Die Lektüre eines Heiligenlexikons provoziert beim religiösen Leser ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits ein bewunderndes Erstaunen über eine Spezies Mensch, die der des Lesers kaum mehr gleicht; andererseits die schmerzliche Erkenntnis, dass das eigene Leben so weit vom Ideal entfernt ist. Der Heilige stellt also mit seinem vorbildlichen Leben alles andere in den Schatten. In genau diese Zwiespältigkeit formulierte im Jahr 2000 Papst Johannes Paul II. seine Botschaft zum 15. Weltjugendtag in Rom: „Jugendliche aller Kontinente, habt keine Angst, die Heiligen des neuen Jahrtausends zu sein!“ Der Papst weiß um die Schwierigkeit, diese Aussage ernst zu nehmen: „Ist es heute überhaupt möglich, heilig zu sein? Wenn man nur auf die menschlichen Fähigkeiten zählen wollte, würde diese Aufgabe zu Recht unmöglich erscheinen. Eure Erfolge und Niederlagen sind euch ja bekannt. Ihr wisst, welche Bürden auf dem Menschen lasten, welche Gefahren ihm drohen und welche Folgen seine Sünden haben. Manchmal könnte man den Mut verlieren und meinen, es sei unmöglich, in der Welt oder bei sich selbst etwas zu verändern.“
Und trotzdem schenkt dieser Papst den Jugendlichen der Welt das Vertrauen, dass gerade sie, in dieser modernen, schwierigen Welt heilig werden können. Der Begriff „Heilige“ ist vielfältig. Wenn Papst Johannes Paul II. dazu auffordert, Heilige zu werden, dann erwartet er von den Jugendlichen nicht, dass sie ein so legendäres Leben führen, wie uns von den Heiligen berichtet wird. Vielmehr geht es um das Streben nach Heiligkeit in den ganz alltäglichen und kleinen Dingen, denn zur Heiligmäßigkeit ist jeder berufen, wie es im ersten Petrusbrief heißt: „Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden.“ (1. Petr 1,15) In dieser Seminararbeit möchte ich Einblick geben in das Leben der Heiligen, über die uns das Heiligenlexikon berichtet. Ich möchte herausstellen, wie sich der Begriff „Heilige“ und deren Heiligsprechung im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, und wie die Heiligsprechung, also die Kanonisation, heute vollzogen wird.
Am Ende stehen die Biographien des Pfarrers von Ars und des Bruders Klaus von der Flüe. Sie sollen trotz ihrer Legendenhaftigkeit aufzeigen, dass diese Heilige trotzdem Menschen wie wir waren.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Heilige und Heiligsprechung im Wandel der Geschichte
Die ersten Anfänge
Fehlentwicklungen der Heiligenverehrung
Beginn der Kanonisation im späten Mittelalter
Der Prozess der Heiligsprechung
Unterschied zwischen „selig“ und „heilig“
Beteiligte Personen
a) Der Antragsteller (Actor)
b) Der Postulator
Der Verlauf der Prozessführung
a) Präjudiziale Phase
b) Informative Phase
c) Römische Phase
d) Heiligsprechung
Zwei ausgewählte Biographien
a) Johannes Maria Vianney, der Pfarrer von Ars
b) Bruder Klaus von der Flüe
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die Lektüre eines Heiligenlexikons provoziert beim religiösen Leser ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits ein bewunderndes Erstaunen über eine Spezies Mensch, die der des Lesers kaum mehr gleicht; andererseits die schmerzliche Erkenntnis, dass das eigene Leben so weit vom Ideal entfernt ist. Der Heilige stellt also mit seinem vorbildlichen Leben alles andere in den Schatten.
