Diese Arbeit behandelt die Frage, ob in der Bundesrepublik Deutschland das Bundespräsidentenamt notwendig oder abdingbar ist. Für diese Beurteilung ist es zuerst notwendig, die Entstehung des Amtes zu verstehen, aufzuzeigen und die verfassungsrechtliche Stellung des Bundespräsidenten zu erläutern. Es soll der zentralen Frage nachgegangen werden, ob die Verfassung eine Abschaffung des Amtes des Bundespräsidenten aus Rechtswegen gestattet und welche Anforderungsgründe hierfür erfüllt werden müssten. Anschließend werden die Aufgaben und Funktionen des Bundespräsidenten beleuchtet. Hierauf aufbauend wird untersucht, ob diese Aufgaben und Funktionen auf andere Staatsorgane übertragen werden können.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Vorwort
Aus Platzgründen und zu einer besseren Lesbarkeit, wird auf eine Genderisierung verzichtet. Der Text ist in der männlichen Schreibweise gehalten. Die in dieser Arbeit benutzten Bezeichnungen und personenbezogene Funktionen sind Geschlechter gleichwertig zu verstehen.
Einleitung
Diese Hausarbeit behandelt die Frage, ob in der Bundesrepublik Deutschland das Bundespräsidentenamt notwendig oder abdingbar ist. Für diese Beurteilung ist es zuerst notwendig, die Entstehung des Amtes zu verstehen, aufzuzeigen und die verfassungsrechtliche Stellung des Bundespräsidenten zu erläutern. Es soll der zentralen Frage nachgegangen werden, ob die Verfassung eine Abschaffung des Amtes des Bundespräsidenten aus Rechtswegen gestattet und welche Anforderungsgründe hierfür erfüllt werden müssten. Anschließend werden die Aufgaben und Funktionen des Bundespräsidenten beleuchtet. Hierauf aufbauend wird untersucht, ob diese Aufgaben und Funktionen auf andere Staatsorgane übertragen werden können.
2. Verfassungsrechtliche Stellung des Bundespräsidenten
2.1 Die Entstehung des Bundespräsidentenamtes
Nach dem ersten Weltkrieg und mit dem Exil von Kaiser Wilhelm II, trat am 06. Februar 1919 erstmalig die Nationalversammlung in Weimar zusammen um letztlich Friedrich Ebert als ersten Reichspräsidenten zu wählen.
Anders als heute, wurde der Reichspräsident der Weimarer Republik direkt vom Volk gewählt und entsprach somit einer konstitutionellen monarchischen Stellung. Die Befugnisse des Reichspräsidenten reichten von erlassen von Neuwahlen, bis hin zur Auflösung des Parlaments (Art. 25 Weim. Verf.). Des Weiteren fungierte der Reichspräsident als Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Art. 47 Weim. Verf.). Der Reichspräsident konnte darüber hinaus auf Berufung von Ordnung und Sicherheit jederzeit gesetzesvertretende Verordnungen, die sog. Notverordnung, erlassen (Art. 48 Abs. 2 Weim. Verf.).
Die nach Art. 54 Weim. Verf. erteilten Befugnisse erlaubten dem Reichspräsidenten sogar beliebig Regierungen zu gründen und ebenso zu entlassen.
Diese, nach Art. 54. Weim. Verf. einberufenen Regierungen benötigten allerdings das Einverständnis des Parlaments und musste bei ausdrücklicher Verweigerung durch das Parlament zurücktreten (Art. 54 Weim. Verf.).
Nicht zuletzt hinderte auch dieses Verweigerungsrecht letztlich nicht das Naziregime daran „Hitlerdeutschland“, zu gründen. Die gewonnenen Erfahrungen nach dem 2. Weltkrieg
bestimmten die Arbeit der Verfassungsmütter und –väter am Bonner Grundgesetz 1948/1949 erheblich.[1] Mit der neuen Verfassung sollte die Demokratie stabil konstruiert, und soweit dies eine Verfassung leisten vermag, Rückfälle auf einen autoritären Staat weitestgehend unmöglich gemacht werden.[2] In bewusster Abkehr zu seinem republikanischen Vorläufer sollte ein schwaches, unselbstständiges und weitestgehend repräsentatives Staatsoberhaupt für die Bundesrepublik geschaffen werden, von welchem die Regierung unabhängig handlungsfähig ist. Somit wurde ein rein parlamentarisches Regierungssystem konstituiert.
