Bei einer Überzahlung im Unternehmenserwerb entsteht ein Erklärungsbedarf. Weil der entstandene Firmenwert eine interne wie externe Bedeutung besitzt und definiert werden muss. Dahingehend ist eine Bewertungsmethodik notwendig, welche eine möglichst vollständige Abbildung der Unternehmenswerte ermöglicht.
Im Bereich der Unternehmensbewertung besteht eine Vielzahl an Fachliteratur zu vollumfänglichen Unternehmensbewertungen. Neben der klassischen und sicheren Ermittlung der bilanziell darstellbaren Werte und Zahlungsströme wird dabei versucht, die immateriellen Werttreiber zu erfassen und abzubilden. Die hauptsächlichen
Werttreiber sind in diesem Zusammenhang das Humankapital sowie der Markenwert. Allerdings bestehen bis zum heutigen Zeitpunkt sehr viele Bewertungsansätze und Überlegungen, jedoch kein Standard. Die Masterthese untersucht daher, ob mit den aktuellen Verfahren eine hinreichende monetäre Bewertungsmöglichkeit vor dem Hintergrund einer Wertallokation im Unternehmenserwerb möglich ist und ob gegebenenfalls ein angepasstes Bewertungsmodell sinnvoll erscheint.
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Forschungsfrage
1.4 MethodischeVorgehensweise
1.5 AufbauderArbeit
2. GRUNDLAGEN
2.1 Die Unternehmensbewertung
2.2 Unternehmenswert und Firmenwert
2.3 WertundPreis
2.4 Die Value Driver-subjektive Werttreiber
3. ANSÄTZE DER KLASSISCHEN UNTERNEHMENSBEWERTUNG
3.1 Die objektive Unternehmensbewertungslehre
3.2 Die subjektive Unternehmensbewertungslehre
3.3 Die funktionale Unternehmensbewertungslehre
4. STAND UND METHODEN DER UNTERNEHMENSBEWERTUNG
4.1 Kostenorientierte Verfahren - Substanzwertverfahren
4.2 Marktpreisorientierte Verfahren
4.2.1 Vergleichsunternehmensverfahren
4.2.2 Multiplikatorverfahren
4.3 Kapitalwertorientierte Verfahren
4.3.1 Ertragswertverfahren
4.3.2 Discounted Cashflow-Verfahren
4.4 Mischverfahren
4.4.1 Übergewinnverfahren
4.4.2 Economic Value Added
4.4.3 Market Value Added
4.5 Zusammenfassung
5. IMMATERIELLE VERMÖGENSGEGENSTÄNDE UND WERTTREIBER
5.1 WerttreiberHumankapital
5.1.1 Das Hagener Schema
5.1.2 Die Saarbrücker Formel
5.1.3 Kritische Würdigung des personalen Faktors
5.2 Der Markenwert als Teil des Unternehmenswertes
5.2.1 DieBewertungsverfahren
5.2.2 Die qualitativen Bewertungsmodelle
5.2.3 Studien zur Markenwertbetrachtung
5.2.4 Kritische Würdigung des Markenwertes
6. SYNTHESE UND AUSBLICK
7. LITERATURVERZEICHNIS
KURZBESCHREIBUNG
Bei einer Überzahlung im Unternehmenserwerb entsteht ein Erklärungsbedarf. Weil der entstandene Firmenwert eine interne wie externe Bedeutung besitzt und definiert werden muss. Dahingehend ist eine Bewertungsmethodik notwendig, welche eine möglichst vollständige Abbildung der Unternehmenswerte ermöglicht.
Im Bereich der Unternehmensbewertung besteht eine Vielzahl an Fachliteratur zu vollumfänglichen Unternehmensbewertungen. Neben der klassischen und sicheren Ermittlung der bilanziell darstellbaren Werte und Zahlungsströme wird dabei versucht, die immateriellen Werttreiber zu erfassen und abzubilden. Die hauptsächlichen Werttreiber sind in diesem Zusammenhang das Humankapital sowie der Markenwert. Allerdings bestehen bis zum heutigen Zeitpunkt sehr viele Bewertungsansätze und Überlegungen, jedoch kein Standard. Die Masterthese untersucht daher, ob mit den aktuellen Verfahren eine hinreichende monetäre Bewertungsmöglichkeit vor dem Hintergrund einer Wertallokation im Unternehmenserwerb möglich ist und ob gegebenenfalls ein angepasstes Bewertungsmodell sinnvoll erscheint.
ABSTRACT
When an overpayment in the acquisition, a declaration need arises. Because the resulting goodwill has an internal and external dimension and must be defined. To that effect, an evaluation methodology is necessary, which make it possible to declare the whole corporate values.
In the field of business valuation, there is a wide range of literature to full-scale business valuations. Beside the classic and safe determination of the balance sheet representable values and cash flows, an attempt is to capture and portray the intangible value drivers. The most important value drivers in this context are the human capital as well as the brand value. However, there are presently a large number of evaluation approaches and considerations. The master thesis therefore examines the possibilty of evaluation for companies in case of merger. Furhermore a new valuation model must be shown.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wert und Preis
Abbildung 2: Bewertungszwecke
Abbildung 3: Übersicht der Bewertungsverfahren
Abbildung 4: Angewandte Bewertungsverfahren
Abbildung 5: Zugangsbewertung immaterieller Vermögensgegenstände
Abbildung 6: Folgebewertung immaterieller Vermögenswerte
Abbildung 7: Strukturierung der Bewertungsverfahren
Abbildung 8: Markenranking Millward Brown 2012
Abbildung 9: Markenranking Interbrand 2012
Abbildung 10: Übersicht der qualitativen Bewertungsmodelle
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
„Einen richtigen Unternehmenswert per se gibt es nicht!"
Mit dieser Aussage sieht man sich regelmäßig konfrontiert, sobald man sich mit der Unternehmensbewertungslehre beschäftigt. Dabei geht es weniger um die Feststellung eines Wertes, denn Verfahren zur finanzwirtschaftlichen Unternehmensbetrachtung existieren in Hülle und Fülle, sondern um die zweckbezogene Nachvollziehbarkeit des Bewertungsansatzes und dem daraus resultierenden Ergebnis.[1] [2] Denn nur so kann eine bedarfsgerechte Bewertung erfolgen.