In genau diese Zwiespältigkeit formulierte im Jahr 2000 Papst Johannes Paul II. seine Botschaft zum 15. Weltjugendtag in Rom: „Jugendliche aller Kontinente, habt keine Angst, die Heiligen des neuen Jahrtausends zu sein!“[1]
Der Papst weiß um die Schwierigkeit, diese Aussage ernst zu nehmen: „Ist es heute überhaupt möglich, heilig zu sein? Wenn man nur auf die menschlichen Fähigkeiten zählen wollte, würde diese Aufgabe zu Recht unmöglich erscheinen. Eure Erfolge und Niederlagen sind euch ja bekannt. Ihr wisst, welche Bürden auf dem Menschen lasten, welche Gefahren ihm drohen und welche Folgen seine Sünden haben. Manchmal könnte man den Mut verlieren und meinen, es sei unmöglich, in der Welt oder bei sich selbst etwas zu verändern.“[2]
Und trotzdem schenkt dieser Papst den Jugendlichen der Welt das Vertrauen, dass gerade sie, in dieser modernen, schwierigen Welt heilig werden können.
Der Begriff „Heilige“ ist vielfältig. Wenn Papst Johannes Paul II. dazu auffordert, Heilige zu werden, dann erwartet er von den Jugendlichen nicht, dass sie ein so legendäres Leben führen, wie uns von den Heiligen berichtet wird. Vielmehr geht es um das Streben nach Heiligkeit in den ganz alltäglichen und kleinen Dingen, denn zur Heiligmäßigkeit ist jeder berufen, wie es im ersten Petrusbrief heißt: „Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden.“ (1. Petr 1,15)
In dieser Seminararbeit möchte ich Einblick geben in das Leben der Heiligen, über die uns das Heiligenlexikon berichtet. Ich möchte herausstellen, wie sich der Begriff „Heilige“ und deren Heiligsprechung im Laufe der Jahrhunderte verändert hat, und wie die Heiligsprechung, also die Kanonisation, heute vollzogen wird.
Am Ende stehen die Biographien des Pfarrers von Ars und des Bruders Klaus von der Flüe. Sie sollen trotz ihrer Legendenhaftigkeit aufzeigen, dass diese Heilige trotzdem Menschen wie wir waren.
Heilige und Heiligsprechung im Wandel der Geschichte
Wenn die Kirche von Heiligen spricht, haben wir heute ein mehr oder weniger klares Verständnis, was die Kirche damit meint. Etwa: Heilige sind herausragende Persönlichkeiten des Glaubens, die von der Kirche amtlich in den Stand der Heiligkeit erhoben worden sind.
Allerdings hat der Begriff „Heilige“ einen geschichtlichen Werdegang hinter sich, sodass unser heutiges Verständnis keineswegs mit dem Verständnis früherer Jahrhunderte übereinstimmt. Ein Blick in die Geschichte zeigt den Wandel der Heiligenverehrung auf.
Die ersten Anfänge
In der Apostelgeschichte erfahren wir vom Sterben des wohl ersten Heiligen der Kirche: Stephanus. Auch wenn die Authentizität dieses Berichtes angezweifelt werden kann, so erhalten wir doch Einblick in das Begriffsverständnis der Christen des Neuen Testaments. Lukas stellt das Sterben des Stephanus analog des Sterbens Jesu dar: angefangen bei der Verhaftung mit darauf folgender Verteidigungsrede seines Glaubens, der gewaltsame Tod und die noch im letzten Atemzug ausgesprochene Bitte an Gott um Verzeihung für seine Mörder, außerdem sein charismatisches Auftreten und die Beschreibung als Wundertäter und Prediger. Diese Form der Darstellung soll zeigen, dass Stephanus das Leiden und den Tod Jesu nachvollzieht, dass „die Geschichte Stephans (…) die Geschichte Christi in einem anderen Gewand“[3] ist. Und genau das ist es, was ihn in der frühen Kirche zu einem Heiligen macht.
