TV-Serien haben sich schon sehr früh zu einem der wichtigsten und erfolgreichsten Formate in der Geschichte des Fernsehens entwickelt. Sie bilden sowohl für das Publikum, die TV- Sender und als auch für die Filmwirtschaft ein zentrales Element der Fernsehunterhaltung. Doch jetzt droht das Fernsehen sein ureigenstes Medium an das Internet zu verlieren. Die Zuschauerzahlen des klassischen, linearen Fernsehens stagnieren nach jahrzehntelangen Zuwächsen, vor allem weil das jüngere Publikum sich immer stärker vom Fernseher als dem ehemaligen „Zentrum der familiären Unterhaltung“ ab- und den „Neuen Medien“ zuwendet . Ungeachtet der Art der Verbreitung ist das Interesse an serieller Unterhaltung ungebrochen.
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der zentralen Frage welche Veränderungen, Risiken und Chancen diese Entwicklung aus Sicht von ProduzentenInnen von TV-Serien mit sich bringt.
Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei auf fiktionalen Serienformaten. Beginnend von der Entwicklung über die Finanzierung, Herstellung bis hin zur Verwertung von TV-Serien ergeben sich aufgrund der Entwicklung hin zum „Überall“-Fernsehen etliche Fragen:
• Erfordern die neuen Verbreitungsmedien auch eine Änderung der Dramaturgie, Länge, Gestaltung etc. des Formats?
• Welche Konsequenzen hat das veränderte Sehverhalten für die Entwicklung bzw. Finanzierung von Serien?
• Wie sehen zukünftige Geschäftsmodelle aus?
• Welche Auswirkungen könnte diese Entwicklung auf den TV-Produktionsmarkt nehmen?
Inhaltsverzeichnis
I. EINLEITUNG
1. Umfeld
2. Forschungsfrage bzw. Hypothese
3. Begriffsdefinitionen
II. DIE PRODUKTION VON TV-SERIEN
1. Die historische Entwicklung von TV-Serien
2. Ein kurzer Abriss der Geschichte des Fernsehen
2.1. Die Entwicklung des TV-Formats „Serie“
2.2. Fernsehserien im Umbruch
3. Die Fernsehmärkte
3.1. „Traditionelles“ Fernsehen als globaler Wachstumsmarkt
3.2. Der deutsche Fernsehmarkt
3.3. Der US-Fernsehmarkt
3.4. Der Markt für TV-Serien
4. Die Produktion von fiktionalen TV-Serien
4.1. Die Produktion von fiktionalen TV-Serien für den US-Markt
4.2. Die Produktion von fiktionalen TV-Serien für den deutschen Markt
III. audiovisuelle Medien im Internet-Zeitalter
1. Die Entwicklung des Internets zur Unterhaltungs-Maschine
1.1. Chronologie des Internets
1.2. Die Nutzung audiovisueller Medien im Internet
2. Veränderung des Medienkonsumverhaltens
2.1. Der Fernsehkonsum stagniert auf Rekordhöhe
2.2. Internet als das neue Unterhaltungs-Medium
2.3. Die Konvergenz von Internet und Fernsehen
2.4. Die neue Art des TV-Serien-Konsums „Binge-Watching“
IV. Geschäftsmodelle für TV-Produktionen im Internet-Zeitalter
1. Kostenlose Video-on-Demand-Angebote
1.1. Werbefinanzierte Video-on-Demand -Angebote
1.2. Sender-Mediatheken, Catch Up TV
2. Kostenpflichtige VoD-Angebote
2.1. Video-on-Demand im Einzelabruf (TVoD, PPV)
2.2. Abo-Modelle für Video-on-Demand (SVoD)
3. Die Entwicklung des Video-on-Demand-Marktes
3.1. Die Entwicklung des VoD-Markts in Deutschland
3.2. TV-Inhalte am Video-on-Demand-Markt
4. Crowd-Funding für die Finanzierung von Serien-Projekten
V. Die Produktion von TV-Serien im Internet-Zeitalter
VI. Anhang
1. Literaturverzeichnis
2. Abbildungsverzeichnis
3. Tabellenverzeichnis
I. EINLEITUNG
1. Umfeld
TV-Serien haben sich schon sehr früh zu einem der wichtigsten und erfolgreichsten Formate in der Geschichte des Fernsehens entwickelt. Sie bilden sowohl für das Publikum, die TV-Sender und als auch für die Filmwirtschaft ein zentrales Element der Fernsehunterhaltung.
Doch jetzt droht das Fernsehen sein ureigenstes Medium an das Internet zu verlieren. Die Zuschauerzahlen des klassischen, linearen Fernsehens stagnieren nach jahrzehntelangen Zuwächsen, vor allem weil das jüngere Publikum sich immer stärker vom Fernseher als dem ehemaligen „Zentrum der familiären Unterhaltung“ ab- und den „Neuen Medien“ zuwendet .
Ungeachtet der Art der Verbreitung ist das Interesse an serieller Unterhaltung ungebrochen. Dabei geht das Angebot bereits weit über Amateurvideos hinaus. Eigens für das Internet oder Smartphones gewerblich hergestellte Serien erfreuen sich großer Beliebtheit.
2. Forschungsfrage bzw. Hypothese
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der zentralen Frage welche Veränderungen, Risiken und Chancen diese Entwicklung aus Sicht von ProduzentenInnen von TV-Serien mit sich bringt. Der Fokus dieser Arbeit liegt dabei auf fiktionalen Serienformaten. Beginnend von der Entwicklung über die Finanzierung, Herstellung bis hin zur Verwertung von TV-Serien ergeben sich aufgrund der Entwicklung hin zum „Überall“-Fernsehen etliche Fragen:
- Erfordern die neuen Verbreitungsmedien auch eine Änderung der Dramaturgie, Länge, Gestaltung etc. des Formats?
- Welche Konsequenzen hat das veränderte Sehverhalten für die Entwicklung bzw. Finanzierung von Serien?
- Wie sehen zukünftige Geschäftsmodelle aus?
- Welche Auswirkungen könnte diese Entwicklung auf den TV-Produktionsmarkt nehmen?
3. Begriffsdefinitionen
In der vorliegenden Arbeit wird Fernsehen (auch kurz TV, vom griechisch-lateinischen Kunstwort „Television“) der Definition im Gabler Wirtschaftslexikon folgend als „ Massenmedium zur Vermittlung von Information und Unterhaltung mit Ton und bewegten Bildern an ein breites Publikum über weite Strecken “[1] definiert. Lediglich der im Wirtschaftslexikon eingrenzende Zusatz von Fernsehen als „ Audiovisueller Teil des Rundfunks “ wird bewusst nicht verwendet. Denn diese Arbeit setzt sich zum Ziel, gerade auch die weiteren Verbreitungsmöglichkeiten von TV-Programmen abseits vom klassischen Rundfunk und deren Wechselwirkung auf Produktion und Inhalte dieses Mediums zu untersuchen. Gemäß der breit ausgelegten Definition von Fernsehen werden die neueren Verbreitungsformen des Fernsehens gesondert ausgewiesen (z.B. Kabelfernsehen oder Internet-TV).