In diesem Zusammenhang werden bei Fusionen oder Firmenrankings hohe, teils stark voneinander abweichende Unternehmenswerte publiziert;[3] dadurch entsteht vielfach der Eindruck einer eher willkürlich angewandten Bewertungsmethodik. Die Begründung der Ursache ist einfach, ohne jedoch die Gesamtproblematik simplifizieren zu wollen: Während für materielle Vermögensgegenstände verbindliche Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften gelten, trifft dies für immaterielle und subjektiv wahrgenommene Vermögensgegenstände nur sehr eingeschränkt zu. Gerade aber diese Vermögensgegenstände, die subjektiven Werttreiber, haben maßgeblich Anteil am Unternehmenserfolg, ergo dem Unternehmenswert. Da diese Werte aber nur schwer gedanklich abstrahierbar sind, eröffnen sie große spekulative Wertannahmen. Zentrale Bestandteile dieser Werttreiber sind die Unternehmensreputation sowie der personale Faktor. Es wird zunehmend versucht, den Beitrag dieser Faktoren zu messen. Obwohl Ansätze zur Bewertung ausgearbeitet wurden, bestehen bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt weder ein einheitlicher Standard noch allgemein verbindliche Bewertungskriterien.
1.1 Problemstellung
Durch die mangelnde monetäre Darstellbarkeit subjektiver Werttreiber ergibt sich die Problematik einer nicht nachvollziehbaren Begründung dieser Wertertelemen- te bei einer erfolgten Überzahlung im Falle eines Unternehmenserwerbes. Gerade diese Überzahlung hat aber eine interne wie externe Bedeutung. Denn im Erwerbsfall fordern betriebliche Kontrollgremien sowie Rechnungslegungsvor- Schriften eine Offenlegung und Darstellung aller Vermögensgegenstände des erworbenen Unternehmens. Es wird dann ersichtlich, ob der getätigte Unternehmenspreis auch dem tatsächlichen Unternehmenswert entspricht.
Seitens der Bilanzierung kommt hier der sog. Goodwill zum Tragen, welcher als Firmenwert diesen Unterschiedsbetrag beschreibt. Er umfasst zunächst sämtliche immaterielle Vermögensgegenstände, darunter fallen auch der Wertbeitrag des Humankapitals sowie der des Markenwertes. Und hier zeigt sich die eigentliche Schwierigkeit. Denn an sich stellt der Firmenwert ein Problem dar, da er in seiner Gesamtheit zunächst ein zentrales Auffangbecken für nicht definierbare immaterielle Güter verkörpert. Und endgültig bestimmt er sich erst dann, wenn die immateriellen Vermögensgegenstände separiert und monetär dargestellt werden können. Insoweit müssen immaterielle Vermögensgegenstände soweit als möglich nachgehend monetär identifiziert werden, weil diese eben im Falle eines Unternehmenserwerbes nicht als Einzelposition abgebildet werden, sondern in ihrer Gesamtheit im Goodwill aufgehen. Im weiteren Verlauf hat dann der endgültige Firmenwert mit der jährlichen Impairmentbehandlung entsprechende Auswirkungen auf das Eigenkapital der Unternehmung, womit der finanzwirtschaftliche Bezug herausgestellt wird.[4]
Dabei ist bei der Behandlung der Gesamtthematik deutlich zwischen Bewertung und Bilanzierung zu unterscheiden. Denn nach den nationalen wie internationalen Rechnungslegungsvorschriften ist im Falle eines Unternehmenserwerbes nur der erworbene Markenwert, nicht aber der personale Faktor aktivierbar.[5] Notwendig erscheint es aber trotzdem, die Humankapitalbewertung zu entwickeln, da die verlässliche Wertermittlung die Grundlage einer potentiellen zukünftigen bilanziellen Behandlung darstellt.[6] Bezüglich der internen Informationsfunktion steht die Relevanz ohnehin außer Frage. Denn die Bewertung des Humankapitals gewinnt insofern an Bedeutung, da sich durch den weitreichenden Wandel in der Wirtschaftslandschaft, hin zu mehr dienstleistungsorientierten und weniger durch das Sachanlagevermögen geprägte Branchen, auch der Bedarf für erweiterte Bewertungsmethoden feststellen lässt.
1.2 Zielsetzung
Daher besteht das Ziel dieser Arbeit in der Sichtung der Unternehmensbewertungsverfahren zur Wertallokation für die Unternehmenserwerber unter der Berücksichtigung der subjektiven Werttreiber. Darüber hinaus ist der Stellenwert der Größen Marke und Humankapital im Rahmen eines Unternehmenserwerbes aus Sicht der Rechnungslegung und der Unternehmensbewertung, sowie deren isolierte Bewertbarkeit darzustellen, zu beurteilen und abschließend ein möglicher Ansatz zu empfehlen. Darüber hinaus ergibt sich durch Änderungen in Standards und Normen die Notwendigkeit, aktuelle Bewertungsmethoden zu erläutern und inhaltlich zu ergänzen. Dadurch kann ein gesamtheitlicher Überblick über die Bewertungsmethodik sowie eine weitere Abgrenzung zwischen Wert und Preis erfolgen. Der Preis wird dann anhand der Wertbestandteile oder verursacht durch eine Wettbewerbssituation bzw. andere Einflüsse intern argumentierbar. Darüber hinaus soll durch die erweiterte Bewertung eine Reduzierung des Firmenwertes ermöglicht werden.
1.3 Forschungsfrage
Mit welchem Verfahren lassen sich Unternehmen unter der Berücksichtigung der Werttreiber Humankapital und Markenwert im Zuge eines Unternehmenserwerbes monetär bewerten? Mit welchen Verfahren finden aktuell Unternehmensbewertungen statt und wie werden dabei die subjektiven Werttreiber berücksichtigt.
