Zu Beginn dieser Arbeit wird durch verschiedene Meinungen unterschiedlicher Personen an die Emotion Scham herangeführt. Sofort wird deutlich, dass es keine einheitliche Definition oder wissenschaftliche Theorie gibt. Begonnen wird mit der psychologischen Sichtweise Siegmund Freuds. Georg Simmel wird im Anschluss angeführt, da sich seine Gedanken an die Überlegung des Tiefenpsychologen Freuds anschließen lassen.
Weiterführend wird die Theorie über die Scham von Norbert Elias angeführt, da diese die international am stärkste rezipierte ist. Seine Überlegungen sind eng mit dem Prozess der Zivilisierung verknüpft und ergeben einen deutlichen Standpunkt zu seiner Annahme. Darauf folgt ein Abschnitt der Kritik an Elias Modell. Zunächst werden verschiedene Kritikpunkte genannt und dann die detaillierte Kritik von Sieghard Neckel dargestellt. Im Anschluss folgt die Aufzeigung zur Scham von Sieghard Neckel, bezogen auf sein Werk ‚Status und Scham‘, da er mit diesem Werk ein ganz anderes Augenmerk auf die Emotion Scham wirft, als es zuvor Elias fertigte. Durch diese differenten Aufzeigungen, besonders von Elias und Neckel soll die Emotion Scham von verschiedenen Seiten beleuchtet, und ihre Vielfältigkeit dargestellt werden. „Die Scham ist ein komplexes Gefühl, schwer zu definieren und auf zahllose Objekte gerichtet“ (Bologne 2001:2).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Heranführung an die Emotion Scham
3. Die Emotion Scham
3.1 Norbert Elias Theorie zur Scham
3.2. Kritik an der Theorie Norbert Elias
3.3 Sieghard Neckels Auffassung zur Scham
4. Fazit
Quellenverzeichnis
1. Einleitung
„Unsere inneren Angelegenheiten sind keine Schlachten von Instinkt und Realität, sondern haben mit dem Verständnis und der Überwindung von Scham, ihren Auslösern und ihrer Häufigkeit zu tun.“ (Michael Lewis, 1995 in: http://d-nb.info).
„Es hat immer ein Schamgefühl gegeben, doch manifestierte es sich im Lauf der Jahrhunderte in durchaus unterschiedlichen Bereichen“ (Bologne 2001: 1). Diese Zitate sollen die durchaus heterogene Auffassung zur Emotion Scham verdeutlichen, die sich in der vorliegenden Arbeit wider spiegelt.
Zu Beginn wird durch verschiedene Meinungen unterschiedlicher Personen an die Emotion Scham herangeführt. Sofort wird deutlich, dass es keine einheitliche Definition oder wissenschaftliche Theorie gibt. Begonnen wird mit der psychologischen Sichtweise Siegmund Freuds. Georg Simmel wird im Anschluss angeführt, da sich seine Gedanken an die Überlegung des Tiefenpsychologen Freuds anschließen lassen.
Weiterführend wird die Theorie über die Scham von Norbert Elias angeführt, da diese die international am stärkste rezipierte ist. Seine Überlegungen sind eng mit dem Prozess der Zivilisierung verknüpft und ergeben einen deutlichen Standpunkt zu seiner Annahme. Darauf folgt ein Abschnitt der Kritik an Elias Modell. Zunächst werden verschiedene Kritikpunkte genannt und dann die detaillierte Kritik von Sieghard Neckel dargestellt. Im Anschluss folgt die Aufzeigung zur Scham von Sieghard Neckel, bezogen auf sein Werk ‚Status und Scham‘, da er mit diesem Werk ein ganz anderes Augenmerk auf die Emotion Scham wirft, als es zuvor Elias fertigte. Durch diese differenten Aufzeigungen, besonders von Elias und Neckel soll die Emotion Scham von verschiedenen Seiten beleuchtet, und ihre Vielfältigkeit dargestellt werden. „Die Scham ist ein komplexes Gefühl, schwer zu definieren und auf zahllose Objekte gerichtet“ (Bologne 2001:2).
2. Heranführung an die Emotion Scham
Das Schamgefühl ist alltäglich und ihr Auslöser ist sehr verschieden. Menschen schämen sich für Fehler oder Schwächen, die real oder von anderen verinnerlicht sind. In diesem Fall zeigt Scham eine Spannung zwischen dem Ich und dem Ich-Ideal (Hilgers 2006: 17).
Hier ran anschließend ist zu sagen, dass sich bereits Siegmund Freud die Scham zum Thema gemacht hat. Für ihn ist die Scham ein Akt der Kontrolle des Ichs und ein Affekt, den man am liebsten nicht erlebt haben möchte, da die Scham hemmt und zu Angst werden kann. Die Schamangst gehört zu den Mächten der Psyche, die den Sexualtrieb einschränken. Ein Verlust des Schamgefühls würde also, so Freud, auch zu einem Verlust der Kontrolle über den Sexualtrieb führen (vgl. Wedekind 2001: 38). Georg Simmel geht davon aus, dass jeder Mensch Scham in sich trägt. Die Scham befindet sich in der Psyche und wird durch Interaktionen ausgelöst. Der Einzelne hat das Schamgefühl in sich und will die Regeln und Normen der Gesellschaft einhalten. Norbert Elias hingegen, deren Analyse zum Schamgefühl international am stärksten rezipiert wurde, ist der Überzeugung, dass das Schamgefühl nicht in einem Menschen vorhanden ist, sondern von der gesellschaftlichen Regulation abhängt. Weiterhin geht Norbert Elias davon aus, dass Emotionen von dem linearen Prozess der Zivilisierung eines Menschen abhängen und demnach erst in modernen Gesellschaften vorhanden sind. Ab der Renaissance, der Wiedergeburt des Individuums, differenziert sich die Gesellschaft immer mehr und dies führt dazu, dass Emotionen des Selbst immer mehr reguliert werden. Verstöße gegen Normen und Werte der Gesellschaft werden mit Scham sanktioniert (vgl. Neckel 1991: 121-127).
