Seit dem 1. August 2003 ist es soweit: Auch in NRW ist der flächendeckende Englischunterricht in den Grundschulen NRWs angekommen und mit ihm eine Vielzahl von Veröffentlichungen, wie dieser zu konzeptionieren und strukturieren ist.
In die Primarschule für Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache als zielgleich unterrichtende Sonderschule hat der Englischunterricht dementsprechend auch Einzug gehalten. Was hier allerdings fehlt, ist ein entsprechendes Konzept!
Die Leitfrage muss also lauten: Wie kann man Kinder mit sprachlichen Beeinträchtigungen Englisch lehren, ohne sie zu überfordern? Geht das überhaupt?
Motivation dieser Arbeit ist es, diesen Fragen nachzugehen und ein brauchbares Konzept für die Erich Kästner-Schule als Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache zu erstellen, das in Zukunft als Leitfaden und als Grundlage weiterer Überlegungen dienen soll. Teile dieser Arbeit werden der entsprechenden Aktualisierung des Schulprogramms dienen.
Als Leitfaden steht diese Arbeit zwei Adressaten zur Verfügung: Zum einen können sich Fachlehrerinnen der Erich Kästner-Schule hieran orientieren. Zum anderen richtet sich diese Arbeit auch an die weiteren Lehrerinnen der Schule. Diese Arbeit soll für sie eine Einführung darstellen, die durch Transparenz eine Basis für die Zusammenarbeit von Klassen- und Fachlehrerinnen bietet und fächerverbindenden Englischunterricht, wie er im Kollegium erwünscht ist, erlaubt.
Diese Arbeit teilt sich in einen literaturgestützten und einen eigenverantwortlichen Teil. Bis auf wenige Ausnahmen, die dann explizit markiert wurden, sind diese streng voneinander getrennt.
Der erste Teil beschäftigt sich mit den Veröffentlichungen, welche in Bezug auf Englischunterricht in der Primarstufe zu finden sind. Im zweiten Teil wird schließlich das Konzept für die Erich Kästner-Schule entwickelt, indem die in Teil I beschriebenen Konzepte aus der Literatur, die auch für die Erich Kästner-Schule Verbindlichkeit besitzen, reflektiert und zu großen Teilen adaptiert sowie erweitert werden. Da in diesem Bereich bis dato noch keine Grund-lagen zur Verfügung stehen, leistet die Erarbeitung dieses Konzepts Basisarbeit. In Form eines Exkurses wird die Frage behandelt, ob es möglich ist, noch einen Schritt weiter zu gehen und den Englischunterricht sprachheilpädagogisch zu nutzen.