1.4 Methodische Vorgehensweise
Zur Unternehmensbewertung besteht eine Vielzahl an Literatur. Eine klare Eingrenzung besteht bereits durch die Verlautbarungen des IDW sowie der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und im Bezug auf die Werttreiber durch die Definition durch die IAS[7]. Es erfolgt daher die qualitative Auswertung der Literatur, welche die Bewertungsthematik im Allgemeinen und die Werttreiber Humankapital und Marke im Speziellen aufgreift. Im Weiteren werden die Bewertungsansätze untersucht und evaluiert. Diese Ergebnisse sollen intersubjektiv nachzuvollziehen und zu prüfen sein,[8] um diese anschließend einer Diskussion unterziehen zu können.[9] In der Wissenschaftsstheorie wird zwischen Entdeckungs- und Begründungszusammenhang unterschieden. Der Entdeckungszusammenhang basiert auf Methoden des Erkenntiszuwachses. Der Begründungszusammenhang dagegen verlangt nach methodischer Rechtfertigung neuer Erkenntisse.[10] Die vorliegende Arbeit ist sowohl in den Endeckungs- als auch in den Begründungszusammenhang einzuordnen. Dazu können Intuition und Deduktion miteinander kombiniert werden. Aus intuitiv gewonnenen Prämissen werden deduktiv, durch logische Aussagen Schlussfolgerungen abgeleitet.[11] Neben intuitiv gewonnenen Prämissen werden gleichfalls fremde individuelle Beobachtungs- und Forschungsergebnisse berücksichtigt. Dabei geht es neben der Darstellung der Bewertung auch um den Aufbau des Verständisses für ein Bewertungsmodell zur Reduzierung und Begründung einer Überzahlung.
1.5 AufbauderArbeit
Zunächst ist der Unternehmenserwerbsfall als Ausgangslage für die daraus folgende Bewertung gegeben.
Wie komplex sich der Wertbegriff eines Unternehmens in diesem Rahmen definiert und welchen Maßgaben dieser unterliegt, wird im zweiten Teil dieser Arbeit durch den Bezug auf die subjektiven Werttreiber dargelegt. Dabei wird auf die Situation der Überzahlung eingegangen und damit deren Behandlung in der Rechnungslegung beschrieben.
Im dritten Teil der Arbeit erfolgt zunächst ein Überblick über die grundlegenden Richtungen der Unternehmensbewertungslehre. Somit soll der allgemeine Zugang einer Bewertung ermöglicht und deren Bezug dargestellt werden.
Ergänzend dazu wird mit dem vierten Teil die Praxis der Bewertungslehre, die Sichten der Bewertungssubjekte und die aktuellen Verfahren beschrieben. Dabei wird die Berücksichtigung der Werttreiber untersucht und ein Überblick über die Instrumente einer Wertallokation unter Einbeziehung der Werttreiber gegeben.
Im fünften Teil wird der Fokus auf die eigentliche Bewertung der Werttreiber Humankapital und Markenwert gelenkt. So soll, ergänzend zu den im vorhergehenden Teil beschriebenen Standardverfahren, eine erweiterte Bewertung als Instrument der Wertfindung ermöglicht werden. Dabei wird anfangs gezielt der Sta- tus der Werttreiber in der Rechnungslegung im Zusammenhang eines Unternehmenserwerbes dargelegt. Im Weiteren erfolgt dann die Untersuchung und Beurteilung der Bewertungsmodelle einer monetären Humankapital- und Markenbewertung.
Auf Basis der Erkenntisse zur Humankapital- und Markenbewertung erfolgt im sechsten Teil die Synthese der Ergebnisse und die Empfehlung eines Bewertungsmodells. Dadurch soll ein Instrument der erweiterten Bewertung zur Verfügung gestellt werden können.
2. Grundlagen
2.1 Die Unternehmensbewertung
Im Zuge einer Unternehmensbewertung werden Unternehmen als Ganzes oder Teile eines Unternehmens bewertet.[12] Dabei soll ein Wert festgestellt werden, welcher sich auf den zukünftigen finanziellen Nutzen des Bewertungsobjektes bezieht.[13] Dies ist insbesondere bei einem Unternehmenserwerb aus Käufersicht von Bedeutung. Nach dem Prinzip der Unternehmensfortführung sind dies die Summen der Barwerte von prognostizierten Zahlungsströmen oder - im Falle von Gesamt- bzw. Teilauflösungen - deren Liquidationswert. Die Bewertung kann in einer Vielzahl von Fällen notwendig werden, insbesondere dann, wenn ein Unternehmen bzw. ein Unternehmensteil den Eigentümer wechseln soll oder andere extern hervorgerufene Einflüsse im Unternehmen die Bewertung initiieren.[14] Dabei kann zwischen verschiedenen Bewertungsanlässen und Bereichen unterschieden werden:[15]
- freiwillige Unternehmensbewertung im Rahmen unternehmerischer Initiativen
- Unternehmensbewertung aufgrund gesetzlicher bzw. vertraglicher Grundlagen
- Unternehmensbewertung für Zwecke der externen Rechnungslegung
Neben den Bewertungsanlässen ist für die Ermittlung eines Unternehmenswertes dessen Zweck ausschlaggebend. Da es keinen allgemein gültigen Unternehmenswert geben kann, muss die Bewertungsmethode auf den jeweiligen Bewertungszweck abgestimmt werden.16 So kann je nach Zweckadäquanz eine dementsprechend abweichende Bewertungsmethode zur Anwendung gelangen.
Dabei ist bei der vorliegenden Arbeit unter Bewertung stets die Ermittlung eines konkreten Geldwertes zu verstehen. Die Feststellung von eigenschaftsorientierten Aussagen oder die Klassifizierung in Güteklassen von Vermögensgegenständen wird hier nicht weiter verfolgt.
