Zweifellos stellt die wichtigste Ressource eines Unternehmens sein Personal dar.
Selbst ein Betrieb mit einem hohen Technologisierungsgrad würde nichts
herstellen ohne jegliche Mitarbeiter. Sie sind das Öl in einem großen Motor. Ohne
Öl kommt es zum Stillstand. Ein Unternehmen funktioniert umso reibungsloser
im Sinne von erfolgreicher, je motivierter und engagierter seine Beschäftigten
sind.
Diese Diplomarbeit „Grundlegende Aspekte der Mitarbeitermotivation auf
psychologischer Grundlage“ hat den sehr komplexen Bereich der Motivation von
Personen bei der Arbeit zum Gegenstand. Sie zeigt Einflussgrößen auf, die auf die
Zufriedenheit und Arbeitsmotivation wirken.
Bevor jene Einflussgrößen erläutert werden, klärt das erste Kapitel, was unter
Motivation verstanden wird und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit
der Mensch handelt. Erst dann lassen sich Motivierungspotentiale des
Arbeitsumfeldes beleuchten. Welche Elemente der Arbeitsumwelt beeinflussen
jedoch die Motivation von Mitarbeitern? Nach Meinung der Autorin sind die
einflussreichsten Quellen auf die Motivation der Arbeitsinhalt, die Führung, die
Arbeitszeit und die Entlohnung. Darauf wird im zweiten Kapitel eingegangen.
Dabei werden Anregungen und Hinweise für die Gestaltung der Arbeit gegeben,
so dass sie mit dem Mitarbeiter harmonisiert und ihn anregt. Es sei darauf
hingewiesen, dass keine Patentrezepte geliefert werden. Dafür sind die
Persönlichkeiten und Bedürfnisse von Menschen zu verschieden, um den
Anspruch zu erheben, den einen Weg der Motivierung aufzuzeigen. Das zweite
Kapitel zeigt notwendige Aspekte, die beachtet werden müssen, um die
Arbeitsmotivation von Beschäftigten zu stärken.
Es ist für Unternehmen nicht möglich, für jeden einzelnen Beschäftigten ein
motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen, das auf den Charakter und auf die
Bedürfnisse des Mitarbeiters abgestimmt ist. Es ist jedoch unumgänglich, die
Ursache von beispielsweise hohen Fehlzeiten oder starker Fluktuation herauszukristallisieren.
Und diese ist nicht selten ein unzufriedener und demotivierter
Mitarbeiter. Jener steht im Mittelpunkt der Betrachtungen des dritten Kapitels.
Erst wenn es dem Unternehmen gelingt, Faktoren, die Demotivation erzeugen, zu beseitigen und zu verhindern, können motivierende Maßnahmen eingeleitet
werden.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Abbildungsverzeichnis
Formelverzeichnis
1. Motivationspsychologische Grundlagen
1.1. Einleitung
1.2. Motivation und Motiv
1.3. Motivationstheorie nach Abraham H. Maslow
1.4. Leistungsmotivation
1.4.1. Leistungsmotiviertes Verhalten und Leistungsmotiv
1.4.2. Das Risikowahl-Modell
1.4.3. Das Selbstbewertungsmodell
1.5. Komplexe Motivationsstrukturen
1.5.1. Das erweiterte kognitive Motivationsmodell von Heinz Heckhausen
1.5.2. Das Flow-Erlebnis
1.6. Motivation und Wille
1.6.1. Das Rubikonmodell des Handelns
2. Bedeutende Einflussfaktoren auf die Arbeitsmotivation
2.1. Einleitung
2.2. Die Zweifaktorentheorie von Frederick Herzberg
2.2.1. Vergleich der Zweifaktorentheorie mit der Bedürfnistheorie von Abraham H. Maslow
2.3. Gestaltung von Arbeitstätigkeiten
2.3.1. Erweiterungsformen des Handlungsspielraumes
2.4. Personalführung
2.4.1. Die two-dimensional-theory
2.4.2. Autoritärer versus demokratischer Führungsstil
2.4.3. Führungstheorien
2.4.3.1. Weg-Ziel-Theorie
2.4.3.2. Die situative Reifegradtheorie von Paul Hersey und Kenneth H. Blanchard
2.4.3.3. Führung durch Zielvereinbarung (MbO)
2.5. Arbeitsentgelt als Instrument der Motivationsförderung
2.6. Gestaltungsmöglichkeiten der Arbeitszeit
3. Demotivierende Belastungen und ihre Folgen
3.1. Einleitung
3.2. Psychische Belastung und Beanspruchung
3.2.1. Negative Beanspruchungsfolgen
3.2.1.1. Über- und Unterforderung
3.2.1.2. Stress
3.2.1.3. Burnout
3.2.1.4. Angst
3.2.2. Bewertungskriterien der Arbeit
Zusammenfassung
Quellenangabe
Vorwort
Zweifellos stellt die wichtigste Ressource eines Unternehmens sein Personal dar. Selbst ein Betrieb mit einem hohen Technologisierungsgrad würde nichts herstellen ohne jegliche Mitarbeiter. Sie sind das Öl in einem großen Motor. Ohne Öl kommt es zum Stillstand. Ein Unternehmen funktioniert umso reibungsloser im Sinne von erfolgreicher, je motivierter und engagierter seine Beschäftigten sind.
Diese Diplomarbeit „ Grundlegende Aspekte der Mitarbeitermotivation auf psychologischer Grundlage “ hat den sehr komplexen Bereich der Motivation von Personen bei der Arbeit zum Gegenstand. Sie zeigt Einflussgrößen auf, die auf die Zufriedenheit und Arbeitsmotivation wirken.
