Das Rahmenthema dieser Abschlussarbeit (Mentor Wien) bilden die interkulturellen Aspekte der Migration, bzw. Flucht von Menschen nach Österreich, die im Rahmen eines integrativen Bildungsprogramms bei ihrer Integration/Inklusion in die österreichische Gesellschaft unterstützt werden. Im Zuge meiner Ausbildung zum Integrationscoach und Tätigkeit als Caritas-Praktikant habe ich die Möglichkeit, der Problematik zum Grundrecht auf kostenlose Bildung in Österreich nachzugehen.
Vor dem Hintergrund einer kapitalistischen konsum- und profitorientierten Gesellschaft erhält diese Untersuchung eine gewichtige Bedeutung, da in der österreichischen Gesellschaft beinahe sämtliche Dienstleistungen des öffentlichen Lebens privatisiert, und dadurch in eine direkte Wettbewerbsfähigkeit gestellt werden. Im Kontext des Integrationsprozesses von Menschen mit Migrationshintergrund, zu denen auch ich dazugehöre, bleibt die bittere Erkenntnis, dass die Ausländer- und Einwanderungspolitik immer noch ein äußerst kontroverses Thema der österreichischen Gesellschaft darstellt.
Auch wenn sich in der Zivilgesellschaft interkulturelle Diskurse und ein kulturübergreifendes Bewusstsein breitmacht, so haben es viele PolitikerInnen und MachtinhaberInnen in Österreich versäumt, eine verfassungskonforme Rechtlage zu schaffen, welche zu einer konfliktfreien Integration der Menschen mit Migrationshintergrund in diesem Land führen könnte. Die Finanzierung der dafür erforderlichen Infrastruktur, wie zum Beispiel von Krankenhäusern, erschwinglichen Wohnungseinrichtungen, Bildungseinrichtungen, Beratungsstellen, Kulturzentren, Arbeitsplätzen etc. bleibt weiterhin ungeklärt, was zunehmend zu einer Entsolidarisierung der Gesellschaft und implizite zu einer erhöhten Kriminalität, dem Wachstum der Kluft zwischen Reich und Arm, letztendlich zu einer Parallelgesellschaft führt, in welcher viele Menschen mit Migrationshintergrund auf der Strecke bleiben.
Die sprachintegrativen Bildungs- und Arbeitsmarktzugangsprogramme, welche diesen Problemen beizukommen versuchen, sind der lebensnotwendige Grundstock für eine friedliche und konfliktfreie Zukunft, in welcher die finanziell abgesicherten BürgerInnen in die Verantwortung gezogen werden müssen, ihren sozial bedürftigen Mitmenschen zu helfen. Nur durch Solidarität zwischen Arm und Reich, dem Bewahren der Freiheit und sozialen Gerechtigkeit kann Österreich den zukünftigen Herausforderungen gewachsen sein und seine demokratischen Werte aufrecht erhalten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in das Themengebiet
1.1 Historischer Exkurs
2. Integration von Menschen mit Migrations-hintergrund in der österreichischen Gesellschaft
2.1 Begriffserklärung
2.2 Integration durch Sprache
3. Kostenlose Lern- und Nachmittagsbetreuung in den Caritas Lerncafés und im LecaYou-Projekt
4. Verwaltung, organisatorischer Aufbau, Strukturen der Caritas Lerncafés und des LecaYou-Projekts
4.1 Das Baleh-Projekt: Basisbildungskurse und Lernangebote für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
5. Zwischen Überlebenskampf und finanzieller Absicherung: Die Menschen hinter dem Caritas-Bildungsprogramm
5.1 Finanzierung der Caritas
5.2 Die Menschen hinter der Organisation
5.3 Andere Projekte des Caritas-Bildungszentrums
6. Fazit
Quellenverzeichnis
Internetquellen
1. Einführung in das Themengebiet
Im Zuge meiner Ausbildung zum Coach für interkulturelle Kooperation und Integration, eines Bildungsprogramms des Unternehmens Mentor in Wien, gehe ich einem achtmonatigen Praktikum im Caritas Lerncafé nach. Dieses ist ein Asyl-/Integrations-/Migrationsprojekt des Caritas Bildungszentrums Wien. Die Caritas Österreich ist eine soziale Hilfsorganisation der römisch-katholischen Kirche und Teil der Caritas Internationalis, die im Jahre 1903 gegründet wurde. Die Caritas Wien ist eine der neun österreichischen Diözesen1, die ausschließlich dem Diözesenbischof untersteht und nicht der Caritas Österreich.
Das Rahmenthema dieser Abschlussarbeit bilden die interkulturellen Aspekte der Migration, bzw. Flucht von Menschen nach Österreich, die im Rahmen eines integrativen Bildungsprogramms bei ihrer Integration/Inklusion in die österreichische Gesellschaft unterstützt werden.
