Der Einfluss von Partikularinteressen auf den politischen Willensbildungsprozess wird in der deutschen Öffentlichkeit trotz der wachsenden Anzahl und Bedeutung von Beratungsunternehmen und Public Affairs-Agenturen immer noch kritisch betrachtet. Die direkte Einflussnahme auf politische Institutionen in Form von Lobbying – beispielsweise durch Wirtschaftsverbände – ist dabei mit besonders negativen Begriffskonnotationen behaftet und wird häufig mit illegalen Formen der Beeinflussung, wie etwa Korruption und Patronage, verbunden (vgl. Alemann 2000: 3).
Eine kontroverse Diskussion um die Legitimität des Einflusses von Partikularinteressen auf die politische Willensbildung wird auch im demokratietheoretischen Kontext geführt. So weist Rousseaus Konzept des „volonté générales“, welches das europäische Demokratieverständnis maßgeblich geprägt hat, die Bildung und Mitwirkung von Interessensgruppen vollständig zurück, da diese den Einzelnen ihren Interessen unterordneten und ihm damit seine Freiheit entzögen (vgl. Oberndörfer & Rosenzweig 2000: 307). Pluralistische Theorien hingegen betonen den Beitrag von Interessensorganisationen zur Erzeugung politischer Legitimität in modernen und heterogenen Massendemokratien (vgl. Fraenkel 1964: 261).
Das Ziel dieser Arbeit soll deshalb sein, diese Kontroverse anhand des Beispiels der Ministerialbürokratie des Bundes näher zu beleuchten. In diesem Zusammenhang wird die Fragestellung untersucht, inwiefern der Einfluss von Interessensorganisationen die demo-kratische Legitimität des Gesetzgebungsprozesses beeinflusst. Dabei wird sowohl die Mitwirkung von Verbänden als auch kommerziellen Politikberatern berücksichtigt. Den theoretischen Rahmen zur Beantwortung der Fragestellung bildet die pluralistische Demokratietheorie nach Ernst Fraenkel. Aufbauend auf den Minimalbedingungen des Pluralismusmodells werden Indikatoren identifiziert, die auf eine positive oder negative Beeinflussung des politischen Willensbildungs- und Entscheidungsbildungsprozesses durch den Einfluss externer Interessen auf die Ministerialbürokratie des Bundes hinweisen. Die Analyse konzentriert sich dabei auf die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einfluss von Partikularinteressen sowie Berichte des Bundesinnenministeriums, des Bundestages und des Bundesrechnungshofes über den Einsatz externer Beschäftigter.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretischer Hintergrund
- Indikatorenbildung
- Analyse des Einflusses externer Interessen auf die Ministerialverwaltung
- Akteure
- Bedeutung der Bundesministerien für Interessensgruppen
- Formelle und informelle Rahmenbedingungen der Einflussnahme
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Einfluss externer Interessen auf die deutsche Ministerialverwaltung aus demokratietheoretischer Perspektive. Sie untersucht, inwiefern die Einflussnahme von Interessensorganisationen die demokratische Legitimität des Gesetzgebungsprozesses beeinflusst.
- Die Rolle von Interessensorganisationen im politischen Willensbildungsprozess
- Die Bedeutung der pluralistischen Demokratietheorie nach Ernst Fraenkel
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einfluss von Partikularinteressen
- Die Analyse des Einflusses externer Interessen auf die Ministerialbürokratie des Bundes
- Die demokratische Legitimität des Gesetzgebungsprozesses im Kontext der Einflussnahme von Interessensorganisationen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Einflusses von Partikularinteressen auf den politischen Willensbildungsprozess ein und stellt die Forschungsfrage nach der demokratischen Legitimität des Einflusses von Interessensorganisationen auf die Ministerialbürokratie des Bundes. Der theoretische Hintergrund beleuchtet die unterschiedlichen Demokratietheorien, insbesondere das Gemeinwohlverständnis Rousseaus und die pluralistische Demokratietheorie nach Ernst Fraenkel. Die Arbeit argumentiert, dass die pluralistische Demokratietheorie eine realistischere Darstellung des politischen Willensbildungsprozesses in modernen Massendemokratien bietet. Die Minimalbedingungen des Pluralismusmodells nach Fraenkel bilden die Grundlage für die Analyse des Einflusses externer Interessen auf die Ministerialbürokratie des Bundes.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Einfluss externer Interessen, die Ministerialverwaltung, die demokratische Legitimität, die pluralistische Demokratietheorie, Ernst Fraenkel, Interessensorganisationen, Lobbying, Gesetzgebungsprozess, Bundesministerien, rechtliche Rahmenbedingungen, und die Bedeutung von Interessensgruppen.
- Arbeit zitieren
- Elisa Callsen (Autor:in), 2013, Der Einfluss externer Interessen auf die Ministerialverwaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286594