In seinem zweiten Werk „La lluvia amarilla“ befasst sich Julio Llamazares zum
Teil mit Elementen seines biographischen Lebens. Der Autor versucht durch
seinen Roman dem Leser ein Bewusstsein für Heimat, Heimatverlust und Tradition
zu vermitteln. Diese Motive sind für ihn in seinem literarischen Arbeiten
stets zentral, da er selbst, nachdem sein Geburtsdorf Vegamián einem Stausee
weichen musste, Entwurzelung und Auslöschung von Geschichte und Traditionen
erfahren musste. Geradezu charakteristisch für Julio Llamazares sind seine Naturgebundenheit und seine metaphorische Sprache, durch die er versucht,
abstrakte Konstrukte wie beispielsweise „Erinnerung“ zu beschreiben.
In „La lluvia amarilla“ bekommt der Leser durch das Mittel des Inneren
Monologs eines alten, dem Tod geweihten Mannes, Einsichten in die Geschichte
eines Dorfes. Andrés aus der Casa Sosas, der sein Leben und das seines
Dorfes Ainielle rekapituliert liegt während der ganzen Erzählung auf seinem Bett
und hat die Gewissheit, dass der gelbe Regen, der an sein Fenster trommelt,
seinen Tod symbolisiert.
Ainielle, ein kleines Bauerndorf in den Pyrenäen, repräsentiert das typische
Phänomen der Landflucht. Über die Jahre sind alle Bewohner mit ihren Besitztümern
in die umliegenden Städte abgewandert oder verstorben. Nach dem
Selbstmord seiner Frau, und somit der letzen Bezugsperson, bleibt Andrés
zehn Jahre lang alleine mit seinen Erinnerungen und den Gespenstern seiner
Vergangenheit zurück.
In der folgenden Seminararbeit, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, das Motiv
der Erinnerung anhand des Textes eingehender zu analysieren, wobei diese
wie folgt definiert wird: [...]
Inhalt
1 Einleitung
2. Zum Stellenwert der Erinnerung im Roman
3. Die Erinnerung als Trost und heilsame Kompensation
4. Die Erinnerung als schmerzhafte Erfahrung
5. Beispiele für die Ambivalenz der Erinnerung
5.1. Das Seil
5.2. Die Geistererscheinungen
6. Subjekte der Erinnerung
6.1. Das Erinnerte ist lokal gebunden
6.2. Das Erinnerte ist an Personen gebunden
6.3. Die Erinnerung ist an Güter gebunden
6.4. Die Erinnerungen sind an Wetter und Natur gebunden
7. Die Erinnerung als Subjekt
8. Resümee
9. Bibliographie
1. Einleitung
In seinem zweiten Werk „La lluvia amarilla“ befasst sich Julio Llamazares zum Teil mit Elementen seines biographischen Lebens. Der Autor versucht durch seinen Roman dem Leser ein Bewusstsein für Heimat, Heimatverlust und Tradition zu vermitteln. Diese Motive sind für ihn in seinem literarischen Arbeiten stets zentral, da er selbst, nachdem sein Geburtsdorf Vegamián einem Stausee weichen musste, Entwurzelung und Auslöschung von Geschichte und Traditionen erfahren musste. Geradezu charakteristisch für Julio Llamazares sind seine Naturgebundenheit und seine metaphorische Sprache, durch die er versucht, abstrakte Konstrukte wie beispielsweise „Erinnerung“ zu beschreiben.
In „La lluvia amarilla“ bekommt der Leser durch das Mittel des Inneren Monologs eines alten, dem Tod geweihten Mannes, Einsichten in die Geschichte eines Dorfes. Andrés aus der Casa Sosas, der sein Leben und das seines Dorfes Ainielle rekapituliert liegt während der ganzen Erzählung auf seinem Bett und hat die Gewissheit, dass der gelbe Regen, der an sein Fenster trommelt, seinen Tod symbolisiert.