Unter „TV-„ bzw. „Fernsehserien“ sind audiovisuelle Bewegtbildproduktionen mit fiktionalem oder dokumentarischem Inhalt zu verstehen, die zumindest aus zwei Folgen bestehen. Dabei stehen die einzelnen Folgen inhaltlich in einem Zusammenhang, der je nach Art der Serie unterschiedlich stark ausfallen kann. Der deutsche Begriff „Serie“ leitet sich dabei laut Pons Wörterbuch vom lateinischen Wort „series“ für „Reihe, Kette, Folge“ ab. Aus produktionstechnischen Gründen werden einzelne Folgen (Episoden) einer Serie häufig zu übergeordneten Staffeln zusammengefasst.[2]
Serien werden je nach Zahl der Folgen, Art und Intensität der Verknüpfung zwischen den Folgen und der Abgeschlossenheit der Handlung in verschiedene Kategorien eingeteilt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Klassifikation von Fernsehserien[3]
Im angelsächsischen Raum wird entsprechend zwischen „series“ (Episodenserien) und „serials“ (Fortsetzungsfolgen) unterschieden. Bei Episodenserien wird die Handlung in jeder Folge abgeschlossen, und der Stamm an Charaktere ist nicht fixiert. In jeder Folge taucht ein neuer Konflikt auf, der bis zum Ende der Folge gelöst wird. Bei Fortsetzungsserien hingegen bleiben die Handlungsstränge über mehrere Episoden oder sogar Staffeln hinweg offen.[4]
II. DIE PRODUKTION VON TV-SERIEN
1. Die historische Entwicklung von TV-Serien
Die Geschichte der Fernsehserie ist naturgemäß eng mit der Entwicklung des Fernsehens verknüpft. Deshalb soll in einem ersten Schritt ein kurzer Abriss der TV-Geschichte eingeführt werden, bevor die Geschichte des TV-Formats „Serie“ erläutert wird. In Abschnitt III „Audiovisuelle Medien im Internet-Zeitalter“ wird ein kurzer Überblick über die Entwicklung des Internets und der Mediennutzung über das Internet geboten.
2. Ein kurzer Abriss der Geschichte des Fernsehen
Die ersten Grundsteine für die Entwicklung des „mechanischen“ Fernsehens werden bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegt, als Alexander Bain den „Kopiertelegraphen“ 1843 zum Patent anmeldet. Der schottische Uhrmacher und Erfinder entwickelt damit die Grundlagen der elektronischen Zerlegung von Bildern und die Basis für Telefax und Fernsehen.[5] Erst 41 Jahre später erfindet Paul Nipkow, ein Student aus Berlin, eine für das Fernsehen praxistauglichere Variante für das Zerlegen von Bildern in einzelne Informationsbausteine. Mit der nach ihm benannten rotierenden Scheibe mit spiralförmig angeordneten Löchern, kann man Hell-Dunkel-Signale zerlegen und wieder zusammensetzen.[6]
Im Unterschied zu Nipkows Beitrag zur Entwicklung des „mechanischen Fernsehens“ bildet die Erfindung der Kathodenstrahlröhre durch Karl Ferdinand Braun und Jonathan Zenneck 1897 die wesentliche Grundlage für „elektronisches Fernsehen“. Die nach Braun benannte Röhre bleibt bis zur Entwicklung der LCD-Bildschirme die am weitesten verbreitete Methode für die Wiedergabe von Fernsehbildern.[7] Doch das zweite fehlende Element für ein vollständig elektronisches Fernsehen wird erst 1924 mit der Erfindung des ersten funktionierenden elektronischen Bildabtasters, der Ikonoskop-Röhre durch Wladimir Sworykin entwickelt.[8]
Trotz der frühen Schaffung der Grundlagen für die Entwicklung des Fernsehens gelingt es erst 1919 dem ungarischen Techniker und Physiker Dénes von Mihály laut eigenen Angaben mit dem von ihm entwickelten „Telehor“ mittels mechanischer Abtastung Bewegtbilder via Kabel fünf Kilometer weit zu übertragen. Diese Übertragung konnte bisher nicht bestätigt werden. Die erste bestätigte Übertragung gelingt John Logie Baird fünf Jahre später.[9] [10]
Ab 1929 werden in einigen US-amerikanischen Städten in London und Melbourne regelmäßige TV-Sendungen ausgestrahlt - ab 1932 auch in Deutschland, Frankreich, Italien und Belgien. [11] Und bereits zwei Jahre darauf startet CBS in New York City als erster TV-Sender mit einem täglichen Fernsehprogramm. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wird mit der elektronischen Fernsehkamera von Emil Mechau das vollelektronische Zeitalter eingeläutet. [12] 1941 werden die beiden führenden US-Fernsehnetzwerke CBS und NBC offiziell als „commercial television“ (nicht mehr als „experimental station“) anerkannt, und dürfen von da an Werbungen ausstrahlen.[13]
Nach dem Zweiten Weltkrieg, der in Europa fast überall zum völligen Erliegen des Fernsehbetriebs geführt hat, wird mit der Ausstrahlung eines regelmäßigen Programms in europäischen Ländern erst langsam wieder begonnen (Deutschland 1952, Österreich 1955), während in den USA die Entwicklung, trotz einer kurze Ruhephase in den letzten Kriegsjahren, zügig voran schreitet. Während 1946 erst rund 10.000 Haushalte in den USA über ein Fernsehgerät verfügen, sind es 1952 bereits 19 Millionen, vier Jahre später haben bereits 85 Prozent der Haushalte ein eigenes TV-Gerät.[14] Auch technisch sind die Vereinigten Staaten am Beginn des „Goldenen Zeitalters“ des TV weit voraus. Bereits 1954 wird hier mit der NTSC-Norm erstmals Farbfernsehen flächendeckend angeboten.