INHALTSVERZEICHNIS
EINLEITUNG
TEIL I GRUNDLAGEN DER KONZEPTIONELLEN ÜBERLEGUNGEN
1 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE
1.1 Aufgaben und Bereiche
1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung
1.3 Methodische Prinzipien
1.4 Verbindliche Anforderungen
1.5 Leistungsbewertung
2 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER PRIMARSTUFE FÜR KINDER MIT FÖRDERBEDARF IM BEREICH SPRACHE
2.1 Englisch im Primarbereich von Sonderschulen
2.2 Die Frage nach dem Sinn des Englischunterrichts für Schüler mit Förderbedarf im Bereich Sprache
2.3 Gibt es sie, die sprachheilpädagogische Didaktik für den Englischunterricht?
2.4 Formen therapieimmanenten Englischunterrichts
TEIL II LET´S PLAY ENGLISH
Entwicklung eines Konzepts für den Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe der
Erich Kästner-Schule (SfSB) in Münster
3 ZUR AUSGANGSLAGE
3.1 Organisatorisches
3.1.1 Personelle Ressourcen
3.1.2 Räumliche Ressourcen
3.1.3 Mediale Ressourcen
3.1.4 Zeitplan
3.2 Beschreibung der Lernvoraussetzungen der Schüler einer dritten Jahrgangsstufe
4 KONZEPTIONELLE ÜBERLEGUNGEN ZUM ENGLISCHUNTERRICHT EINER DRITTEN JAHRGANGSSTUFE
4.1 Reflexion und Adaption bestehender Konzepte für die Grundschule
4.1.1 Aufgaben und Bereiche des Faches Englisch
4.1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung
4.1.3 Methodische Prinzipien
4.1.4 Verbindliche Anforderungen am Ende der dritten Klasse
4.1.5 Möglichkeiten zur Leistungsbewertung
4.2 Möglichkeiten der sprachheilpädagogischen Förderung im Englischunterricht
4.2.1 Sprachliche Bereiche
4.2.2 Sprachtragende Bereiche
4.3 Planung von Englischunterricht
4.3.1 Planung eines Themas
4.3.2 Auswahl von – aus sprachheilpädagogischer Sicht – geeignetem Material
4.4 Evaluation
4.4.1 Evaluation der Lernstände von Englisch und Sprachenlernen
4.4.2 Evaluation sprachlicher Förderung
SCHLUSSBETRACHTUNG & A USBLICK
BIBLIOGRAFIE
Zitierte Literatur
Abbildungsverzeichnis
Kommentierte Grundlagenliteratur
ANHANG
EINLEITUNG
EINLEITUNG
Seit dem 1. August 2003 ist es soweit: Auch in NRW ist der flächendeckende Englischunterricht in den Grundschulen1
NRWs angekommen und mit ihm eine Vielzahl von Veröffentlichungen, wie dieser zu konzeptionieren und
strukturieren ist.
In die Primarschule für Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache als zielgleich unterrichtende Sonderschule hat
der Englischunterricht dementsprechend auch Einzug gehalten. Was hier allerdings fehlt, ist ein entsprechendes
Konzept!
Die Leitfrage muss also lauten: Wie kann man Kinder mit sprachlichen Beeinträchtigungen Englisch lehren, ohne
sie zu überfordern? Geht das überhaupt?
Motivation dieser Arbeit ist es, diesen Fragen nachzugehen und ein brauchbares Konzept für die Erich Kästner-
Schule zu erstellen, das in Zukunft als Leitfaden und als Grundlage weiterer Überlegungen dienen soll. Teile dieser
Arbeit werden der entsprechenden Aktualisierung des Schulprogramms dienen.
Als Leitfaden steht diese Arbeit zwei Adressaten zur Verfügung: Zum einen können sich Fachlehrerinnen1 der Erich
Kästner-Schule hieran orientieren. Dies ist vor allem mit Blick auf den anstehenden personellen Wechsel im nächsten
Schuljahr, wie er in Kap. 3.1 beschrieben wird, sinnvoll. Zum anderen richtet sich diese Arbeit auch an die weiteren
Lehrerinnen der Schule. Auf Grund des geschäftigen Alltags an der Erich Kästner-Schule hat das Fach Englisch
trotz Interesses noch keine Öffnung erfahren, weshalb viele Kolleginnen nicht recht wissen, wie „moderner“
Englischunterricht aussehen kann. Diese Arbeit soll für sie eine Einführung darstellen, die durch Transparenz eine
Basis für die Zusammenarbeit von Klassen- und Fachlehrerinnen bietet und fächerverbindenden Englischunterricht,
wie er im Kollegium erwünscht ist, erlaubt.
Form beschrieben, um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen. Diese steht dann stellvertretend für beide Geschlechter. Um beiden Formengerecht
zu werden, wurde je nach Verhältnis in der Wirklichkeit die entsprechende Form gewählt: So wird bspw. von Lehrerinnen geschrieben,
da die Anzahl der weiblichen Kollegen die der männlichen überwiegen. Dies steht im Gegensatz zu den Schülern, bei denen
es an der Schule für Kinder mit Förderbedarf im Bereich Sprache mehr männliche gibt.
