Über 25 Millionen Markennamen sind weltweit registriert. Allein in einem einzigen großen, deutschen Kaufhaus buhlen über 60.000 verschiedene Markennamen um die Aufmerksamkeit der Konsumenten. Eine enorme Summe, insbesondere im Hinblick darauf, dass der aktive Wortschatz eines Menschen meist nur 3.000 bis 6.000 Wörter umfasst. Ergo wird das Ziel jeden Markenartiklers – seinen Namen in den Wortschatz seiner Zielgruppe einzubringen – zu einer immer komplexeren Aufgabe. Diese Herausforderung, die Kreation eines erfolgreichen Markennamens, ist Kernpunkt dieser Arbeit.
Die zentralen Fragestellungen lauten: Wann ist ein Markenname erfolgreich und wie kann er entwickelt werden?
Ziel dieser Arbeit ist es, Unternehmen und verantwortlichen Gestaltern einen Leitfaden zu bieten, um einen erfolgreichen Markennamen zu entwickeln.
Zum Aufbau der Arbeit: Eingangs sollen Markennamen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven (beispielsweise aus juristischer oder linguistischer Sicht) betrachtet werden, um die jeweils relevanten Erfolgsfaktoren abzuleiten. Im zweiten Teil soll der Prozess der Namensentwicklung anhand konkreter Beispiele untersucht werden. Abschließend sollen aus den einzelnen Prozessschritten jene isoliert und zu einem Leitfaden gefasst werden, welche die eingangs aufgezeigten Erfolgskriterien bestmöglich erfüllen.
Als Quellen sollen herangezogen werden:
· Informationen aus der Literatur (Fachbücher von Samland, Bugdahl et al., Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, Diplomarbeiten, Dissertationen, etc.)
· Informationen aus Experteninterviews (Juristen, Verantwortliche von Namensagenturen wie Endmark® oder Interbrand)
· Statistiken und Informationen von Organisationen (Deutsches Patent- und Markenamt, Statistisches Bundesamt Deutschland)
Inhaltsverzeichnis
I. Versicherung
III.Abbildungsverzeichnis
IV. Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Aufbau der Arbeit & Methodik
2 Marken & Namen
2.1 Was eine Marke ist (Herkunft & Begriffsdefinitionen)
2.2 Was ein Name ist (Relevanz & Terminologie)
3 Dimensionierung von Markennamen
3.1 Ökonomischer Wert
3.2 Tri*m (Messung von Kundenbindung)
3.3 Begriffsmonopol (Prototypensemantik)
3.4 First Call
4 Kriterienanalyse
4.1 Welche Kriterien sind relevant, welche nicht?
5 Namenskreation
5.1 Beständigkeit (Schutzfähigkeit)
5.1.1 Verwechslungsgefahr
5.1.2 Täuschende Markennamen
5.1.3 Irreführende geografische Angaben
5.1.4 Freihaltungsbedürfnis
5.1.5 Ausführliche Markenrecherche
5.2 International einsetzbar
5.2.1 Phonetik
5.2.2 Semantik
5.2.3 Orthografie
5.2.4 Kulturelle Besonderheiten
5.3 Einfach
5.3.1 Visuelle Wahrnehmung
5.3.2 Akustische Wahrnehmung
5.4. Sympathisch
6 Fazit & Ausblick
Quellen & Anhang
Bücher & Sammelbände
Zeitungen & Zeitschrifen
Internetquellen
Studien & Untersuchungen
Andere Quellen
III. Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Brand rankings im Vergleich
Abb. 2: Tri*em-Veranschaulichung
Abb. 3: Begriffsmonopole
Abb. 4: »first-call-Marken«
Abb. 5: Kriteriensammlung
Abb. 6: Relevanz von Kriterien
Abb. 7: Die Akustik der Vokale
Abb. 8: Dos & Don’ts bei der Namenskreation
III.Abbildungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
Horst Köhler ist ein Name, der sich offenbar eignet, um zum Bun- despräsidenten1 gewählt zu werden, aber um als Musiker erfolgreich zu sein, eignet er sich eventuell weniger. Vermutlich ist das auch der Grund, weshalb der Schlagersänger Horst K ö hler seinen bürgerlichen Namen hintenanstellte und sich einen Künstlernamen zulegte, nämlich
