Die Aufgaben der Institution Schule in unserer Gesellschaft sind mannigfaltig. Neben Unterrichtsinhalten und fachspezifischen Kompetenzen soll die Schule auch die Persönlichkeitsentwicklung des Schüler fördern. Dies umfasst die Vermittlung verschiedener Wertsysteme und die Fähigkeit zu deren kritischer Überprüfung, aber hierüber hinaus auch Grundlagen, die man wohl nicht auf den ersten Blick mit schulischem Unterricht assoziieren würde. Solche sind die Förderung von Lernbereitschaft, Selbständigkeit, Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und damit eng verbunden Selbstvertrauen. Diese Grundlagen sind oft eng miteinander verbunden und beeinflussen sich nicht selten gegenseitig in ihrer Ausprägung. So geht ein niedriges Selbstvertrauen oft mit einer geringen Lernbereitschaft einher.
Der Begriff "Selbstkonzept" wird in Fachkreisen sehr unterschiedlich gebraucht und interpretiert. In dieserArbeit wird dargestellt, was man unter einem Selbstkonzept versteht und welchen Einflüssen es unterliegt. Es werden verschiedene Faktoren des Selbstkonzepts genannt und ihre Abhängigkeit voneinander untersucht. Anschließend wird die Bedeutung der Selbstkonzeptforschung für den schulischen Kontext erläutert. Auf dieser Basis wird dann erörtert, wie die Schule, und im besonderen der Lehrer, unter Berücksichtigung dieser Faktoren positiv auf das Selbstkonzept des Schülers einwirken kann, um damit Leistung und Erfolg im schulischen wie in anderen sozialen Bereichen zu fördern.
Inhaltsverzeichnis:
1 Einleitung
2 Das Selbstkonzept im Allgemeinen
2.1 Was versteht man unter einem Selbstkonzept?
2.2 Wie entsteht das Selbstkonzept?
2.3 Welche Auswirkungen hat das Selbstkonzept auf eigenes Erleben und Verhalten?
2.4 Schwierigkeiten bei der Erfassung des Selbstkonzepts
3 Was prägt das Selbstkonzept im Spannungsfeld der Schule?
3.1 Noten
3.2 Schulform
3.2.1 Fachspezifische Leistungsdifferenzierung
3.2.2 Gliederung des Schulsystems
3.3 Von der Schule vertretene Ideologie
3.4 Elterliches Engagement für Schulleistungen
4 Wie kann die Schule das Selbstkonzept der Schüler positiv beeinflussen?
4.1 Gezieltes Lob
4.2 Realitätsbezug
4.3 Motivation
4.4 Entspannte Lernsituation
4.5 Objektive Bewertung
4.6 Achtung des Schülers
4.7 Einbeziehung der Eltern
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Aufgaben der Institution Schule in unserer Gesellschaft sind mannigfaltig. Neben Unterrichtsinhalten und fachspezifischen Kompetenzen soll die Schule auch die Persönlichkeitsentwicklung des Schüler fördern. Dies umfasst die Vermittlung verschiedener Wertsysteme und die Fähigkeit zu deren kritischer Überprüfung, aber hierüber hinaus auch Grundlagen, die man wohl nicht auf den ersten Blick mit schulischem Unterricht assoziieren würde. Solche sind die Förderung von Lernbereitschaft, Selbständigkeit, Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und damit eng verbunden Selbstvertrauen.
Diese Grundlagen sind oft eng miteinander verbunden und beeinflussen sich nicht selten gegenseitig in ihrer Ausprägung. So geht ein niedriges Selbstvertrauen oft mit einer geringen Lernbereitschaft einher, wie an folgendem Beispiel deutlich wird: Bei meiner Arbeit als Deutschlehrer in einer englischen Gesamtschule fragte ich eine Bottom-Set-Gruppe nach der englischen Übersetzung des Wortes „ich“. Obwohl dies selbst für eine schwache Lerngruppe keine schwierige Frage sein dürfte, bekam ich keine Antwort. Auf wiederholtes Nachfragen entgegnete ein Schüler „We don’t know that, Sir. Who do you think you’re teaching? We’re bottom-set. We’re thick as hell!” Anscheinend prägt die Zugehörigkeit zu einer der schwächsten Lerngruppen das Bewusstsein der Schüler so stark, dass sie sich nicht einmal Mühe geben, Fortschritte zu machen bzw. wenigstens einfache Fragen zu beantworten.