In Europa hingegen einigt man sich erst 1963/64 auf das SECAM- bzw. PAL-Verfahren für Farb-TV. Diese Verfahren sind dem US-Modell in Bezug auf die Bildauflösung und Farbwiedergabe deutlich überlegen. [15]
Mit der Live-Übertragung der Mondlandung der Apollo 11, der weltweit geschätzte 600 Millionen Menschen folgen, wird Fernsehgeschichte geschrieben.[16]
1975 versorgt der neu gegründete Sender Home Box Office (HBO) als erster Kabel-Sender zahlreiche regionale Kabel-TV-Anbieter in den USA per Satellit gleichzeitig mit Programm. [17]
Von 1979 bis 1981 gehen mit dem Kinderkanal Pinwheel (später Nickelodian), dem Nachrichtenkanal CNN und dem Musiksender MTV die ersten überregionalen, reinen Spartensender auf Sendung. [18]
Kurz darauf wird auch die Sendervielfalt im deutschsprachigen Raum erweitert. Nachdem in Deutschland das gesetzliche Rundfunkmonopol gekippt wird, gehen 1984 die ersten privaten TV-Sender (Sat1, RTL) bundesweit auf Sendung. [19]
Das Rundfunkmonopol in Österreich wird im Unterschied zu Deutschland deutlich länger aufrecht erhalten. Erste lokale, private TV-Sender werden ab Mitte der 1990iger Jahre über Kabel-TV-Netzwerke ohne entsprechende gesetzliche Grundlage verbreitet. Im Jahr 2000 schließen sich zwei dieser Privatsender zum Sender „ATV“ zusammen, der österreichweit aufgrund der mangelnden gesetzlichen Regelung weiterhin nur über Kabel-TV empfangbar ist. Die rechtliche Grundlage für Privatfernsehen in Österreich wird mit dem ersten Privat-Fernsehgesetz geschaffen, das am 1. August 2001 in Kraft tritt und vorerst nur einen bundesweiten und drei regionale Sendelizenzen zulässt. Den Zuschlag für die bundesweite Lizenz für terrestrisches Privatfernsehen erhält ATV, der am 1. Juni 2003 auf Sendung geht. Obwohl es mittlerweile fünf private TV-Sender in Österreich gibt, hat sich der Markt für Privatfernsehen bisher nur langsam entwickelt.[20] Der öffentlich-rechtliche TV-Sender ORF bestreitet wesentliche Teile seiner Finanzierung durch Werbeeinnahmen. Damit nimmt der ORF trotz gesetzlich verankerter Gebühreneinnahmen auch auf dem Werbemarkt immer noch eine dominante Stellung ein. So erhält der ORF 2013 mit 292 Millionen rund ein Drittel der gesamten 845 Millionen Euro Bruttowerbeeinnahmen für TV-Werbung in Österreich.[21]
Während in Europa und den USA vor allem in Bezug auf das Angebot an Sendern und die Geschäftsmodelle starke Bewegungen zu beobachten sind, punktet Japan mit technischen Innovationen: 1976 bringen JVC (Video Home System, kurz VHS) und Sony (Betamax) nahezu zeitgleich zwei konkurrierende Standards für Heimvideo auf den Markt. [22] Den daraus entbrennenden Formatwettstreit kann letzten Endes das VHS-System von JVC für sich entscheiden. Bereits 1991, lange vor dem Marktstart in den USA und in Europa, wird in Japan mit der Ausstrahlung von High Definition TV (HDTV) begonnen. [23] Fünf Jahre später kommen dort auch bereits die ersten Abspielgeräte für Digital Versatile Discs (DVD) auf den Markt. [24] Auch die Nachfolgetechnologien der DVD, die genug Speicherplatz bieten um eine Wiedergabe von Inhalten in High Definition-Auflösung zu ermöglichen, werden maßgeblich in Japan gestaltet: Während Toshiba im März 2006 den ersten HD-DVD-Player auf den Markt bringt, kontert Sony wenige Monate mit einem Abspielgerät für den eigenen Blu-Ray-Standard. Dieser zweite Formatwettstreit um HD-Video-Datenträger nach der Einführung der ersten Videokassetten endet 2008, als Toshiba die Entwicklung der HD-DVD einstellt.[25]
Mit der Jahrtausendwende setzt die Digitalisierung der terrestrischen Verbreitungswege für TV ein: Bereits 1998 werden in Großbritannien Pay-TV-Sender von der traditionellen analogen Verbreitung auf DVB-T (Abkürzung für engl. „Digital Video Broadcasting – Terrestrial“; zu Deutsch etwa: „Digitales, terrestrisches Fernsehen“) umgestellt. Ab 2004 senden auch die frei empfangbaren „Freewiew“ Sender in Großbritannien über DVB-T.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Die Geschichte des Fernsehens
In Deutschland folgt die Digitalisierung 2002, in Österreich erst im Jahr 2006.[26] In den USA begann die Umstellung auf den digitalen Standard ATSC bereits 1996. Die Abschaltung der alten analogen Sender erfolgte nach mehreren Verschiebungen aber erst im Jahr 2009.[27]
Die aktuellste Entwicklung im Bereich der Fernsehgeräte zielt auf eine immer engere Verknüpfung des Internets mit klassischen TV-Geräten ab. Ab 2009 erreicht der weltweite Verkauf von Fernsehgeräten mit Internet-Fähigkeiten (Smart oder Hybrid TV) eine signifikante Größe.[28] Bis Anfang 2012 muss in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union der Rundfunk von einer analogen auf digitale Sendung umgestellt werden.[29]
2.1. Die Entwicklung des TV-Formats „Serie“
2.1.1. Die Serie in der Literatur
Die serielle Erzählweise hat eine sehr lange Tradition. Bereits in der Antike finden sich Beispiele für eine Portionierung von Erzählungen in einzelne Folgen bzw. Episoden. So unterteilt der griechische Dichter Homer sowohl seine Schilderung des Trojanischen Krieges („Ilias“) als auch die Irrfahrten des König Odysseus („Odyssee“) in jeweils 24 Bücher bzw. Gesänge. Er bedient sich dabei einer ausgefeilten Erzählstruktur und verwendet Rückblenden, Parallelhandlungen, Erzähler- und Perspektivenwechsel.[30] Auch bei „Erzählungen aus 1001 Nacht“, der berühmten Geschichtensammlung indisch/persischen Ursprungs, handelt es sich bereits um eine frühe Form der Fortsetzungsgeschichte.[31]
Doch im Unterschied zu diesen allgemeinen Formen serieller Erzählweisen lassen sich die Ursprünge heutiger Fernsehserien eher in den populären Fortsetzungsromanen des 19. Jahrhunderts von Charles Dickens, Eugène Sues oder Arthur Conan Doyle wiederfinden. Ebenso ortet Michael Wedel, Professor für Mediengeschichte an der Hochschule für Film- und Fernsehen „Konrad Wolf“, einen starken Einfluss der in Zeitungen veröffentlichten Comic-Streifen und der beliebten Groschenromane auf die späteren TV-Serien.[32]
2.1.2. Serien im Kino