Guildo Horn
Aber kann ein Name tatsächlich relevant oder gar entscheidend sein für den Erfolg einer Person? Ein Experiment des Massachusetts Institute of Technology (MIT) unter der Leitung von Amy Perfors be- schäftigte sich mit dieser Frage. Auf einer Internetseite konnten Nutzer Personenfotos mit den dazugehörigen Namen auf einer Skala nach At- traktivität beurteilen. Nach Vertauschung der Namen stellte sich als Ergebnis heraus, dass sich auch die Einschätzung der Attraktivität ge- ändert hatte. Demnach erwiesen sich für Männer Namen mit kurzen, hellen Vokalen wie »e« oder »i« in Kevin oder Ben als vorteilhaft.2
Ähnliche Ergebnisse zeigte auch ein Test mit Deutschlehrern, die Aufsätze mit unterschiedlichen Schülernamen bewerten sollten. We- niger attraktiv wurden zum einen Doppelnamen und zum anderen unharmonische Kombinationen von Vor- und Nachnamen eingestuft. Eine Chantal-Sarah M ü ller wurde beispielsweise deutlich schlechter bewertet als eine Heike M ü ller 3 Die Erkenntnisse über Personennamen lassen sich unmittelbar auch auf Warennamen übertragen. Ein und dasselbe Produkt kann mit verschiedenen Namen unterschiedliche Re- aktionen hervorrufen. So konnten sich laut Samland die T-Shirts von Ralph Lipshitz nur schlecht verkaufen, aber nach dem Namenwechsel zu Ralph Lauren verkaufte sich die Kleidung erheblich besser.4
Des Weiteren bekräftigt ein Laborversuch der Naming-Agentur Endmark die Relevanz von Markennamen. So wurde 2005 ein Expe- riment durchgeführt, in dem ein Tafelwasser mit drei verschiedenen Namen etikettiert und 50 Probanden präsentiert wurde. Mit Multiple- Choice-Vorgaben wurden die Geschmacksrichtungen abgefragt. Dem Inhalt der mit dem Markennamen Misoki beschrifteten Flaschen wurde mehrheitlich „eine leichte Note von japanischen Kirschblüten“5 zugeschrieben. Dem Wasser mit dem Namen Qlara wurde ein „von sämtlichen Geschmacksnuancen neutralisiertes“6 Wasser bescheinigt und den Inhalt der Flaschen, die mit dem Namen Gutenfels beschriftet wurden, begutachteten die Probanden mit „einem hohen Anteil von gesunden Mineralien“7
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Namen - ob nun Personenoder Warenname - unsere Meinung beeinflussen können. Was genau ein erfolgreicher Markenname ist und woran man ihn messen kann, wird in dieser Arbeit untersucht.
Die zentralen Fragestellungen lauten: Wann ist ein Markenname erfolgreich und wie kann er entwickelt werden? Ziel dieser Arbeit ist es, verantwortlichen Gestaltern einen Leitfaden zu bieten, welche Kriterien ein erfolgreicher Markenname erfüllen sollte und durch welche Maß- nahmen die Erfüllung der Kriterien sicher gestellt werden kann.
1.2 Aufbau der Arbeit & Methodik
Die Fachliteratur zu der Entwicklung von Markennamen betrachtet überwiegend den Prozess der Kreation. So werden Markennamen zu- nächst klassifiziert in Ortsnamen (wie Schwarzwälder Schinken oder Nordsee), Personennamen (wie Mercedes oder Steiff) und zu- sammengesetzte Namen (wie Hanuta HAselNUss Afel). Anschlie- ßend wird das Thema anhand der Namenskreation (als ein zeitlicher Prozess) abgehandelt, beginnend mit ersten Entwürfen und schließlich endend mit der juristischen Überprüfung des Markennamens.
