Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Gehörlosigkeit, der Identität und der Kommunikation. Sie wurde begleitend zu einem Seminar zu Forschungsmethoden geschrieben und stellt ein Forschungstagebuch zu einer selbst formulierten Forschungsfrage dar. Dabei ist es in dieser Arbeit nebensächlich, die Forschungsfrage tatsächlich zu beantworten. D.h. es geht nicht darum, eine tatsächliche Untersuchung oder Studie durchzuführen, sondern den Weg zu einer Forschungsfrage zu begleiten. Dabei sind eigene Erfahrungen, Interessen, der aktuelle Forschungsstand und allgemeine Überlegungen zur Durchführung von Bedeutung.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2. Auf dem Weg zur Frage
3. Aktueller Forschungsstand
4. Wozu die Bearbeitung dieser Forschungsfrage?
5. Ergebnis der Forschungsfrage
Literaturverzeichnis
1.Einleitung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Thema der Gehörlosigkeit, der Identität und der Kommunikation. Ich habe im Zuge eines Seminars zur Unterstützten Kommunikation, die Aufgabe gehabt, mir zu diesem Thema eine Forschungsfrage zu überlegen und sie zu bearbeiten. Dieses Seminar besuchte ich im selben Semester wie das Seminar „Forschungsmethoden und Handlungsorientierungen der Pädagogik für Menschen mit Störungen im emotionalen und sozialen Verhalten“ und die Aufgabe, sich zu einer selbst gewählten Forschungsfrage Gedanken zu machen, wie ich auf sie gekommen bin, was und warum es mich interessiert und vor allem, was die Ergebnisse mir und den Forschungspartnern bringen können, möchte ich nun mit der bereits vorher von mir bearbeiteten Forschungsfrage verknüpfen.
Zunächst werde ich kurz darstellen, wie ich auf die Frage gekommen bin, in dem Gebiet der Kommunikation unter Gehörlosen nachzuforschen. Danach werde ich auf den aktuellen Forschungsstand eingehen und Literatur zu diesem Thema vorstellen. Als nächsten Schritt möchte ich darüber schreiben, warum ich diese Forschungsfrage letztendlich gewählt habe, welche Erfahrungen mich bewegten und welche Hoffnungen ich mir von etwaigen Ergebnissen mache. Als Letztes stelle ich kurz meine Durchführung und Ergebnisse vor.
2. Auf dem Weg zur Frage
Es klingt immer leicht, wenn die Aufgabe darin besteht über ein selbstgewähltes, anstatt vorgeschriebenes Thema zu schreiben. Es ist jedoch viel schwieriger als man denkt, obwohl theoretisch unglaublich viele Fragen offen stehen, die man sich im Laufe des Lebens stellt. Im Zuge des Seminars zur Unterstützten Kommunikation fiel es mir aber zumindest leicht, eine Richtung zu bestimmen, denn im selben Semester habe ich begonnen, die Gebärdensprache zu erlernen und dadurch zwangsläufig die Gehörlosenkultur kennengelernt. Also war der Weg nicht weit, zu sagen, es soll um die Gebärdensprache gehen. Ich als Lautsprachennutzer kann mich nur schlecht in die Welt eines Gehörlosen hineinversetzen und habe mich daher sehr dafür interessiert, wie es einem Menschen im Alltag geht, wenn die Kommunikation immer eine Herausforderung darstellt, weil man selbst eine Sprache „spricht“, die von der Mehrheit nicht verstanden wird.
3. Aktueller Forschungsstand
Der nächste Schritt bestand also darin, mir erst einmal einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu verschaffen. Ich habe nach Literatur gesucht, die sich im Allgemeinen mit Gehörlosen und der Gehörlosenkultur beschäftigt. Jedes dieser Bücher hat den hohen Stellenwert der Gebärdensprache als anerkannte und vor allem eigenständige Sprache deutlich gemacht. „Gehörlose Personen wünschen sich vor allem die Akzeptanz der Gebärdensprache, die ihre Muttersprache ist und die eine unmissverständliche Kommunikation und einen ungehinderten Zugang zu Informationen und Bildung gewährleisten würde." (Clarke 2006, S. 10)
Es wurde außerdem deutlich, dass diese Kultur sich vor allem über die Sprache und Kommunikation identifiziert. Mir ist durch die Literaturrecherche auch klar geworden, dass jeder mit der eigenen Gehör- oder Schwerhörigkeit oder der eines Angehörigen anders umgeht und somit die Frage, nach der Identität und dem Selbstverständnis von Gehörlosen in etwa dem gleichen würde, als würde ich danach fragen, wie sich hörende Menschen fühlen, wenn sie mit anderen Menschen sprechen. "Es existieren wenige Gruppen, die eine derartig große Heterogenität aufweisen wie die Gruppe der Menschen mit einer Hörschädigung. Deshalb sollten wir [...] die [...] damit verbundene Vielfalt beschreiben (sowie die dabei entstehenden Irritationen lernen, auszuhalten) und daraus dann die entsprechenden Schlüsse ziehen." (Hintermair 2007, S. 5)
Meine Forschungsfrage ist viel zu allgemein gestellt und die Menschen- auch wenn sie alle das Prädikat ‚gehörlos‘ haben – viel zu unterschiedlich, als dass es eine allgemeingültige Antwort geben könnte. Besonders wichtig für die Identitätsstiftung sind Faktoren wie Alter, soziale Umgebung, ob es sich um eine angeborene oder erworbene Hörschädigung handelt, Erfahrungen mit der Umwelt – all dies formt den Menschen und seinen Umgang mit der Sprache. Dementsprechend viele verschiedene Äußerungen habe ich gelesen in der Literatur.