Beeinflusst durch den großen Erfolg der Fortsetzungsromane in Printmedien entdeckt das junge Kino schon in einem sehr frühen Stadium die Möglichkeiten der seriellen Erzählweise für sich. Die französische Produktionsfirma Pathé-Frères bringt bereits 1906 den ersten Teil einer Kurzfilmserie mit André Deed in der Rolle des „Boireau“ ins Kino, die sich als großer Publikumserfolg erweist.[33] Noch erfolgreicher ist die Kurzfilm-Serie „Max“, in der Max Linder, der erste internationale Kinostar, einen Dandy verkörpert. Sehr bald entwickeln sich auch in den USA, Deutschland und anderen Kinomärkten ähnliche Formate, die hauptsächlich im Bereich der Komödie angesiedelt sind. Etwas später werden auch Serien sehr populär, die sich stärker an den beliebten Motiven der Groschenromane (Detektivgeschichten, Abenteuer, Western) orientieren.[34]
Die erste Filmserie, die nicht nur über Charaktere sondern über die Handlung inhaltlich verknüpft ist, entsteht ab 1912 in den Edison Studios. Die Action-Serie „What happened about Mary“ wird in zwölf Teilen monatlich im Kino präsentiert und zeitgleich sowohl als Bühnenstück in Teilen aufgeführt als auch im Printmagazin „The Ladies' World“ in Form eines Fortsetzungsromans veröffentlicht. Damit nimmt diese Serie aus den Pioniertagen des Kinos bereits sehr früh die multimediale Auswertung einer Serie vorweg.[35]
Mit der steigenden Beliebtheit von abendfüllenden Spielfilmen werden die Kurzfilmserien aus dem Kino verdrängt bzw. bleiben nur noch in Form von Zeichentrick-Vorfilmen oder Kurzkomödien wie „Die kleinen Strolche“ erhalten.[36] Erst mit der Umstellung auf Tonfilm und der Einführung von Double Feature-Präsentationen im Kino werden Film-Serien wieder zunehmend populär bis in die 1950iger Jahre, als das Fernsehen sich als die neue Verbreitungsform für serielle Filmproduktionen etabliert.[37]
2.1.3. Radio-Serien
Neben den Filmserien im Kino werden die späteren Fernsehserien vor allem durch die beliebten Radioserien stark beeinflusst. Auch beim Radio entwickelt sich die serielle Erzählweise sehr früh schon zu einem Publikumsmagneten. Ab 1922 wird etwa auf dem US-Radiosender „WGY“ die Drama-Serie „The Masque“ in 43 Folgen ausgestrahlt. Auch in Europa erfreuen sich Radioserien bis in die 1960iger Jahre großer Beliebtheit.[38]
2.1.4. Fernsehserien
Nach dem sich Serien im Kino als auch im Radio etabliert haben, werden diese Erzählformen aufgrund der starken Zuschauerbindung und der guten Möglichkeiten für die Platzierung von Werbungen auch sehr rasch für das Fernsehen entdeckt. Im November 1947 geht mit „Meet the Press“ eine wöchentliche Nachrichtensendung als weltweit erste Serie bei NBC auf Sendung, die bis heute ausgestrahlt wird und damit auch die am längsten laufende Serie der Fernsehgeschichte darstellt. Einen Monat später folgt mit der Kinderserie „Howdy Doody“ ein ebenfalls sehr populäres serielles Format auf NBC.[39] Die erste Drama-Serie „Mama“ geht beim US-Sender CBS 1949 mit Sponsoring vom Kaffeehersteller Maxwell House auf Sendung und läuft sehr erfolgreich bis 1957.[40] Mitte der 1950iger Jahre sind bereits 14 Live-Drama-Serien in den USA auf Sendung. Die TV-Macher in den USA beginnen zu dieser Zeit die Möglichkeiten des Mediums auszureizen und maßgeschneiderte TV-Formate zu entwickeln anstatt bekannte Radioformate eins zu eins ins Fernsehen zu übertragen.[41]
Bis in die 1970iger Jahre sind Fernsehserien meist von familienfreundlichen Inhalten geprägt: Tier-Serien wie „Lassie“ (1954 bis 1973), Western-Serien wie „Bonanza“ (1959 bis 1973) oder Krankenhaus-Serien wie „General Hospital“ (1963 bis heute) feiern im Tagesprogramm in den USA große Erfolge und werden auch weltweit exportiert. Abends laufen vor allem Kriminalserien wie „Perry Mason“ (von 1957 bis 1966) oder „The Streets of San Francisco“ (von 1972 bis 1977). Auch in Europa entstehen etliche, sehr erfolgreiche familienkompatible Fernsehserien wie „The Avengers“ (deutsch „Mit Schirm, Scharm und Melone“ von 1961 bis 1969 auf dem britischen Sender ABC) oder die erste ORF-Seifenoper „Familie Leitner“, die von 1958 bis 1967 wöchentlich live übertragen wird.[42] [43]
2.2. Fernsehserien im Umbruch
Mit der Antikriegsbewegung im Vietnam-Krieg, Woodstock und der 1968iger Bewegung werden die „Heile Welt“-Serien zusehends als überholt angesehen. Als Konsequenz werden allein in den USA im Jahr 1970 30 Fernsehserien eingestellt, die in den 1960igern noch große Publikumserfolge gewesen sind. Viele unabhängige Produzenten in den USA verweigern die Programmierung der ewig gleichen Stereotype und schlagen neue anspruchsvollere Serienformate vor um im stärker werdenden TV-Konkurrenzkampf vor allem auch jüngere Zuschauer stärker anzusprechen.[44] Neue mutigere Formate wie „All in the family“ behandeln Themen wie Rassismus, Sexismus und die Engstirnigkeit der älteren Generation.[45] 1977 erzielt ABC mit der Miniserie „Roots“, rund um eine afroamerikanische Familie, einen überraschenden Publikumserfolg. Die auf einem Bestsellerroman beruhende „novel for television“ (Fernsehroman) bedient sich langer Erzählbögen und greift gesellschaftskritische Themen auf.[46]
Neue, einstündige Premium-Serien für das Hauptabendprogramm wie „Dallas“ (1978 bis 1991) oder „Denver Clan“ (1981 bi 1989) erreichen in Bezug auf Schauwert und Komplexität der Erzählungen für TV-Serien bis dahin nicht gekannte Ausmaße. Die Fernsehsender scheuen dabei sprichwörtlich keine Kosten, weil sie das hohe Identifikationspotenzial und die starke Zuschauerbindung dieser Premium-Serien nutzen möchten.[47]
Als wegweisend ist in Bezug auf Primetime-Drama-Serien „Hill Street Blues“ (1981 bis 1987) zu nennen, die über die Darstellung des Polizei-Alltags gesellschaftlich relevante Themen aufgreift und das mit geistreicher Komik kombiniert. Die NBC-Serie wird von der Kritik und dem Publikum gleichermaßen gefeiert.[48]
In Deutschland differenziert sich das Serienangebot mit der Zulassung privater TV-Sender ab 1984. Einige private TV-Stationen setzten allein auf die Auswertung erfolgreicher US-Serien, während vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender auf Eigen- bzw. Auftragsproduktionen deutscher TV-Serien setzen. Sender wir ProSieben oder RTL mischen amerikanische Kaufserien, deren Lizenzen vergleichsweise günstig sind, mit aufwendigen Eigen- bzw. Auftragsproduktionen, die dem Sender ein Profil verleihen sollen.[49]
2.2.1. TV-Serien im 21. Jahrhundert
In der Entwicklung von TV-Serien zeigen sich seit der Jahrtausendwende zwei wesentliche, gegenläufige Trends: Einerseits feiern günstig produzierte Formate im Bereich Reality-TV große Publikumserfolge und am anderen Ende der Skala werden aufwändige, komplex erzählte, amerikanische Qualitätsserien zum Massenphänomen.