2.2 Unternehmenswert und Firmenwert
Je nach Sichtweise kann der Unternehmenswert verschiedene Dimensionen annehmen, da in der Betrachtung unterschiedliche Ansätze existieren. Um im Zusammenhang mit dieser Arbeit ein einheitliches Begriffsverständnis zu schaffen, sei die Definition von Piltz und Hannes angeführt. Diese definieren den Unternehmenswert wie folgt:
„Es gibt den sog. objektiven Unternehmenswert oder den Verkehrswert oder gemeinen Wert des Unternehmens [...]. Das ist in der Idealvorstellung der Wert des Unternehmens, der dem Preis entspricht, wenn es unabhängig von jeglichen Sondereinflüssen auf dem „freien Markt“ verkauft wird, oft auch als der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbare Veräußerungserlös definiert. “17
Wenn also der Unternehmenswertbegriff verwendet wird, ist darunter der Marktwert eines Unternehmens zu verstehen - das bedeutet, dass bei der Bewertung des Unternehmens als Ganzes der Wert zu ermitteln ist, der bei einer theoretischen Veräußerung dem Preis entspricht, welcher im „gewöhnlichen“ Geschäftsverkehr erzielbar wäre. Dieser Zusammenhang muss jedoch genauer erläutert werden. Denn der Preis eines Unternehmens bzw. eines Unternehmensbestandteiles kommt durch Angebot und Nachfrage zustande und zeigt sich in dem Geldbetrag, der tatsächlich bezahlt wird. Wert und Preis stimmen aber nur in vollkommenen Märkten überein, welche de facto nicht existieren. Da aber in den gängigen Bewertungsverfahren Veräußerungswerte oder erwartete Leistungen von Unternehmen in das Modell eines vollkommenen Marktes übertragen werden, muss man die Frage stellen, ob dieses Procedere grundsätzlich zielführend[16] [17] ist, um einen realen Unternehmenswert festzustellen.[18] Dies ist mitunter ein Teil der Bewertungsproblematik im Spannungsfeld von Unternehmenswert und Preis. Die Bewertungsergebnisse dienen vorwiegend zur Beurteilung der Plausibilität von Unternehmens- und Anteilswerten.[19]
Darüber hinaus ist die Begrifflichkeit des Firmenwertes von der des Unternehmenswertes abzugrenzen, da es sich hier um unterschiedliche Definitionen handelt. Unter dem Firmenwert, auch Geschäftswert oder Goodwill genannt, ist der Unterschiedsbetrag zu verstehen, der der für die Übernahme eines Unternehmens bewirkten Gegenleistung entspricht, verringert um den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände und der Schulden.[20] Er wird darausfolgend definiert als die Differenz zwischen dem Gesamtunternehmenswert (tatsächlich ist der bezahlte Preis hier ausschlaggebend) und der Summe der Zeitwerte aller Aktiva und Passiva.[21] Der Firmenwert ist im Unternehmenserwerb dann das Ergebnis der Kapitalkonsolidierung und findet sich im IFRS 3, welcher eine zeitlich versetzte Neubewertung des erworbenen Unternehmens zu den beizulegenden Zeitwerten verlangt.[22] Diese Neubewertung erfolgt dann aus der Sicht des Unternehmenserwerbers und wird daher als Erwerbsmethode bezeichnet. Dabei werden sämtliche stillen Reserven und Eventualverbindlichkeiten des erworbenen Unternehmens offengelegt und es ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Aktiva und Passiva ein neues Eigenkapital, welches den Zeitwert des erworbenen Unternehmens darstellt. Dieser Wert des Eigenkapitals wird dann mit dem ursprünglichen Kaufpreis verglichen. Als positiver Unterschiedsbetrag stellt der Firmenwert eine Überzahlung dar, welcher als immaterielles Vermögen auch weiterhin einer jährlichen Werthaltigkeitsprüfung, dem sog. Impairmenttest, in Verbindung mit einem Wertaufholungsverbot, unterliegt. Das Wertaufholungsverbot erklärt sich dadurch, als eine Wertaufholung einer Aktivierung eines selbst erstellten Firmenwertes entsprechen würde, was nach den IAS nicht zulässig ist.[23]
Die Begründung einer Überzahlung im Unternehmenserwerb ist der wesentliche Punkt einer vollumfänglichen Bewertung. Gilt es doch, aus Erwerbersicht einen „wahren“ Kaufpreis bestimmen zu können und mit einem Instrument der Wertallokation den Goodwill zu verringern. Denn dieser ist eine systemimmanente Sammelposition und kann aus einer Vielzahl von Gründen resultieren: Marktsituationen für Unternehmensteile, Fehleinschätzungen, dem Verhandlungsgeschick der Verkäufer, aber eben auch verursacht durch besondere immaterielle Werte.[24] Daher sind gerade die Verfahren von Wert, welche erstens die immateriellen Vermögensgegenstände identifizieren und einen konkreten Geldwert zuordnen und zweitens (bisher) nicht ansatzfähige Vermögenswerte, wenn auch nur zur internen Informations- und Argumentationsfunktion, monetär darstellbar machen.
Besondere Bedeutung erlangt der Firmenwert auch im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Behandlung nationaler Bilanzierungsvorschriften.[25] Seit dem Bilanzmodernisierungsgesetz von 2009 ist ein erworbener Firmenwert als abnutzbarer Vermögensgegenstand definiert,[26] welcher über einen definierten Zeitraum abgeschrieben wird.[27] Denn da der Firmenwert dem kapitalisierten Übergewinn über der Normalverzinsung der Substanz hinaus entspricht, kompensiert hier die Firmenwertabschreibung den Übergewinn. Als Bemessungsgrundlage bleibt dann die Höhe des Normalgewinns. Außerdem würde eine fehlende Abschreibung des Goodwills zu einer unsachgemäßen Doppelbesteuerung in Bezug auf den Veräußerungsgewinn des Unternehmensverkäufers und dem laufenden Gewinn des Erwerbers darstellen. In Einzelfällen können diese Firmenwertabschreibungen die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens wesentlich beeinflussen und dazu führen, dass ein an sich positives Jahresergebnis durch die Abschreibungsbelastung in einen beträchtlichen Jahresfehlbetrag umgewandelt wird. Dadurch kommt es zu einer Minderung und schlimmstenfalls sogar zu einer vollständigen Aufzehrung des Eigenkapitals im Unternehmen.[28] Seitens der IFRS Bilanzierung unterliegt der Goodwill zwar keiner planmäßigen Abschreibung, vielmehr fließen die Wertänderungen des Impairments aber unplanbar in den Ergebnisausweis des Unternehmens.[29] Durch diese nicht vorhersehbaren Abschreibungen wird der Firmenwert zu einem risikobehafteten Wert. Deshalb ist eine Reduzierung des Goodwills als ein Mittel der Risikobeseitigung und Bilanzbereinigung zu betrachten. Bleiben also, unabhängig von HGB bzw. UGB und IFRS, jene Faktoren interessant, welche den Goodwill bestimmen. Dies sind eben immaterielle Werttreiber, haben sie doch für den Käufer eines Unternehmens wertvollen Charakter, weil sie von ihm beim Erwerb in den Kaufpreis eingerechnet werden, auch wenn diese bisher nicht immer erfasst worden sind.
