Die Arbeit umkreist die Frage danach, wem unser Körper gehört. Der leibliche, erfahrbare Körper erscheint uns zunächst als natürliche Einheit, die von Geburt an existiert. Aber inwieweit ist diese Einheit durch unser biologisches Geschlecht festgesetzt? Welche Zuschreibungen werden einem männlichen, welche dem weiblichen Körper zugeteilt? Diese allgemeingültigen Fragen werden am Beispiel transsexueller Menschen besonders gut sichtbar: Wenn Transsexuelle sich in Deutschland für eine geschlechtsangleichende Operation entscheiden, müssen sie zunächst unter Beweis stellen, wie sicher sie sich ihrer Entscheidung sind. Psychologische Gutachten sollen gewährleisten, dass post-operative Patienten nicht eines Tages aufwachen und feststellen, dass die vorgenommene Operation ein Fehler war. Da diese Operationen irreversibel sind, hält der deutsche Staat seine "schützende Hand" über Transsexuelle.
Was auf der einen Seite zunächst als behütende Maßnahme plausibel scheint – Risiken müssen vor jedem operativen Eingriff erwogen werden – wird auf der anderen Seite als eine invasive und hinterfragungswürdige Intervention in das Privatleben von Transsexuellen erlebt. Bestehen Zweifel an der ›Ernsthaftigkeit‹ oder ›Echtheit‹ der Identität, kann die Operation abgelehnt werden. Was lässt sich aus diesem medizinisch-psychiatrisch indizierten Verfahren über das Verhältnis des Körpers zur Gesellschaft ableiten? Inwieweit ist der Körper ein Zeichensystem unserer Identität? Welche gesellschaftlichen Diskurse und Ängste spiegeln sich in ihm? Zentral ist dabei die ethische Problemstellung, dass es sich bei der geschlechtsangleichenden Operation um einen chirurgisch schwerwiegenden Eingriff handelt, der aus medizinethischen Gesichtspunkten deshalb Probleme bereitet, da er einen Eingriff in einen anatomisch gesunden Körper bedeutet.
Anhand einer Nachzeichnung des Prozesses von der Entscheidung des Transsexuellen bis hin zur Entscheidung der Psychotherapeuten soll aufgezeigt werden, wie diese Intervention des deutschen Staates funktioniert. Es soll dabei deutlich werden, dass die Grenze zwischen professioneller Entscheidung und Selbstbestimmung ständig neu und in jedem Einzelfall mit dem Patienten bestimmt werden muss.
Unter Zuhilfenahme von Michel Foucaults Überlegungen zu Biopolitik und den Techniken des Selbst soll im Anschluss eine Bestandsaufnahme aufgestellt werden, die einen Einblick in die Ambivalenz von externer Bestimmung und internem Selbstmanagement ermöglicht.
Inhaltsverzeichnis
- Entscheiden Sie doch für mich! – Eine Einführung
- Umkämpfte Grenzen. Das Verhandeln von Geschlechtszugehörigkeit im Lichte der Selbstverständlichkeit
- Changing the Subject. Konzept der Transsexualität
- Geschlecht in der Sexualpathologie: Das Beispiel Cross Dressing
- Eine neue Spezies< mit besonderen Wünschen
- Trans. Inter. Cis. Hilfreiche Begriffe
- Changing the Subject. Konzept der Transsexualität
- Die Autorität der >Gatekeepers<: Das ›Zulassungsverfahren‹ über den eigenen Körper
- Die Janusköpfigkeit der Pathologisierung
- Psychologisches Gutachten, Diagnose und Alltagstest
- Statussicherung: Große Lösung/kleine Lösung
- »Der Körper ist der Nullpunkt«<: Michel Foucault
- Wie sicher< ist der Körper? Die Technologien des Selbst
- Der utopische Körper
- Worüber reden wir hier eigentlich? – Ein Fazit
- Bibliografie
- Literatur
- Webseiten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die gesellschaftlichen und medizinischen Rahmenbedingungen für die geschlechtsangleichende Operation von Transsexuellen in Deutschland. Sie analysiert die Rolle der "Gatekeeper" (Psychotherapeuten, Ärzte etc.) und die damit verbundenen Machtstrukturen, die die Selbstbestimmung von Transsexuellen beeinflussen.
- Die Konstruktion von Geschlecht und die Herausforderungen der binären Geschlechterordnung
- Die Rolle von medizinischen und psychiatrischen Diskursen in der Definition von Transsexualität
- Die Machtverhältnisse zwischen Transsexuellen und den "Gatekeepern" im Zulassungsprozess für geschlechtsangleichende Operationen
- Die Ambivalenz von externer Bestimmung und internem Selbstmanagement im Kontext der geschlechtlichen Identität
- Die Bedeutung des utopischen Körpers im Denken Michel Foucaults und seine Relevanz für die Analyse der Transsexualität
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Frage nach der Selbstbestimmung des Körpers im Kontext der Transsexualität. Es beleuchtet die Problematik der medizinischen und psychiatrischen Interventionen, die Transsexuelle im Zulassungsprozess für geschlechtsangleichende Operationen durchlaufen müssen.
Das zweite Kapitel analysiert die Konstruktion von Geschlecht und die Herausforderungen der binären Geschlechterordnung. Es beleuchtet die historischen und gesellschaftlichen Diskurse, die die Wahrnehmung von Transsexualität prägen.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der Rolle der "Gatekeeper" im Zulassungsprozess für geschlechtsangleichende Operationen. Es untersucht die Machtstrukturen, die mit den psychologischen Gutachten und Diagnosen verbunden sind, und die Auswirkungen auf die Selbstbestimmung von Transsexuellen.
Das vierte Kapitel greift Michel Foucaults Überlegungen zur Biopolitik und den Techniken des Selbst auf, um die Ambivalenz von externer Bestimmung und internem Selbstmanagement im Kontext der geschlechtlichen Identität zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Transsexualität, geschlechtsangleichende Operation, Gatekeeper, Selbstbestimmung, Körper, Geschlecht, Biopolitik, Michel Foucault, utopischer Körper, Machtstrukturen, gesellschaftliche Diskurse, medizinische Interventionen, Zulassungsprozess.
- Citation du texte
- M.A. Anika Meier (Auteur), 2014, Prä-OP-Gatekeepers. Prämissen des utopischen transsexuellen Körpers, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/283440
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