Bevor jene Einflussgrößen erläutert werden, klärt das erste Kapitel, was unter Motivation verstanden wird und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Mensch handelt. Erst dann lassen sich Motivierungspotentiale des Arbeitsumfeldes beleuchten. Welche Elemente der Arbeitsumwelt beeinflussen jedoch die Motivation von Mitarbeitern? Nach Meinung der Autorin sind die einflussreichsten Quellen auf die Motivation der Arbeitsinhalt, die Führung, die Arbeitszeit und die Entlohnung. Darauf wird im zweiten Kapitel eingegangen. Dabei werden Anregungen und Hinweise für die Gestaltung der Arbeit gegeben, so dass sie mit dem Mitarbeiter harmonisiert und ihn anregt. Es sei darauf hingewiesen, dass keine Patentrezepte geliefert werden. Dafür sind die Persönlichkeiten und Bedürfnisse von Menschen zu verschieden, um den Anspruch zu erheben, den einen Weg der Motivierung aufzuzeigen. Das zweite Kapitel zeigt notwendige Aspekte, die beachtet werden müssen, um die Arbeitsmotivation von Beschäftigten zu stärken.
Es ist für Unternehmen nicht möglich, für jeden einzelnen Beschäftigten ein motivierendes Arbeitsumfeld zu schaffen, das auf den Charakter und auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters abgestimmt ist. Es ist jedoch unumgänglich, die Ursache von beispielsweise hohen Fehlzeiten oder starker Fluktuation herauszu- kristallisieren. Und diese ist nicht selten ein unzufriedener und demotivierter Mitarbeiter. Jener steht im Mittelpunkt der Betrachtungen des dritten Kapitels. Erst wenn es dem Unternehmen gelingt, Faktoren, die Demotivation erzeugen, zu beseitigen und zu verhindern, können motivierende Maßnahmen eingeleitet werden.
Jetzt, wo die Diplomarbeit abgeschlossen ist, möchte ich mich bei einigen Personen bedanken. Dieser Dank gilt zunächst Herrn PD Dr. B. für seine hilfreiche Betreuung und außerdem D. L., K. J. L. und B. K. K. für die kritische Durchsicht und die zahlreichen Hilfestellungen beim Anfertigen dieser Arbeit.
Magdeburg, im Februar 2003
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Maslowsche Bedürfnispyramide
Abbildung 2: Das Grundmodell der „klassischen“ Motivationspsychologie
Abbildung 3: Beziehung zwischen subjektiv wahrgenommener Aufgabenschwierigkeit und Leistungsmotivation
Abbildung 4: Beziehung zwischen Aufgabenschwierigkeit und Motivation bei Misserfolgsmotivierten
Abbildung 5: Das Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation
Abbildung 6: Das erweiterte kognitive Motivationsmodell in handlungstheoretischer Darstellung
Abbildung 7: Die aussagenlogische Fassung des erweiterten kognitiven Motivationsmodells
Abbildung 8: Das Flow-Modell
Abbildung 9: Das Rubikonmodell des Handelns
Abbildung 10: Traditionelle und zweidimensionale Betrachtungsweise der Arbeitszufriedenheit
Abbildung 11: Motivatoren und Hygienefaktoren im Vergleich
Abbildung 12: Die Ansätze von Abraham H. Maslow und Frederick Herzberg im Vergleich
Abbildung 13: Der Handlungsspielraum eines Arbeitsplatzes
Abbildung 14: Das job-characteristics-model von Richard Hackman und Greg Oldham
Abbildung 15: Möglichkeiten der Erweiterung des Handlungsspielraumes
Abbildung 16: Ansatzpunkte der Arbeitsinhaltsvergrößerung
Abbildung 17: Ergebnisse der Ohio-Studien
Abbildung 18: Drei Dimensionen des Führungsverhalten und ihre Wirkungen
Abbildung 19: Vier Reifegradstadien bei Mitarbeitern
Abbildung 20: Die situative Reifegradtheorie von Paul Hersey und Kenneth H. Blanchard
Abbildung 21: Abstimmungsprozess bei MbO
Abbildung 22: ausgewählte Entlohnungsformen und ihre Wirkungen
Abbildung 23: Die Intensität der Freizeitinteressen eines Einzelnen eines bestimmten Tages und die Einpassung der Arbeitszeit in den Tagesablauf
Abbildung 24: ausgewählte Arbeitszeitmodelle und ihre Einordnung zu den Dimensionen
Abbildung 25: Wunsch nach Veränderung der Arbeitszeit in Prozent
Abbildung 26: Die Belastungen nehmen zu
Abbildung 27: ausgewählte Belastungen in der Arbeitswelt
Abbildung 28: Ursache-Belastung-Beanspruchung-Folgen
Abbildung 29: negative Beanspruchungen und Beanspruchungsfolgen
Abbildung 30: Burnout-Symptomatik
Abbildung 31: Mechanismus der Entstehung von Angstsymptomen
Abbildung 32: Bewertungskriterien der Arbeit
Formelverzeichnis
Formel 1: Gewichtung eines Folgeereignisses
Formel 2: Gesamtattraktivität eines Ereignisses
Formel 3: Motivationspotential-Formel
1. Motivationspsychologische Grundlagen
1.1. Einleitung
Bevor Wege und Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie Personen motiviert werden können, soll der Begriff Motivation zunächst definiert werden. The „..motivation to do something is the reason why you want to do it.“1 Doch warum handeln Personen und woher kommt der Ursprung dieses Verhaltens? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Motivationsforscher seit Jahrzehnten. Sämtliche Theorien der Motivationspsychologie versuchen Richtung, Ausdauer und Intensität von Verhalten zu erklären.
Das folgende Kapitel erläutert Theorien, die Motivationsforscher entwickelt haben, um das Verhalten von Menschen mit seinen Anreizen und Zielen zu ergründen, zu beschreiben und zu verstehen.
1.2. Motivation und Motiv
Im alltäglichen Sprachgebrauch spricht man von Motivation, wenn „…jemand alle Kräfte mobilisiert, um etwas Bestimmtes zu erreichen, sich durch nichts davon abbringen läßt, nur noch das eine Ziel vor Augen hat und darauf fixiert ist und nicht eher ruht, bis er es erreicht hat.“2
Eine Person, die als „hoch motiviert“ beschrieben wird, hat demnach ein Ziel, welches sie mit hoher Anstrengung verfolgt und von dem sie sich nicht ablenken lässt. Doch Motivation ist mehr als das!