Diese Arbeit bricht das chronologische Schema auf. Die Methodik ist streng hierarchisch aufgebaut und beantwortet aufeinander auf- bauend die Fragen: Was ist ein Markenname? Was ist ein erfolgreicher Markenname? Und schließlich: Wie kann ein erfolgreicher Marken- name entwickelt werden? Grund für diese Methodik ist die Annahme, dass nicht untersucht werden kann, wie man einen erfolgreichen Mar- kennamen entwickelt, wenn nicht vorher klar ist, was erfolgreich in diesem Zusammenhang überhaupt bedeutet und welche Kriterien er- folgreiche Namen auszeichnen. Unterteilt wird die Arbeit in Einleitung (Annäherung an das Thema), Hauptteil (Recherche und Analyse) und Schluss (Fazit und Ausblick).
Der erste Abschnitt (Ziel, Themenschwerpunkt, Aufbau, Metho- dik) und der zweite Abschnitt bilden die Einleitung. Der zweite Abschnitt (Was ist ein Markenname?) untersucht die Begriffe Marke und Name zunächst getrennt voneinander. Als Annä-herung werden Begriffe definiert und die Herkunft von Marken und Namen beleuchtet. Schließlich wird das Thema aus Perspektiven un-terschiedlicher wissenschaftlicher Teilbereiche wie Religion, Kultur, Geschichte und Biologie betrachtet.
Der dritte Abschnitt (Was ist ein erfolgreicher Markenname?) ge- hört zum Hauptteil und heißt »Dimensionierung von Markennamen«. Er dient vor allem dazu, eine Bemessungsgrundlage für erfolgreiche Markennamen zu finden. Nachdem mehrere Möglichkeiten für eine Bemessungsgrundlage aufgezeigt werden (Markenrankings, Messung von Kundenbindung, etc.), wird schließlich der Maßstab für erfolg- reiche Markennamen festgelegt. Die Bestimmung eines Maßstabs ist die Grundlage für die darauf folgende Kriterienentwicklung.
Der vierte Abschnitt heißt »Kriterienanalyse« und gibt zunächst einen Überblick über mögliche Kriterien. Um zu entscheiden, welche Kriterien ein erfolgreicher Markenname tatsächlich erfüllen sollte, werden die Kriterien anhand des zuvor festgelegten Maßstabs über- prüft. Dieser Teil ist analytisch und gehört zum Hauptteil der Arbeit.
Der Abschnitt »Namenskreation« beschäftigt sich schließlich mit der eigentlichen Entwicklung von Markennamen. Da bereits die Krite- rien im vorherigen Abschnitt analysiert und anhand der Bemessungs- grundlage festgelegt werden konnten, wird in diesem Abschnitt erklärt, wie diese Kriterien erfüllt werden können. Zum einen werden die Kri- terien jeweils detailliert untersucht und zum anderen werden konkrete Hinweise zur Namenskreation gegeben. Der sechste Abschnitt bildet den Schluss dieser Arbeit und beinhaltet das Fazit und den Ausblick.
2 Marken & Namen
2.1 Was eine Marke ist (Herkunft & Begriffsdefinitionen)
Die Terminologie im Bereich der Marken und Namen ist nicht eindeutig festgelegt. So begegnet man beispielsweise Anglizismen wie brand, namefinding, naming oder claiming und spricht parallel von Namensrecherche und von Markenkreation 8 Aber was genau ist nun eine Marke und ein Markenname?
Zunächst gibt ein Blick auf die Etymologie der Marke erste Hin- weise. So wurden schon bei den Ägyptern Ziegelsteine mit Symbolen versehen, um sie eindeutig zu identifizieren. Im Mittelalter regulierten Zünfte und Gilden die Markierung von Produkten, um deren Qua- lität hervorzuheben und sich von Produkten anderer Hersteller ab- zugrenzen.9 Das deutsche Wort Marke stammt vom französischen Kaufmannsbegriff marquer 10 oder aus dem althochdeutschen marc (=Grenzlinie, Grenze) ab; der amerikanische, synonyme Begriff brand kommt aus der Zeit, in der Rinder eines Besitzers zum Schutz vor Die- ben mit einem Brandzeichen versehen wurden.11 Hier schälen sich so- wohl Marke als auch Name als eindeutige Identifizierer heraus.
