Die Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung ist ein heterogenes Verhaltenssyndrom, charakterisiert durch die Leitsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit.
Allerdings verlagern sich die Symptome und damit verbundenen Probleme im Erwachsenenalter und neue Schwierigkeiten kommen hinzu. Es treten Phänomene der Desorganisation im Lebensalltag, Affektlabilität, Stressüberempfindlichkeit und Schwierigkeiten bei der Temperamentskontrolle auf. Ein weiterer Symptombereich des Erwachsenenalters ist ein geringes Selbstvertrauen. ADHS führt zu krankheitswertigen psychischen und sozialen Beeinträchtigungen und ist ein Risikofaktor für eine große Zahl von komorbiden anderen psychischen Störungen, vor allem für Suchterkrankungen, affektive Störungen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen. Es ist wichtig, die ADHS-Problematik richtig zu diagnostizieren und folglich wirksam zu behandeln, da jene die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigt.
1. Einleitung
Die Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung ist ein heterogenes Verhaltenssyndrom, charakterisiert durch die Leitsymptome Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit (National Institute for Health and Care Excellence, 2008).
ADHS ist die häufigste psychische Störung im Kindesalter, welche „sich in die Adoleszenz fortsetzt und bei etwa 60% der Betroffenen auch noch im Erwachsenenalter bis in die Seniorenzeit nachweisbar ist“ (Hennig-Fast, 2014, Folie 70). Allerdings verlagern sich die Symptome und damit verbundenen Probleme im Erwachsenenalter und neue Schwierigkeiten kommen hinzu. Es treten Phänomene der Desorganisation im Lebensalltag, Affektlabilität, Stressüberempfindlichkeit und Schwierigkeiten bei der Temperamentskontrolle auf. Ein weiterer Symptombereich des Erwachsenenalters ist ein geringes Selbstvertrauen (Hennig- Fast, 2014, Folie 85f.).
ADHS führt zu krankheitswertigen psychischen und sozialen Beeinträchtigungen und ist ein Risikofaktor für eine große Zahl von komorbiden anderen psychischen Störungen, vor allem für Suchterkrankungen, affektive Störungen, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen (Ebert, Krause & Roth-Sackenheim, 2003). Von der adulten ADHS sind mehr Männer als Frauen betroffen, das Geschlechterverhältnis beträgt 1,5-2 : 1 (m : w), wobei manche Autoren das darauf zurückführen, dass Frauen unterdiagnostiziert werden. Die Prävalenzrate von ADHS-E beträgt in Deutschland circa 4-5%. (Hennig-Fast, 2014, Folie 82; Müller-Gartner, 2014).
„Da die Symptomatik für die Betroffenen mit zahlreichen Belastungen verbunden ist, kommt dem Erkennen und korrekten Diagnostizieren der ADHS große Bedeutung zu. Das ist aber aufgrund vielfältiger Überschneidungen mit anderen psychischen Störungen und wegen häufiger Komorbiditäten eine Herausforderung“ (Müller-Gartner, 2014, S. 48).
Zu erwähnen wären an dieser Stelle die Stärken/Ressourcen, welche die ADHS-E Betroffenen besonders auszeichnen und auf die sie sich, in einer der Diagnose folgenden Behandlung/Therapie stützen können, im Vergleich zu ihren Defiziten:
- Hyperfokussierung vs. Aufmerksamkeitsstörung
- Energie vs. Motorische Hyperaktivität
- Risikobereitschaft vs. Impulsivität
- Leidenschaft vs. Affektkontrolle
- Begeisterung vs. Emotionale Überreagibilität PHILIPP 2
- Phantasie vs. Affektlabilität
- Kreativität vs. Desorganisiertes Verhalten
Auch bei der Berufswahl sollten sich die Betroffenen an ihren Stärken, zur Kompensation ihrer Schwächen, orientieren. Erwachsene mit ADHS sind von ihrem Naturell her primär sehr prosozial eingestellt und haben einen hohen Gerechtigkeitssinn. Daher arbeiten sie oft in helfenden/sozialen Bereichen. Aber auch Berufe, die mit viel Bewegung zu tun haben, nützen ihre Stärken optimal.