Motivation ist eine Gedankenkonstruktion, ein hypothetisches Konstrukt, das uns bestimmte Verhaltensbesonderheiten erklären soll. Es ist ein Sammelbegriff für Prozesse, der beleuchten soll, wie ein bestimmtes Verhalten in einer bestimmten Situation ausgelöst wird, durch welche Kraft es gestoßen und dirigiert wird.
Für Lutz von Rosenstiel (2001) ist Motivation ein doppelgesichtiger Begriff:
Zum einen dient er zur Erklärung von beobachtbarem Verhalten. Die Motive sind zwar nicht unmittelbar zu erkennen, jedoch erklärt man das Verhalten, indem man Motive dafür angibt.
Zum anderen dient er als Begriff für direkt Erlebtes. So wird Hunger zum Beispiel von unterschiedlichen Personen und je nach Situation verschieden wahrgenommen, dennoch wird das gleiche Wort verwendet. Somit ist das sprachlich verwendete Motiv „…eine Abstraktion aus dem jeweils konkreten und individuellen Erlebens- und Verhaltenskontinuum.“3
Es werden zwei Arten von Motivationen unterschieden: Eine extrinsische Motivation liegt vor, wenn äußere, nicht in der Tätigkeit selbst liegende Anreize im Vordergrund stehen. Zum Beispiel ist die Belohnung ein extrinsischer Anreiz. Handelt die Person hingegen selbstbestimmt, also autonom und aus eigenem Antrieb, spricht man von intrinsischer Motivation.
Es ist möglich, dass extrinsische Anreize eine ursprünglich hohe intrinsische Motivation zerstören können.4 Dieses wäre im folgenden Beispiel der Fall: Eine Person erhält für ihre Arbeit, die ihr sehr viel Spaß macht, plötzlich mehr Geld. Das kann zur Folge haben, dass die Motivation gesteigert wird. Wenn die Person jedoch wieder zurück gestuft wird, kommt es vor, dass sie den Spaß an der Arbeit verliert.
Das aus dem Lateinischen stammende Wort „motivus“, welches übersetzt „Bewegung auslösend“ bedeutet, führt zu dem Begriff Motiv, welcher den Beweggrund oder die Ursache des Handels darstellt. „Motiv ist kein Begriff, der etwas beschreiben soll, sondern einer, der etwas erklären soll.“5 Es handelt sich um überdauernde Bewertungsvorlieben von Personen, die, wie auch der Begriff Motivation, gedankliche Konstruktionen sind. Es lassen sich drei Grundmotive in der klassischen Motivationspsychologie festlegen. Das Leistungsmotiv6, das Machtmotiv und das Anschlussmotiv. Diese werden wirksam, wenn bestimmte
Anreizbedingungen vorliegen. Jedes einzelne Motiv beinhaltet definierte Inhaltsklassen von gewünschten Folgen, die sich bei Zielerreichung einstellen sollen zum Beispiel Prestige- und Ruhmgewinn bei einer Person mit verstärkter Ausprägung des Machtmotivs. Motive sind nicht Einstellungen oder Interessen.
Individuelle Motivunterschiede ergeben sich aus den unterschiedlichen Interaktionen von Kleinkindern mit ihrer Umwelt und/oder durch genetische Unterschiede in der Produktion und Auslösbarkeit von Hormonen. Diese Hormone, zum Beispiel das Vasopressin beim Leistungsmotiv, belohnen beim Ausschütten den Körper und erzielen damit, dass das Handeln wiederholt wird.7
1.3. Motivationstheorie nach Abraham H. Maslow
Abraham H. Maslow geht davon aus, dass alle unbefriedigten Bedürfnisse Beweggründe oder Ursachen für das Verhalten darstellen und somit motivieren können.
Die Entwicklung der Bedürfnispyramide von Abraham H. Maslow (1954) hat die Motivationsforschung maßgeblich beeinflusst. Die große Bedeutung des Konzeptes, welches für alle Menschen in der Gesellschaft gültig ist, basiert auf dessen Einfachheit.
Die Theorie der Maslowschen Bedürfnispyramide baut auf dem Defizitprinzip auf. Dieses unterstellt, dass nur Bedürfnisse das Handeln beeinflussen und aktivieren, solange sie unbefriedigt sind.
Er entwickelte die so genannte Bedürfnispyramide, welche fünf Klassen von Bedürfnissen nach hierarchischer Ordnung beinhaltet. Die Bedürfnispyramide ist in Abbildung 1 (Seite 4) graphisch veranschaulicht.
Die physiologischen Bedürfnisse, die von Abraham H. Maslow auch als Mangelbedürfnisse bezeichnet werden, stellen für den Menschen das Überleben in den Vordergrund.8 Diese niedrigeren Bedürfnisse, wie Nahrung, Trinken und Schlaf haben den stärksten Einfluss, da sie zum Überleben notwendig sind. Diese
Bedürfnisse lösen nach Signalisierung innerorganischer Defizite Aktivitäten aus. Diese Triebe können so mächtig sein, dass andere Aktivitäten unterbrochen, geändert oder verschoben werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Maslowsche Bedürfnispyramide (modifiziert)9
Die nächste Motivklasse beinhaltet alle Bedürfnisse nach Sicherheit und Schutz, beispielsweise vor Krankheiten oder Verletzungen. Diese treten verstärkt in Krisenzeiten auf.
Die sozialen Bedürfnisse führen bei Nichterfüllung zu Gefühlen der Einsamkeit, Isolation und Entfremdung. Für diese Stufe kennzeichnend sind Bedürfnisse nach Liebe, Geborgenheit, sozialem Anschluss und Identifikation.
Auf der folgenden Stufe befinden sich die Ich-Bedürfnisse. Menschen brauchen Achtung, Anerkennung und Zustimmung, damit sie sich zufrieden, selbstbewusst und wertvoll fühlen.
Die Bedürfnisstufe der Selbstverwirklichung wird erst erreicht, wenn alle vorangegangenen Bedürfnisse befriedigt wurden. Diese Motivklasse der so genannten höheren Bedürfnisse oder auch Wachstumsbedürfnisse sind durch die Bedürfnisse nach Verständnis und nach Selbsterfüllung gekennzeichnet. Abraham H. Maslow beschreibt Selbstverwirklichung als das Bedürfnis einer Person, das zu sein und zu tun, wozu sie geboren wurde.10 Wenn diese Bedürfnisse nicht befriedigt werden, fühlt sich die Person angespannt und es entsteht das Gefühl, dass ihr etwas fehlt. Im Gegensatz zu den niedrigen Bedürfnissen ist es hier schwer herauszufinden, welche Aktivitäten sie befriedigen.