Der allgemeine Konsens, den ich aus den Büchern gezogen habe, war negativ gefärbt. Das heißt, die Kommunikation ist tendenziell schwierig und wird oft lieber vermieden. Die „Schuldigen“ sind die Gehörlosen. Dies wird tendenziell und unbewusst sowohl von Hörenden als auch Gehörlosen so interpretiert. "Mangels akustischer Kontrollmöglichkeiten entwickeln sich Interpretations-, Bewertungs- und Verhaltensmuster, die subjektiv auf der Annahme beruhen, dass wir [die Schwerhörigen - Anm. von mir] selbst das unlösbare Problem in der Kommunikation sind. [...]Diese Interpretations- und Bewertungsmuster 'drängen' schwerhörige Menschen zu der 'Einsicht', dass sie in der Kommunikation 'das Problem' sind, das man nicht 'lösen' kann." (Renzelberg 2006, S. 213)
4. Wozu die Bearbeitung dieser Forschungsfrage?
In diesem Abschnitt soll es darum gehen, warum ich – neben meinem eigenen generellen Interesse - es als sinnvoll erachtet habe, mich mit dieser Frage zu beschäftigen.
Im Laufe meines Lebens bin ich eigentlich nie mit Gehörlosen in Berührung gekommen. In Kindergarten und Schule trugen zwar vereinzelt Kinder Hörgeräte und ich konnte damals auch einordnen warum, sie sie tragen mussten und wozu sie gut waren. Auch der Begriff „taub“ oder „taubstumm“ war mir als Kind nicht unbekannt. Es war aber nie so, dass ich mit Menschen in Kommunikation treten musste, die meine Sprache nicht verstanden haben und somit Hilfsmittel benutzt werden mussten. Ich wusste, dass es die Gebärdensprache gab und war auch immer sehr beeindruckt, wenn ich es mal im Fernsehen gesehen habe, wie das aussieht. Für mich bestand aber nie Anlass, mich eingehender mit der gesamten Thematik zu beschäftigen.
Erst vor wenigen Jahren, als ich ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung absolvierte wurde ich ernsthaft mit Gehörlosen konfrontiert. Als Betreuerin der Gruppe gab es keine andere Möglichkeit – ich musste mich verständlich machen und natürlich wollte ich auch verstehen. Es ist ein merkwürdiges Gefühl gewesen. Ich habe angefangen, die gesamte Kommunikation genauestens zu beobachten. Vorher fanden Nuancen in einem Gespräch immer unbewusst statt. Der Anteil der Lautsprache im Vergleich zur Mimik, Gestik und gesamten Körperhaltung ist erstaunlich klein und tritt natürlich in der Kommunikation mit Gehörlosen sehr in den Hintergrund. Das war für mich eine komplett neue Erfahrung und da stellt sich natürlich die Frage, wie es wohl umgekehrt der Fall sein würde. Gehörlose oder Schwerhörige müssen sich weitestgehend anpassen, da sie die Minderheit darstellen und meistens wird von ihnen erwartet, dass sie sich die größere Mühe geben, verstanden zu werden. Joachim Müller verbildlichte diesen Umstand mit dem Modell des Brückenbaus. Demnach stellt jede Kommunikation den Bau einer Brücke zwischen zwei Parteien dar. „[...] Eine Brücke wird immer von zwei Seiten gebaut.[...] Die Akzeptanz der Tatsache, dass alle über die Mitte hinausgehenden Anstrengungen zum Scheitern verurteilt sind, soll zu der Einsicht führen, dass auf der anderen Seite ebenfalls Anstrengungen unternommen werden müssen" (Renzelberg 2006, S. 221–222) Dieses Modell leuchtete mir sehr ein.
[...]
- Citation du texte
- Michelle Koppe (Auteur), 2012, Reflektierte Subjektivität. Wie identifizieren sich Menschen mit einer Hörschädigung in der Kommunikation mit Hörenden?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/286317
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