Generell werden Markenartikel in der Literatur zwar recht einheit- lich definiert, jedoch unterschiedlich systematisiert. Dies betrifft vor allem Abgrenzungen zur Gruppierung nach Markenanbietern wie die Einordnung in Hersteller-, Handels- oder Dienstleistungsmarken.12
In dieser Arbeit werden deshalb folgende Definitionen der geläufigsten Begriffe der Markenführung nach Kotler und Bliemel13 verwendet:
Marke: Ein Name, Begriff, Zeichen, Symbol, eine Gestaltungsform oder eine Kombination aus diesen Bestandteilen zum Zwecke der Kennzeichnung der Produkte oder Dienstleistungen eines Anbieters oder einer Anbietergruppe und der Differenzierung gegenüber Konkurrenzangeboten.
Markenzeichen: Der erkennbare, aber nicht verbal wiedergebbare Teil der Marke, wie ein Symbol, eine Gestaltungsform, eine charakteristische Farbgebung oder Schrift. Beipiele: die Adidas Streifen, der Mercedes-Stern, und die lila Milka-Kuh.
Warenzeichen: Eine Marke oder ein Markenbestandteil, die oder der rechtlich geschützt ist und dem Anbieter die ausschließliche Nutzung des Namens oder Zeichens sichert.
Urheberrecht (Copyright): Das ausschließliche gesetzliche Recht der Reproduktion, Veröffentlichung und Veräußerung des Gegenstandes und der Form eines musikalischen, literarischen oder sonstigen künstlerischen Werks.
Marken haben viele Funktionen. Die wichtigsten sind die Identifizie- rungs- und Unterscheidungsfunktion und damit Herkunfts- und Qua- litätsgarantie für den Kunden, für den sich in einem bekannten Na- men Vertrauen und Reputation spiegeln.14 Der Markeninhaber besitzt das ausschließliche Nutzungsrecht für den Markennamen in seinem Produktbereich. Dieses Recht sichert sich der Markeninhaber durch Eintragung seines Warenzeichens in die Zeichenrolle beim Patentamt. Das Deutsche und Europäische Patentamt prüfen die Schutzwürdigkeit des Zeichens. Nach Bekanntmachung im Warenzeichenregister sowie Veröffentlichung beginnt der Rechtsschutz der Marke. Er ist zeitlich unbegrenzt, während andere Güter geistigen Eigentums wie Patent und Copyright nur einen zeitlich begrenzten Rechtsschutz genießen. Unter- nehmen haben nicht nur die Möglichkeit, für ihre Produkte oder das Unternehmen als Ganzes einen Markennamen zu finden und rechtlich schützen zu lassen. Kreative Unternehmen gehen sogar soweit, zum Schutz vor Verwechslungen Rechte an ähnlichen Namen und Zeichen für sich zu erwerben.
Ein Beispiel hierfür ist die Deutsche Telekom15 Zum Börsen- gang ließ sich die Deutsche Telekom die Marke T-Aktie rechtlich schützen. Der Börsengang verlief sehr erfolgreich und sogar Privatper- sonen investierten erstmals in den Aktienmarkt. In Anlehnung an den Erfolg der Deutschen Telekom versuchte die Deutsche Post mit ihrem Börsengang eine Kommunikationskampagne zur Einführung der »P-Aktie« durchzusetzen. Dieser Versuch war allerdings vergeb- lich, denn zusätzlich zu der Wort-Bild-Marke hatte die Deutsche Te- lekom phonetisch ähnlich klingende Buchstaben wie »D«, »P« oder »B« in Kombination mit dem Begriff Aktie schützen lassen.
Des Weiteren ist die Deutsche Telekom ein gutes Beispiel für die Klassifizierung von Kennzeichen, denn nicht nur Namen oder Namenskombinationen lassen sich rechtlich schützen, sondern auch sonstige Markenformen wie Farben oder Gerüche. So ist die Farbe Magenta von der Deutschen Telekom als Farbmarke für Telekom- munikationsdienstleistungen angemeldet worden.16 Das ehemalige Staatsunternhemen monopolisiert damit faktisch das Marken- und Namensfeld »T«/»Magenta«.