Als eine Hauptursache für die Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung werden neurologische Besonderheiten angenommen, beziehungsweise eine Störung der Gehirnentwicklung auf der Grundlage genetischer und umweltbedingter Risikofaktoren (Gallagher & Blader, 2001).
Müller-Gartner (2014, S. 49) behauptet, dass vor allem Teile des dopaminergen und des noradrinergen Systems von einer reduzierten Transmitteraktivität betroffen sind. Diese versorgen unter anderem Gehirnzentren, die etwa für Aufmerksamkeit, Handlungsplanung, Motivation, Belohnungsaufschub, Selbstorganisation, Emotionskontrolle zuständig sind. Eine starke genetische Komponente bringt mit sich, dass Betroffene immer wieder aufgrund der ADHS- Diagnose ihrer Kinder auf eigene Schwierigkeiten stoßen.
Gallagher und Blader (2001) vermuten, dass die Leitsymptome von ADHS im Zusammenhang mit schlecht entwickelten exekutiven Funktionen stehen, welche mit den frontalen Regionen des Gehirns verbunden sind. Es zeigen sich frontostriatale und zelebelläre Auffälligkeiten in der Struktur und Funktion des Gehirns. ADHS-Betroffene zeigen eine verlangsamte Performance bei Vigilanzaufgaben und Taskwechselaufgaben und ihr Gebrauch des Arbeitsgedächtnisses ist besonders beeinträchtigt. Zudem teilen Personen, die unter ADHS leiden viele neuropsychologische Charakteristika mit Personen, die von schweren psychischen Störungen betroffen sind.
Es ist wichtig, die ADHS-Problematik richtig zu diagnostizieren und folglich wirksam zu behandeln, da jene die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigt.
2. Klinisch-Psychologische Diagnostik
Eine fundierte klinische Diagnose ist Voraussetzung für jede Behandlung von ADHS, welche suffizient therapierbar ist (Ebert, Krause & Roth-Sackenheim, 2003, S. 939).
2.1 Kategoriale Diagnostik nach ICD-10¹ und DSM-IV²
Für die Diagnostik der Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter liegen, bis auf die Wender-Utah-Kriterien, keine eigenen Kriterien vor. Es werden diejenigen Kriterien angewendet, die für das Kindes- und Jugendalter erstellt wurden (Bereiche: Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität, Tab. 1) (Müller-Gartner, 2014, S. 50; Hennig-Fast, 2014, Folie 90).
Tabelle 1: Diagnostik von ADHS nach ICD-10¹ und DSM-IV².
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. International Classification of Disease, World Health Organization, 1992.
2. Diagnostic Statistical Manual, American Psychiatric Organization, 1994.
Die Leitsymptome von ADHS Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität werden in ICD-10 und DSM-IV weitgehend übereinstimmend berücksichtigt. Die 18 diagnostischen Kriterien, mit denen die verschiedenen Typen der ADHS nach DSM-IV und ICD-10 definiert werden, sind deckungsgleich (Hennig-Fast, 2014, Folie 90).
Die diagnostischen Kriterien von DSM-IV und ICD-10 für die Aufmerksamkeitsstörung umfassen:
1. Sorgfaltsfehler
2. Ausdauerprobleme
3. Scheint nicht zuzuhören
4. Schließt Aufgaben nicht ab
5. Organisationsprobleme
6. Vermeidet Aufgaben mit langer Aufmerksamkeitsbelastung
7. Verliert Sachen
8. Leicht ablenkbar
9. Vergesslich
Die diagnostischen Kriterien von DSM-IV und ICD-10 für Überaktivität und Impulsivität umfassen:
1. Zappeln mit Händen und Füßen
2. Kann nicht lange sitzen bleiben
3. Fühlt sich unruhig
4. Kann nicht leise sein
5. Immer in Bewegung, wie aufgezogen
6. Kann nicht abwarten, bis andere ausgesprochen haben
7. Ungeduldig, kann nicht warten
8. Stört andere in ihrer Beschäftigung
9. Exzessives Reden
(Voderholzer & Hohagen, 2013, zitiert nach Hennig-Fast, 2014, Folie 91)
Zusammenfassend sind die wesentlichen Symptome:
- Aufmerksamkeitsstörungen (Störung der willentlichen Fokussierung der Aufmerksamkeit)
- motorische Störungen
- mangelhafte Impulskontrolle
- Reizoffenheit
- Desorganisation
- Probleme im sozialen Umfeld
- Schwierigkeiten in sozialen Beziehungen
- emotionale Störungen
- Stressintoleranz
Jene Symptome sind auch bei den betroffenen Erwachsenen wiederzufinden, wenn auch in veränderter Form (Krause & Krause, 2009, S. 50).
