Einleitung
Investitionsvorhaben werden heutzutage nicht mehr ausschließlich vom Gefühl her beurteilt, sondern mit Hilfe von verschiedenen Bewertungs-verfahren berechnet. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass sich der oder die Bewerter/in auf das ermittelte Zahlenwerk verlassen kann, um möglicherweise schwerwiegende Fehlentscheidungen zu vermeiden. In der Vergangenheit sind diesbezüglich vor allem die Möglichkeiten des Managements unterschätzt und außer acht gelassen worden, so dass häufig Investitionsvorhaben abgelehnt worden sind, obwohl diese den Wert der Unternehmung gesteigert hätten.
Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit Unternehmungs-bewertungsverfahren, die insbesondere Flexibilität und Unsicherheit berücksichtigen. Dazu werden im Kapitel 2 zunächst die Grenzen der weit verbreiteten kapitalwertbasierten Verfahren aufgezeigt. Im Kapitel 3 werden Verfahren vorgestellt, die bei der Kritik an den kapitalwertbasierten Verfahren ansetzen, aber dennoch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, da auch diese Verfahren nicht frei von Nachteilen sind. Abschließend soll im Kapitel 4 ein kurzer Überblick über das Entscheidungsbaumverfahren und die Realoptionstheorie sowie ein Ausblick in die Zukunft geliefert werden.
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Inhalt
1. Einleitung
2. Kapitalwertbasierte Verfahren und ihre Nachteile
3. Bewertung unter Berücksichtigung von Flexibilität und Unsicherheit
3.1. Flexible Planung auf der Basis des Entscheidungsbaums
3.2. Realoptionsbasierte Unternehmungsbewertung
3.2.1. Von der Finanzoption zur Realoption
3.2.2. Typisierung von Realoptionen
3.2.3. Intuitive Bewertung
3.2.4. Binomialmethode
3.2.5. Black/Scholes-Modell
3.3. Vergleich des Entscheidungsbaumverfahrens und der Realoptionstheorie
4. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Investitionsvorhaben werden heutzutage nicht mehr ausschließlich vom Gefühl her beurteilt, sondern mit Hilfe von verschiedenen Bewertungs-verfahren berechnet. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass sich der oder die Bewerter/in auf das ermittelte Zahlenwerk verlassen kann, um möglicherweise schwerwiegende Fehlentscheidungen zu vermeiden. In der Vergangenheit sind diesbezüglich vor allem die Möglichkeiten des Managements unterschätzt und außer acht gelassen worden, so dass häufig Investitionsvorhaben abgelehnt worden sind, obwohl diese den Wert der Unternehmung gesteigert hätten.
Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit Unternehmungs-bewertungsverfahren, die insbesondere Flexibilität und Unsicherheit berücksichtigen. Dazu werden im Kapitel 2 zunächst die Grenzen der weit verbreiteten kapitalwertbasierten Verfahren aufgezeigt. Im Kapitel 3 werden Verfahren vorgestellt, die bei der Kritik an den kapitalwertbasierten Verfahren ansetzen, aber dennoch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, da auch diese Verfahren nicht frei von Nachteilen sind. Abschließend soll im Kapitel 4 ein kurzer Überblick über das Entscheidungsbaumverfahren und die Real-optionstheorie sowie ein Ausblick in die Zukunft geliefert werden.