2.3 Wert und Preis
Ein Ziel beim Unternehmenserwerb ist die Sichtbarmachung des Unterschiedes zwischen Unternehmenswert und Preis, da diese regelmäßig voneinander abweichen.Dabei ist der Wert die Größe, die den zukünftigen, durch das Unternehmen erstellbaren Kapitalwert darstellt.[30] Der Unternehmenswert unter Einbeziehung der immateriellen Vermögensgegenstände und Werttreiber ergibt sich dann im Idealfall als transparente Abbildung des finanziell zu erwarteten Nutzens in Form prognostizierter Zahlungsströme eines Bewertungsobjektes.[31] Dabei entspricht der Wert einer vorsteuerlichen Betrachtung. In der Praxis maßgeblich ist allerdings die Besteuerungsgrundlage der Beteiligten, ob nach EStG oder KöStG, bestimmt sie doch die Höhe der tatsächlichen Geldzuflüsse und folglich die individuellen Kapitalwerte eines Käufers. Dadurch kann sich bei einer gleichen vorsteuerlichen Wertbasis ein abweichender Individualwert für die Erwerbsinteressenten und somit eine höhere Zahlungsbereitschaft ergeben. Gleiches gilt für Käufer, die Gewinne eines zu erwerbenden Unternehmens mit eigenen Verlusten verrechnen können und somit zusätzlich steuerliche Vorteile erfahren. Diese Erwerber werden andere Kaufpreise zu zahlen bereit sein, als jene, die nicht über diese Verlustverrechnungsmöglichkeit verfügen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wert und Preis (eigene Darstellung)
Aber nicht nur die mangelhafte Darstellbarkeit von Werttreibern oder steuerliche Überlegungen initiieren Wert-Preis-Differenzen. Vielmehr sind es auch Einflüsse wie offene Bietersituationen, individuelle Nutzenvorstellungen oder gezielte Markteinwirkungen, wie sie durch volumenstarke und konkurrenzinitiierte Aktienkäufe- und Verkäufe stattfinden können, welche den Preis bilden. Fließen taktische Überlegungen zur Unternehmenspositionierung ein, können Erwerber ebenfalls unter Umständen bereit sein, überhöhte Preise zu bezahlen, um Konkurrenten vom Markt zu verdrängen. Aus einer pragmatisch-logischen Sichtweise heraus ist jedoch nur durch die Anwendung einer neutralen Bewertung eine objektivierte Abgrenzung von Wert und Preis möglich. Dann kann der inhärente Wert eines Unternehmens vom Preis abgegrenzt und zwischen einer Über- und Unterbewertung unterschieden werden.
2.4 Die Value Driver - subjektive Werttreiber
Werttreiber stellen im Allgemeinen beeinflussbare Faktoren dar, welche eine hohe Relevanz für das finanzielle Ergebnis eines Unternehmens bzw. einer Unternehmenseinheit besitzen.[32] Dabei erfolgt die Unterteilung der Werttreiber in die der finanziellen sowie der nicht-finanziellen Werttreiber. Interessant scheint für eine Unternehmensbewertung insbesondere die Betrachtung der nichtfinanziellen Werttreiber zu sein, da hier eine monetäre Abgrenzung bzw. die Erfolgszuordnung am Unternehmenswert bisher nur schwer möglich war, jedoch deren Wertbeitrag unbestritten ist. Obwohl in der Literatur verschiedene Auflistungen von nicht-finanziellen Werttreibern zu finden sind, ergeben sich unter den einzelnen Quellen Gemeinsamkeiten. So werden beispielsweise die Begrifflich- keiten Mitarbeiter, Reputation und Marke vermehrt verwendet.[33] Löhrer und Lux messen dabei dem Humankapital den größten Anteil als Werttreiber bei:
„Die größten Stellhebel und damit die wichtigsten Werttreiber im Unternehmen sind die Mitarbeiter. Erfolgsfaktoren wie Mitarbeitermotivation, - Zufriedenheit, -loyalität und -kompetenz haben entscheidenden Einfluss auf die Prozess- und Kundenperspektive und damit indirekt auf den finanziellen Erfolg.“[34]
Neben dem Mitarbeiterbezug[35] sehen weitere Studien den Anteil des Markenwertes am Gesamtunternehmenswert als starke Wertkomponente.[36] Wesentlich bei den nicht-finanziellen Werttreibern ist die Feststellung der derer zuschreibbaren Geldwerte, da hier das Separationsproblem in Erscheinung tritt.36[37] Aufgrund der sich ergebenden Schnittmengen behandelt diese Arbeit die beiden dominierenden Werttreiber Humankapital sowie Markenwert.
3. Ansätze der klassischen Unternehmensbewertung
In der Historie der Unternehmensbewertungslehre haben sich verschiedene Bewertungsansichten und Grundkonzeptionen entwickelt. Basierend auf diesen Erkenntnissen finden sich Anhaltspunkte und Teile dieser grundlegend unterschiedlichen Annahmen in der aktuellen Bewertungspraxis.