Diese Arbeit teilt sich in einen literaturgestützten und einen eigenverantwortlichen Teil. Bis auf wenige Ausnahmen,
die dann explizit markiert wurden, sind diese streng voneinander getrennt.
Der erste Teil beschäftigt sich mit den Veröffentlichungen, welche in Bezug auf Englischunterricht in der Primarstufe
zu finden sind. Im ersten Kapitel ist der Blick dabei auf die Grundschule mit ihrem Lehrplan gerichtet, während
im zweiten Kapitel erläutert wird, welche Erkenntnisse es bzgl. der Primarschule für Kinder mit Förderbedarf im
Bereich Sprache gibt.
Im zweiten Teil wird schließlich das Konzept für die Erich Kästner-Schule entwickelt. Hierzu werden vorangehend
die organisatorischen Bedingungen und die Lernvoraussetzungen der Schüler einer dritten Jahrgangsstufe beschrieben
(Kap. 3). Im anschließenden Kapitel 4 werden die in Teil I beschriebenen Konzepte aus der Literatur, die
auch für die Erich Kästner-Schule Verbindlichkeit besitzen, reflektiert und zu großen Teilen adaptiert sowie erweitert.
Da in diesem Bereich bis dato noch keine Grundlagen zur Verfügung stehen, leistet die Erarbeitung dieses
Konzepts Basisarbeit. In Form eines Exkurses wird die Frage behandelt, ob es möglich ist, noch einen Schritt weiter
zu gehen und den Englischunterricht sprachheilpädagogisch zu nutzen.
Im abschließenden Ausblick werden weiterführende Gedanken nochmals gesammelt und konkretisiert.
TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 2
TEIL I GRUNDLAGEN DER KONZEPTIONELLEN ÜBERLEGUNGEN
Im Rahmen dieser Arbeit ist es unmöglich, auf sämtliche Aspekte des Englischunterrichts an der Grundschule
einzugehen, ohne in Oberflächlichkeit zu verfallen. Dementsprechend werden in diesem theoretisch grundlegenden
Teil nur jene Aspekte ausführlicher vorgestellt, die propädeutisch für den zweiten, praktischen Teil sind. Am
Rande wird auf weitere Gesichtspunkte des Themas verwiesen, um der Vielfältigkeit von Englischunterricht gerecht
zu werden. Bei Interesse ist auf weiter- und tieferführende Literatur verwiesen, wenn es sie dazu gibt.
1 ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE
Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die Darstellungen in der Fachliteratur, die zu diesem Thema verfasst
wurden. Da die Veröffentlichungen in den letzten Jahren stark angestiegen sind, kann der Überblick in diesem
Rahmen nur sehr komprimiert stattfinden.
Die Orientierung erfolgt dabei primär am aktuellen Lehrplan2 für Englisch an der Grundschule in NRW (MSJK
2003a). Kapitel 1.3 ist eine Erweiterung, die dieser Arbeit einen über den Lehrplan hinausgehenden Bezug zur
Praxis gibt.
auftreten (Prinzip der Chancengleichheit).
1.1 Aufgaben und Bereiche des Faches Englisch
In den 70er Jahren bedeutete ´Frühbeginn´ die einfache Vorverlegung des Anfangsunterrichts einer Fremdsprache
in der Grundschule ohne Berücksichtigung der besonderen Lernbedingungen. Heute definiert sich das Konzept
´Frühbeginn´ anders: Mit der Struktur des Englischunterrichts, den wir persönlich noch aus der Sekundarstufe I
und II kennen, hat dieser nur noch wenig gemein. Ein tabellarischer Überblick dieses Paradigmenwechsels findet
sich ausführlich und anschaulich bei Kubanek-German (2003, 72ff).
Der moderne Englischunterricht an der Grundschule ist zwar ergebnisorientiert, allerdings weit gehend frei von
Leistungsdruck. Er erlaubt elementare interkulturelle Erfahrungen und fördert Kreativität und spielerisches Lernen
(vgl. Klippel 2000,13). Die folgenden Aufgaben und Ziele geben einen Überblick.
TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE
A positive mind-set 3 für das Fremdsprachenlernen3
Die Schüler sollen eine positive Einstellung zur fremden Sprache, zum Fremdsprachenlernen und zum Weiterlernen
von dieser oder einer anderen fremden Sprache erreichen. Dieses wichtige Ziel des Englischunterrichts an der
Grundschule ist gleichzeitig ein Beispiel für ein sog. affektives Lernziel. Das moderne Verständnis von Lernen
rechtfertigt auch solche Ziele, die schwer zu definieren und operationalisieren sind (vgl. Schmid-Schönbein 2001,
51ff). Nach Wolfe und Brandt (1998) wird dieses Ziel erreicht, wenn u.a. die Lerner sich im Unterricht emotional
angenommen fühlen, Herausforderung, aber kein Druck aufgebaut wird und möglichst viele Sinne aktiviert werden
(vgl. Wolfe/ Brandt 1998 zit. nach Bleyhl 2003, 16).
Dieses Prozedere soll in dieser Arbeit übernommen werden und als Chance gesehen werden, dieses Vokabular als Leserin zu erwerben.
Die englischen Begriffe werden kursiv gekennzeichnet.
Cultural awareness
Was ist heute in Deutschland noch ausschließlich deutsch? Nicht nur die Anglizismen in unserer Sprache oder die
Sendungen im Fernsehen, schon der Alltag im Kindergarten und in der Grundschule konfrontiert die heutigen
Kinder mit vielen Kulturen.
Sprache ist immer eingebettet in die Kultur ihrer Sprecher. Somit muss der Englischunterricht genutzt werden, um
kulturspezifisches Wissen zu vermitteln und auch die kulturelle Bewusstheit zu fördern. Eine wissenschaftliche
Untersuchung hat gezeigt, dass Kinder, die sich früh mit einer Fremdsprache auseinandersetzen, flexibler das
Leben in einer multikulturellen Gesellschaft meistern (vgl. Hermann-Brennecke 1994 zit. nach Klippel 2000, 17f).
Im besten Falle erlaubt diese Förderung schließlich einen Rückblick auf die eigenen Werte und Traditionen (vgl.
Schmid-Schönbein 2001, 58ff). Als Slogan gilt: Act locally – Think globally!
Mit dem 15. Februar d.J. trat aus diesem Grund ein Neuerlass des Ministeriums in Kraft, der zu „Begegnung mit
Sprachen“ im Unterricht – auch an Sonderschulen – auffordert (vgl. MSJK 2003b). Hierzu gibt es eine entsprechende,
empfehlenswerte Handreichung (s. Bibliografie).
Language awareness
Ein weiteres Lernziel im affektiven Bereich ist die Stärkung des Selbstkonzepts in Bezug auf Sprachenlernen und
die language awareness. „Language awareness is a person´s sensitivity to and conscious awareness of the nature
of language and its role in human life.” (Donmall 1985 zit. Schmid-Schönbein 2001, 56). Englisch soll als Schlüsselsprache
in der modernen Medienwelt und im zusammenwachsenden Europa erkannt werden (vgl. MSJK
2003a).
Während Klippel (2000) schreibt, dass wissenschaftlich nicht geklärt ist, ob die Sprachbewusstheit nun wirklich Ziel
des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule sein sollte (vgl. ebd., 37f), sehen Gründemann und Welling
(2002) hierin eine wesentliche sprachdidaktische Begründung für den Frühbeginn – sicherlich nicht nur für Kinder
mit sprachlichen Beeinträchtigungen (vgl. ebd., 110ff).
TEIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. KAPITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 4
Language learning awareness
Ebenso wesentlich ist es, die Schüler erkunden zu lassen, wie man Sprachen lernt und die Techniken und Methoden
herausfinden zu lassen, die für das eigene Lernen besonders erfolgreich sind. De Leeuv merkt hierzu an, dass
Lernstrategien normalerweise nur bei älteren Fremdsprachenlernern ein Thema sind, aber wenn Grundschulkinder
über diese Strategien reflektieren können und es auch tun, sollte die Lehrerin gut zuhören und lernen, „den Unterricht
noch differenzierter durch die Augen der Schüler zu sehen.“ (de Leeuv 1997, 204 zit. nach Schmid-Schönbein
2001, 103)
Das Junior-Portfolio steht als Idee, „dass auch schon Grundschüler ihre Art zu lernen und ihre Lernstufen einschätzen
können“ (Kubanek-German 2003, 87). Hierauf wird weiter in Kapitel 1.5 eingegangen.
1.2 Prinzipien der Unterrichtsgestaltung
Nachdem in Kapitel 1.1 ein knapper didaktischer Begründungsrahmen gesteckt wurde, sollen an dieser Stelle
wichtige Prinzipien vorgestellt werden.
Prinzip des entdeckenden und experimentierenden Umgangs mit Sprache
Der Englischunterricht wird besonders dann erfolgreich sein, wenn die Gelegenheit geboten wird, die neue Sprache
zu erkunden und mit einzelnen Bausteinen dieser Sprache zu experimentieren. Die Schüler können so wiederkehrende
Muster und auch Parallelen und Unterschiede zur deutschen Sprache erkennen. Dieses Prinzip arbeitet
nahe am Ziel der language awareness (s. Kap. 1.1).
Ein weiteres Prinzip, auf das an dieser Stelle hingewiesen werden muss, da es in sämtliche der anderen Punkte
hineinspielt, ist das des Primats des Mündlichen. Die vier sprachlichen Fertigkeiten Hörverstehen, Sprechen, Lesen
und Schreiben sind im modernen Fremdsprachenunterricht nicht gleich zu gewichten. Wie im muttersprachlichen
ist auch im fremdsprachlichen Lernen das Hörverstehen von grundlegender Bedeutung. So ist zu Beginn des
Fremdsprachenunterrichts eine sog. silent period, eine Zeitspanne, in welcher die Schüler sich scheuen zu sprechen,
aber in einem aktiven Lernprozess rezeptives Wissen aufbauen, nichts Ungewöhnliches (vgl. Schmid-
Schönbein 2001, 63ff). Eng damit verbunden ist natürlich das Sprechen. Die Gewichtung dieser beiden Grundfertigkeiten
im Gegensatz zu den schriftlichen Kompetenzen (Lesen und Schreiben) bilden dann den Primat des
Mündlichen. Wenn also von entdeckendem und experimentellem Umgang mit Sprache die Rede ist, dann ist hier
m.E. primär die mündliche Sprache gemeint.
Prinzip des spielerischen, darstellenden und gestalterischen Lernens
Der Englischunterricht soll die Bereitschaft und Fähigkeit der Schüler aufgreifen, „mit Sprachelementen zu spielen,
sich selbst darzustellen und im Spiel Situationen zu gestalten und Geschichten zu erzählen“ (MSJK 2003, 30).
Prinzip der Einsprachigkeit
„Prinzipiell muss für den Englischunterricht gelten, dass alle Rede- und Verständigungsanlässe [...] genutzt werden,
um das auf Englisch zu regeln. Das einsprachige Geschehen ist die beste Vorbedingung der Bereitschaft der
T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 5
Kinder, sich in der Zielsprache zu äußern“ (Piepho 2000, 45). Laut Lehrplan hingegen sollte schon auf die deutsche
Sprache zurückgegriffen werden, wenn es sonst zu Missverständnissen oder unvertretbaren zeitlichen Belastungen
käme (vgl. MSJK 2003, 30).
Besonders beim code-switching, dem Wechseln von einem code (z.B. Englisch) in einen anderen (Deutsch), das
als ein ganz üblicher Vorgang im fremdsprachlichen Anfangsunterricht auftritt, ist es entscheidend, dass die Lehrkraft
weiterhin im Englischen verbleibt und bspw. eine auf Deutsch gestellte Frage in Englisch beantwortet (vgl.