Es ist nicht möglich eine Stufe in der Maslowschen Bedürfnispyramide zu überspringen. Zuerst müssen die niedrigen oder auch Mangelbedürfnisse mehr oder weniger zufrieden gestellt werden, bevor ein höheres Bedürfnis aktiviert werden kann. Wachstumsbedürfnisse sind subjektiv zwar weniger drängend, aber schaffen bei deren Befriedigung mehr an erwünschten und persönlichen Ergebnissen wie zum Beispiel Glück, Heiterkeit und inneren Reichtum.11
1.4. Leistungsmotivation
Nach heutiger motivationspsychologischer Auffassung ist das Verhalten das Ergebnis der Wechselbeziehung zwischen einer Person und einer Situation. Die in der Motivationspsychologie bedeutendste Verhaltensgleichung V = f (P, U) von Kurt Lewin (1946) besagt, dass das Verhalten (V) eine Funktion der Person (P) und der Umwelt (U) ist.12 Weder Triebe, Wünsche, Bedürfnisse noch Druck, Zwänge, Anreize von außen können isoliert Verhalten von Menschen ausreichend begründen. Beiden, sowohl den inneren wie auch den äußeren Faktoren bedarf Beachtung.
Kurt Lewin strukturierte den Lebensraum einer Person nach verschiedenen Zielen und Handlungsmöglichkeiten, um sie zu erreichen. Zum Beispiel wäre bei dem Ziel ein höheres Gehalt zu erhalten, die Handlungsmöglichkeit mehr zu leisten. Diese Ziele können sowohl anziehend wie auch abstoßend auf die Person wirken. Der theoretische Beitrag von Kurt Lewin diente als Grundlage zur Erforschung der Leistungsmotivation.
1.4.1. Leistungsmotiviertes Verhalten und Leistungsmotiv
Wenn das Handeln einer Person auf die Selbstbewertung der eigenen Tüchtigkeit abzielt, spricht man von einem leistungsmotivierten Verhalten. Im Mittelpunkt steht das Testen von eigenen Grenzen, um herauszufinden, was der Person noch gelingt.
Die Anreize für die Leistungsmotivation stellen Stolz, Selbstaufwertung und Zufriedenheit über das selbst Geschaffene dar. Dabei stellen sich diese Folgen über die eigene Tüchtigkeit nur ein, wenn man sich das Ergebnis selbst zuschreibt, das heißt der Erfolg auf den eigenen Fähigkeiten und nicht auf äußeren Faktoren wie Glück, Hilfe oder zu geringen Anforderungen beruht.13
Ein typisches Merkmal von leistungsmotiviertem Verhalten ist, dass es sich um Aufgaben handelt, die subjektiv betrachtet zu schaffen sind. Also Aufgaben, bei denen Erfolg und Misserfolg gleichermaßen denkbar sind. Das trifft jedoch nur bei erfolgsmotivierten Menschen ein. Auf diese Thematik wird präziser im Abschnitt 1.4.2. eingegangen.
Der Ausgangspunkt für das leistungsmotivierte Verhalten einer Person ist das Leistungsmotiv. Diese individuelle Konstante ist von Mensch zu Mensch verschieden und beeinflusst die Wahrnehmung von Handlungssituationen. Eine Person mit einem stark ausgeprägten Leistungsmotiv nimmt in einer Situation schneller wahr, wie sie zum Beispiel ihre eigene Tüchtigkeit einsetzen kann, um so die eigene Selbstbewertung zu steigern, als eine anschlussmotivierte Person, der es unter anderem um den Kontakt zu anderen Menschen geht.
Motive sind „…also so etwas wie eine spezifisch eingefärbte Brille, die ganz bestimmte Aspekte von Situationen auffällig macht und als wichtig hervorhebt “14 Das Leistungsmotiv wird sehr stark von der primären Sozialisation geprägt. Ein Kind, welches schon frühzeitig mit entwicklungsangemessenen Aufgaben konfrontiert wurde und sie auch selbstständig gelöst hat, lernt nachhaltig den Zusammenhang zwischen dem eigenem Bemühen und dem sich einstellenden Erfolg.
Leistungsmotive werden im Gegensatz zu den Instinkten und Trieben nicht eigenständig wirksam. Erst in einer motivpassenden Situation wird eine aktuelle Motivation entwickelt, die das Verhalten und die Wahrnehmung beeinflusst. Die Abbildung 2 zeigt schematisch den Ablauf. Diese situative Anregung des Motivs wird auch als Motivierung bezeichnet.
Die Auffassung ähnelt der erwähnten Ansicht von Kurt Lewin, der behauptete, dass das Verhalten stets eine Funktion der Person und der Umwelt ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das Grundmodell der „klassischen“ Motivationspsychologie15
1.4.2. Das Risikowahl-Modell
Wie im vorangegangenen Abschnitt erläutert, ist das Wirksamwerden des Leistungsmotivs ein Zusammenspiel von Person und Situation. Worauf kommt es aber bei der Situation an? John W. Atkinson (1957) beschäftigte sich mit dieser Frage und legte hierzu das Risikowahl-Modell vor.
Ausgangspunkt hierfür ist das Anspruchniveau. Es bezeichnet die Zielausprägung, welche sich die Person vorgenommen hat, wobei sie nach der subjektiven Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung, nach der Erfahrung und nach der Selbstbewertung der Person bestimmt wird. Dieser verbindliche Anspruch an das eigene Handeln ist also im Wesentlichen determiniert durch Erwartungen. Das
Erleben des Erfolges oder auch des Misserfolges ist von diesem selbstgewählten Anspruchsniveau abhängig.