2. Kapitalwertbasierte Verfahren und ihre Nachteile
Bei der Planung von Investitionsvorhaben stellt sich das Problem, dass die Informationslage zum Zeitpunkt der Planaufstellung unvollkommen ist, da zukünftige freie Cash-flows oder Jahresüberschüsse nicht exakt vorher-sehbar sind. Bewertungen mittels Kapitalwertverfahren beruhen daher lediglich auf Planzahlen, deren Plausibilität gesichert sein muss. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass sich der Informationsstand im Zeitablauf ändert.[1] Aus diesen Gründen lässt das Management nach Mög-lichkeit Handlungsalternativen offen, um über ausreichende Entscheidungs-flexibilität bei unvorhergesehenen Umweltzuständen zu verfügen. Der so entstehende strategische Wert einer Investition wird allerdings bei der Anwendung der Kapitalwertverfahren systematisch unterbewertet[2], was dazu führt, dass eine Reihe von Investitionen abgelehnt würden, obwohl diese sich rentierten.[3]
Dem Vorteil der relativ einfachen Anwendbarkeit dieser Verfahren steht ein weiterer Nachteil gegenüber. Sie gehen entweder davon aus, dass ein Investitionsvorhaben vollständig reversibel ist, so dass die getätigten Aus-gaben bei schlechter Marktlage zurückgewonnen werden können, oder aber, dass eine Investition irreversibel ist und nur zum festgelegten Zeitpunkt beziehungsweise niemals vorgenommen werden kann. Die Möglichkeit, eine Investition beispielsweise zu verschieben, kann nicht berücksichtigt werden.[4]
Ertragswertmethode sowie Kapitalwertmethode (DCF-Methode) zählen zwar zu der dynamischen Investitionsrechnung, tatsächlich gelingt es diesen Verfahren - selbst unter Einbeziehung von Szenarioanalysen - aber nur näherungsweise, die Zukunft entsprechend abzubilden. Sie liefern bei Investitionsvorhaben mit vergleichsweise risikolosen Zahlungsströmen und geringen Abweichungen gute Ergebnisse.[5]
3. Bewertung unter Berücksichtigung von Flexibilität und Unsicherheit
Bei Investitionsvorhaben unter Unsicherheit ist eine flexible Investitions-programmplanung notwendig, die sich dadurch auszeichnet, dass alternative zukünftige Umweltzustände und Entscheidungsmöglichkeiten explizit berück-sichtigt werden.[6] Zwei Verfahren, die dies ermöglichen, sollen im folgenden näher untersucht werden. Es handelt sich dabei um das Entscheidungs-baumverfahren sowie die Realoptionstheorie.
3.1. Flexible Planung auf der Basis des Entscheidungsbaums
Das Entscheidungsbaumverfahren ermöglicht die Einbeziehung zustands-abhängiger Folgeentscheidungen, so dass aus einer Vielzahl alternativer Entscheidungsfolgen die optimale Folge zu bestimmen ist.[7] Es wird dabei zwischen der ursprünglichen Investitionsentscheidung und den Folge-entscheidungen unterschieden, wobei die Folgeentscheidungen die Vorteil-haftigkeit der anfänglichen Investitionsentscheidung beeinflussen.
Die Abbildung der Struktur eines Entscheidungskomplexes erfolgt durch einen Entscheidungsbaum, der aus Entscheidungsknoten, Zufallsereignis-knoten sowie Ergebnisknoten besteht. Dabei steht am Anfang der Entscheidungsknoten mit der ursprünglichen Investitionsentscheidung. Einem Entscheidungsknoten folgt grundsätzlich ein Zufallsereignisknoten, der den Eintritt eines Zufallsereignisses symbolisiert und zwei oder mehr Ausgänge mit den jeweiligen Wahrscheinlichkeiten besitzt. Auf ein Zufallsereignis folgt wiederum ein Entscheidungsknoten oder ein Ergebnis-knoten. Jeder Pfad vom Ursprung bis zum Ergebnisknoten stellt eine vollständige Entscheidung dar.[8]
