Frankreichs berühmteste Fliegerin war Maryse Bastié (1898–1952), geborene Marie-Louise Bombec. Sie erwarb 1928 als erste Französin den Führerschein für Passagierflugzeuge und stellte in den 1930-er Jahren acht Weltrekorde auf. 1952 kam die tüchtige Pilotin auf tragische Weise bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Zu ihren Lebzeiten bezeichnete man sie respektvoll als „Sprinterin der Lüfte“, „Himmels-Trumpf“ oder „Dauerläuferin am Firmament“. Die Kurzbiographie „Maryse Bastié. Die Fliegerin, die acht Weltrekorde brach“ schildert ihr Leben.
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Maryse Bastié (1898-1952)
Foto: Archiv Dr. Dave Lam, Everberg in Belgien
Frankreichs berühmteste Fliegerin war Maryse Bastié (1898-1952), geborene Marie-Louise Bombec. Sie erwarb 1928 als erste Französin den Führerschein für
Passagierflugzeuge und stellte in den 1930-er Jahren acht Weltrekorde auf. 1952 kam die tüchtige Pilotin auf tragische Weise bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Zu ihren Leb- zeiten bezeichnete man sie respektvoll als „Sprinterin der Lüfte“, „Himmels-Trumpf“ oder „Dauerläuferin am Firmament“. Marie-Louise („Maryse“) Bombec kam am 27. Februar 1898 gegen sieben Uhr abends als letztes von drei Kindern des Eisengießers Joseph Bombec (1866-1908) und seiner Ehefrau Céline Filholaud (1873-1951) in Limoges (Département Haute Vienne) zur Welt. Das erste Kind war eine Tochter namens Jeanne, die 1894 noch im Jahr der Geburt starb. Als zweites Kind folgte der Sohn Pierre (1896-1916).
Im Alter von neun Jahren betrauerte Maryse den Tod ihres Vaters, der am 17. Februar 1908 in Limoges starb. Joseph Bombec war nur 41 Jahre alt geworden. Danach musste die Restfamilie finanziell ums Überleben kämpfen. Als Mädchen soll Maryse ungestüm und stur gewesen sein. Nach dem Ver- lassen der Schule arbeitete sie mit 14 Jahren in einer Schuh- fabrik, wo sie Leder nähte. Nachdem die Schuhfabrik 1914 geschlossen wurde, betätigte sich Maryse als Näherin in einer Fabrik, die Militärblusen herstellte.
Gegen den Willen ihrer Familie heiratete die 16-jährige Maryse Bombec am 11. Februar 1915 den Porzellanmaler Baptiste Gourinchas, dessen Geburts- und Todesjahr nicht bekannt sind. Aus dieser Ehe ging im selben Jahr der Sohn Germain (1915--1935) hervor. 1917 unternahm Maryse in Limoges mit einem Freund den ersten Flug in einem Motorflugzeug. Dabei lernte sie den aus Fiac bei Toulouse stammenden Piloten Louis
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Maryse Bastié
Foto: Reproduktion einer Postkarte
mit Autogramm aus dem 1920-er Jahren (via Wikimedia Commons),
Lizenz: gemeinfrei (Public domain)
Bastié kennen, der in ihrem Privatleben später eine wichtige Rolle spielte. Bastié war gegen Ende des Ersten Weltkrieges ein Brieffreund von Maryse.
Ab 1918 arbeitete Maryse Gourinchas als Schreibkraft in der Elektrizitätsgesellschaft von Limoges. Ihre erste Ehe endete im Dezember 1920 mit der Scheidung.
Am 22. Mai 1922 schloss die geschiedene Maryse Gourinchas ihre zweite Ehe mit dem ehemaligen Militärpiloten und entlassenen Fliegerleutnant Louis Bastié (1897-1926). Zu- nächst führten Maryse und Louis ein Schuhgeschäft in Cognac. Später arbeitete ihr Mann als Fluglehrer in Bordeaux-Mérignac. Durch ihren Gatten begeisterte sich auch Maryse Bastié für die Fliegerei. Ihr Mann konnte ihr mit einem Militärflugzeug nicht das Fliegen beibringen. Statt dessen gab ihr der gleich- altrige private Fluglehrer Guy Bart (1898-1983) Flugunterricht. Am 29. September 1925 erhielt Maryse in Bordeaux-Teynac (später Flugplatz Bordeaux-Mérignac) den Pilotenschein. Um die Aufmerksamkeit potentieller Arbeitgeber zu erregen, flog die frischgebackene Pilotin am 6. Oktober 1925 mit einer „Caudron G3“ unter den Kabeln der Hängebrücke „Pont transbordeur de Bordeaux“ in Bordeaux durch. In sechs Etappen wagte sie am 13. November 1925 einen Flug von Bordeaux nach Paris.