Laut Markengesetz lassen sich Marken in fünf schützenswerte Kennzeichen kategorisieren:
- Wortmarken (Mercedes oder Nivea)
- Bildmarken (beispielsweise der »Swoosh« von Nike)
- Hörmarken (Titelmelodie der TV-Sendung Wetten, dass…?)
- Dreidimensionale Marken (Coca-Cola-Flasche)
- Sonstige Markenformen (wie Farben oder Gerüche)17
Da sich diese Arbeit mit der Entwicklung erfolgreicher Markennamen beschäftigt, wird nur der hierzu relevante Aspekt der Wortmarken be- trachtet.
2.2 Was ein Name ist (Relevanz & Terminologie)
Namen verleihen Identität, sie wecken Assoziationen und Vorstel- lungen. Wenn man das erste Mal einen Namen hört und liest, entste- hen Erwartungen und Vorstellungen, was sich dahinter verbirgt. So- bald eine derart enge Beziehung zu einer Sache oder einem Lebewesen aufgebaut wird, genügt das reine Wort (nomen appellativum) nicht mehr. Um emotionale Nähe auszudrücken, wird zum Namen (nomen properium) gegriffen.18
Bereits in der Bibel spielen Namen eine zentrale Rolle. In der Schöp- fungsgeschichte geht es nicht nur um das Schaffen von Licht und Dun- kelheit, sondern auch um die direkte Benennung des Erschaffenen. So heißt es: „Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht.“19 Auch den Ursprung der Sprache (und der Namenskreation) erklärt die Bibel, nämlich in der Benennung der Tiere, die nicht göttlichen, sondern menschlichen Ursprungs sei. So ist in der Genesis zu lesen: „Gott (…) formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen.“20 Es war also bereits im Paradies, in der sich die Kreation von Namen beobach- ten lässt.
Auch im Talmud der Juden wird den Namen eine hohe Bedeutung zugeschrieben; so steht dort: „Es sind drei Kronen: des Richters, des Priesters, des Königs - aber die Krone eines guten Namens ist höher als alle.“21 Kulturell betrachtet findet man auch Beispiele aus berühmten Märchen, die ebenfalls die Bedeutung des Namens unterstreichen. In »Rumpelstilzchen« von den Gebrüdern Grimm singt der gleichnamige Kobold „ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß“22. Die Kreatur zerreißt sich, als die Königin ihren Namen aus- spricht. Sie darf ihr Kind behalten, weil sie den richtigen Namen ge- funden hat. Der Name ist im Märchen so wichtig, dass er über Leben und Tod entscheidet. Er wird zum Gegenstand aller Verhandlungen.
Laut Nietzsche ist Namensvergabe eine Form von Machtausübung. Benennen heißt für ihn auch in Besitz nehmen.23 Dies trifft nicht nur auf den zwischenmenschlichen Bereich zu, sondern zeigt sich auch in der Geographie, der Astronomie, der Physik oder der Botanik. Den entdeckten Ort zu benennen, war das erste, was Eroberer taten, um diesen in Besitz zu nehmen. Oft gaben Entdecker und Eroberer den Orten, die sie entdeckten oder gründeten, ihre eigenen Namen. Einige Beispiele dafür sind Alexander der Große, der Alexandria gründete, Amerigo Vespucci, der seinen entdeckten Kontinent Amerika taufte, oder Kolumbien, das nach Christoph Kolumbus benannt ist.24
Ein Beispiel aus der Biologie zeigt, dass Forscher nicht nur ihren eigenen Namen, sondern auch den ihrer Vorbilder nutzen. So taufte Oscar Scheiben, ein nationalsozialistische Anhänger, einen Käfer, den er 1933 entdeckte, anophthalmus hitleri (augenloser Hitler). Des Wei- teren wurde ein Schwammkugelkäfer, der Schleimpilze frisst, nach einem Präsidenten der USA benannt: agathidium bushi 25
Dieses Phänomen lässt sich auch auf Markennamen übertragen wie die Entstehungsgeschichte einer berühmten Automarke zeigt. Im Jahr 1899 meldete Emil Jellinek, damals Vertreter von Daimler, sich zu einem Autorennen an - und zwar unter dem Tarnnamen Mercedes dem Vornamen seiner Tochter. Er siegte, bestellte 36 weitere Wagen und vertrieb sie unter dem Namen Mercedes. Diese Bezeichnung führte sich so gut ein, dass sie seit 1902 gesetzlich geschützt ist.26
Auf der anderen Seite gibt es heute sogar den umgekehrten Fall, Kinder nach Markennamen zu benennen. Eine Studie des englischen Babyartikel-Unternehmens Bounty ergab, dass der Anteil an außerge- wöhnlichen Namen 2005 um 20% zunahm und britische Eltern ih- ren Kindern Namen geben wie Apple Chardonnay Ikea oder auch Moet27 Diese Beispiele von der christlichen Schöpfungsgeschichte bis zur Postmodernen belegen die Kraft und die identitätsstiftende Funk- tion von Namen.
