Die vorliegende Ausarbeitung stellt einen fiktiven Forschungsantrag dar. Das präventive Projekt „JugendLine – Jugendliche für Jugendliche“, durchgeführt in dem Landkreis Hohenlohe in Baden-Württemberg, verfolgt das Globalziel, ein suchtmittelfreies Leben zu fördern. Im Speziellen wird angestrebt, Jugendlichen einen Zugang zu professionellen Beratungseinrichtungen/Hilfsangeboten zu erleichtern. Die Grundannahme hinsichtlich der Wirksamkeit geht davon aus, dass durch den Austausch „auf Augenhöhe“ über individuell-relevante Themen (z.B. Liebeskummer, Mobbing, Drogen, Eltern, Sexualität, etc.) sowie durch den Verweis auf Hilfsinstitutionen während des Telefongesprächs (Beratungszentren, Therapeutische Praxen, Suchtzentren, etc.) das Risiko gemindert wird, Suchtmittel zu konsumieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Das Konzept „JugendLine“ und dessen theoretischer Hintergrund
2. Studiendesign der Wirksamkeitsevaluation
3. Rekrutierung der Studienteilnehmer
4. Beschreibung der Stichprobe
5. Erhebungsmaße
6. Erwartete Ergebnisse und statistische Evaluationsmethoden
7. Potentielle Probleme und Limitationen des gewählten Ansatzes
Literatur
1. Das Konzept „JugendLine“ und dessen theoretischer Hintergrund
Das präventive Projekt „JugendLine - Jugendliche für Jugendliche“1, durchgeführt in dem Landkreis Hohenlohe in Baden-Württemberg, verfolgt das Globalziel, ein suchtmittelfreies Leben zu fördern. Im Speziellen wird angestrebt, Jugendlichen einen Zugang zu professionel- len Beratungseinrichtungen/Hilfsangeboten zu erleichtern. Dies soll durch die telefonische Beratung (jeden Mittwoch, 15:00-18:00 Uhr), welche von Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren angeboten wird, ermöglicht werden. Die Grundannahme hinsichtlich der Wirksamkeit geht davon aus, dass durch den Austausch „auf Augenhöhe“ über individuell-relevante The- men (z.B. Liebeskummer, Mobbing, Drogen, Eltern, Sexualität, etc.) sowie durch den Ver- weis auf Hilfsinstitutionen während des Telefongesprächs (Beratungszentren, Therapeutische Praxen, Suchtzentren, etc.) das Risiko gemindert wird, Suchtmittel zu konsumieren. Getragen wird die zugrundeliegende Idee von dem Verhaltensveränderung betreffenden „Elaboration Likelihood Model“ (ELM, Petty & Cacioppo, 1986). Dieses beschreibt, inwiefern sich persu- asive Kommunikation auf die Einstellung des Empfängers2, bezogen auf die besprochene Thematik, auswirken kann. Zwei antagonistische Elaborationsprozesse der Information wer- den angenommen: 1. Die zentrale Verarbeitung (elaborierende Person orientiert sich primär an der Qualität und den Argumenten der Information; Effekt: stabile Einstellungsänderung),
2. Die periphere Verarbeitung (elaborierende Person orientiert sich primär an Merkmalen des Senders wie z.B. dessen vermutete Fähigkeit und Glaubwürdigkeit; Effekt: instabile Einstellungsänderung).
Webb, Sniehotta und Michie (2010) weisen darauf hin, dass bei niedriger Motivation der In- formationsverarbeitung (z.B. Jugendliche bei der Kommunikation über Suchtmittel) eine Fo- kussierung der Interventionsaspekte auf den Sender gelegt werden sollte. Wer die Information vermittelt, besitzt in diesem Fall also besondere Relevanz. Diesem Ansatz folgende Interven- tionsstudien belegen die Wirksamkeit des peripheren Elaborationsprozess durch Merkmale des Informanten (Stephens, Sloboda, Grey, Stephens, Hammond, Hawthorne, Teasdale, & Williams, 2009).
Sofern Jugendliche, die „JugendLine“ nutzen, per se hoch motiviert sind, die selbstbezogene Thematik zu besprechen, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der zentrale Weg der Verarbei- tung gewählt, was bei erfolgreicher Überzeugung der Anrufenden durch die jugendlichen Be- rater zu einer stabilen Einstellungs- und damit verbundener Verhaltensänderung führen kann. Sofern die Jugendlichen das „JugendLine“-Angebot nutzen, jedoch weniger motiviert sind, ihre Einstellungen zu besprochenen Themen wirklich zu ändern (dieser Fall wird als häufiger vorkommend angenommen), stellt der Einsatz von gleichaltrigen und somit besonders nahba- ren Beratern einen wirkvollen Hebel dar. Obgleich die Theorie annimmt, dass die dadurch erzeugte Einstellungsveränderung weniger stabil sei, bietet der postulierte Mechanismus den- noch eine wichtige erste Instanz für die Kreation einer Art Brücke zwischen moderat- bis ge- ring-motivierten Jugendlichen auf der einen Seite und Beratungs-/Hilfseinrichtungen auf der anderen Seite.
Zusammenfassend wird die angenommene Wirksamkeit der Präventivmaßnahme in der gesteigerten Identifikation Jugendlicher mit Peer-Mitgliedern begründet, da letztere im Zuge des Verarbeitungsprozesses der im Telefongespräch ausgetauschten Informationen ein Rollenbild bereitstellen, welches den Anrufern eine Orientierung in Richtung Einstellungs- und Verhaltensänderung ermöglicht. Entsprechend sollen sowohl selbst- als auch fremdberichtete Urteile erhoben werden, offene Fragen gestellt werden sowie optional auch externe Maße wie etwa die Besucheranzahl in Beratungsstellen herangezogen werden.