Hier drängt sich die Notwendigkeit einer Stärkung des Selbstvertrauens der Schüler für ein erfolgreiches Lernen regelrecht auf. Um in dieser Hinsicht positiv auf einen Schüler einwirken zu können, empfiehlt sich die genauere Betrachtung der menschlichen Psyche und des Phänomens, das die Psychologie mit dem Begriff „Selbstkonzept“ bezeichnet. Dieser Begriff wird in Fachkreisen sehr unterschiedlich gebraucht und interpretiert. Im Folgenden stelle ich allgemein dar, was man unter einem Selbstkonzept versteht und welchen Einflüssen es unterliegt. Ich nenne verschiedene Faktoren des Selbstkonzepts und untersuche ihre Abhängigkeit voneinander. Anschließend erläutere ich die Bedeutung der Selbstkonzeptforschung für den schulischen Kontext. Auf dieser Basis wird erörtert wie die Schule, und im besonderen der Lehrer, unter Berücksichtigung dieser Faktoren positiv auf das Selbstkonzept des Schülers einwirken kann, um damit Leistung und Erfolg im schulischen wie in anderen sozialen Bereichen zu fördern.
2 Das Selbstkonzept im Allgemeinen
2.1 Was versteht man unter einem Selbstkonzept?
Der Begriff „Selbstkonzept“ (oder auch „Selbstbild“) bezeichnet nach Meyer die „Gesamtheit der wahrgenommenen eigenen Attribute und deren Struktur“.[1] Buff definiert ihn als „Oberbegriff für eine ganze Reihe thematisch unterschiedlichster, selbstbezogener kognitiver Repräsentationen.“[2] Pekrun stellt klar, dass es sich hierbei auch um „unbewusste kognitive Repräsentationen“ handeln kann.[3] Aus diesen Aussagen wird nicht nur deutlich, dass es anscheinend schwer ist, eine eindeutige und allgemein anerkannte Definition des Selbstkonzepts zu finden, sondern man erkennt auch, dass dieser Begriff offensichtlich ein sehr komplexes Gefüge bezeichnet.
Das Konzept, das eine Person von sich selbst hat, entsteht zum einen durch Selbstbeobachtung und zum anderen durch Rückmeldungen der Umwelt. Das Selbstkonzept und die damit verbundene Wertschätzung der eigenen Person hat fast immer Auswirkungen auf das Verhalten eines Menschen. Es unterliegt ständigen Einflüssen, die dem Individuum Möglichkeit und Anlass geben, das Bild von der eigenen Peson immer wieder zu überprüfen und gegebenenfalls bewusst oder unbewusst zu ändern. Diese Veränderungen geschehen allerdings nicht schnell oder leichtfertig. Ganz im Gegenteil erweisen sich die Repräsentationen des Selbst als zeitlich relativ stabil. Forschungen haben ergeben, dass Menschen dazu neigen, selbstbezogene Informationen sogar so zu selektieren, dass sie der Aufrechterhaltung des Selbstkonzeptes dienen. Ein Phänomen, das Greenwald „kognitiver Konservativismus“ nennt.[4]
Obwohl der Begriff „Selbstkonzept“ in der Literatur oft mit dem Begriff „Selbstwertgefühl“ gleichgestellt wird, ordnen viele Autoren letzterem noch eine eigene Bedeutung zu. Hierbei verstehen sie unter dem Begriff. Selbstwertgefühl die eigene Wertschätzung einer Person, also eine Konsequenz des Selbstkonzeptes.