Zur Lösung des Entscheidungsproblems kommt das Roll-Back-Verfahren zum Einsatz, das eine Optimierung vom Prozessende her vorsieht und auf dem Bellman´schen Prinzip der dynamischen Programmierung beruht.[9] Zunächst lässt sich für jeden einzelnen Ergebnisknoten mit Hilfe der Kapitalwertmethode der jeweilige Barwert über die Gesamtlebensdauer des Investitionsprojektes berechnen. Ein erhebliches Problem stellt dabei die Bestimmung des Kalkulationszinssatzes dar. Ein für alle Entscheidungspfade einheitlicher Zinssatz ist gegebenenfalls ungerechtfertigt, da verschiedene Entscheidungen in der Regel mit unterschiedlichen Risiken behaftet sind und damit auch unterschiedliche Kalkulationszinssätze erfordern.[10]
Rekursiv läßt sich durch Multiplikation der Kapitalwerte mit den Erwartungs-werten für jeden vorgelagerten Entscheidungsknoten die optimale Alternative mit dem höheren erwarteten Kapitalwert bestimmen. Dieses Vorgehen wird fortgeführt, bis der ursprüngliche Entscheidungsknoten erreicht ist und damit die optimale Entscheidung feststeht. Für die folgenden Perioden stehen die optimalen Entscheidungen bei diesem Verfahren implizit bereits fest.[11]
Richtig angewandt bietet das Entscheidungsbaumverfahren eine Reihe von Vorteilen. Die graphische Darstellung bietet Übersichtlichkeit über das komplexe Entscheidungsproblem mit seinen gegenseitigen Abhängigkeiten von gegenwärtigen und zukünftigen Entscheidungen. Besonders deutlich wird dabei dargelegt, dass die optimalen Entscheidungen durch Auswirkungen zukünftiger Handlungen beeinflusst werden und daher zunächst zukünftige Entscheidungen analysiert werden müssen.[12] Weiterhin kann das Entscheidungsbaumverfahren zu einem Entscheidungs- und Kontrollsystem ausgebaut werden, indem zu Beginn jeder Teilperiode fest-gestellt wird, welches entscheidungsrelevante Ereignis eingetreten ist, und ob die für die Folgeperioden vorausgesetzten Entscheidungsalternativen sowie die Ereignis- und Ergebnisverteilungen revidiert werden müssen. Bei erfolgter Datenrevision ist es erforderlich, die optimalen zustandsabhängigen Entscheidungsfolgen neu zu berechnen.[13]
Nachteilig wirkt sich neben der bereits erwähnten Schwierigkeit der Fest-setzung eines einheitlichen Kalkulationszinssatzes die Tatsache aus, dass ein Entscheidungsbaum mit zunehmendem Detaillierungsgrad sehr schnell äußerst komplex und unübersichtlich wird.[14] Aus diesem Grund ist es nicht annähernd möglich, „... die vielfältigen Reaktionsmuster des Managements auf eine sich ändernde Umwelt zu erfassen.“[15]
Das Entscheidungsbaumverfahren eignet sich vor allem, um ein erhöhtes Verständnis für Chancen und Risiken von Investitionsvorhaben zu entwickeln und übersichtlich aufzuzeigen, welche Entscheidungsmöglichkeiten im Zeitablauf bestehen.
3.2. Realoptionsbasierte Unternehmungsbewertung
Die wertschaffende Wirkung asymmetrischer Ertragsprofile durch Handlungsspielräume findet bei der auf der Realoptionstheorie basierten Unternehmungsbewertung besondere Beachtung, indem Handlungs-spielräume explizit bewertet werden.[16] Im folgenden soll zunächst auf die für die Bewertung notwendige Ähnlichkeit zu herkömmlichen Finanzoptionen eingegangen werden, bevor unterschiedliche Typen von Realoptionen dargestellt werden. Im Anschluß werden die gängigsten Verfahren der realoptionsbasierten Unternehmungsbewertung erläutert.