Anhand der Abbildung 3 lässt sich erkennen, dass bei leichteren Aufgaben die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit steigt, was bedeutet, dass die Person davon ausgeht, die Aufgabe lösen zu können.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Beziehung zwischen subjektiv wahrgenommener Aufgabenschwierigkeit und Leistungsmotivation (modifiziert)16 Es stellte sich jedoch heraus, dass erfolgsmotivierte Menschen nicht die leichtesten Aufgaben wählen, besonders dann nicht, wenn ein Misserfolg keine schweren Folgen nach sich zieht, da so eine Steigerung des Selbstwertgefühls, also die Freude über das Erfolgserlebnis sich nicht einstellt. Die Person schätzt die Erfolgswahrscheinlichkeit zwar auf 100 %, aber unter leistungsthematischen Anreizen betrachtet, ist die Aufgabe für die Person „wertlos“ und der Anreiz, die Aufgabe lösen zu wollen, gleich null. Mathematisch ausgedrückt bedeutet das eine invers lineare Beziehung zwischen Erfolgswahrscheinlichkeit und Erfolgsanreiz. Extrem schwierige Aufgaben blieben aber weiterhin unattraktiv, denn obwohl sie einen sehr hohen Erfolgsanreiz besitzen, ist ihre Erfolgswahrscheinlichkeit ist gleich null.
Für die Praxis ist entscheidend, dass die Aufgaben zum leistungsmotivierenden Handeln anregen, die anspruchsvoll genug sind, um noch als Herausforderung erlebt zu werden. Dieser Bereich wird im Folgenden als „mittelschwer“ beziehungsweise „realistisch“ bezeichnet und liegt genau da, wo Erfolgsanreiz und Erfolgswahrscheinlichkeit gleich sind.17 Bei Aufgaben aus dem mittelschweren Bereich sind Erfolg und Misserfolg gleichermaßen möglich und können nur mit vollem Einsatz und Anstrengung gelöst werden. Die Unsicherheit, ob die Aufgabe bewältigt werden kann, ist in diesem Bereich relativ hoch. Der Person wird jedoch schneller bewusst, wo ihre Grenzen liegen.
Die in der Abbildung 3 (Seite 8) dargestellte Motivationskurve ist nicht identisch für alle Personen in Aufgabensituationen. Abhängig von der Art und Ausprägung der Motive ergibt sich eine Vielzahl von Motivationskurven. Eine Person, bei der das Machtmotiv stärker ausgeprägt ist, wird eher darauf achten, bei welchen Aufgaben sie Anerkennung und Prestigegewinn erfährt.18 Voraussetzung für eine wie in Abbildung 3 dargestellte Motivationsfunktion ist ein ausreichend stark ausgeprägtes Leistungsmotiv.
Neben dem Erfolg müssen natürlich auch der potenzielle Misserfolg, seine Wahrscheinlichkeit und seine Konsequenzen beachtet werden. Betrachtet man ausschließlich diese Perspektive, gilt eine andere Beziehung.
Ob eine Person eher erfolgszuversichtlich oder misserfolgsängstlich ist, hängt wiederum von der Ausprägung des Erfolgs- beziehungsweise Misserfolgsmotivs ab. Eine Person, die misserfolgsmeidend handelt, wird versuchen, den mittelschweren Aufgabenbereich zu meiden, da dieser am deutlichsten die Tüchtigkeit oder auch die Grenzen aufzeigt. Sie zieht leichte Aufgaben systematisch vor, da jene den Misserfolg sicher ausschließen. Jedoch stellen sich Erfolgserlebnisse nicht ein. Das spielt aber keine große Rolle, da das „gute“ Gefühl, den Misserfolg vermieden zu haben, einen dominierenden Einfluss hat. Paradoxerweise lassen sich Misserfolgsängstliche von extrem schwierigen Aufgaben relativ wenig beeinflussen. Ein Misserfolg zieht keine negativen Folgen auf das Selbstwertgefühl nach sich, da diese Aufgaben eine geringe Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Der Misserfolg lässt somit keinen Rückschluss auf die eigene Tüchtigkeit, sondern auf die hohe Anforderungssituation zu.19
Aus misserfolgsmotivierender Sicht ergibt sich daher eine spiegelbildliche Motivationskurve, die in der folgenden Abbildung illustriert ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Beziehung zwischen Aufgabenschwierigkeit und Motivation bei Misserfolgsmotivierten
Klaus Schneider (1973) fand in mehreren empirischen Untersuchungen heraus, dass im Vergleich zu erfolgszuversichtlichen Menschen, die misserfolgs- motivierten häufiger extrem schwere und leichte Anforderungen bevorzugten. Bei den erstgenannten stellte sich heraus, dass, wenn die Probanden ihr Anspruchsniveau selber bestimmen durften, sie sogar Aufgaben wählten mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 30% - 40%, anstatt der 50%.
Hier kam wahrscheinlich ein „Hoffnungsbonus“ zum Tragen, der Probanden hoffen ließ, sich im Versuchsdurchgang noch steigern zu können.20 Ansonsten trafen alle Modellvorhersagen für Erfolgszuversichtliche zu.
1.4.3. Das Selbstbewertungsmodell
Obwohl das Risikowahl-Modell für die Motivationsforschung sehr bedeutend war, blieb aber weiterhin offen, was im Einzelnen dazu führt, dass eine bestimmte Person unter bestimmten Situationsbedingungen so handelte und nicht anders. Im Zuge der „kognitiven Wende“ gelang es Forschern die Gedanken, die die Personen in Leistungssituationen besaßen, aufzuzeigen, um so das Motivationsgeschehen verständlicher zu gestalten.
Erfolgs- oder Misserfolgsauswirkungen hängen davon ab, welche Ursachen für das Abschneiden angenommen werden. Es wurde eine Unterscheidung in internale Faktoren, also Faktoren in der Person wie Fähigkeit und Bemühen, und externale Ursachen wie zum Beispiel Pech und Zeitmangel getroffen. Besonders prägende Einwirkungen auf das Selbstwertgefühl (Stolz, Freude) sind dann vorhanden, wenn die Person die eigene Tüchtigkeit als Grund für das Bestehen einer Aufgabe sieht.