3.1 Die objektive Unternehmensbewertungslehre
Die objektive Lehre geht davon aus, dass es unabhängig von konkreten Bezugspersonen einen allgemeingültigen Unternehmenswert gibt. Dieser Unternehmenswert ist losgelöst von individuellen Bewertungsinteressen und wird als Wert beschrieben, welcher dem Unternehmen wie eine Eigenschaft anhaftet und unter normalen Bedingungen realisierbar ist.[38] Die objektive Theorie beschreibt somit das Erfolgspotential, das für jedermann enthalten ist und nicht, was jedermann machen könnte. Dieser Unternehmenswert soll dahingehend einen von den individuellen Wertvorstellungen eines Bewerters weitgehend unabhängigen Wert darstellen.[39] Wie bereits erwähnt kann es aber keinen einheitlichen und für alle gleichen Unternehmenswert geben. Daher ist die Dominanz der objektiven Bewertungslehre seit 1960 nicht mehr gegeben. Denn Anlass und Zweck prägen ein modernes Bewertungsmodell. Positiv ist aber der Grundgedanke der objektiven Bewertungslehre zu sehen, ist doch ein objektiver Wert ein Ideal im Bezug auf die Vergleichbarkeit von Unternehmen oder Unternehmensbestandteilen. Darüber hinaus soll auch diese Arbeit durch das Aufzeigen einer zweck- und anlassbezogenen Objektivierung von subjektiven Werttreibern einen Beitrag zur Objektivierung eines Unternehmenswertes leisten. Somit ist zumindest gedanklich eine Gemeinsamkeit zwischen der objektiven und der zeitgemäßen Bewertung vorhanden.
3.2 Die subjektive Unternehmensbewertungslehre
Die subjektive Unternehmensbewertungslehre dient der Ermittlung eines Wertes, welcher die individuellen Absichten des Käufers bzw. Verkäufers berücksichtigt. Sie trat seit Mitte der 1960er Jahre verstärkt in Erscheinung und wollte erfassen, was Unternehmen unter Berücksichtigung subjektiver Planungen und Vorstellungen eines konkreten Bewertungsinteressenten für diesen wert sind.[40] Dieser Vorstellung entspricht ein zukunftsorientierter Ertragswert.[41] Dabei basiert die subjektive Bewertungslehre auf drei Prinzipien: der Subjektivität, einer Zukunftsbe- zogenheit sowie der Gesamtbewertung.
Subjektivität bedeutet, dass insbesondere die individuellen Einflussgrößen des Bewertungssubjektes den Wert bestimmen. Dahingehend werden positive als auch negative Effekte des Bewertungsinteressenten wie Verbundeffekte, Verwertungsmöglichkeiten oder Beschränkungen sowie die individuellen Kapitalverwer- tungs- und -beschaffungsmöglichkeiten verstanden.[42]
Darüber hinaus beschreibt das Prinzip der Zukunftsbezogenheit, dass für den Bewertungsinteressenten nur der Nutzen bewertungsrelevant ist, welcher ihm zukünftig durch das Bewertungsobjekt gestiftet wird.[43] Das Prinzip der Gesamtbewertung beruht auf der Ansicht, dass ein Unternehmenswert nicht allein aus der Summe von Einzelwerten besteht, sondern der Unternehmenswert als eine Einheit betrachtet werden muss, welche durch die individuellen Fähigkeiten des Bewertungssubjektes beinflusst wird.[44] Dahingehend ist die subjektive Lehre diejenige, welche das Käuferinteresse am besten abzubilden vermag.
3.3 Die funktionale Unternehmensbewertungslehre
In Weiterentwicklung der objektiven und subjektiven Werttheorien haben sich heute funktionale Werttheorien durchgesetzt. Diese funktionale Unternehmensbewertungslehre versucht die Gegensätze der objektiven und subjektiven Lehre zu überwinden. Zentraler Aspekt ist die Zweckabhängigkeit der (subjektiven) Bewertung, welche im Regelfall ein neutraler Gutachter vollzieht.[45] Dabei kann eine Einteilung wie folgt stattfinden:
Zwecke der Grundsätze hirktinnsgernäfier u n terne hmensbe wë rtung Homlexitáts- Ternärer Infomietions- Komm uni katióne- reduktlenswedt Sťhutzzwetk ™«k unterstütiungs- zwerk
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Bewertungszwecke, Quelle: Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 87
Neben den einzelnen Bewertungszwecken findet sich die Einteilung in Hauptfunktionen. Diese beziehen sich vorwiegend auf Anlässe, welche schon eingetretene oder erwogene Änderungen der Eigentumsverhältnisse betreffen. Man unterscheidet hier traditionell die Beratungs- bzw. Entscheidungsfunktion, die Argumentationsfunktion sowie die Vermittlungsfunktion.[46] Während die Hauptfunktionen der funktionalen Lehre vorwiegend auf den Bezug um die Änderungen von Eigentumsverhältnissen abstellen, umfassen die Nebenfunktionen jene Anlässe, welche nicht primär unter diesem Aspekt behandelt werden.[47] Dies sind auszugsweise die Informationsfunktion, die Steuerbemessensfunktion sowie die Ver- tragsgestaltungsfunktion.[48] Etwas irreführend ist hierbei die Bezeichnung als „Nebenfunktionen“, suggeriert dies doch unweigerlich einen geringeren Stellenwert. Dies ist insoweit überraschend, weil ein großer Teil der Unternehmensbewertungen eben nicht nur ausschließlich durch anstehende Änderungen von Eigentumsverhältnissen motiviert wird, sondern häufig zur internen wie externen Information und aus steuerrechtlicher Notwendigkeit heraus veranlasst stattfindet.[49]
Interessant erscheint auch die Feststellung, dass der in der Literatur verbreitete Katalog der vorgeschlagenen Funktionen es nicht erlaubt, alle Phänomene der Unternehmensbewertung abzubilden.[50] Insoweit ist die funktionale Lehre zwar die Grundlage für eine zeitgemäße, subjektbezogene Bewertung, bedarf aber in Einzelfällen der erweiterten Betrachtung. Diese erweiterte Betrachtung ist es auch, welche die spezielle Beleuchtung der Werttreiber legitimiert und als gedankliches Fundament einer vollumfänglichen Bewertung dient, weil je nach (erweitertem) Verwendungszweck- und Absicht eine Bewertung und Abgrenzung der Value Driver sinnvoll erscheint.