Ainielle, ein kleines Bauerndorf in den Pyrenäen, repräsentiert das typische Phänomen der Landflucht. Über die Jahre sind alle Bewohner mit ihren Besitztümern in die umliegenden Städte abgewandert oder verstorben. Nach dem Selbstmord seiner Frau, und somit der letzen Bezugsperson, bleibt Andrés zehn Jahre lang alleine mit seinen Erinnerungen und den Gespenstern seiner Vergangenheit zurück.
In der folgenden Seminararbeit, habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, das Motiv der Erinnerung anhand des Textes eingehender zu analysieren, wobei diese wie folgt definiert wird:
„Im Gegensatz zum nur kurzfristigen Behalten das absichtliche oder unabsichtliche Bewusstwerden erlebter oder ausdrücklich eingeprägter Bewusstseinsinhalte nach längerer Zeit, als Funktion des Gedächtnisses. […] Erinnerungstäuschungen sind häufig, wo Lücken bestehen, die ungewollt durch Phantasiezutaten aufgefüllt werden; ebenso werden Erinnerungen durch Wünsche oder Gefühle verfälscht. […] (Bertelsmann 1998: 2764)“.
Zentral ist hierbei die Ambivalenz, die das Phänomen Erinnerung mit sich bringt. Für den Protagonisten fungiert die ihn immer wieder einholende Erinnerung sowohl als Trost gegen die Einsamkeit, als auch als quälendes Bewusstsein dessen, dass er und somit auch Ainielle dem Untergang durch Vergessen geweiht sind. Er befindet sich somit im ständigen Konflikt zwischen „Erinnern müssen“ und „Vergessen wollen“.
2. Zum Stellenwert der Erinnerung im Roman
Die Erinnerungsproblematik wird auf zwei Ebenen behandelt.
Der Leser hat aufgrund der Schilderungen des Protagonisten die Möglichkeit aktiv an den Erinnerungen und der Geschichte des Dorfes zu partizipieren. Durch den Mitvollzug des Geschilderten, wird man zum Zeitzeugen einer historischen Entwicklung.
Ein Bauerndorf wird durch einen stetigen Prozess von Abwanderungen entvölkert. Die jungen Bewohner, welche sowohl geistig, als auch körperlich mobil genug sind, wagen den Schritt, das von ihren Ahnen erbaute Dorf zurückzulassen, um in eine urbane Lebens- und Arbeitswelt einzutauchen.
Dieser Prozess bedeutet gleichfalls auch einen Bruch mit traditionellen und kulturellen Wurzeln ihrer Herkunft. Was zurückbleibt sind lediglich ihre Besitztümer, nämlich Häuser und Möbel, und die älteren Dorfbewohner. Für den altersschwachen Andrés der geschwächt durch seine Krankheit den Tod erwartet und in vollkommener Isolation lebt, sind seine Erinnerungen einerseits schmerzend, andererseits auch trostspendend.
Auf schmerzhafte Weise zeigen die Erinnerungen Andrés immer wieder auf, dass er einsam ist und dem allmählichen Verfall seines Dorfes machtlos gegenübersteht. In seiner auswegslosen Situation kann er jedoch auch aus der Erinnerung an seine Mitbürger, seine Familie und an seine Frau Sabina Trost und Kraft schöpfen.
Im Verlauf der Geschichte nimmt die Handlung in der Erzählwelt zunehmend ab und es findet eine Vertiefung der Thematik durch Metakommentare auf einer allgemeineren Ebene statt. Mit Hilfe seiner Erinnerungen kann Andrés seine Kollektividentität, nämlich seine Funktion innerhalb der Dorfgemeinschaft, aufrechterhalten. Denn das Individuum gewinnt seine Identität erst durch die Rolle, die es im Ganzen spielt.[1]
[...]
[1] Vgl. Assmann 1997: 131
- Citation du texte
- Christina Kühnle (Auteur), 2003, Ambivalenz der Erinnerung der Erinnerung in Julio Llamazares ' La lluvia amarilla', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28600
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