1926 war ein schlechtes Jahr für Maryse Bastié. Ihr Gatte Louis stürzte am 15. Oktober 1926 in Bordeaux während eines Probefluges vor ihren Augen tödlich ab. Der Tod ihres Mannes schreckte sie nicht davor ab, weiterhin zu fliegen. In jenem Jahr konnte sie nur zwei Flüge mit jeweils 20 Minuten Dauer unternehmen.
1927 arbeitete Maryse Bastié bei der Flugschule Pilain in Orly bei Paris sechs Monate lang als Fluglehrerin. Außerdem machte
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Plakat für die „Große Woche der Luftfahrt“
vom 9. bis 18. September 1910 in Bordeaux-Mérignac Bild: Reproduktion eines Plakates von 1910
(via Wikimedia Commons),
Lizenz: gemeinfrei (Public domain)
sie Flugvorführungen, bei denen sie einen Feuerlöscher für während des Fluges in Brand geratene Motoren präsentierte. Von ihren letzten Ersparnissen kaufte sich Maryse 1927 ein gebrauchtes kleines Flugzeug des Typs „Caudron C109“, das sie liebevoll „Trottinette“ („Radelrutsch“) nannte. Weil sie kein Geld für Treibstoff zum Fliegen hatte, unterstützte sie der Pilot Maurice Drouhin (1891-1928) finanziell.
Ihren ersten Rekord stellte Maryse Bastié am 13. Juli 1928 in ihrer zweisitzhigen „Caudron C109“ zusammen mit dem abenteuerlustigen Maurice Drouhin bei einem 1.058 Kilometer langen Flug von Paris nach Treptow in Pommern auf. Für diese Leistung erhielten die Beiden zusammen 25.000 Francs. Drouhin und der Mechaniker André Lanet kamen kurz darauf im August 1928 bei einem Testflug mit einer „Couzinet 27“ in Paris-Le Bourget ums Leben, während der Pilot Louis Magnard überlebte.
Als erste Frau in Frankreich erwarb Maryse Bastié am 11. Ok- tober 1928 den Führerschein für Passagierflugzeuge. Ab 1928 trug sie auch offiziell den Vornamen Maryse statt Marie- Louise.
Ein Rekord nach dem anderen glückte Maryse Bastié im Frühjahr und im Sommer 1929. Am 29. April 1929 erkämpfte sie auf dem Flughafen Orly in ihrer „Caudron C109“ mit einem Flug über 10 Stunden 30 Minuten einen französischen Rekord für Frauen. Mit 24 Stunden 24 Minuten gelang ihr am 20. und 21. Juli 1929 ein französischer Dauerflug-Rekord. 26 Stunden 48 Minuten lang kreiste sie am 28. und 29. Juni 1929 mit ihrer „Caudron C109“ über dem Pariser Flughafen Le Bourget, brach damit den Alleinflug-Dauerrekord für Frauen und erhielt hierfür 10.000 Francs. Die in Leipzig in Deutsch- land geborene und in Frankreich lebende russischstämmige
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Pilotin Lena Bernstein (1906-1932) Zeichnung: Morburre / CC-BY-SA3.0 (via Wikimedia Commons),
lize nsiert unter Creative Commons-Lizenz by-sa-3.0-en http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
Pilotin Lena Bernstein (1906-1932) blieb am 2. Mai 1930 mit 35 Stunden 45 Minuten noch länger mit ihrer Maschine in der Luft als Maryse.