3.2.1. Von der Finanzoption zur Realoption
Finanzoptionen zeichnen sich durch Flexibilität, Unsicherheit und Irre-versibilität aus. Der Inhaber einer Finanzoption besitzt das Recht, während (amerikanische Option) oder am Ende (europäische Option) der Laufzeit eine vorher vereinbarte Menge eines Finanzwerts zu einem festgelegten Preis zu kaufen (Call Option) oder zu verkaufen (Put Option). Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der Besitzer der Option zwar das Recht, nicht aber die Pflicht zum Kauf oder Verkauf hat.[17] Der optimale Zeitpunkt der Ausübung ist unsicher und kann nicht genau vorhergesagt werden. Übt der Inhaber die Option aus, so entstehen versunkene Kosten, wodurch die Ausübung irreversibel wird. Die Auszahlungsstruktur einer Option ist asymmetrisch, da Verluste begrenzt werden, Gewinne allerdings theoretisch ins Unendliche steigen können. Resultierend aus dieser Asymmetrie der Auszahlungs- beziehungsweise Risikostruktur ergibt sich der Wert einer Option.[18]
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[1] Vgl. Hax, H., Investitionstheorie, 5. Aufl., Würzburg 1985.
[2] Vgl. Hommel, U., Pritsch, G., Marktorientierte Investitionsbewertung mit dem Realoptions-ansatz: Ein Implementierungsleitfaden für die Praxis, in: Finanzmarkt und Portfolio Management, 13. Jg., 1999, S. 121.
[3] Vgl. Hayes, R., Garvin, D., Managing as if tomorrow mattered, in: Harvard Business Review, Jg. 60, 1982, H. 3, S. 71-72.
[4] Vgl. Dixit, A., K., Pyndick, R., S., The Options Approach to Capital Investment, in: Harvard Business Review, May-June 1995, S. 106-107.
[5] Vgl. Rams, A., Realoptionsbasierte Unternehmensbewertung, in: Finanz Betrieb, Jg. 1, 1999, H. 11, S. 351.
[6] Vgl. Blohm, H., Lüder, K., Investition: Schwachstellen im Investitionsberiech des Industriebetriebes und Wege zu ihrer Beseitigung, 7. Aufl., München 1991, S. 318.
[7] Vgl. Blohm, H., Lüder, K., a.a.O., S. 264.
[8] Vgl. Perridon, L., Steiner, M., Finanzwirtschaft der Unternehmung, 8. Aufl., München 1995, S. 122.
[9] Vgl. Franke, G., Hax, H., Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 3. Aufl., Berlin, Heidelberg 1994, S. 282.
[10] Vgl. Buckley, A., Ross, S., Westerfield, R., Finanzmanagement europäischer Unternehmen, Hrsg. Pape, U., Pfeiffer, B., Serfling, K., 1. Aufl., New York 2000, S. 201.
[11] Vgl. Perridon, L., Steiner, M., a.a.O., S. 124-126; Smith, J. E., Nau, R. F., Valuing Risky Projects: Option Pricing Theory and Decision Analysis, in: Management Science, Jg. 41, 1995, H. 5, S. 799.
[12] Vgl. Brealey, R.A., Myers, S. C., Principles of Corporate Finance, 6. Aufl., New York, London, Madrid 2000, S. 281-282; Hahn, D., PUK: Controllingkonzepte, 5. Aufl., Wiesbaden 1996, S. 325.
[13] Vgl. Blohm, H., Lüder, K., a.a.O., S. 270.
[14] Vgl. Brealey, R. A., Myers, S. C., a.a.O., S. 281.
[15] Buckley, A., Ross, S., Westerfield, R., a.a.O., S. 202.
[16] Vgl. Betsch, O., Groh, A. P., Lohmann, L., Corporate Finance: Unternehmensbewertung, M&A und innovative Kapitalmarktfinanzierung, 2. Aufl., München 2000, S. 225.
[17] Vgl. Copeland, T., Koller, T., Murrin, J., Unternehmenswert: Methoden und Strategien für eine wertorientierte Unternehmensführung, 2. Aufl., Frankfurt/Main, New York 1998, S. 457.
[18] Vgl. Rams, A., a.a.O., S. 352.