1.1 Historischer Exkurs
Weltweit leben etwa 200 Millionen Menschen nicht in dem Land, in welchem sie geboren wurden. Sie haben den Entschluss gefasst, in einem anderen Land ein neues Leben aufzubauen. Dieser Migrationsprozess ist so alt wie die Menschheit selbst, denn dadurch haben sich die Menschen auf der Erde ausgebreitet und die Kontinente besiedelt. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Manche Menschen werden durch Krieg, Verfolgung, Armut oder Hunger aus ihrem Herkunftsland vertrieben, andere erhoffen sich in der neuen Region mehr Sicherheit, einen besser bezahlten Arbeits- oder Ausbildungsplatz, oder aber es handelt sich dabei um kulturelle Beweggründe, wie Sprache, Identität oder Familienzusammenführung. Aber auch Umweltkatastrophen und der Klimawandel sind häufig ein Grund dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen. Menschen, die sich entscheiden, in eine neue Region zu ziehen, erhoffen sich ein besseres Leben. Wenn Menschen nicht selber darüber entscheiden können, ihre Heimat zu verlassen, sondern dazu gezwungen werden, sind sie auf der Flucht. Migration und Flucht sind also zwei verschiedene Formen der Völkerwanderung. WissenschaftlerInnen haben herausgefunden, dass die meisten Menschen versuchen, in ihrem Heimatland zu bleiben, selbst wenn ihre Lebensbedingungen dort sehr schlecht sind.
Zwischen 1945 und Mitte der 1980er Jahre nahm Österreich mehrere hunderttausende Flüchtlinge, vor allem aus den osteuropäischen Staaten auf. In den 1960er und 1970er Jahren gab es einen großen Arbeitskräftemangel in Österreich. So wurden Arbeiter vor allem aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien als „Gastarbeiter“ für einen bestimmten Zeitraum ins Land geholt. Viele von ihnen blieben und holten ihre Familien zu sich. Ihre Kinder und Enkelkinder sind teilweise schon in Österreich geboren. Sie werden zur zweiten und dritten Einwanderer-Generation gezählt. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und nach dem Ende des Kalten Krieges setzte jedoch ein Kurswechsel in der österreichischen Asylpolitik ein.2
Österreich gehört mit seinem stabilen Rechts- und Wirtschaftssystem zu den reichsten Ländern der Welt. Die demokratischen Rechte der BürgerInnen sind gesichert, auch gibt es eine gute medizinische Versorgung und ein gutes Schulsystem. Heutzutage ist die Zuwanderung nach Österreich durch viele Gesetze geregelt. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union und dem Schengen Abkommen, haben alle BürgerInnen der EU die Möglichkeit erhalten, sich frei in der Union zu bewegen und frei ihren Lebens- und Arbeitsplatz zu wählen. Für Menschen aus anderen Ländern ist eine Zuwanderung nach Österreich nur unter bestimmten Umständen möglich:
In einigen Bereichen (z. B.: Bauwesen, Gastronomie, Kinderbetreuung, Altenpflege) werden dringend Arbeitskräfte gesucht, aber auch Studierende und SchülerInnen dürfen nach Österreich kommen. Eine andere Möglichkeit ist die Familienzusammenführung. Wer schon in Österreich lebt und eine Aufenthaltsgenehmigung oder die Staatsbürgerschaft hat, darf seine Familie nachholen.
Es gibt eine gemeinsame Grundlage für den Schutz von Menschen, die auf der Flucht sind: die Genfer Flüchtlingskonvention.3 Das ist eine Übereinkunft zwischen 141 Staaten, in der geschrieben steht, wer als Flüchtling gilt und welche besonderen Rechte Flüchtlinge genießen.
Auch Österreich hat sich mit der Unterzeichnung dazu verpflichtet, Flüchtlinge, die um Asyl ansuchen, aufzunehmen und zu schützen.
2. Integration von Menschen mit Migrations-hintergrund in der österreichischen Gesellschaft
2.1 Begriffserklärung
Das Wort „Integration“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „erneuern“ oder „wiederherstellen“, also das Zusammenfügen von mehreren verschiedenen Teilen zu einem neuen Ganzen. Im soziologischen Kontext stellt eine Integration die „Verbindung einer Vielheit von einzelnen Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit“4 dar. Um zu einer kulturellen Einheit zusammenwachsen zu können, ist es erforderlich, dass Menschen miteinander harmonieren, aufeinander zugehen und sich kennenlernen. Dabei spielen interkulturelle Kommunikation und Sprache eine entscheidende Rolle.
2.2 Integration durch Sprache
Das Erlernen der Sprache, welche im Einwanderungsland gesprochen wird, ist ein wichtiger Bestandteil von Integration. Selbstverständlich braucht es auch gemeinsame Regeln und ethische Grundsätze. Für Menschen mit Migrationshintergrund heißt das, dass sie das österreichische Rechtssystem akzeptieren und die Kultur in Österreich respektieren müssen. Umgekehrt muss aber auch dafür gesorgt werden, dass Menschen mit Migrationshintergund einen gleichberechtigten Zugang zu allen Bereichen des Lebens erhalten. Dazu gehören neben dem Anspruch auf medizinische Versorgung, eine Wohnung und einen Arbeitsplatz, auch der kostenlose Zugang zum österreichischen Bildungssystem. Für ein harmonisches Zusammenleben ist jede und jeder von uns gefragt, sich auf den anderen einzulassen und respektvoll miteinander umzugehen. Wenn das gelingt, dann haben wir alle große Chancen, in einer multikulturellen und vielfältigen Gesellschaft zu leben. Die österreichische Kultur hat auch in den letzten Jahrhunderten viel von anderen Kulturen gewonnen, so stammen das Wiener Schnitzel, das Gulasch, der Strudel und der Kaffee ursprünglich nicht aus Österreich.