2.2 Rechtsstellung des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident wird allgemein als ein nicht regierendes und unselbständiges Staatsoberhaupt[3] oder als „pouvoir neutre“[4] verstanden, dessen ungeachtet davon, dass er oberstes Verfassungsorgan und Teil der Gubernative ist.[5] Im politischen System wird der Bundespräsident als repräsentierendes und nicht als regierendes Staatsoberhaupt eingesetzt. Ähnlich wie in Österreich, Italien oder den konstitutionellen Monarchien nur mit geringer politischer Macht.[6] Verfassungsrechtlich wird das Bundespräsidentenamt demnach vor allem als Repräsentations- und Integrationsorgan verstanden, der über nur wenige verfassungsrechtliche Kompetenzen und Befugnisse verfügt und das Volk vertritt (Art. 59 Abs. 1). Somit kann der Bundespräsident zu keiner der herrschenden Gewaltenteilung (Legislative, Exekutive und Judikative) zugeordnet werden.[7] In diesem Kontext ist der Bundespräsident eher als Komplementär zu oder als Bindeglied zwischen den Gewalten und ihren Vertretern zu verstehen.[8]
Nach dem vorherrschenden Verfassungsverständnis, spielt der Bundespräsident im politischen Tagesgeschäft nur eine Nebenrolle. Er soll überparteilich und neutral sein, zur Integration der partikularen Interessen und widerstreitenden politischen Positionen beitragen und keine eigene Politik betreiben. Zur laufenden politischen Staatsleitung, zur Tagespolitik oder zu allgemein politisch streitigen Fragen soll er zudem möglichst keine Stellung beziehen.[9]
2.3 Wahl und Amtsperiode des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident wird gem. Art. 54 Abs. 1 GG von der Bundesversammlung gewählt, die als besonderes Verfassungsorgan sowohl die Bundes- als auch die Länderebene repräsentiert. Der Bundespräsident verfügt mithin über eine „doppelte“ demokratische Legitimation, die die bundesstaatliche Integrationsrolle des Staatsoberhauptes trägt. Wählbar ist gem. Art. 54 Abs. 1 S. 1 GG jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. Diese Wählbarkeitskriterien sind abschließend.[10]
Die Amtsdauer und die Wiederwahl sind in Art. 54 Abs. 2 GG geregelt. Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre. Eine nur einmalige Wiederwahl ist zulässig. Demnach ist eine maximale Amtszeit von zehn Jahren möglich.
Hinsichtlich der Beendigung der Amtsperiode ist im Grundgesetz nur die Beendigung des Amtes durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. Art. 61 Abs. 2 GG) geregelt. Daneben endet das Amt durch Ende der fünfjährigen bzw. zehnjährigen Amtszeit. Zudem endet das Amt durch Verlust der Wählbarkeit, selbstverständlich auch durch Tod oder Rücktritt.[11]
2.4 Möglichkeit der Amtsenthebung des Bundespräsidenten
Der Bundespräsident kann nicht abberufen oder abgewählt werden, selbst wenn er keinerlei politische Zustimmung mehr erhält.[12] Art. 61 GG sieht den einzigen Weg zur außerordentlichen Beendigung des Amtes, daher zur Absetzung des Staatsoberhauptes durch das BVerfG vor. Um einen Bundespräsident abzusetzen bedarf es jedoch starker Gründe. Somit kann ein Bundespräsident nicht aus beliebigen politischen Motiven abgesetzt werden.
Es bedarf einer vorsätzlichen Verfassungs- bzw. Gesetzesverletzung, wozu es überdies eines dem Strafprozess nachgebildeten Verfahrens vor dem BVerfG bedarf.[13] Soweit dem Bundespräsidenten eine Gesetzesverletzung vorgeworfen wird, rekurriert Art 61 Abs. 1 S. 1 GG auf formelles Gesetzesrecht des Bundes.[14]
3. Aufgaben und Funktionen des Bundespräsidenten
3.1. Wesentliche Aufgaben und Funktionen des Bundespräsidenten
Im Grundgesetz widmet sich insbesondere der fünfte Abschnitt (Art. 54 ff. GG) dem Amt des Bundespräsidenten. Dieser Abschnitt enthält lediglich nur in Art. 59 GG und Art. 60 GG die Befugnisse des Bundespräsidenten. Weitere Regelungen und Zuständigkeiten finden sich verteilt im Grundgesetz in anderen Zusammenhängen.[15]
Der Bundespräsident ist symbolisch-formaler Repräsentant der Einheit des Staates und vertritt diesen nach außen hin (vgl. Art. 59 Abs. 1 GG). Art. 59 Abs. 1 GG regelt die ausschließliche Organzuständigkeit des Bundespräsidenten, namens der Bundesrepublik Deutschland im völkerrechtlichen Verkehr rechtserheblich zu handeln. Art. 59 GG Abs. 2 betrifft die innerstaatliche Beteiligung der gesetzgebenden Körperschaften beim Abschluss völkerrechtlicher Vereinbarungen. Er ist dazu berufen, die den Staatsoberhäuptern eigene Integrationsfunktion auszuüben, welche nicht normiert oder normierbar ist.[16]
Art. 60 GG enthält Ernennungs- und Entlassungszuständigkeiten des Bundespräsidenten in Bezug auf Soldaten, Bundesbeamte und Bundesrichter sowie die Gnadenkompetenz für den Bund.
Von besonderer Bedeutung ist insbesondere die Reservefunktion des Bundespräsidenten, dem in bestimmten staatsrechtlich bedeutsamen Situationen, z.B. beim Vertrauensverlust des Bundeskanzlers (vgl. Art. 68 GG), die Aufgabe zukommt, für bestimmte Verfahren die erforderliche Legitimität zu vermitteln. Die Legalitätsreservefunktion entfaltet sich vor allem im Rahmen der Ausfertigung von Gesetzen gem. Art. 82 Abs. 1 GG.