Viele Sender antworten mit der Programmierung deutlich günstigerer TV-Serienformate auf die steigende Konkurrenz innerhalb der Senderlandschaft, sowie auch durch andere Medien. Diesbezüglich sind vor allem Dokumentar-Seifenopern (Doku-Soaps) über Familien in außergewöhnlichen Situationen, Ratgeber-Serien, aber auch „Scripted Reality“-Formate, die einem Drehbuch folgend mit Laiendarstellern inszeniert werden (z.B. Gerichtsserien), sehr erfolgreich.
Andererseits nehmen einige Kabel-TV- und Bezahlsender in den USA viel Geld in die Hand um damit Qualitäts-Serien wie „The Sopranos“ (HBO, 1999 bis 2007), „The Wire“ (HBO, 2002 bis 2008) oder „Breaking Bad“ (AMC, 2008 bis 2013) zu produzieren. Bei vielen Premium-Serien liegen die Produktionsbudgets bei drei bis fünf Millionen US-Dollar pro einstündiger Episode. Diese dauern je nach Geschäftsmodell des Senders (mit oder ohne Werbeunterbrechung) zwischen 44 bis 58 Minuten. Weniger stark präsent ist dabei die Tatsache, dass viele dieser Erfolgsserien auf europäischen Originalen beruhen, die zwar ähnlich qualitativ sind, aber aufgrund ihrer Sprache oder geringerer Marketingbudgets international nicht so bekannt sind. Zu den Beispielen zählen etwa die dänische Serie „Forbrydelsen“ (auf DR1 von 2007 bis 2012 als Vorlage für „The Killing“), die französische Serie „Les Revenants“ (auf Canal+ ab 2012 als Vorlage für „The Returned“) oder die britische Serie „Shameless“ (auf Channel 4 von 2004 bis 2008 als Vorlage für die US-Variante unter selbem Titel).
3. Die Fernsehmärkte
Dieses Kapitel richtet den Fokus auf das „traditionelle“ Fernsehen. Darunter werden die herkömmlichen, linearen TV-Sender verstanden, die über Rundfunk, Satellit oder Kabel kostenlos oder gebührenpflichtig empfangbar sind. Neuere Technologien wie Internet-TV oder Video-on-Demand per Kabel-Anschluss lassen die Grenzen zu dem, was historisch als „Fernsehen“ bezeichnet wird, verschwimmen. Diesen neuen Angeboten widmen sich die Abschnitte III und IV.
3.1. „Traditionelles“ Fernsehen als globaler Wachstumsmarkt
Trotz der steigenden Bedeutung von Online-Vertriebsformen für TV-Inhalte ist der globale „klassische“ TV-Markt bezogen auf die Umsätze nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Die weltweiten Einnahmen sind nach einer Stagnationsphase, die durch die internationale Finanzkrise ausgelöst wurde, in den letzten Jahren von 261 Milliarden Euro auf 311 Milliarden gestiegen. Damit konnte der weltweite TV-Markt im Schnitt um 4,4 Prozent pro Jahr wachsen und die anderen Branchen im Kommunikationssektor Radio, Post und Telekom im jährlichen Zuwachs übertreffen.[50]
Rund die Hälfte der Umsätze stammt dabei aus dem Bereich Pay-TV (157 Milliarden Euro) und rund 40 Prozent der weltweiten TV-Einnahmen stammen aus den Werbeerlösen in Höhe von gesamt 126 Milliarden Euro. Global betrachtet spielen Einnahmen aus Zwangsgebühren und staatlichen Mitteln mit rund 28 Milliarden Euro eine untergeordnete Rolle.[51]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Generell ist die Ökonomie der TV-Industrie der Kino-Film-Industrie sehr ähnlich. In beiden Fällen sind die direkten Kosten für die Entwicklung und Herstellung von Inhalten sehr hoch, während die Grenzkosten für die Verwertung der Inhalte vergleichsweise niedrig sein können.[52]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die USA sind mit Einnahmen in Höhe von 128 Milliarden Euro unangefochten der größte Fernsehmarkt der Welt, gefolgt von Europa (62,9 Mrd. Euro) und Japan (40,4 Milliarden Euro). Dagegen liegen die dynamischsten Fernsehmärkte in der so genannten BRIC-Region, die China, Russland, Indien und Brasilien umfasst. China und Brasilien haben mit TV-Einnahmen in Höhe von 19,1 bzw. 15,7 Milliarden Euro im Jahr 2012 bereits die etablierten europäischen TV-Märkte in Großbritannien und Deutschland überholt.[53]
Laut der Studie „Global Entertainment and Media Outlook: 2013-2017“ der Unternehmensberatungsfirma PwC über die Aussichten der globalen Unterhaltungs- und Medienbranche soll das starke Wachstum der TV-Branche auch in naher Zukunft weiter anhalten. Trotz all der Diskussionen über das vermeintliche Ende des „klassischen Fernsehens“ sollen laut Studie die gesamten TV-Werbeeinnahmen, als auch die Einnahmen des Bezahlfernsehens global weiterhin steigen. In den Jahren von 2013 bis 2017 sollen die weltweiten Umsätze mit TV-Werbung im Schnitt jährlich um 5,3 Prozent wachsen. Zu den am schnellst wachsenden Märkte für Fernsehwerbung sollen Kenia (plus 16 Prozent pro Jahr), Indonesien (plus 15 Prozent) und Indien (plus 12 Prozent) zählen. Dagegen sollen die Einnahmen aus Online-TV-Werbung trotz starker relativer Zuwächse in den kommenden Jahren in absoluten Zahlen immer noch auf einen Bruchteil der Gesamteinnahmen aus Werbung reduziert bleiben.[54]