4. Stand und Methoden der Unternehmensbewertung
Heute werden auf Grundlage der funktionalen Lehre Teile von Unternehmen oder ganze Unternehmenseinheiten monetär bewertet. Wie bereits erwähnt besteht der Wert eines Unternehmens aus seiner Substanz sowie seiner Ertragskraft. Dabei bestimmt sich der Unternehmenswert primär durch den zu erwartenden Barwert der finanziellen Nettozuflüsse an die Unternehmenseigner.[51]
Die Rahmenbedingungen einer rechtsverbindlichen Unternehmensbewertung werden über nationale Dachverbände[52] und Gesetzbücher[53] sowie den IAS bzw. IFRS festgelegt. Hier werden Bewertungsgrundsätze und die damit zusammenhängenden Möglichkeiten der Bilanzierung beschrieben. Dabei gilt grundsätzlich, dass gesetzliche oder vertragliche Regelungen die rechtliche Grundlage einer Unternehmensbewertung sein können, aber nicht müssen.[54] Maßgeblich ist der jeweilige Bewertungsanlass. Mit der Absicht einer Wertallokation im Unternehmenserwerb muss aber der Bezug zu den rechtsverbindlichen Werken hergestellt werden. Deshalb dienen diese als Auswertungsbasis dieser Arbeit. Weisend für Bewertungsfragen in Deutschland ist das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW), welches die Arbeit der Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch Verlautbarungen und Bewertungskonzepte flankiert. Das diesbezügliche Grundlagenwerk für die Durchführung von Unternehmensbewertungen ist der Standard IDW S 1. Als Pendant hat sich dazu in Österreich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder etabliert. Diese publiziert eigene Fachgutachten und Verlautbarungen und ist für die dortigen Wirtschaftsprüfer mit dem neuen Fachgutachten KFS BW 1 verpflichtend.
Betrachtet man die Grundlagenwerke IDW S 1 und den KFS BW 1, so stellt man u.a. Unterschiede im Bereich der kapitalwertorientierten Verfahren fest. Denn während der IDW S 1 bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes auf eine risikolose Alternativanlage (z.B. Bundesschatzbriefe o.ä.) zurückgreift, wird durch das KFS BW 1 auf ein Aktienportefeuille als Grundlage für den Basiszins abgestellt. Durch diese Eigenart weist der Standard KFS BW 1 eine realistischere Interpretation der Marktgegebenheiten auf, die Ergebnisse besitzen dadurch qua
Konzeption eine höhere theoretische Richtigkeit.[55] Unabhängig von dieser Unterscheidung wird der Großteil der Bewertungen von führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, den „BIG FOUR“[56] [57], durchgeführt. Diese müssen je nach Länderbezug die entsprechenden Regelwerke als Basis ihrer Bewertungen verwenden.
Eine Übersicht über die Bewertungsverfahren gibt folgende Darstellung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3! Übersicht der Bewertungsverfahren57
Durch den starken Zusammenhang der bilanzrechtlichen Ansatzfähigkeit von Werten und den dabei verwendeten Modellen[58] ist wohl auch zu erklären, weshalb in den bisherigen Bewertungsmethoden vorwiegend auf die in Geldeinheiten nachvollziehbaren und ansatzfähigen Bestandteile von Aktiva und Passiva und den daraus resultierenden Zahlungsströmen abgestellt wird. Die immateriellen Vermögensgegenstände sowie die Werttreiber finden bisher nur zaghaft Berücksichtigung. Es gestaltet sich deshalb schwierig, Unternehmen vollumfänglich transparent zu bewerten und den Anteil der Werttreiber festzustellen.
Betrachtet man die Bewertungslehre ferner aus der Sicht der Bilanzierung, ergeben sich weitere Aspekte. Relevanzbedingt muss die Sicht der IAS und IFRS gewählt werden. Dies ist insoweit wichtig, als hier die verbindlichen Grundlagen für eine international vergleichbare und nachvollziehbare Bewertung gegeben werden. Dabei werden die nationalen Bilanzierungsstandards, welche primär durch das Vorsichtsprinzip dominiert sind, weitestgehend in den Hintergrund und zu Gunsten einer internationalen Ausrichtung mit dem Ziel der Vergleichbarkeit und realitätsnäheren Interpretation von Abschlüssen und Bewertungen nach hinten gestellt. Das Grundanliegen der IFRS sieht als Schwerpunkt der Unternehmensdarstellung die sog. FAIR PRESENTATION, die charakteristisch das Ziel hat, dem Adressaten eines Abschlusses wesentliche und entscheidungsrelevante Informationen zu vermitteln. Um die Zielsetzung der Fair Presentation und der damit zusammenhängenden realitätsgetreuen Wiedergabe der Vermögens- und Wertverhältnisse zu gewährleisten, bedienen sich die IFRS des Prinzips der FAIR VALUE Bewertung, also der Verwendung des beizulegenden Zeitwertes der Bewertungselemente anstatt einer planmäßigen Abschreibung. Diese Zeitwertbetrachtung ist das charakteristische Merkmal der IAS-IFRS-Rechnungs- legung. Durch diese Eigenart kann es dazu kommen, dass die Zeitwerte der Vermögensgegenstände im Gegensatz zu HGB- oder UGB-Ansätzen nach einer erfolgten Neubewertung, dem sog. Impairmenttest, entweder oberhalb oder unterhalb der historischen Anschaffungkosten verortet sind. Denn beim Impairment erfolgt die Prüfung der Werthaltigkeit der einzelnenen Vermögensgegenstände, wodurch sich ggf. Wertänderungen ergeben. Dabei werden die Buchwerte der Vermögensgegenstände mit deren tatsächlichen Zeitwerten abgeglichen und korrigiert. Diese Wertänderungen fließen dann entweder in die Neubewertungsrücklage oder in die Gewinn- und Verlustrechnung ein.[59] Daraus ergibt sich, dass es nach den IAS im zu bewertenden Unternehmen für die Eigner zwei zu berücksichtigende Gewinne gibt, welche sich auf den Unternehmenswert auswirken: den der Gewinn- und Verlustrechnung sowie den der Neubewertungsrücklage im sonstigen Ergebnis. Ergänzend wird dazu auch im Abschnitt 4.1 beim Thema Substanzwert Stellung genommen. Zur Ermittlung der Zeitwerte eignet sich vor allem der Rückgriff auf die Daten eines aktiven Marktes.[60] Sofern dieser nicht verfügbar ist, müssen Verfahren (beispielsweise Cashflow/Ertragsorientierung oder die Auswertung jüngerer Geschäftsvorfälle) zur Bestimmung der Zeitwerte der einzelnen Vermögensgegenstände angewendet werden. Dabei wird der beizulegende Zeitwert als der Wert festgelegt, zu dem ein Vermögensgegenstand zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht oder eine Schuld beglichen werden kann.[61] Obwohl es Unternehmen durch Ausnahmen ermöglicht wird, von einer reinen Fair Value- Bewertung abzusehen,[62] [63] finden diese im Normalfall statt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung4: Angewandte Bewertungsverfahren
Die konkrete Eingrenzung zur Verwendbarkeit von Verfahren zur Ermittlung eines rechtsverbindlichen Wertes gibt das Fachgutachten KFS BW 1.[64] Hier werden explizit die DCF-Methoden, die Ertragwertmodelle, Multiplikatorenverfahren sowie das Substanzwertverfahren auf Liquidiationsbasis genannt. Dabei ist zu erwähnen, dass bei einer Unternehmensbewertung meist die Verwendung verschiedener Verfahren zum endgültigen Ergebnis führt und eine einzeln angewandte Methodik die Ausnahme darstellt.[65] Dieser Umstand der Verfahrenskombination wird auch durch die Begrifflichkeit „Mixed Model“ beschrieben und charakterisiert. Begründet wird dies aber auch durch die verschiedenen Sichtweisen einer Bewertung: Käufer oder Verkäufer, externe Rechnungslegung oder interne Information oder die Verprobung von ermittelten Ergebnissen - all dies erfordert Vielfalt.