Schmid-Schönbein 2001, 123f).
Prinzip des Themen- und Situationsbezugs
Die Themen werden aus der Wirklichkeit der Kinder genommen, so dass sie sich trotz relativer Fremdheit der
Sprache mit den Inhalten ´zu Hause´ fühlen. Durch den Situationsbezug werden sie zu einem aktiven Umgang mit
der Sprache herausgefordert. Kubanek-German (2003) nennt diese Kindorientierung ein wichtiges Schlüsselwort
bei der Charakterisierung von Qualitätszuwachs (vgl. ebd., 26).
Prinzip der Authentizität
Der Englischunterricht ist erfolgreich und vermittelt cultural awareness, wenn er „die Wirklichkeit des Englischen
und englischsprachiger Lebenswelten wider[spiegelt], wie sie sich den Schülerinnen und Schülern in den Medien
oder in gelegentlichen Kontakten mit native speakers zeigt“ (MSJK 2003a, 31).
1.3 Methodische Prinzipien
Wie bereits erwähnt, wird auf verschiedene methodische Prinzipien im aktuellen Lehrplan nicht explizit eingegangen.
Im Hinblick auf die konzeptionellen Überlegungen im zweiten Teil sind sie aber eine wichtige Grundlage für
die Adressaten dieser Arbeit.
Lehrwerke als Fundgrube
Lehrwerke erleichtern die Entscheidungen bzgl. der möglichen Inhalte, Ziele und Methoden im Englischunterricht.
Ein Team von Fachleuten hat diese Entscheidungen dafür bereits getroffen. Zusätzlich werden unterstützende
Medien wie Illustrationen, Audio-CDs mit Musik oder Aufnahmen von native-speaker, sog. activity-books und
Handpuppen als „Begleiter“ zum Überwinden der ersten Sprechscheu gleich mit angeboten, wodurch wertvolle
Vorbereitungszeit gespart werden kann.
Total Physical Response -Ansatz (TPR)
Mimik, Gestik und Körpersprache sind gefordert, wenn es gilt, fremdsprachliche Inhalte zu verdeutlichen und zu
vermitteln.
In diesem Zusammenhang wird immer wieder auf den Ansatz der Total Physical Response zurückgegriffen, der
besonders das Hörverstehen (s. Kap. 1.2) schult und somit den Bedürfnissen mancher Kinder in der anfänglichen
T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 6
silent period nachkommt. Die – wörtlich übersetzt – gesamtphysische Reaktion erfolgt von den Schülern auf die
Aufforderung der Lehrerin.
„Imperative wie Put your hands in back of your head werden die Schülerinnen und Schüler nach dem Bewegungsvorbild
der Lehrkraft zunächst stumm ausführen, in Variationen erleben wie Put only your right hand in
back of your head oder Put your left hand in back of your neighbour´s head und dabei die Struktur und Lexik
verstehen lernen und speichern“ (Schmid-Schönbein 2001, 103).
Allein durch TPR kann allerdings keine kommunikative Kompetenz aufgebaut werden, da der input auf Aufforderungen
beschränkt und somit viel zu einseitig ist. Schmid-Schönbein (2001, 104) empfiehlt deshalb einen Einsatz
von maximal fünf Minuten pro Unterrichtseinheit.
Storytelling
Nichts hat so viel Kraft wie das Wort. Richtig eingesetzt ist das Erzählen von Geschichten ein effektives Mittel auch
im Fremdsprachenunterricht, um Aufmerksamkeit, Zuhören und Hörverstehen zu üben und somit – in diesem Falle
– Englisch zu lernen. „Schon im Vorschulalter erwerben Kinder die story schemata, so daß der frühe Fremdsprachenunterricht,
selbst wenn er zukünftig bereits in Klasse 1 beginnt, mit dem Vorhandensein zumindest der Kompetenzen
zum Verstehen von Geschichten rechnen kann“ (Kubanek-German 2003, 79f).