3.2 Ausfertigung von Gesetzen
Der Bundespräsident fertigt nach Art. 82 Abs. 1 GG die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zu Stande gekommenen Gesetze aus. Mit der Ausfertigung, welche in der Herstellung der Urschrift einer Rechtsnorm besteht,[17] wird der Wille des Normgebers nach außen kundgetan[18]. Sie wird durch die Unterzeichung des Bundespräsidenten unter die Gesetzesurkunde vollzogen.[19] Damit bestätigt der Bundespräsident, dass der in der Urkunde wiedergegebene Gesetzestext mit dem im Gesetzgebungsverfahren beschlossenen übereinstimmt (sog. Authentizitätsfunktion).[20] Daneben kommt der Gesetzesausfertigung eine Legalitätsfunktion zu. Der Bundespräsident bescheinigt mit ihr, dass das jeweilige Gesetz ordnungsgemäß nach den Vorschriften des Grundgesetzes zu Stande gekommen ist.[21]
3.2.1 Formelles Prüfungsrecht
Die Kompetenz des Bundespräsidenten, ein Bundesgesetz auf sein verfassungsmäßiges Zustandekommen zu überprüfen, das so genannte formelle Prüfungsrecht, ist allgemein anerkannt.[22] Sie folgt unmittelbar aus Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG, nach dem nur die zu Stande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten ausgefertigt werden. Dem Grundgesetz kann dem Wortlaut nach auch keine Differenzierung zwischen offenkundigen und versteckten oder bestrittenen Verfassungsverstößen entnommen werden, wie es teilweise gefordert wird. Vielmehr lässt sich die Funktion des Art. 82 Abs. 1 S. 1 GG gegen eine Einschränkung des Prüfungsumfangs anführen. Mit der Ausfertigung des Gesetzes bestätigt der Bundespräsident den ordnungsgemäßen Abschluss des Verfahrens.[23] Auch ein verdeckter oder bestrittener Fehler im verfassungsrechtlichen Verfahren, der nicht gleichsam offenkundig ist, stellt einen Grundgesetzverstoß dar, mit der Folge, dass von einem ordnungsgemäßen Verfahren nicht die Rede sein kann.
Entscheidungsmaßstab für die Ausfertigungsprüfung sind die Vorschriften des Grundgesetzes.[24] Ein entscheidendes Kriterium ist die Überzeugung des Bundespräsidenten. Ist er in Folge der Prüfung der Überzeugung, dass das Gesetz verfassungswidrig ist, darf er dieses nicht ausfertigen.[25]
[...]
[1] Vgl. Willoweit, Deutsche Verfassungsgeschichte, S. 426 f.
[2] Vgl. Fromme, Von der WRV zum Bonner GG, S. 32.
[3] Vgl. Maunz/Dürig-Herzog, GG, Art 54 Rn 6; Stern, Staatsrecht II, S. 197 f.
[4] Vgl. Stein, ZaöRV 2009, 249 ff.
[5] Vgl. v. Münch/Kunig-Fink, GG, Art 54 Abs. 1 Rn. 4 ff.
[6] Vgl. Mehlhorn, Bundespräsident, S. 286 ff.
[7] Vgl. Stern, Staatsrecht II, S. 212.
[8] Vgl. Umbach/Clemens-Umbach, GG, Art. 54 Rn. 7.
[9] Vgl. Schlaich, Neutralität, S. 80.
[10] Vgl. BVerfGE 89, 362.
[11] Vgl. Umbach/Clemens-Umbach, GG, Art. 54 Rn. 40.
[12] Vgl. Mehlhorn, Bundespräsident, S. 118.
[13] Vgl. Maunz/Dürig-Herzog, GG, Art. 61 Rn. 1.
[14] Vgl. Jarras/Pieroth, GG, Art, 61 Rn. 2 m.w.N.
[15] Art. 39 Abs. 3, Art. 63, Art. 65, Art 64 Abs. 1, Art. 68 Abs. 1, Art 69 Abs. 3, Art 81 Abs. 1, Art 82 Abs. 1, Art. 115a, Art. 115h, Art 136 Abs. 2 GG.
[16] Vgl. Ipsen, Staatsrecht I, Rn. 523.
[17] Vgl. Dreier, GG, Art. 82 Rn. 11.
[18] Vgl. Decker, JA 2001, 247, 248.
[19] Vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 82 Rn. 2.
[20] Vgl. Jarass/Pieroth, GG, Art. 82 Rn. 2.
[21] Vgl. Umbach/Clemens-Rubel, GG, Art. 82 Rn. 10.
[22] Vgl. Degenhart, StaatsR I, Rn. 562.
[23] Vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck-Brenner, GG, Art. 82 Rn. 20.
[24] Vgl. Schoch, ZfG 2008, 209, 216 ff.
[25] Vgl. a.a.O.
-
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X. -
Téléchargez vos propres textes! Gagnez de l'argent et un iPhone X.