Mit ihrem deutschen Leichtflugzeug des Typs „Klemm KL25“, das einen 40-PS-Motor hatte, erkämpfte sich Maryse Bastié am 1. April 1930 in 22 Stunden 40 Minuten die Urkunde für den „Internationalen Rekord in geschlossener Bahn“. Ein weiterer Rekord für Kleinflugzeuge folgte am 17. August 1930 mit einem Flug über 26 Stunden. Vom 2. bis 4. September 1930 triumphierte Maryse über Lena Bernstein, als sie mit ihrer „Klemm KL25“, ohne zu tanken, 37 Stunden 55 Minuten flog. Damit stellte sie für Frauen einen neuen „Internationalen Dauerrekord für Einsitzer“ auf. Dabei kämpfte sie bis zur Erschöpfung gegen die Kälte, den Mangel an Schlaf und Abgase des Motors. Nach dem Aussteigen aus ihrer Maschine erklärte sie, um nichts in der Welt würde sie dies wieder tun. Im Oktober 1930 kaufte Maryse Bastié eine „Caudron C-230 Luciole“ mit 40-PS-Motor. Mit dieser Maschine startete sie am 28. Juni 1931 zu einem 2.976 Kilometer weiten Direktflug von Frankreich (Paris-Le Bourget) über Deutschland nach Russland (Urino bei Nishni Nowgorod in Sibirien). Dabei brach sie mit 30 Stunden 30 Minuten den bis dahin von Lena Bernstein gehaltenen „Weltstreckenrekord für Frauen über 3.000 Kilometer“ und stellte den „Internationalen Strecken- rekord für Einsitzer der Klasse III“ auf. Fortan galt sie als berühmte Fliegerin und konnte von den Einnahmen, die ihr die Flüge mit der eigenen Maschine sowie Werbung ein- brachten, leben.
1931 erhielt Maryse Bastié als erster Franzose die renommierte „Internationale Harmon Trophy“ als „beste Fliegerin der Welt“. Diese „Harmon Trophy“ wird seit 1926 alljährlich inter-
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Pilotin Maryse Hilsz (1903-1946) Foto: Simone Auffret / CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons), lizensiert unter CreativeCommons-Lizenz by-sa-3.0-de http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode national in drei Kategorien vergeben: 1. an einen heraus- ragenden Flieger, 2. an eine herausragende Fliegerin und 3. an Aeronauten (Ballonfahrer oder Luftschiffer). Die vierte Kategorie ist die „National Trophy“ in jedem der Mit- gliedsstaaten. Der Name der „Harmon Trophy“ erinnert an den amerikanischen Ballonfahrer und Piloten Clifford B. Harmon (1866-1945), den wohlhabenden Sponsor dieser Auszeichnung. Die „Union des républiques socialistes sovié- tiques“ („URSS“) bedachte Maryse 1931 mit der Auszeichnung „Ordre de l’etoile rouge“. Die „Internationale Flieger-Liga“ verlieh ihr 1932 den offiziellen Weltmeistertitel für Frauen. In manchen Biografien heißt es irrtümlich, Maryse Bastié sei 1934 als erste Frau von Paris nach Tokio (Japan) und zurück geflogen. Tatsächlich hat aber ihre Landsmännin Maryse Hilsz (1903-1946) im April 1934 mit einer „Breguet 33R“ diesen Rekordflug über rund 30.000 Kilometer zurückgelegt.
Maryse Bastié und die französische Fliegerin Adrienne Bolland (1895-1975) unterstützten die 1934 von der Politikerin, Feministin, Schriftstellerin und Journalistin Louise Weiss (1893-1983) sowie der Feministin und Politikerin Cécile Brunschvicg (1877-1946) gegründete Vereinigung „La femme nouvelle“ („Die neue Frau“). Diese strebte das Frauen- wahlrecht und die Stärkung der Rolle der Frauen im öffent- lichen Leben an.
Ein schwerer Schicksalsschlag traf Maryse Bastié am 6. Juni 1935. An jenem Tag starb ihr Sohn Germain, der bei der französischen Marine diente, im Krankenhaus in Bizerte (Tunesien) im Alter von nur 20 Jahren an Typhus. Zusammen mit Guy Bart gründete Maryse Bastié im August 1935 auf dem Flugplatz Orly die Flugschule „Maryse Bastié Aviation“. Diese Flugschule bestand nur kurze Zeit.
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Adrienne Bolland (links) mit der Journalistin Louise Favier (1870-1961), rechts, als Passagierin
Foto: Archiv Dr. David Lam, Everberg, Belgien
Laut Online-Lexikon „Wikipedia“ arbeitete Maryse in den 1930-er Jahren auch als Verkaufsdirektorin bei einem Motorenund Flugzeughersteller.