Auch der weltweite Pay-TV-Markt soll mit durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr weiterhin starkes Umsatzwachstum aufweisen. Vor allem in Asien und Lateinamerika steigt die Nachfrage nach Bezahlfernsehangeboten besonders stark an, während sie in den etablierten Märkten wie den USA auf sehr hohem Niveau eher stagnieren sollte. Zu den von 2013 bis 2017 am schnellst wachsenden Märkten für Pay-TV zählen Indonesien (plus 21 Prozent pro Jahr), Kenia, Thailand und Vietnam (plus 13 Prozent pro Jahr). Die Bedrohung durch so genannte Over-the-Top-Angebote (OTT)[55] wie Netflix oder Hulu sollte sich laut Studie für die klassischen Pay-TV-Anbieter in Grenzen halten. Der Umsatz aller OTT-Dienstleistungen weltweit sollte bis 2017 trotz starker Zuwächse mit einem Anteil von sechs Prozent im Vergleich zu den klassischen Pay-TV-Umsätzen noch immer gering bleiben.[56]
3.2. Der deutsche Fernsehmarkt
3.2.1. Die deutschen Fernsehsender
Der Fernsehmarkt in Deutschland zählt mit Gesamteinnahmen in Höhe von rund 14,2 Milliarden Euro für 2012 zu den größten TV-Märkten weltweit und liefert sich im europäischen Vergleich an der Spitze ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Großbritannien.[57] [58]
Die Umsätze konnten seit der Finanzkrise 2008/09 deutlich zulegen, und laut Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) werden für das Jahr 2017 Einnahmen in Höhe von mehr 16 Milliarden Euro erwartet.
Seit der Einführung des Privatfernsehens im Jahr 1984 herrscht in Deutschland ein duales Rundfunksystem, in dem öffentlich-rechtliche und private Sendeanstalten in Konkurrenz zu einander treten. Bis dahin unterlag der deutsche TV-Markt einem staatlichen Monopol. Seither konnten die Privatsender in Deutschland die Vorherrschaft der öffentlich-rechtlichen Sender ZDF und ARD brechen und wesentliche Marktanteile für sich gewinnen. Die steigende Anzahl von verfügbaren Kanälen hat aber seit Mitte der 1990iger zu einem Rückgang der Marktanteile bei allen größeren TV-Sendern geführt.[59]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Zuschauer-Marktanteile in Deutschland von 1985 bis heute: Öffentlich-Rechtliche und die erste Generation der privaten TV-Sender im Vergleich[60]
Beim Vergleich der Marktanteile am deutschen TV-Markt führt im Jahr 2013 das ZDF als größter Einzelsender mit 12,8 Prozent. Alle regionalen Programme „Dritte“ der ARD zusammen kommen auf 13 Prozent Anteil, während ARD „Das Erste“ mit 12,1 Prozent der zweitgrößte Marktteilnehmer ist. Größter Privatsender ist RTL mit 11,3 Prozent gefolgt von Sat.1 mit 8,2 Prozent Anteil an den Zuschauern ab drei Jahren.[61]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: TV-Zuschauer-Marktanteile in Deutschland 2003 und 2013[62]
Deutschlands TV-Landschaft wird immer stärker von Sparten- und Nischensender geprägt, was zu einer zunehmenden Fragmentierung des Marktes führt. Sender mit einer klaren Positionierung und einer fokussierten Zielgruppenansprache sollten dabei zu den Gewinnern zählen.[63]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Marktanteile Nischensender Deutschland (2013)[64]
Entsprechend der Marktanteile spielen auch die Einnahmen aus Zwangsgebühren für öffentlich-rechtliches Fernsehen die größte Rolle am deutschen TV-Markt: 4,7 Milliarden der 14,2 Milliarden Gesamterlöse am deutschen Fernsehmarkt im Jahr 2012 stammen aus TV-Gebühren. Bei den Werbeeinnahmen summieren sich die Einnahmen privater Anstalten (3,8 Mrd. Euro) und der öffentlich-rechtlichen Sender (0,3 Mrd. Euro) auf rund 4,1 Milliarden Euro. Bei den privaten Sendern sind die Einnahmen mehrheitlich auf RTL mit 2,6 Milliarden Euro und ProSieben mit 2,1 Milliarden und Sat.1 mit etwa zwei Milliarden Euro gebündelt.[65]
Eine stark steigende Rolle spielen Erlöse aus Bezahlfernsehen, die im Jahr 2012 bereits 1,8 Milliarden ausmachen und die laut einer Prognose des Verbands der privaten Rundfunkanbieter (VPRT) mit einem Umsatzzuwachs von 11,5 Prozent auf rund zwei Milliarden Euro im Jahr 2013 weiter wachsen sollen. Damit konnten die Pay-TV-Sender in Deutschland ihren Umsatz von 2009 bis 2013 nahezu verdoppeln. Die Abonnentenzahlen der 89 in Deutschland verfügbaren Pay-TV-Sender liegt 2012 laut VPRT bei 6,1 Millionen „Damit ist Pay-TV das wachstumsstärkste Segment im deutschen Fernsehmarkt“,[66] meint Frank Giersberg, Leiter Marktentwicklung beim VPRT.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: TV-Erlöse in Deutschland in Mrd. Euro[67]
3.2.2. Der Produktionsmarkt in Deutschland
Der deutsche Produktionsmarkt ist im Wesentlichen ein nationaler Markt. 81 Prozent der deutschen TV-ProduzentInnen machen den Großteil ihrer Umsätze (mindestens 90 Prozent) im Inland, während nur fünf Prozent einen Großteil im Ausland erwirtschaften.[68]
Die wichtigsten Sendergruppen in Deutschland strahlten 2011 rund 2,4 Millionen Minuten Erstausstrahlungen aus, wovon rund 765.200 Minuten (entspricht 31 Prozent) auf Auftragsproduktionen entfallen. Gemessen an den Sendeminuten spielen die privaten TV-Sender mit einem Anteil von 53 Prozent am Markt für Auftragsproduktionen eine etwas größere Rolle als die öffentlich-rechtlichen Sender, obwohl letztere einen ungleich höheren Gesamtoutput an Erstausstrahlungen liefern.