2. Studiendesign der Wirksamkeitsevaluation
Das Design einer randomisierten, kontrollierten Studie gilt als “Gold-Standard”, ist bei dem vorliegenden Konzept allerdings extrem schwer realisierbar, da eine zufällige Zuweisung der Teilnehmer zu den Bedingungen als Option entfällt. Aus diesem Grund wird für die vorlie- gende Wirksamkeitsevaluation ein nicht-randomisiertes Design mit einer Interventions- und einer Kontrollgruppe vorgeschlagen. Um kausale Ursache-Wirkungs-Aussagen treffen zu können, sind Veränderung zwischen Zeitpunkten sowie zwischen Gruppen in Betracht zu ziehen. Im besten Fall gelingt es also, eine Messung zum Zeitpunkt der ersten Nutzung von „JugendLine“ stattfinden zu lassen (t1), eine Messung kurz nach dem Nutzen des Angebots (bis zu max. einer Woche nach der telefonischen Beratung, t2) sowie eine Messung mit länge- rer Zeitverzögerung (z.B. ein Jahr nach der Telefonberatung, t3). Diese drei Messzeitunkte für beide Gruppen ermöglichen eine Prozessevaluation, die Hinweise darauf liefert, welche Ver- änderung bei Jugendlichen mit- und ohne Nutzung von „JugendLine“ eintritt. Außerdem kann so beleuchtet werden, wie sich die Effekte innerhalb der Interventionsgruppe im Verlauf zei- gen, welche Personen besonders von der Beratung profitieren (Geschlecht, Alter, etc.) und wie stabil diese Effekte sind. Überdies sollen die relevanten Moderatorvariablen untersucht werden, indem Interventions- und Kontrollgruppe verglichen werden. Der hauptsächliche Wirksamkeitsparameter wird durch die Wahrnehmung, Akzeptanz und Nutzung von professi- onellen Hilfsangeboten durch Jugendliche repräsentiert. Das Globalziel eines suchtmittel- freien Lebens soll ebenfalls zu jedem Untersuchungszeitpunkt (t1, t2, t3) erfasst werden. Soll- ten die Teilnehmer der Wirksamkeitsevaluation das Angebot „JugendLine“ häufiger als ein einzelnes Mal nutzen, ist diese Kennzahl selbstverständlich ebenfalls zu dokumentieren und in die Auswertungen aufzunehmen. Hinsichtlich der Erhebungsmethoden ist es ratsam, einen multimethodalen Ansatz zu wählen, der sowohl quantitative wie auch qualitative Maße umfasst (siehe 5. Erhebungsmaße).
3. Rekrutierung der Studienteilnehmer
Der Landkreis Hohenlohe in Baden-Württemberg, in welchem „JugendLine“ bisher ange- wandt worden ist, repräsentiert die Population für die Stichprobe der Interventionsgruppe. Jeder Jugendliche, der die Hotline kontaktiert, soll am Telefon danach gefragt werden, inwie- fern eine Teilnahme an der Wirksamkeitsevaluation für ihn in Frage kommt. Sofern eine Ein- willigung erfolgt, werden die unter 5. erwähnten Parameter erfasst. Die Kontrollstichprobe sollte in einem Landkreis erhoben werden, in welchem keine vergleichbare Intervention an- geboten wird. Die Stichprobenziehung sollte optimalerweise entlang der intendierten Ziel- gruppe von „JugendLine“ gezogen werden, indem über verschiedene Schulformen hinweg Schüler repräsentativer Klassen angesprochen werden und nach der Einwilligung zur Teil- nahme an einer „Jugendstudie“ gefragt werden. Das Ziel ist es, zwei möglichst vergleichbare Stichproben zu generieren, welche sich bestenfalls lediglich anhand der erfolgten Intervention („JugendLine“ vorhanden und genutzt/keine jugendliche Beratungshotline vorhanden und genutzt) unterscheiden.
4. Beschreibung der Stichprobe
Der Umfang der Stichprobe orientiert sich letztendlich an der Anzahl der Nutzungen von „Ju- gendLine“. Da die Kontrollstichprobe vermutlich umfangreicher sein könnte als die Interven- tionsgruppe, kann erstere nach Identifikation der Nutzer-Anzahl der Intervention gegebenen- falls angepasst werden, indem Teilnehmer randomisiert ausgeschlossen werden, sodass die Stichprobengrößen vergleichbar sind. Gleiches gilt in Bezug auf Geschlechterverteilung, Al- tersstruktur und Schulform sowie besuchte Klasse. Eine zu erwägende Möglichkeit ist die Identifikation „statistischer Zwillinge“ anhand von Propensity Scores3, um einer Verzerrung der Ergebnisse aufgrund von unterschiedlicher Stichprobencharakteristik entgegenzuwirken.
[...]
1 http://www.wdv.de/media/jugendline.pdf; http://www.jugendline.de/
2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Text die maskuline Form allgemeiner Personenbezüge eingesetzt. Gemeint sind stets beide Geschlechter.
3 Definition Propensity Score: Bedingte Wahrscheinlichkeit, dass eine Person eine Intervention erhält, gegeben ein Vektor beobachteter Kovariaten für diese Person (s. Ludwig, Kraus, Müller, Braun, & Bühringer, 2012).
- Citar trabajo
- Jana Kampe (Autor), 2014, Das Projekt "JugendLine". Jugendliche beraten Jugendliche, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286853
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.