Die Menschen sprechen verschiedene Sprachen. Von den verschiedenen Kulturen kann man viel lernen. Besonders sichtbar wird das, wenn gemeinsam gearbeitet, musiziert, gefeiert und miteinander geredet und gespielt wird.
Die Grundvoraussetzung dafür ist, dass die Menschen, die nach Österreich kommen, die Möglichkeit erhalten, Deutsch sprechen zu lernen. Leider sind in vielen Fällen die finanziellen Möglichkeiten der zugewanderten Personen eingeschränkt, so dass sie sich keinen Deutschkurs leisten können.
In Österreich gibt es verschiedene soziale Organisationen, die mit dem Staat zusammenarbeiten und kostenlose Bildungsprogramme für sozial bedürftige Kinder, Jugendliche, volljährige Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund anbieten. Eine von diesen Organisationen ist die Caritas Wien, welche ein breitgefächertes Angebot an Bildungsprogrammen führt und sich für eine nahtlose Integration durch Spracherwerb einsetzt. Im Caritas Wien Bildungszentrum habe ich die Möglichkeit erhalten, im Rahmen meines Praktikums drei dieser Projekte kennenzulernen und mich aktiv als administrative Arbeitskraft, Sozialberater und Lehrer einzusetzen.
3. Kostenlose Lern- und Nachmittagsbetreuung in den Caritas Lerncafés und im LecaYou-Projekt
Nicht alle SchülerInnen können die erforderlichen Leistungen in der Schule ohne Lernunterstützung bewältigen. Vor allem in Familien mit Migrationshintergrund (Türkei, Tschetschenien, Serbien, Bosnien, Kosovo, Rumänien etc.) und für Flüchtlinge (Afghanistan, Syrien, Somalia etc.) ist kein Geld für Nachhilfestunden vorhanden. Ein niedriges Bildungsniveau der Eltern, mangelnde Deutschkenntnisse oder zu beengte Wohnverhältnisse sind nur einige der Gründe, die es SchülerInnen unmöglich machen, den gewünschten Lernerfolg zu erreichen, bzw. die deutsche Sprache in kürzester Zeit so zu erlernen, dass sie in der Schule keine sprachlich bedingten Probleme haben. Vor diesem Hintergrund hat die Caritas Österreich mit den "Lerncafés"5 ein kostenloses Lern- und Nachmittagsbetreuungsangebot ins Leben gerufen.
Neben der gezielten Hilfestellung bei den Hausaufgaben und der Vorbereitung auf Schularbeiten und Tests geht es den hauptberuflichen und freiwilligen MitarbeiterInnen auch darum, den Kindern und Jugendlichen Freude am Lernen zu vermitteln und ihre Deutschkenntnisse zu stärken. Eine gesunde Jause, interkulturelle Freizeitgestaltungsmöglichkeiten, Beratungsgespräche mit den Eltern der Kinder, Fortbildungsmaßnahmen der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, kreative Workshops, Reflexionsrunden, sowie ein breitgefächertes Veranstaltungsangebot sind im Lerncafé ebenfalls sehr wichtig.
Die Unterstützung durch öffentliche Mittel, allen voran des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres6 ermöglichte es der Caritas, das wertvolle Bildungsangebot auf alle neun Bundesländer auszudehnen. Derzeit gibt es 34 Caritas Lerncafés österreichweit.
[...]
1 Eine Diözese, auch Bistum genannt, ist ein territorial abgegrenzter kirchlicher Verwaltungsbezirk. Die Bezeichnung Diözese leitet sich von der Untergliederung des Römischen Reiches in Diözesen her. Der Begriff Bistum (von Bischoftum) hingegen bezieht sich auf das Jurisdiktionsgebiet eines Bischofs. (Quelle: Wikipedia)
2 Lese mehr dazu im Artikel „Asyl in Österreich“ (04/2013) auf der Homepage des Demokratiezentrums Wien.
3 Ein Flüchtling ist eine Person, die „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann …“Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 („Genfer Flüchtlingskonvention“) Quelle: Homepage des BMI http://www.bmi.gv.at/cms/bmi_asylwesen
4 Definition laut Online-Duden: http://www.duden.de/rechtschreibung/Integration
5 Das erste Caritas Lerncafé eröffnete im Herbst 2007 in Graz.
6 Das Bundesministerium für Inneres (BMI) hat mit März 2014 seine Integrationssektion im Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres angesiedelt. Homepage: http://www.bmeia.gv.at/integration/projektfoerderung/nationale-integrationsfoerderung
- Citar trabajo
- Lic. MMMag. Tilman Otto WAGNER (Autor), 2014, Kostenlose Lernunterstützung für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund und unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Wien, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/285184
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