Es wurde festgestellt, dass Erfolgszuversichtliche die Tendenz aufweisen, eigene Erfolge der eigenen Tüchtigkeit, also internale Ursachen und dem Misserfolg mangelnde Anstrengung und dem Zufall zuzuschreiben. Die Ursachen- zuschreibung (Attribution), dargestellt in der Abbildung 5 (Seite 12), führt dazu, dass bei einem Erfolg hoch positive Selbstbewertungsaffekte erlebt werden. Bei Misserfolg tritt lediglich Ärger auf, was aber einen weiteren Erfolg in einem neuen Durchgang nicht ausschließt. „Dieses Attributionsmuster wirkt also auf Erwartung und Anreiz motivational ausgesprochen günstig.“21 Bei Misserfolgsmotivierten sieht es hingegen ungünstiger aus. Personen, die Misserfolg erleben, begründen dies mit internalen Gründen. Sie sehen den Misserfolg als eine Bestätigung des schlechten Selbstbildes an. Wie man der folgenden Abbildung entnehmen kann, werden Erfolge dem Zufall oder der Aufgabenleichtigkeit zugesprochen. Das führt dazu, dass Erfolge in Leistungsituationen eine geringere positive Selbstbewertung erlangen, als bei erfolgsmotivierten Menschen. Einen wesentlich größeren Einfluss haben Misserfolge in Anforderungssituationen, denn sie führen zu einer Verringerung der Zuversicht auf Erfolge in zukünftigen Versuchen und negieren das Selbstwertgefühl. In der Summe bedeutet dies, dass der Erfolg wenig bedeutend, ein Misserfolg dagegen sehr prägend ist. Für solche Menschen sind Leistungssituationen sehr unangenehm und beunruhigend.22
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Das Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation23
Heinz Heckhausen (1972) geht bei seinem Selbstbewertungsmodell der Leistungsmotivation davon aus, dass das Anspruchsniveau24, die Ursachen- zuschreibung und der Selbstbewertungsaffekt wechselseitig aufeinander einwirken.
Durch das Setzen von realistischen Zielen von Erfolgsmotivierten merken diese früher wie der Handlungsausgang von der eigenen Anstrengung abhängt und dass die eigene Tüchtigkeit durch Übung weiter gesteigert werden kann. Das hat zur Folge, dass die „Selbstbewertungsbilanz“ positiv ausfällt, da der Erfolg mehr Einfluss auf die Person hat als der Misserfolg.
Das Selbstbewertungsmodell brachte eine deutliche Verbesserung der Konzeption und der Durchführung von Motivationstrainings, da man jetzt die drei Komponenten kannte, die die Erfolgszuversicht von Personen beeinflussen. In mehreren Versuchen lernten Probanden im „…geleiteten Selbsterleben den Zusammenhang zwischen Zielsetzung, Ursachenerklärung und Selbst- bewertung.“25 Die Probanden sollten beim Lösen der Aufgaben laut ihre Zielsetzung, mögliche Ursachen für den Handlungsausgang und die Selbstbewertungsaffekte äußern. Auf diese Weise konnte der Trainer einschreiten und auf Auffälligkeiten aufmerksam machen. Ergebnis dieser Versuche war, dass Misserfolgsmotivierte sich in eine erfolgszuversichtliche Richtung bewegten.
1.5. Komplexe Motivationsstrukturen
Im alltäglichen Leben kommt es leider nicht vor, dass nur ein Anreiz und nur ein Motiv auf das Verhalten einer Person einwirken.
Es ist schwer, alle wirksamen Anreize in ihrer Komplexität und Heterogenität in Situationen zu analysieren und zu untersuchen. Beim Phänomen Abwesenheit vom Arbeitsplatz hat man es „…gewiß mit einer höchst komplexen und heterogenen Bedingungsstruktur zu tun, die sich vermutlich nicht bis ins letzte aufklären
läßt.“26 Es ist daher nicht erstaunlich, dass gerade Betriebspsychologen erste Ansätze entwickelt haben, alle wirksamen Anreize in einer solchen Situation zu erfassen und zu berücksichtigen.
Hierbei wurde die Vorstellung der Instrumentalität von Helen Peak (1955) aufgegriffen. Diese beschreibt die erwartete Enge der Beziehung zwischen einen bestimmten Ereignis X und anderen Ereignissen Yi, das heißt inwieweit ein Ereignis X ein anders Ereignis Yi herbeiführt oder verhindert. Wenn zum Beispiel das Ereignis X das beabsichtigte Fernbleiben eines Mitarbeiters vom Arbeitsplatz beschreibt, so kann sich dies positiv auf die Gesundheit und negativ auf die Sicherheit des Arbeitsplatzes auswirken, und zwar relativ sicher. Die Erlangung anderer Tätigkeiten im Betrieb durch das Fehlen vom Arbeitsplatz wäre zwar möglich, aber relativ unsicher. Merkmale wie Karriere, höheres Gehalt oder die eigene Gesundheit können unabhängig davon verschieden wichtig für diese Person sein, also einen verschieden hohen Anreiz besitzen. „Der Anreiz in der Instrumentalitätstheorie wird mit Valenz bezeichnet.“27
Für jedes solcher Folgereignisse Yi gewichtete Victor H. Vroom (1964) die Höhe der Valenz (Vi) mit der Enge der Instrumentalitätsverknüpfung (Ii). Mathematisch ausgedrückt bedeutete das:
Formel 1: Gewichtung eines Folgeereignisses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Er beschrieb so die motivationalen Auswirkungen. Diese sind seiner Meinung nach umso höher, je größer die Valenz und die Enge zwischen den Ereignissen ist. Das würde für das oben angeführte Beispiel folgendes bedeuten: Wenn durch das Fernbleiben eines Mitarbeiters die Gesundheit gefördert wird, so hätte die Instrumentalität ein positives Vorzeichen (0 bis +1). Die Auswirkung auf die Sicherheit des Arbeitsplatzes wäre hingegen negativ, so dass sich die Instrumentalität zwischen -1 und 0 bewegen würde. Durch die Multiplikation mit der Valenz ergibt sich, vorausgesetzt sie bewegt sich zwischen 0 und +1, ein negatives Produkt. Die Aufsummierung aller Produkte zeigt die Gesamtattraktivität (G) des fraglichen Ereignisses X, sprich in dem oben angeführten Beispiel das Fernbleiben vom Arbeitsplatz. Formalisiert ausdrückt ergibt sich:
Formel 2: Gesamtattraktivität eines Ereignisses
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Aufgrund dieses Verfahrens wurde es möglich, ganz unterschiedliche Anreize in einer gegebenen Berufssituation zu berücksichtigen.