Nichtsdestotrotz müssen beim storytelling eine Vielzahl von Fakten bedacht werden, wie z.B. die wesentlichen
Strukturelemente und deren zielorientierte Wiederholung, damit die Zielstrukturen anschließend von den Schülern
handlungsorientiert in eine aktive Sprachproduktion umgesetzt werden. Eine Orientierung bietet in diesem Fall eine
Übersicht der grammatischen Strukturen und allgemeinen Redemittel, die am Ende der Grundschulzeit erreicht
sein sollen: Sie befindet sich im Anhang der Richtlinien (vgl. MSJK 2003a, 40ff).
An dieser Stelle muss auf weiter- und tieferführende Literatur verwiesen werden.
Rollenspiel
Eine Möglichkeit, die Zielstrukturen und das Verstehen einer Geschichte zu vertiefen, ist das Rollenspiel. Mit seiner
Kombination von dialogischem Handeln und Sprache ist das Rollenspiel für die Schüler meist sehr motivierend.
Die Inhalte müssen allerdings sowohl sprachlich als auch spielerisch an die Lernvoraussetzungen angepasst
sein.
Schmid-Schönbein (vgl. 2001, 115ff) verweist auf die enorme Wichtigkeit von Requisiten – nicht nur beim Rollenspiel
– als Motivation und auch semantische Hilfe (s. Kap. 4.3.1).
Einsatz des Schriftbildes
Dieses Thema wird in der Fachliteratur viel diskutiert, und zwar nicht erst seit dem bereits erwähnten Paradigmenwechsel
in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts: Wurde die Schriftsprache zuvor nämlich als rein fakultatives
Lernangebot für leistungsstarke Schüler gesehen, wird sie heute als Lernerleichterung für die schwächeren Schüler
eingesetzt, da auf diese Weise das Segmentieren einzelner Wörter erleichtert wird (vgl. Klippel 2000, 23).
Piepho gilt als Vorreiter im Einsatz des Schriftbildes. Bereits im ersten Lernjahr lässt er in seinen Lehrwerken (wie
z.B. in Bausteine Magic 3) die Schüler konsequent lesen. Dies sieht er als Vorbereitung auf das Schreiben (vgl.
Piepho 2003).
T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 1. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER GRUNDSCHULE 7
Nach Schmid-Schönbein (2001) sollte die englische Schriftsprache erst nach Sicherung der deutschen eingeführt
werden als Schutz vor störenden Interferenzen. Sie weist jedoch auch auf die Gefahr des zu langen Wartens hin:
„Wenn den Lernenden bis dahin [Anm.: gemeint ist der Übergang in die weiterführende Schule] das korrekte englische
Schriftbild vorenthalten worden ist, so haben sie inzwischen mit Sicherheit selbst eigene Vorstellungen davon
entwickelt, dies aber auf der Basis ihrer Muttersprache, in der sie yellow als „jelo“ und pencil als „pensil“ schreiben
würden. Damit ist aber niemandem gedient“ (ebd., 128).
Computereinsatz im Englischunterricht
Der Einsatz von Computern im Englischunterricht richtet sich hauptsächlich nach der bereits gewohnten Anwendung
dieses Mediums. Sind die Schüler mit ihm vertraut, kann es auch im Fach Englisch eingesetzt werden. Besonders
zum Üben von Lesen und Schreiben bieten sich viele Möglichkeiten wie z.B. das Beschriften von Gegenständen
im Klassenraum oder das Gestalten oder Beschriften von elektronischen Postkarten, den sog. e-cards. Im
Internet stehen hierfür zahlreiche Service-Adressen zur Verfügung.
Für das multimediale Arbeiten am Computer haben viele Verlage bereits entsprechende Software entwickelt, mit
Hilfe derer die Schüler auch die weiteren zwei Fertigkeiten (Hörverstehen und sogar Sprechen) üben können.