Aber was ist genau ist ein Name? Laut Brendler war nie umstritten, was unter einem Namen (im Sinne von Eigenname) zu verstehen ist, nämlich „die Bezeichnung für ein Individuum, im Gegensatz zum Appellativ, das als Klassenbezeichnung fungiert“28. Die Definition des Brockhaus’ lautet ähnlich:
Name: Ist die Bezeichnung für eine einzelne, als Individuum oder individuelles Kollektiv gedachte Person oder Sache zum Zweck der eindeutigen Identifizierung und Benennung.29
Diese Definition ist Grundlage der Onomastik30, die ein erhebliches Forschungsgebiet erschlossen hat. Sie unterscheidet und untersucht Namen nach folgenden Kategorien:
- Berg- und Gebirgsnamen
- Familiennamen
- Flurnamen
- Gewässernamen
- Hausnamen
- Hofnamen
- Institutionsnamen
- Kunstwerknamen
- Namen politischer Ereignisse
- Namen von Himmelskörpern
- Namen von Verkehrswegen und Plätzen
- Naturereignisnamen
- Personennamen
- Pflanzennamen
- Siedlungsnamen
- Stammes- und Völkernamen
- Tiernamen
- Warennamen
- Zeitnamen31
Diese Aufzählung ist nur eine Auswahl der 130 einzelnen Klassifizie- rungen, die in Brendlers’ Lehrbuch der Onomastik32 erwähnt werden. Diese Arbeit konzentriert sich auf den Bereich des »name bran-dings«. Daher wird nur die Kategorie der Warennamen betrachtet. Zu-nächst wird die Terminologie näher gehend beleuchtet. Möchte man von einer übergreifenden Bezeichnung sprechen, ist wohl der Begriff Markenname (im Gegensatz zu Produkt- oder Warenname) am tref-fendsten. Er beinhaltet in seiner Bedeutung nicht nur Produktnamen, sondern zudem Namen von Dienstleistungen oder Künstlernamen. Ein Markenname ist laut Kotler und Bliemel „der erkennbare, wiedergeb-bare, artikulierbare Teil der Marke.“33
3 Dimensionierung von Markennamen
Um herzuleiten welche Kriterien den Erfolg eines Namens ausmachen, muss zunächst klar sein, wie oder woran der Erfolg des Namens beurteilt werden kann. Aus diesem Grund werden verschiedene Möglichkeiten der Bemessung betrachtet und anschließend nach ihrer Relevanz für diese Arbeit bewertet.