Der Nachteil dieses Konzeptes ist, dass lediglich der Wert eines Ereignisses bestimmt wurde, nicht jedoch ob und wie sich dieser Wert in motiviertes Verhalten umsetzt. Das hängt unter anderem davon ab, ob durch eigenes Handeln das Ereignis herbeigeführt werden kann.28 Diese Überlegungen nahm Heinz Heckhausen in sein erweitertes kognitives Motivationsmodell auf.
1.5.1. Das erweiterte kognitive Motivationsmodell von Heinz Heckhausen
Bei diesem Modell präzisierte Heinz Heckhausen (1977) die Erwartungsseite der handelnden Personen. Er unterschied drei Erwartungsarten:
- Handlungs-Ergebnis-Erwartung (H-E-E)
- Situations-Ergebnis-Erwartung (S-E-E)
- Ergebnis-Folge-Erwartung (E-F-E)29
Die drei Erwartungsarten und ihre Einflüsse sind in der Abbildung 6 (Seite 16) hervorgehoben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Das erweiterte kognitive Motivationsmodell in handlungstheoretischer Darstellung30
Die H-E-E beschreibt die subjektive Wahrscheinlichkeit, ob und wie das Handeln zum angestrebten Ergebnis führt. Sie ähnelt der Erfolgswahrscheinlichkeit, die bei der Leistungsmotivation schon zu finden ist.31
Die subjektive Wahrscheinlichkeit darüber, was passiert, wenn die Person nicht handelt, beinhaltet die S-E-E. Um diese zu bestimmen, sind aber vorwiegend vertraute Situationen notwendig. Je höher die S-E-E ist, also das Ergebnis bereits durch die Situation festgelegt ist, desto geringer die Motivation zu handeln. Umgekehrt verläuft es bei der H-E-E, denn je höher diese ausfällt, also die Person sich sicher ist, mit ihrem Verhalten das Ergebnis positiv zu beeinflussen, um so ausgeprägter fällt das motivierte Verhalten aus.
Die E-F-E oder auch Instrumentalität32 beschreibt die Enge zwischen dem Eintreten des Ergebnisses und den gewünschten Folgen. Beispielsweise wird das Erfüllen von Anforderungen sicher Freude, indessen unsicher das Erlangen einer Führungsposition nach sich ziehen.
Wenn die drei modellspezifischen Erwartungen sowie die Valenz der Folgen bekannt sind, kann sich voraussagen lassen, ob eine Person handelt („Tue was!“) oder nicht („Tue nichts!“). Die Abbildung 7 (Seite 17) zeigt die Frage und Antwortsequenz, mit der dies näherungsweise bestimmbar ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Die aussagenlogische Fassung des erweiterten kognitiven Motivationsmodells33
Um jemanden, der sich im „Tue nichts!“-Status befindet, in die Aktivität zu versetzen, ist es wichtig zu wissen, warum er passiv bleibt. Das erweiterte kognitive Modell erleichtert die Ursachenfindung aufgrund der Spezialisierung der Erwartung. Wenn beispielsweise eine Person eine Aufgabe nicht bearbeitet, kann eine Ursache dafür sein, dass sie es für unwahrscheinlich hält, das Ziel durch eigenes Handeln zu erreichen. Sie weist eine geringe Handlungs-Ergebnis- Erwartung auf.
In verschiedenen Untersuchungen, wobei es sich bei den Probanden um Schüler handelte, konnte mit einer Richtigkeit von 70% - 90% vorhergesagt werden, ob die Schüler sich auf die Prüfung vorbereiteten.34
Nachteilig ist zum Modell zu sagen, dass es streng rationalistisch ist und bei jeder Aktion neu durchgeführt werden muss.
Zusammenfassend lässt sich aus dem erweiterten kognitiven Motivationsmodell ableiten, dass eine Person motiviert handeln wird, wenn
- das Eintreten des Ergebnisses durch das Handeln sicher ist (hohe H-E-E),
- das Ergebnis vom Handeln abhängig ist (geringe S-E-E),
- das Ergebnis mit den Folgen eng verbunden ist (hohe E-F-E oder Instrumentalität) und
- die Folgen für die Person einen hohen Anreiz haben.
1.5.2. Das Flow-Erlebnis
Im Vordergrund einer weiteren motivationspsychologischen Überlegung steht, nicht wie bis jetzt angenommen die ergebnisorientierte Motivation, sondern die tätigkeitsorientierte. Hierbei wirkt nicht das Ziel motivierend, sondern die Tätigkeit selbst. „Das Handeln wird selbst zum Tätigkeitsziel.“35 Die heutige amerikanische Motivationspsychologie widmet sich ausgiebig dem Flow- Erlebnis, einer Forschungsrichtung, die auf den Überlegungen von Milhaly Csikszentmihalyi (1975) basiert. Ausschlaggebender Punkt dieser Forschung war, dass Aktivitäten beobachtet wurden, die keinen erkennbaren Nutzen hatten, wie zum Beispiel Geld oder Ansehen, aber dennoch mit hoher Anstrengung durchgeführt wurden. Solche autotelischen Aktivitäten 36 (auto = selbst, telos = Ziel) finden sich vor allem im spielerischen und kreativen Bereich. Das Flow-Erleben, welches von den Probanden als freudvoll umschrieben wurde, stellt sich ein, wenn die eigene Fähigkeit mit der Anforderung korrespondiert. Den Befragten war aber nicht bewusst, dass allein das „reflexionsfreie“ und nichtzweckorientierte Ausführen einer Tätigkeit sie zufrieden machte. Das rührt daher, dass stets der Anreiz oder der Wert einer Handlung vom Ziel abhängig gemacht wird, anstatt vom Tätigkeitsvollzug selbst.37
Bei Flow-Erlebnissen handelt es sich um Tätigkeiten, die im Bereich des Möglichen liegen, durch wiederholte Handlungen perfektioniert werden und bei denen die Personen sich immer höhere Ziele setzen. Intrinsische und extrinsische Motivationsfaktoren38 ergänzen sich, jedoch ist der entscheidende Motivations- schub die subjektive Freude über die Ausführung der Tätigkeit. Der Handlungsablauf beim Flow-Erlebnis wird als glatt erlebt, das heißt die einzelnen Handlungsabschnitte gehen fließend ineinander über. Die Person hat ein geringes Zeitgefühl und geht „ganz und gar“ in der Aktivität auf. Flowartige Tätigkeiten benötigen keine willentliche Konzentration, da es sich um Tätigkeiten handelt, die man gerne ausführt.