Kurz nach dem Verschwinden des französischen Fliegers Jean Mermoz (1901-1936) über dem Atlantik krönte Maryse Bastié ihre fliegerische Leistung am 30. Dezember 1936. Durch Nebel und Gewitterwolken flog sie mit einem Eindecker „Caudron Simoun“ - nur mit einem Kompass für die Navigation aus- gerüstet - von Dakar in Westafrika über den Südatlantik nach Natal in Brasilien. Dabei legte sie in 12 Stunden 5 Minuten insgesamt 3.173 Kilometer zurück. Damit war sie eine Stunde schneller als die bisherige Rekordhalterin Jean Batten (1909- 1982) aus Neuseeland und erreichte eine Durchschnittsge- schwindigkeit von 264 Stundenkilometern. Für diesen Ozeanflug hatte ihr der französische Luftfahrtminister Pierre Cot (1895-1977) eine viersitzige Maschine des Typs „Caudron Simoun“ mit einem 180-PS-Renault-Motor zur Verfügung gestellt. Um mehr Platz für insgesamt 890 Liter Benzin zu gewinnen, baute man die nicht benötigten Sitze aus. Nach der triumphalen Heimkehr von Maryse verlieh ihr der Luftfahrt- minister 1937 den Titel eines „Offiziers der Ehrenlegion“ („Chevalier de la Légion d’honneur“).
Der Minister Cot wusste die Verdienste von Maryse Bastié aber nicht immer so hoch zu schätzen. Als Maryse auf dem Gipfel ihres Ruhmes um eine Anstellung in der Luftfahrt bat, gab ihr Cot die abschlägige Antwort, es sei zu früh, „in der Fliegerei in großem Maßstab bei Frauen und Männern gleiche Leistungen festzustellen!“.
Zur Erinnerung an den im Dezember 1936 auf der gleichen Flugstrecke verschollenen Piloten taufte Maryse Bastié ihr Flugzeug am 11. Januar 1937 auf den Namen „Jean Mermoz“.
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Jean Batten (1909-1982)
Foto: Ian Mackersey, Auckland, Neuseeland
Im Sommer 1937 flog Maryse in einer erneut vom Luft- fahrtministerium ausgeliehenen „Caudron Simoun“ zusammen mit der französischen Pilotin Suzanne Tillier von Paris nach Krasnojarsk in Sibirien und zurück. Das bewegte Leben der „Rote-Kreuz“-Krankenschwester im „Ersten Weltkrieg“, Pilotin, Partisanin im „Zweiten Weltkrieg“ gegen die „Nazis“, Mitglied der französischen „Woman’s Army“ in Indochina, Aministratorin in Äquatorial-Afrika und Frauenrechtlerin Tillier wird in der Biografie „Suzanne Tillier: Memoirs of an Extraordinary Woman“ von Jon Wiles geschildert.
Von November 1937 bis März 1938 unternahm Maryse Bastié mit einer „Caudron Simoun“ eine Vortragsreise in Südamerika. 1937 veröffentlichte sie ihre Autobiographie „Ailes ouvertext: carnet d’une aviatrive“. Der Maler Luigi Corbellini (1901-1968) fertigte 1937 ein Aquarell mit ihrem Porträt an. 1937 hat man Maryse Bastié geradezu mit Auszeichnungen überhäuft. Damals konnte sie sich außer dem „Chevalier de la Légion d’honneur“ auch über folgende Ehrungen freuen: „Chevalier de l’ordre de la Croix du Sud“ (Brasilien), „Officier de l’ordre national du Mérite“, „Médaille d’or du Progrès („Medaille des Pionieres“), „Plaque de vermeil de l’Aéro-Club des France“, „Ordre de l’Étoile de Roumanie“ (Rumänien), „Médaille d’or de l’education physique“ und „Commandeur de l’ordre de l’education nationale“ („Palmes académiques“). Hinzu kamen 1938 „Croix du Mérite du Chili“ (Chile“), „Croix de l’Aviation (Peru) und „Ordre de Simon Bolivar“ (Venezuela) sowie 1940 „Croix de saint Olaf“ (Norwegen). Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) meldete sich Maryse Bastié freiwillig als Pilotin zur französischen Luftwaffe (Versor- gungsstaffel).
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- Ernst Probst (Autor), 2015, Maryse Bastié. Die Fliegerin, die acht Weltrekorde brach, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/287053
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