmen zu können.
Dass dies auch für die ökonomische Perspektive auf den Unternehmer gilt, zeigt der vorliegende Essay ausschnitthaft. Am Beispiel von drei Theorien namhafter Wirtschaftstheoretiker soll die unterstellte ökonomische Bedeutung des Entrpreneurs ebenso beleuchtet werden, wie die Zuschreibung von Eigenschaften und Charakterzügen aufgedeckt werden soll. So unterschiedlich die ausgewählten Theorien Rolle und Eigenschaften des Entrepreneurs auch beleuchten, so soll versucht werden, ihre Gemeinsamkeiten am Ende so zusammenzufassen, dass ein allgemeines, die Denkschulen übergreifend gültiges Bild vom Entrepreneur gezeichnet werden kann.
2. Theorien
Zunächst bleibt festzuhalten, dass kaum eine einzig allgemein gültige Definition des Entrepreneurs als Person oder des Entrepreneurship als sein ökonomisches Handeln existiert. Schnittmengen weitgehend akzeptierter Begriffsbestimmungen schlagen allerdings eine Abgrenzung des „Entrepreneurs“ gegen die deutsche Übersetzung des „Unternehmers“ in Bezug auf seine Konnotation vor1: Während der Unternehmer als in der Wirtschaft agierendes Subjekt relativ neutral betrachtet wird und damit nahezu jeder als solcher bezeichnet werden kann, der sich mit einer Tätigkeit selbstständig macht, geht das Konzept des Entrepreneurs darüber hinaus und meint vor allem diejenigen Unternehmer, die mit ihrer Tätigkeit eine bestimmte Neuerung am Markt wagen und dadurch erfolgreich sind2. Dies wird während der Erläuterungen der einzelnen Theorien noch stärker deutlich.
Die Auswahl der Theorien fiel auf die der Ökonomen Joseph A. Schumpeter, Frank H. Knight und Israel M. Kirzner. Alle drei Theorien gelten als Klassiker der Ökonomik des 20. Jahrhunderts und stehen stellvertreten für drei unterschiedliche Denkschulen. Damit heben sie jeweils andere Aspekte des Entrepreneurs hervor und beleuchten auch seine Bedeutung auf unterschiedliche Art und Weise.
2.1. Joseph A. Schumpeter
Joseph Alois Schumpeter (1882-1959) ist ein in Wien, Oxford, Cambridge und London studierter Rechts- und Wirtschaftswissenschaftler3, gehört heute zu den bedeutendsten Ökonomen unserer Zeit und erreichte vor allem durch seine Auseinandersetzungen mit wirtschaftlichem Wachstum und Wettbewerb, aber auch durch seine Theorien über Kapitalismus und politisch-soziale Einflussfaktoren auf das ökonomische Geschehen Bekanntheit. Über wissenschaftlich-akademische Kreise hinaus sorgten vor allem seine Konzepte der „Innovation“ und der „schöpferischen Zerstörung“ für seinen Bekanntheitsgrad. Schumpeter wird dabei keiner vorhergehenden Denkschule unmittelbar zugeordnet, gilt selbst allerdings als maßgeblich für die Entwicklung der „evolutorischen Ökonomik“4.
In seinen Ausführungen betrachtet Schumpeter den Entrepreneur als einen Innovator, der durch das Neukombinieren von bereits vorhandenen Faktoren das wirtschaftliche Wachstum vorantreibt5. Unternehmerisches Handeln im entrepreneur’schen Sinne besteht für Schumpeter damit in der Aufdeckung und vor allem der Durchsetzung von neuen Kombinationsmöglichkeiten bereist bekannter Mittel. Diese Neukombinationen, die Schumpeter später als Innovationen bezeichnet, können neue Produkte sein (Produktinnovationen), in neuen Produktionsverfahren bestehen (Produktionsinnovationen) oder die Erschließung neuer Märkte bedeuten (Marktinnovationen)6. Dabei steht besonders die Durchsetzung dieser Innovationen im Vordergrund: Der Unternehmer muss hartnäckig strukturelle und ökonomische Hindernisse überwinden, um seine Neukombinationen am Markt zu etablieren.
Dieses Vorantreiben wiederum macht den Unternehmer letztlich zum Motor wirtschaftlicher Entwicklung im Sinne einer „schöpferischen Zerstörung“7: Durch seine durchgesetzte Innovation kann der Entrepreneur zunächst Pioniergewinn8 abgreifen. Der Erfolg der Innovation ruft bald Nachahmer hervor und mit der Ausbildung von Konkurrenz und Wettbewerb wird die Gewinnspanne des Unternehmers kleiner9. Um erfolgreicher Unternehmer bleiben zu können, so Schumpeter, muss dieser dann wiederum weitere innovative Neukombinationen finden. Jede etablierte Neukombination drängt allerdings eine vorherige Kombination aus dem Markt10, weil sie sich nur durchsetzen kann, wenn sie besser, d.h. ökonomisch effizienter, ist. Die Durchsetzung der „besseren Lösung“ bedeutet damit die Zerstörung alter Strukturen und oft auch alter Anbieter.