Sieghard Neckel steht dem Ansatz von Elias sehr kritisch gegenüber und geht davon aus, dass der Prozess der Zivilisierung kein linearer ist und dass Scham auch in unzivilisierten, vormodernen Gesellschaften vorkommt. Weiterhin sieht Neckel das Schamgefühl nicht nur an etwas körperlichen gebunden, so wie Elias, sondern ist überzeugt, dass das Schamgefühl durch kulturelle Vielfalt stärker wird, die eigene Identität allerdings entscheidend ist. Demnach sind die Erziehung, die Sozialisation und der Status eines Menschen entscheidend für das Empfinden von Scham (Neckel 1991: 128-129).
3. Die Emotion Scham
3.1 Norbert Elias Theorie zur Scham
Norbert Elias versteht Emotionen als Folge eines humanspezifischen Lernprozesses, der von den sozialen Bezügen abhängt, in denen sich eine Person befindet, und nicht als seelische Faktoren, die in einer Person inne sind. Emotionen haben eine soziale Funktion und werden durch Erziehung eingeübt und gefestigt. Weiterhin spricht Elias in diesem Zusammenhang von Emotionen und nicht von Gefühlen, weil nach ihm diese Begriffe getrennt werden müssen. Gefühle sind nur ein Bestandteil von Emotionen, die aus erlerntem Verhalten und innerer Selbstwahrnehmung zusammengesetzt sind. Emotionen hingegen sind erlernte Selbstregulationen, die es ermöglichen, das Verhalten zu regulieren. Dies ergibt, dass Menschen in der Lage sind, Emotionen zu kontrollieren und zu regulieren. Die Veranlassung der Menschen zur Emotionsregulierung stellt die Kernfrage der Theorie von Elias dar. In seiner Arbeit ‘Prozess der Zivilisierung‘ ist er dieser Frage nachgegangen (vgl. Neckel 1991:121-122).
Die Scham spielt folglich eine bedeutende Rolle im Prozess der Zivilisierung, unter dem Elias einen „gerichteten Prozess der spezifischen Veränderungen des menschlichen Verhaltens und Empfindens, in dessen Verlauf die Affekte und Handlungsweisen der Menschen einer festeren Kontrolle in Richtung auf eine gleichmäßige, allseitige und stabile Regelung des gesamten Trieb- und Affektlebens unterworfen werden“ (Elias 1979b: 312ff in: Neckel 1991: 122) versteht.
Der Prozess der Zivilisierung, der die Veränderung der Empfindungen, Handlungen, Triebe und Affekte der Menschen der abendländischen Gesellschaften meint, ist für Elias ein linearer. Während der Zivilisation werden Emotionen immer mehr im Zaum gehalten und das zivilisierte Verhalten des Adels wird auf die Bevölkerung übertragen, sodass die Menschheit immer mehr von Scham begleitet wird. Nacktheit, Sexualität und triebhaftes Verhalten bei Tisch, hier als Beispiele angeführt, verschwinden aus der Öffentlichkeit und werden privatisiert. Die Scham ist eine Emotion, die sich in diesem Prozess ganz besonders herausbildet und Einfluss auf andere Entwicklungen nimmt, da sie als Sanktionsmittel der Gesellschaft dient (vgl. Bauks 2011: 196ff). Im Zivilisationsprozess steigen also Affektkontrolle und Schamhaftigkeit immer mehr an. Demnach handeln die Menschen nach Elias in mittelalterlichen Gesellschaften triebhafter und empfinden weniger Scham. Erst in industrialisierten Gesellschaften, in denen Differenzierungen, Konkurrenz und Monopolbildung immer wichtiger wird, und Arbeitsteilung entsteht, wird die externe Kontrolle zur Selbstkontrolle, und die Differenzierung des Über-Ichs, welches Scham- und Peinlichkeitsgefühle auslöst, nimmt im Zivilisierungsprozess zu. Elias glaubt, dass durch die Verinnerlichung der Schamängste die Scham- und Peinlichkeitsgrenze in den Vordergrund rückt (vgl. Hilgers 2006: 315). Definiert wird Scham nach Elias wie folgt: „Scham als Angst sozialer Degradierung, als verinnerlichter und vorauseilender Gehorsam letztlich gegenüber der politischen Macht, welche freilich nicht mehr als solche, sondern moralisch und normativ als Teil des Selbst wahrgenommen werde“ (Bauks 2011: 197). Scham ist demnach der Affekt und Maßstab gelungener Zivilisation (vgl. Bauks 2001: 198).
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- Quote paper
- Jennifer Hein (Author), 2013, Diskussion der Scham bei Elias und Neckel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/282658
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