3.1 Ökonomischer Wert
Eine Möglichkeit, den Erfolg eines Markennamens messbar zu machen, ist die Betrachtung von brand rankings. Hier gibt es jedoch je nach Methode unterschiedliche Ergebnisse. In einem Bericht über die »100 Top Brands 2006« bekennt sich die Business Week zu der Methode der Agentur Interbrand und beruft sich anschließend auf deren ermittelte Daten. Als Begründung gibt sie an:
„Business week chose Interbrand’s methodology because it evaluates brands much the way analysts value other assets: on the basis of how much they’re likely to earn in the future. The projected profits are then discounted to a present value, taking into account the likelihood that those earnings will actually materialize.“34
In dieser Arbeit soll aber nicht ausschließlich der Interbrand Report betrachtet werden, daher werden im Folgenden die brand rankings von drei verschiedenen Agenturen miteinander verglichen. Um die Ver- gleichbarkeit zu gewährleisten wurden nur internationale Rankings, die 2007 veröffentlicht wurden, ausgewählt. Zum einen wird der Report »Brandz 2007: Top 100 most powerful brands«35 von Millward Brown Optimor (eine internationale Beratungsfirma für Markenstrategie und Finanzen) betrachtet. Des Weiteren wird das Ranking des Unternehmens BrandFinance, »BrandFinance 250: The annual report on the world’s most valuable brands«36, herangezogen und schließlich noch der Report der Agentur Interbrand, der unter dem Titel »Best Global Brands 2007«37 veröffentlicht wurde.
In der Tabelle (siehe Abb. 1, Seite 28) sind die Marken gelistet, die jeweils unter den Top Ten bei mindestens einem dieser Rankings ste- hen. Die Plätze sind zudem bewertet nach dem Schema: 10 Punkte für Platz 1, 9 Punkte für Platz 2, 8 Punkte für Platz 3, usw. Marken, die nicht unter den Top Ten gelistet sind, werden mit 0 Punkten bewertet.
Daraus ist ersichtlich, dass laut diesen drei Studien mindestens die Unternehmen Coca Cola Microsoft, General Electric und IBM zu den wertvollsten Marken der Welt gehören, da sie in allen drei Rankings unter den Top Ten gelistet sind.
Den Erfolg eines Namens aber allein am ökonomischen Wert fest- zumachen, ist nicht ausreichend, da bei dieser Betrachtung auch die Marke - und damit das Produkt - zu großen Teilen in die Bewertung einfließt. Der isolierte Beitrag des Namens zu diesem Gesamtwert wird dabei nicht deutlich. Erfasst werden muss vielmehr der spezifische Erfolg des Namens - und sein Anteil am Gesamterfolg der Marke.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Brand rankings im Vergleich
3.2 Tri*m (Messung von Kundenbindung)
Tri*m ist ein Marketing Tool des Marktforschungsinstitutes TSN Infratest. Dieses Tool wurde zur Qualität der Kundenbindung eines Unternehmens entwickelt.38 In einer genauen Betrachtung von Tri*m wird geprüft, ob sich hier Anhaltspunkte zur Bemessung von erfolgreichen Markennamen finden lassen.
Laut Infratest zielt Tri*m darauf ab, „die verschiedenen Stakehol- dergruppen an das Unternehmen zu binden, ihre Empfehlungen zu nutzen und alle Anstrengungen auf diejenigen Qualitätselemente zu konzentrieren, welche die Beziehungen zu den Stakeholdern prägen“39
Zur Veranschaulichung dient eine Infografik: eine Typologie, in der Kundensegmente entlang der Dimensionen Zufriedenheit und Loyalität quantifiziert werden (siehe Abbildung 2, Seite 30). Betrachtet werden im Folgenden die Apostel, da dieses Kundensegment das Unternehmen weiterempfiehlt und damit den Wert des Unternehmens weiter steigern kann. Es gibt Marken, die einen besonders hohen Anteil an Aposteln haben und häufiger weiter empfohlen werden als andere, beispielsweise Miele, Apple oder Burger King. So hören Kinder beim Auszug von ihren Eltern: »Kind, kauf’ dir eine Miele - die hält länger!« oder Freunde erzählen sich: »Du gehst immer zu Burger King? Ich auch. Die Burger schmecken dort auch einfach saftiger«.
Zu vermuten ist, dass sich bei Marken, die einen offensichtlichen Konkurrenten haben (Mc Donald’s versus Burger King, Micro- soft versus Apple oder Coca Cola versus Pepsi), ein größerer Apostelkreis um diejenige Marke bildet, die nicht dem Markführer angehört.
[...]