Zwar gilt das Selbstkonzept als zentraler Aspekt der Persönlichkeit. Die „Persönlichkeit“ ist dem Selbstkonzept aber im allgemeinen übergeordnet. Um theoretische Klarheit zu schaffen, soll hier kurz der Begriff Persönlichkeit von dem Begriff Selbstkonzept abgegrenzt werden. Die Persönlichkeit umschließt außer den Merkmalen des Selbstkonzepts auch psychische Strukturen, Einstellungen zur Umwelt (Schule, Lehrer, Mitschüler, Eltern), habituelle psychische Prozesse wie Sympathien, Depressionen und Wettbewerbsverhalten (Schule: Prüfungsangst, Lernfreude) sowie somatische Merkmale (Prozessdispositionen des zentralen Nervensystems).[5] Pekrun definiert “Persönlichkeit” ganz allgemein als „die Menge aller relativ zeitstabilen Merkmale einer Person [...], die individuell unterschiedlich ausgeprägt sein können.“[6]
2.2 Wie entsteht das Selbstkonzept?
Die Art und Weise, wie ein Mensch sich selbst erlebt, kann durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. So zum Beispiel durch physische Merkmale, wie Körpergröße, Körperkraft und Aussehen.
Mindestens genauso wichtig ist aber die Selbstwahrnehmung durch Beurteilungen durch die Umwelt, sogenannte Fremdeinschätzungen. Hierzu zählen Beurteilungen durch das Elternhaus, das schulische Umfeld und die Peer-Group. Besonders die Eltern prägen das Selbstkonzept ihrer Kinder bereits in jüngstem Alter durch vielfältige Signale. Schulz von Thun nennt diese Signale „Du-Botschaften“. Hier wird unterschieden zwischen expliziten Botschaften („Du kannst gut malen.“, „Du Dummkopf!“) und implizite Beziehungsbotschaften („Muss ich Dir denn alles dreimal sagen?“).[7] Solche Aussprüche zeigen einer Person deutlich, wie Menschen in ihrer Umgebung zu ihr stehen. Hierbei handelt es sich um deutliche verbale Botschaften. Natürlich kann man einem Menschen auch nonverbal mitteilen, wie man ihn beurteilt. Etwa indem man ihm im Falle der Geringschätzung bewusst oder unbewusst den Rücken zudreht.
Einen Teil unserer Urteile über die eigene Fähigkeit holen wir auch durch soziale Vergleichsvorgänge ein: Man hält sich für einen guten Schachspieler, wenn man die meisten anderen besiegt. Die eigene Fähigkeit als Läufer wird man als gering bewerten, wenn man langsamer ist, als die meisten anderen Mitläufer.
Im Normalfall bewirkt die sogenannte „Aktualisierungstendenz“, die dem Menschen innewohnt, eine regelmäßige Änderung des Selbstkonzepts.[8] Wie in Kapitel 2.1 angesprochen, erweist sich das Selbstkonzept jedoch als relativ änderungsresistent und stellt daher auch nicht immer ein objektives Bild des Selbst dar. Je größer die Diskrepanz zwischen Selbstkonzept und erlebter Wirklichkeit ist, desto gefährlicher ist dies für die Psyche des Individuums. Laut Rogers wird das Individuum Erfahrungen entweder selektiv wahrnehmen, um das Selbstbild zu verteidigen, oder im Falle besonders starker Inkongruenz das Selbstkonzept verwerfen, was unter extremen Bedingungen bis hin zum Zerbrechen der Persönlichkeitsstruktur führen kann.
[...]
[1] Wulf-U. Meyer (1984). Bild von der eigenen Begabung. S.14
[2] Alex Buff (1991) Persönlichkeitsentwicklung im Umfeld des Übertritts in die Sekundarstufe I. S.47
[3] Vgl. Reinhard Pekrun (1983) Schulische Persönlichkeitsentwicklung. S.74
[4] Vgl. Anthony G. Greenwald (1980). The totalitarian ego: Fabrication and revision of personal history. S.35
[5] Vgl. Alex Buff (1991) Persönlichkeitsentwicklung im Umfeld des Übertritts in die Sekundarstufe I S.44
[6] Reinhard Pekrun (1983), Schulische Persönlichkeitsentwicklung. S.59
[7] Friedemann Schulz von Thun (1961). Miteinander reden. S.188f
[8] Vgl. Carl R. Rogers (1983) Therapeut und Klient. S.41f
- Citar trabajo
- Benjamin Althaus (Autor), 2003, Selbstkonzeptbildung in der Schule, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/28140
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