Der Nachweis der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 oder DSM-IV ist zentral für die Diagnostik von ADHS. So gilt auch für das Erwachsenenalter nach den diagnostischen Kriterien gemäß DSM-IV, dass die Symptome in mehr als einer Situation erfüllt sein müssen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause), ein deutliches Leiden oder eine Beeinträchtigung der sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsfähigkeit vorhanden sein muss, sowie dass die Symptome nicht ausschließlich im Verlauf einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, einer manischen Episode, einer depressiven Episode, einer Angststörung oder einer anderen psychotischen Störung auftreten. Zudem dürfen die Symptome auch nicht durch eine andere Störung besser erklärt werden können.“ (MüllerGartner, 2014, S. 50). Des Weiteren muss die ADHS-Psychopathologie schon vor dem 7. Lebensjahr vorhanden sein (Hennig-Fast, 2014, Folie 92).
In der neuen DSM-Version (DSM-V) hat man das Alterslimit, aufgrund der Schwierigkeiten einer retrospektiven Feststellung der Symptome, auf 12 Jahre angehoben (Müller-Gartner, 2014, S. 50).
Wie weiter oben bereits erwähnt erfahren die Symptome der ADHS des Kindes eine Modifikation, wenn sie sie im Erwachsenenalter persistieren. „So wird die Beschreibung der Hyperaktivität eines kleinen Jungen, der ständig auf allen Gegenständen herumklettert, auf den erwachsenen Mann so nicht mehr zutreffen“ (Krause & Krause, 2009, S. 47). Da die meisten erwachsenen Patienten zunächst wegen Symptomen wie Depression, Angst und innerer Unruhe Hilfe suchen, ist die Einordnung und Abgrenzung einer Reihe von Differenzialdiagnosen nicht immer einfach. Hyperaktivität bedeutet noch keine Diagnose, wird jedoch häufig in diesem Sinn missverstanden und als Kernsymptom für eine ADHS- Diagnose gefordert. Dies führt zu dem Irrtum, dass Erwachsene von dieser Störung nicht betroffen sind, da nach der Pubertät/Adoleszenz ein Symptomwandel der Hyperaktivität eintritt: „Der kleine Junge, der stets in Bewegung ist, wird zum jungen Erwachsenen, der unter innerer Unruhe leidet und lediglich rhythmisch die Hände und Füße bewegt“ (Krause & Krause, 2009, S. 52). Da der äußere Wandel, vor allem bei Männern, sehr auffällig ist, wird eine im Erwachsenenalter auftretende Depression nicht mehr in Zusammenhang mit der zuvor schon vorhandenen ADHS gesehen. „Es werden beispielsweise Symptome wie Konzentrations- und Antriebsmangel fälschlicherweise als Ausdruck der Depression interpretiert“ (Krause & Krause, 2009, S. 52). Zudem haben viele Erwachsene gelernt ihre Schwierigkeiten zu überspielen, das heißt sie weisen Beschwerden auf, die zunächst nicht in das Bild einer adulten ADHS passen.
Aus diesem Grund wird die Symptomatik bei Erwachsenen ohne Hyperaktivität (ADS) auch für den erfahrenen Diagnostiker immer eine Herausforderung sein. Tabelle 2 zeigt Beispiele für einen möglichen Symptomwandel im Erwachsenenalter.
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- Anna Philipp (Autor), 2014, Klinisch-psychologische Diagnostik der ADHS im Erwachsenenalter, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286690
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