Die am häufigsten praktizierten Verfahren berücksichtigen eine zukunftgerichtete Betrachtung der Unternehmen - mit der Ermittlung eines Zukunftserfolgswertes.
[...]
[1] Vgl. Sonderegger, 2012, S. IV
[2] Vgl.Peemöller,2009,S. 32
[3] Vgl. Millward Brown, 2011
[4] Differenziert wird hier zwischen interner und externer Bewertung, intern führt dies zum Impairment einer Beteiligung.
[5] Ausnahmen der Humankapitalbilanzierung werden im Punkt 5.1 beschrieben.
[6] Vgl. IFRS3B31
[7] Vgl. IAS 38.21b
[8] Vgl. Chmielewicz, 1979, S. 36
[9] Vgl. Popper, 1965, S. 72
[10] Vgl. Chmielewicz, 1979, S. 37
[11] Vgl. Albert, 1964, S. 15 sowie Reichenbach, 1968, S. 38 ff.
[12] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 14
[13] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 12
[14] Ebenda, S. 66
[15] Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland, 2008, S. 271-292
[16] Vgl. Aschauer, Purtscher, 2011, S. 101
[17] Piltz, Hannes, 2009, S. 1000
[18] Vgl. Ernst, Heyd, Popp, 2014, S. 10
[19] Vgl.IDWS1id.F. 2008, Tz. 13
[20] Vgl. §203 Abs. 5 UGB sowie §301 Abs. lu.3 HGB
[21] Vgl.Scheffler,2010,S. 101
[22] Vgl. IFRS 3.51
[23] Vgl. IAS 36.124
[24] Vgl. Wagner, 2006, S. 41
[25] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 514
[26] Vgl. §246 Abs. 1 HGB, Handelsgesetzbuch, 2012
[27] Vgl. §285 S. 13 HGB, Handelsgesetzbuch, 2012
[28] Vgl. Eichenlaub, Grau, Höfner, Lam, Lauer, Strauß, Wassong, Wirth, Wobido, 2014, S. 5
[29] Positive Wertänderungen des Impairments fließen als Gewinn in die Neubewertungsrücklage, negative werden hingegen abgeschrieben.
[30] Vgl. IDW S 5 Abschnitt 2.4
[31] Die Grafik beschreibt hier eine Phase I und II, vgl. ergänzend dazu auch Punkt 4.3.2
[32] Vgl. Springer GablerVerlag (Herausgeber), Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Werttreiber, online im Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/16156/werttreiber-v5.html
[33] Vgl. Sonderegger, 2012, S. 188
[34] Vgl. Löhrer, Lux, 2012, S. 76
[35] Vgl. Sonderegger, 2012
[36] Vgl. Menninger, Reiter, Sattler, Högl, Klepper, 2012, S. 10
[37] Vgl. Persch, 2003, S. 142
[38] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 14
[39] Vgl. Löffler, 2009, S.386
[40] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 18
[41] Vgl. Peemöller, 2009, S. 7
[42] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 18
[43] Vgl. Hinterhuber, 2002, S. 23
[44] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 20
[45] Ebenda
[46] Vgl. Aschauer, Purtscher, 2011, S. 105
[47] Vgl. Matschke, Brösel, 2013, S. 61
[48] Vgl. Peemöller, 2009, S. 8
[49] Vgl. Petersen, Zwirner, Brösel, 2013, S. 33
[50] Vgl. Peemöller, 2009, S. 14
[51] Vgl. IDW, 2008
[52] In Deutschland das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) mit dem Gutachten IDW S 1 sowie in Österreich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit dem Fachgutachten KFS BW 1
[53] Vgl. HGB sowie UGB
[54] Bspw. bei Bewertungen für ausschließlich interne Zwecke, vgl. dazu Punkt 2.1
[55] Marktbezug versus Vorsichtsprinzip
[56] Deloitte, PricewaterhouseCoopers, Ernst&Young, KPMG
[57] Vgl. Mandl, Rabel, 2009, S. 5
[58] Vgl. Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Fachgutachten, 2006, S. 18-23
[59] Vgl. Grünberger, 2014, S. 77
[60] Vgl. Punkt 4.2 Marktorientierte Verfahren
[61] Vgl. IAS 17.4,1AS 16.6, IAS 18.7, IAS 19.7, IAS 20.3, IAS21.8, IAS 32.11, IAS 36.6, IAS 38.8, IAS 39.9, IAS 40.5 I AS 41.8
[62] Vgl. IAS 16.30, IAS 38.74 sowie IAS 16.31 ff., IAS 38.75 ff., IAS 39.55
[63] Vgl. Peemöller, Kunowski, 2009, S. 269
[64] Vgl. Kammer der Wirtschaftstreuhänder, 2014
[65] Vgl. Leibfried, Fassnacht, 2007, S. 48 ff.
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