Heiligkeit und Martyrium waren also am Anfang untrennbar miteinander verbunden. Gerade in den ersten drei Jahrhunderten, als die Christenverfolgungen am schlimmsten wüteten und viele Menschen durch das Bekenntnis zu Christus ihr Leben verloren, wuchs die Zahl der Heiligen stark an. Der „Heiligsprechungsprozess“ war zu dieser Zeit „ein spontaner Akt der Christengemeinde“[4], einzige Norm war eben – anders als heute – der erlittene Märtyrertod, der auch Bluttaufe genannt wurde (es gab auch gewisse Ausnahmen, da manche Christen sozusagen um das Martyrium „betrogen“ wurden; sie hatten sich zwar öffentlich zum Christentum bekannt, wurden aber nicht hingerichtet. Man nannte diese Menschen „überlebende Bekenner“ und verehrte sie aufgrund dieses Bekenntnisses und ihrer Bereitschaft, dafür in den Tod zu gehen.).
Das klassische Zeitalter der Märtyrer ging mit Beginn der Herrschaft Konstantins, des ersten christlichen Kaisers, im vierten Jahrhundert zu Ende. In diesen friedlichen Zeiten war ein Sterben analog des Sterbens Jesu kaum mehr möglich. Das Heiligenideal verwandelte sich in dieser Zeit insofern, dass man nun dem enthaltsamen Leben Jesu nacheiferte: damit begann das Zeitalter der Mönche und Eremiten. In Hinblick auf die Lebensweise Jesu „verordneten [sie] sich nach strengsten Regeln die Selbstvernichtung, indem sie freiwillig auf Nahrung, Sex, Geld, bequeme Kleidung und Wohnung sowie auf jede Form der Gemeinschaft mit anderen Menschen (vor allem auf die Ehe) verzichteten.“[5] Diese Art des (manchmal sicherlich stark übertriebenen) Martyriums wurde „weißes“ Martyrium genannt.
Fehlentwicklungen der Heiligenverehrung
Der feine Unterschied zwischen Anbetung und Verehrung führte in der Kirchengeschichte bekanntermaßen zu mehreren Streitfällen (beispielsweise der Bilderstreit, bei dem auch Karl der Große mitwirkte). Immer wieder nahm der Kult um Heilige groteske Formen an, die nicht nur den nichtchristlichen Mitmenschen, sondern auch führenden Kirchenvertretern missfielen. Von Kaiser Julian Apostata (viertes Jahrhundert) stammt der Satz: „Immer neue Leichen fügt ihr der alten Leiche (Christi) hinzu. Ihr habt die ganze Welt mit Gruften und Grabmälern angefüllt.“ Der Kaiser bezieht sich damit auf seine Beobachtungen, wie die Christen mit den Leichen von Märtyrern umgingen. Nach dem Tod eines Märtyrers wurden dessen Gebeine sorgfältig eingesammelt und in ein Grab gelegt (anfangs meist Katakomben) und versiegelt. Jährlich, am Todestag des Heiligen, feierte man an dessen Grab sozusagen dessen „himmlische Wiedergeburt“. In dieser Weise waren in der liturgischen Feier Grab und Altar eng miteinander verbunden, was für Nichtgläubige freilich ein Paradoxon war: zeitlebens waren die nun als Heiligen verehrten Personen darauf bedacht, ihren Körper gering zu schätzen. Nach dem Märtyrertod aber war derselbe Körper „teurer als Edelsteine und feiner als Gold“.
[...]
[1] http://www.vatican.va/holy_father/john_paul_ii/messages/youth/documents/hf_jp-ii_mes_29061999_xv-world-youth-day_ge.html
[2] Ebenda.
[3] Woodward, Kenneth L., Die Helfer Gottes. Wie die katholische Kirche ihre Heiligen macht, München 1990, S. 61.
[4] Ebenda, S. 57.
[5] Woodward, Kenneth L., Die Helfer Gottes. Wie die katholische Kirche ihre Heiligen macht, München 1990, S. 62.
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