1 Der Begriff »Bundespräsident« bezieht sich an dieser Stelle selbstverständlich auch auf weibliche Bundespräsidenten, also Bundespräsidentinnen. Auf das »Binnen-I« (BundespräsidentInnen) wurde hier und wird auch im Folgenden bewusst verzichtet, um den Lesefluss nicht unnötig zu beeinträchtigen
2 PERFORS, Amy: »What’s in a name« Quelle: http://www.mit.edu/~perfors/oldhotornot.htm (abgerufen am 17.12.2007)
3 Vgl. SAMLAND, 2006, S. 10
4 Vgl. SAMLAND, 2006, S. 10
5 A.A.O.
6 A.A.O.
7 A.A.O.
8 Vgl. LATOUR, 1996, S. 19
9 Vgl. DRISSNER, 2006, S. 19
10 Deutsche Übersetzung: mit einem Kennzeichen versehen
11 Vgl. DRISSNER, 2006, S. 20
12 Vgl. LINXWEILER, 2001, S. 55 f.
13 Vgl. KOTLER; BLIEMEL, 2006, S. 736
14 Vgl. BUGDAHL, 2005, S. 7
15 Beispiel entnommen aus KOTLER; BLIEMEL, 2006, S. 736
16 Vgl. SAMLAND, 2006, S. 100
17 MarkenG, § 3 Abs. 1 Quelle: http://www.markengesetz.de/ (abgerufen am 13.12.2007)
18 Vgl. LATOUR, 1996, S. 14
19 LUTHERBIBEL, 1999, S. 3 (Erstes Buch Mose [Genesis], Kap. 1, Die Schöpfung)
20 A.A.O., S. 4 (Erstes Buch Mose [Genesis], Kap. 2, Das Paradies)
21 LATOUR, 1996, S. 14
22 A.A.O., S. 15
23 Vgl. NIETZSCHE, 1887, S. 18
24 Beispiele entnommen aus LATOUR, 1996, S. 17
25 Vgl. N.N.: »Der Fluch des Namens« in: National Geographic, Ausgabe September 2006, S. 20
26 Vgl. LÖDIGE, 2002, S. 236
27 HAHN, Alexander: »Kinder werden Marken« vom 13.11.2005 Quelle: http://www.slogans.de/magazine.php?Op=Article&Id=46 abgerufen am 13.12.2007
28 BRENDLER, 2004, S. 51
29 Der Brockhaus: in 15 Bänden. Permanent aktualisierte Online-Auflage. Quelle: http://www.brockhaus-suche.de/suche/artikel.php?shortname=b15&artikel id=31649900&verweis=1 (abgerufen am 13.10.2007)
30 Wissenschaft der Erforschung von Namen
31 Kategorien entnommen aus BRENDLER, 2004, S. 16 f.
32 Vgl. A.A.O., S. 36
33 KOTLER; BLIEMEL, 2006, S. 736
34 N.N.: »The 100 Top Brands 2006: Here’s how we calculate the power in a name« in: BusinessWeek; Quelle: http://bwnt.businessweek.com/brand/2006/ abgerufen am 16.12.2007
35 Report von Millward Brown Optimor: »Brandzs Top 100 Report 2007« Quelle: http://www.millwardbrown.com/Sites/Optimor/Media/Pdfs/en/BrandZ/ BrandZ-2007-RankingReport.pdf abgerufen am 16.12.2007
36 Report von BrandFinance: »BrandFinance 250: an annual report of the world’s most valuable brands« Quelle: http://www.http://www.brandfinance.com/Uploads/pdfs/ BF250%20FINAL.pdf abgerufen am 16.12.2007
37 Report von Interbrand: » Best Global Brands 2007 Report« Quelle: http://www.ourfishbowl.com/images/surveys/InterbrandBGB2007.pdf abgerufen am 16.12.2007
38 Vgl. TSN Infratest: »Marketing Tool TRI*M« Quelle: http://www.tns-infratest.com/02businesssolutions/02018 TRIM.asp (abgerufen am 18.12.2007)
39 A.A.O.
- Citation du texte
- Stephanie Deissner (Auteur), 2008, Naming. Entwicklung von Markennamen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286976
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