Der Grund für diese Missverhältnis liegt in der Tatsache begründet, dass der Anteil der Eigenproduktionen bei den Landesrundfunkanstalten und beim ZDF deutlich höher liegt, weil hier der Anteil an Programmen im Bereich „Information“ und „Infotainment“, die typischerweise im Haus produziert werden, allgemein größer ist.
Größter Auftraggeber gemessen an Sendeminuten ist die ProSiebenSat.1-Gruppe mit einem Volumen von rund 237.000 Minuten an Erstausstrahlungen 2011.
Deutsche TV-Produktionsunternehmen erwirtschafteten im Jahr 2011 einen Gesamtumsatz von 1,82 Milliarden Euro. Im Gegensatz zum Auftragsvolumen gemessen in Sendeminuten spielen die öffentlich-rechtliche Sender beim Umsatzvolumen mit einem Anteil von 62 Prozent am gesamten Umsatz für TV-Auftragsproduktionen eine größere Rolle als private Fernsehsender, auf die nur 38 Prozent der Umsätze entfallen.
Dieses Verhältnis lässt den Schluss zu, dass die privaten TV-Sender weniger Geld pro Sendeminute für Auftragsproduktionen ausgeben. Das lässt sich damit erklären, dass die Privatsender in Deutschland in größerem Ausmaß verhältnismäßig günstige Sendeformate wie Scripted Reality oder Talkshows ausstrahlen bzw. in Auftrag geben.[69]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Netto-Werbeerlöse der TV-Sender in Deutschland[70]
Generell lässt sich seit dem Einbruch bei den Werbeeinnahmen im Jahr 2009, die sich seither nur langsam wieder erholen, ein Trend zu kostengünstigeren Sendeformaten beobachten, was zu einem Rückgang der Umsätze für TV-Produktionsfirmen führt. Ein Großteil der AuftragsproduzentInnen, deren Vergütung für die Herstellung von TV-Formaten üblicherweise vom Auftragsvolumen abhängt, hat laut Produzentenstudie 2012 aufgrund der sinkenden Minutenpreise und dem verstärkten Fokus auf Billigformate mit einem Rückgang der Gewinnmargen zu kämpfen. Den großen privaten Sendergruppen hingegen ist es im Unterschied zu den ProduzentInnen gelungen die eigenen Umsatzmargen nach einem kurzen Einbruch in der Jahren 2008 und 2009 in der Zwischenzeit wieder auf das Niveau vor der Krise bei rund 13 Prozent zu bringen. Dieser Umstand lässt den Schluss zu, dass es sich beim TV-Auftragsmarkt in Deutschland um einen Nachfragemarkt handelt, wo die wenigen Auftraggeber über eine stärkere Marktmacht als die Anbieter verfügen.[71]
[...]
[1] Sjurts, I. Gabler Wirtschaftslexikon. Abgerufen am Februar 2014 von http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/569835/fernsehen-v1.html
[2] vgl. Wikipedia. Fernsehserie. Abgerufen am 17. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Fernsehserie#cite_note-5
[3] vgl. Wolling, J. (2004). Qualitätserwartungen, Qualitätswahrnehmungen und die Nutzung von Fernsehserien. Publizistik (2), S. 171-193.
[4] vgl. Hickethier, K. (1991). Die Fernsehserie und das Serielle des Fernsehens. Faulstich. S. 8.
[5] vgl. Wikipedia. Alexander Bain (Uhrmacher). Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Bain_(Uhrmacher)
[6] vgl. Monaco, J. (2007). Film verstehen – Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien (9 Ausg.). Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 566
[7] vgl. Wikpedia. Ferdinand Braun. Abgerufen am 13. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Braun
[8] vgl. Wikipedia. Abgerufen am 14. Februar 2014 von Chronologie des Fernsehens: http://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_des_Fernsehens
[9] vgl. Wikipedia. Dénes von Mihály. Abgerufen am 14. 2 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Denes_von_Mihaly
[10] vgl. Wikipedia. John Logie Baird. Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/John_Logie_Baird
[11] vgl. Wikipedia. Mechanisches Fernsehen. Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Mechanisches_Fernsehen
[12] vgl. Wikipedia. Abgerufen am 14. Februar 2014 von Chronologie des Fernsehens: http://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_des_Fernsehens
[13] vgl. Catherine Kellison, D. M. (2013). Producing for TV and New Media (1 Ausg.). Burlington: Focal Press. S. 27
[14] vgl. Catherine Kellison, D. M. (2013). Producing for TV and New Media (1 Ausg.). Burlington: Focal Press. S. 28
[15] vgl. Wikipedia. Abgerufen am 14. Februar 2014 von Chronologie des Fernsehens: http://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_des_Fernsehens
[16] vgl. Schlüter, J. Quotenmeder.de - Die größten TV-Ereignisse aller Zeiten: Die Mondlandung 1969. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://www.quotenmeter.de/cms/?p1=n&p2=37915&p3=
[17] vgl. Wikipedia. Home Box Office. Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Home_Box_Office
[18] vgl. Monaco, J. (2007). Film verstehen – Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien (9 Ausg.). Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 494
[19] vgl. Wikipedia. Abgerufen am 14. Februar 2014 von Chronologie des Fernsehens: http://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_des_Fernsehens
[20] vgl. Wikipedia. Wikipedia - Privatfernsehen. Abgerufen am 10. April 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Privatfernsehen
[21] vgl. Klaus Fessel, M. G. (4. Februar 2014). Focus Media Research - Werbebilanz 2013. Abgerufen am 10. April 2014 von http://www.focusmr.com/files/Werbebarometer_1402.pdf
[22] vgl. Wikipedia. Videotechnik. Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Videotechnik
[23] vgl. Wikipedia. Videotechnik. Abgerufen am 14. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Videotechnik
[24] vgl. Monaco, J. (2007). Film verstehen – Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien (9 Ausg.). Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 598
[25] vgl. Wikipedia. Blu-ray Disc. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://en.wikipedia.org/wiki/Blu-ray_Disc
[26] vgl. Wikipedia. DVB-T. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/DVB-T
[27] vgl. Wikipedia. Digital television transition in the United States. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://en.wikipedia.org/wiki/Digital_television_transition_in_the_United_States
[28] vgl. DisplaySearch. Connected TVs Forecast to Exceed 123M Units in 2014. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://www.displaysearch.com/cps/rde/xchg/displaysearch/hs.xsl/110425_connected_tvs_forecast_to_exceed_123m_units_in_2014.asp
[29] vgl. Europäische Union. Europäische Union- Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk. Abgerufen am 10. April 2014 von http://europa.eu/legislation_summaries/audiovisual_and_media/l24223a_de.htm
[30] vgl. Wikipedia. Homer. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Homer
[31] vgl. Wedel, M. (2012). Der lange Weg zur „Qualität“ - Zur Geschichte des Serienformats in Film und Fernsehen. tv diskurs , 62, 22-27.