Für Schumpeter zeichnet sich der Unternehmer in seiner Suche und der Durchsetzung als besonders kreativer und risikofreudiger Pionier aus, der den Ideenreichtum besitzen muss, neue Kombinationsmöglichkeiten zu entwickeln und den Mut, sie gegen Widerstände durchzusetzen. Dafür muss der Entrepreneur über Siegerwillen, Kreativität und einen selbstständigen, inneren Antrieb zur Fortentwicklung bestehender Strukturen verfügen sowie emotional stabil und unabhängig sein11.
2.2. Frank H. Knight
Frank Hyneman Knight (1885-1972) gilt als Mitglied der Urväter der so genannten Chicagoer Schule und vertritt damit eine der wohl wichtigsten Denkschulen des 20. Jahrhunderts. Im Rahmen seiner Forschung und Lehre befasste sich Knight vor allem mit Risiko und Unsicherheit unternehmerischen Handelns. Neben diesem Interessenschwerpunkt, aus dem u.a. das populäre Werk „Risk, Uncertainty and Profit“ (1921) hervorging, analysierte Knight außerdem die Dynamik von Märkten und die Bedeutung von Wettbewerb für ebensolche12.
Entsprechend seines Forschungsfokus muss der Entrepreneur nach Knight ein risikofreudiger Entscheider sein, der verantwortungsvoll das Risiko unternehmerischen Handelns auf sich nimmt13. Er wird damit zu einer Art „Versicherer der Ängstlichen“, der trotz Unsicherheit am Markt agiert und damit bei der Umsetzung seiner Idee Kariere und Kapital aufs Spiel setzt. Neben den charakterlichen Eigenschaften Verantwortungsbewusstsein und Mut muss sich der Entrepreneur auch durch besondere Fähigkeiten auszeichnen: Es muss ihm gelingen, einen adäquaten Umgang mit Ungewissheit zu leisten und er muss in der Lage sein, unter unsicheren oder höchst riskanten Bedingungen Führungsentscheidungen treffen zu können.
Daraus ergibt sich das Prinzip „Verantwortung und Kontrolle“14: Er übernimmt Verantwortung, weil er das Risiko trägt, und übt Kontrolle aus, weil er in der Lage ist, die Führungsentscheidungen unter Unsicherheit zu treffen. Der Unternehmer im Sinne eines Entrepreneurs absorbiert auf diese Weise ökonomische Risiken, die sonst ein Hemmnis (für die weniger Wagemutigen) wären. Damit übernimmt er die verantwortungsvolle Leitung in der Fortentwicklung der Wirtschaft. Seine Aktivität ist dabei aufgrund der Risikoübernahme harmonisierend, wenngleich sein Handeln für die anderen Marktteilnehmer wieder neue Faktoren des Risikos und der Unsicherheit darstellen. In seinem Wirken ist der Entrepreneur dabei der Treiber und Lenker der Marktdynamik. Knight unterscheidet hier den Entrepreneur vom Manager, der zwar entscheidet, allerdings nicht persönlich Verantwortung und Haftung für seine unternehmerische Tätigkeit übernimmt15.
2.3. Israel M. Kirzner
Der Brite Israel Meir Kirzner (*1930) studierte u.a. an der New York University Wirtschaftswissenschaften16 und konzentrierte sich in Forschung und Lehre neben anderen Themen auf die Entstehung von Marktgleichgewicht und auf die Rolle des Unternehmers als Wirtschaftsakteur. Als Vertreter der österreichischen Schule geht Kirzner in seinen Theorien nicht von vollständigem Marktgleichgewicht und allen dazugehörigen Elementen des neoklassischen Models aus, sondern unterstellt Informationsasymmetrie, individuelles Handeln mit unterschiedlichen Motiven und verdeckten Möglichkeiten. Vor diesem Hintergrund wird für Kirzner der Entrepreneur zum Entdecker der Möglichkeiten eines unvollständigen Marktes.
Damit ist der Entrepreneur nicht etwa wie bei Schumpeter und anderen auch ein kreativer Schöpfer, sondern lediglich jemand, der bereits vorhandene, „brachliegende“ Chancen nutzt. Wie auch bei den beiden erstgenannten Theorien wird der Entrepreneur damit zur Schlüsselfigur des Marktprozesses17.
[...]
1 Blum / Leibbrand 2001, S.6.
2 Ebd.
3 Buß 2011, S.92.
4 Kurz 2005, S.63.
5 Kraus / Fink 2008, S.28
6 Ebd.
7 Ebd.
8 Näheres bei Kramer 1985, S.45
9 Stummer / Günther / Köck 2010, S.10
10 Ebd.
11 Hölzner 2009, S.22
12 Brouwer 2008, S.30
13 Blum / Leibbrand 2001, S.11
14 Emmet 2009, S.58
15 Kraus / Fink 2008, S.28
16 Econ Journal Watch Online
17 Blum / Leibbrand 2001, S.11
- Quote paper
- Katharina Grimm (Author), 2013, Zwischen Markt und Mythos. Eine ökonomische Perspektive auf Entrepreneurship, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/288258
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