Außerhalb des Flows, wenn die Anforderungen unter der Fähigkeit der Person liegen, stellen sich Monotonie und Langeweile ein, da es sicher ist das Ergebnis zu erreichen.
Wenn hingegen die Anforderungen die Fähigkeiten übersteigen, kommt es zu Angsterlebnissen und negativen Stresssymptomen, da ein Misserfolg wahrscheinlicherer ist und dieser negative Auswirkungen auf die Selbstbewertung haben könnte.
Die eben genannten Möglichkeiten und das Flow-Erlebnis sind in der Abbildung 8 (Seite 20) graphisch dargestellt.
[...]
1 Zit. nach http://www.antimoon.com/words/motivation-n.htm, 01.08.2002, 12:24 Uhr
2 Zit. nach Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 16
3 Zit. nach Rosenstiel, Lutz v.: Motivation im Betrieb. Mit Fallstudien aus der Praxis. in: Der Mensch im Unternehmen. Bd. 14, 10. Aufl., Rosenberger Fachverlag, Leonberg 2001, S. 5 f.
4 Ebenda, S. 59
5 Zit. nach Heckhausen, Heinz: Motivation und Handeln. 2. Aufl., Springer-Verlag, u.a. Berlin 1989, S. 9
6 Vgl. dazu 1.4.1. Leistungsmotiviertes Verhalten und Leistungsmotiv, S. 5 ff.
7 Vgl. dazu Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 195
8 Vgl. dazu http://www.scopeonline.de/maslow.htm, 25.07.2002, 15.30 Uhr
9 Siehe Arentzen, Ute; Lörcher, Ulrike: Bedürfnishierarchie. Gabler-Wirtschafts-Lexikon B-C, 14. Aufl., Gabler Verlag, Wiesbaden 1997, S. 437
10 Vgl. dazu Maslow, Abraham H.: Motivation und Persönlichkeit. Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg 1954, S. 73 f.
11 Ebenda, S. 128 ff.
12 Vgl. dazu Lück, Helmut E.: Die Feldtheorie und Kurt Lewin. Eine Einführung. Beltz Verlag, Weinheim 1996, S. 53
13 Vgl. dazu Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 63
13 Ebenda, S. 65
15 Siehe Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 72
16 Vgl. dazu Rheinberg, Falko; Krug, Siegbert: Motivationsförderung im Schulalltag. in: Ergebnisse der Pädagogischen Psychologie. hrsg. von Andreas Knapp und Detlef H. Rost, Bd. 8, Hogrefe Verlag, Göttingen 1993, S. 16
17 Vgl. dazu Rheinberg, Falko; Krug, Siegbert: Motivationsförderung im Schulalltag. in: Ergebnisse der Pädagogischen Psychologie. hrsg. von Andreas Knapp und Detlef H. Rost, Bd. 8, Hogrefe Verlag, Göttingen 1993, S. 17
18 Vgl. dazu Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 75
19 Vgl. dazu Rheinberg, Falko; Krug, Siegbert: Motivationsförderung im Schulalltag. in: Ergebnisse der Pädagogischen Psychologie. hrsg. von A. Knapp und D. H. Rost, Bd. 8, Hogrefe Verlag, Göttingen 1993, S. 18
20 Vgl. dazu Schneider, Klaus: Motivation unter Erfolgsrisiko. in: Motivationsforschung. hrsg. von Heinz Heckhausen, Bd. 1, Hogrefe Verlag, Göttingen 1973, S. 198
21 Zit. nach Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 85
22 Ebenda, S. 86 f.
23 Ebenda, S. 88
24 Vgl. 1.4.2. Das Risikowahl-Modell, S. 7 f.
25 Zit. nach Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 89
26 Zit. nach Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 131
27 Ebenda, S. 132
28 Vgl. dazu Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 132 f.
29 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die Kurzschreibweisen „H-E-E“, „S-E-E“ und „E-F-E“ verwendet.
30 Siehe Heckhausen, Heinz; Rheinberg, Falko: Lernmotivation im Unterricht, erneut betrachtet. in: Unterrichtswissenschaft. Urban & Schwarzenberg Verlag, München 1980, S.16
31 Vgl. dazu 1.4.2. Das Risikowahl-Modell, S. 7-11
32 Vgl. dazu 1.5. Komplexe Motivationsstrukturen, S. 13 ff.
33 Siehe Heckhausen, Heinz; Rheinberg, Falko: Lernmotivation im Unterricht, erneut betrachtet. in: Unterrichtswissenschaft. Urban & Schwarzenberg Verlag, München 1980, S. 19
34 Vgl. Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 137
35 Zit. nach Vollmers, Burkhard: Streben, leben und bewegen. Kleiner Abriss der Motivationspsychologie. Vandenhoeck & Ruprecht Verlag, Göttingen 1999, S. 99
36 Vgl. dazu Csikszentmihalyi, Mihaly: Flow-Das Geheimnis des Glücks. 9. Aufl., Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2001, S. 97
37 Vgl. dazu Rheinberg, Falko: Motivation. in: Grundriss der Psychologie. hrsg. von Herbert Selg und Dieter Ulich, Bd. 6, 4. Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2002, S. 157 f.
38 Vgl. dazu 1.2. Motivation und Motiv, S. 1 ff.
- Citation du texte
- Janett Els (Auteur), 2003, Grundlegende Aspekte der Mitarbeitermotivation auf psychologischer Grundlage, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28807
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