[32] vgl. ebda.
[33] vgl. Wikipedia. André Deed. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/André_Deed
[34] vgl. Wedel, M. (2012). Der lange Weg zur „Qualität“ - Zur Geschichte des Serienformats in Film und Fernsehen. tv diskurs, 62, 22-27.
[35] vgl. Wikipedia. What Happened to Mary? Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://en.wikipedia.org/wiki/What_Happened_to_Mary%3F
[36] vgl. Wedel, M. (2012). Der lange Weg zur „Qualität“ - Zur Geschichte des Serienformats in Film und Fernsehen. tv diskurs , 62, 22-27.
[37] vgl. Wedel, M. (2012). Der lange Weg zur „Qualität“ - Zur Geschichte des Serienformats in Film und Fernsehen. tv diskurs , 62, 22-27.
[38] vgl. Wikipedia. Fernsehserie. Abgerufen am 17. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Fernsehserie#cite_note-5
[39] vgl. Wikipedia. Howdy Doody. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://en.wikipedia.org/wiki/Howdy_Doody
[40] vgl. Wikipedia. Mama (TV series). Abgerufen am 19. Februar 2014 von http://en.wikipedia.org/wiki/Mama_(TV_series)
[41] vgl. Catherine Kellison, D. M. (2013). Producing for TV and New Media (1 Ausg.). Burlington: Focal Press. S. 29
[42] vgl. Spillmann, K. Fernsehserien der 60iger Jahre. Abgerufen am 19. Februar 2014 von http://www.tvder60er.de/tvserien.html
[43] vgl. Wikipedia. Familie Leitner. Abgerufen am 18. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Familie_Leitner
[44] vgl. Catherine Kellison, D. M. (2013). Producing for TV and New Media (1 Ausg.). Burlington: Focal Press. S. 37 ff.
[45] vgl. ebda.
[46] vgl. Monaco, J. (2007). Film verstehen – Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien (9 Ausg.). Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 502
[47] vgl. Wedel, M. (2012). Der lange Weg zur „Qualität“ - Zur Geschichte des Serienformats in Film und Fernsehen. tv diskurs , 62, 22-27.
[48] vgl. Monaco, J. (2007). Film verstehen – Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien (9 Ausg.). Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. S. 503
[49] vgl. Wikipedia. Fernsehserie. Abgerufen am 17. Februar 2014 von http://de.wikipedia.org/wiki/Fernsehserie#cite_note-5
[50] vgl. Ofcom. (2013). International Communications Market Report . London: Ofcom.
[51] vgl. ebda.
[52] vgl. Guy Di Piazza, M. O. (2007). The Television and Movie Industry Explained: Where Does All the Money Go? Boston: Strategy Analytics Inc.
[53] vgl. Ofcom. (2013). International Communications Market Report . London: Ofcom.
[54] vgl. Pwc. (2013). Global entertainment and media outlook: 2013-2017. New York: Pwc.
[55] „Over-the-Top“ bezeichnet Angebote zur Übermittlung von Audio- und Videoinhalten über das Internet durch Portale wie „Netflix“ oder „Hulu“. Sie werden als das Gegenstück gesehen zu den TV-Angeboten der Internet-Provider (IPTV).
[56] vgl. Pwc. (2013). Global entertainment and media outlook: 2013-2017. New York: Pwc.
[57] vgl. VPRT - Verband Privater Rundfunk und Telemedia e.V. (23. Mai 2013). VPRT. Abgerufen am 14. März 2014 von http://www.vprt.de/thema/marktentwicklung/marktdaten/umsätze/content/tv-erlöse-2012?c=2
[58] Die britische Medienaufsicht OFCOM schätzt die TV-Einnahmen in Deutschland für 2012 auf 13,6 Mrd. Euro.
[59] vgl. Sasse, S. (27. Jänner 2014). Wirtschaftlichkeit vs. Innovationslust. Blickpunkt Film ( 5/14), S. 40-42.
[60] Sasse, S. (27. Jänner 2014). Wirtschaftlichkeit vs. Innovationslust. Blickpunkt Film ( 5/14), S. 40-42.
[61] vgl. Laumann, J. (3. Februar 2014). Klare Positionierung als Crux. Blickpunkt Film (6/2014), S. 40-42.
[62] Laumann, J. (3. Februar 2014). Klare Positionierung als Crux. Blickpunkt Film (6/2014), S. 40-42.
[63] vgl. Laumann, J. (3. Februar 2014). Klare Positionierung als Crux. Blickpunkt Film (6/2014), S. 40-42.
[64] Laumann, J. (3. Februar 2014). Klare Positionierung als Crux. Blickpunkt Film (6/2014), S. 40-42.
[65] vgl. VPRT - Verband Privater Rundfunk und Telemedie e.V. (23. Mai 2013). VPRT. Abgerufen am 14. März 2014 von http://www.vprt.de/thema/marktentwicklung/marktdaten/umsätze/content/tv-erlöse-2012?c=2
[66] Keneda, S. (10. Februar 2014). Im Markt angekommen. Blickpunkt Film (7/2014).
[67] VPRT - Verband Privater Rundfunk und Telemedie e.V. (23. Mai 2013). VPRT. Abgerufen am 14. März 2014 von http://www.vprt.de/thema/marktentwicklung/marktdaten/umsätze/content/tv-erlöse-2012?c=2
[68] vgl. Oliver Castendyk, K. G. (2012). PRODUZENTENSTUDIE 2012: Daten zur Film- und Fernsehwirtschaft in Deutschland 2011/2012. Berlin: Vistas Verlag. S. 39 ff.
[69] vgl. Oliver Castendyk, K. G. (2012). PRODUZENTENSTUDIE 2012: Daten zur Film- und Fernsehwirtschaft in Deutschland 2011/2012. Berlin: Vistas Verlag. S. 56 f.
[70] Sasse, S. (27. Jänner 2014). Wirtschaftlichkeit vs. Innovationslust. Blickpunkt Film ( 5/14), S. 40-42.
[71] vgl. Oliver Castendyk, K. G. (2012). PRODUZENTENSTUDIE 2012: Daten zur Film- und Fernsehwirtschaft in Deutschland 2011/2012. Berlin: Vistas Verlag. S. 44 ff.
- Citar trabajo
- Mag. Martin Maier (Autor), 2014, Die Produktion von TV-Serien im Internet-Zeitalter, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286862
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