1.4 Verbindliche Anforderungen
Die verbindlichen Anforderungen zum Ende der Grundschulzeit werden durch den aktuellen Lehrplan an das Referenzniveau
A1 des „Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen: Lernen, Lehren, Beurteilen“ des
Europarates angelehnt. Danach sollen die Schüler eine Sicherheit in der Anwendung eines Grundinventars kommunikativ
relevanter Strukturen haben, mit denen sie bestimmte Sprechabsichten, wie z.B. jemanden zu begrüßen
und zu verabschieden, verwirklichen können. Eine tabellarische, vereinfachte Inhaltsangabe dieses Referenzrahmens
befindet sich im Artikel von Wember (2002, 8), welcher dieser Arbeit angehängt wurde.
Aber auch Kenntnisse, Einstellungen und Haltungen, wie sie in Kapitel 1.1 vorgestellt wurden, werden gefordert
(vgl. MSJK 2003a, 37f).
Vor wenigen Monaten veröffentlichte Kieweg (2004) einen Eingangstest für die Sekundarstufe I. An diesem können
sich eventuell auch Grundschullehrerinnen gegen Ende der vierten Klasse orientieren. M.E. ist dieser Eingangstest
aber nicht geeignet, da er lediglich sprachliche Kompetenzen abprüft (also wesentliche Ziele, wie sie in
Kapitel 1.1 genannt werden, nicht beachtet) und hier Schwerpunkte auf die schriftlichen und nicht – wie vom Lehrplan
gefordert – auf die mündlichen Kompetenzen legt.
1.5 Leistungsbewertung
Von der dritten Klasse an erhalten die Schüler in NRW Noten für das Fach Englisch im Zeugnis, allerdings sind
diese erstmals mit dem Schuljahr 2007/ 08 versetzungsrelevant (vgl. MSJK 2003a, 38).
Während die Noten im Fach Englisch im dritten Schuljahr an den individuellen Lernfortschritten und der Anstrengungsbereitschaft
der Schüler orientiert sind, treten am Ende des vierten Jahrgangs die anforderungsbezogenen
Kriterien in den Vordergrund.
T EIL I GRUNDLAGEN DES KONZEPTS 2. K APITEL ENGLISCHUNTERRICHT AN DER SFSB 8
Dass die mündliche Kommunikation stärker gewichtet ist, wird auch in den Vorschlägen des Lehrplans zu den
Beurteilungskriterien deutlich: Entscheidend sollen Kommunikationsbereitschaft und –fähigkeit, Spontaneität und
Verständlichkeit sowie Verfügbarkeit elementarer Redemittel sein (vgl. ebd., 38). Ein weiteres Kriterium, welches in
diese Reihe gehört, ist das der sprachlichen Richtigkeit: Es sollte nicht außer Acht gelassen werden, ist aber auch
nicht so stark gewichtet im Vergleich zu den anderen.
Vokabeltests und Diktate werden als nicht geeignet eingestuft.
Eine weitere Möglichkeit zur Dokumentation und Bewertung von Lernfortschritten ist das Anlegen eines Portfolios.
„Das Portfolio soll dazu dienen, Kenntnisse in verschiedenen (in und außerhalb der Schule erworbenen) Sprachen
zu dokumentieren, wobei der Selbsteinschätzung des Besitzers zentrale Bedeutung zukommt“ (Legutke 2003,
104). Wie bereits erwähnt, dient es auch der Selbsteinschätzung der Lernenden (s. Kap. 1.1). Ergebnisse eines
Pilotprojekts in Hessen stellt Legutke (2003) vor.
[...]
1 In der gesamten folgenden Arbeit werden die jeweiligen generischen Bezeichnungen ausschließlich in der männlichen oder weiblichen
2 Eine wichtige Maxime dieser Arbeit ist die Orientierung am aktuellen Lehrplan. Der Englischunterricht an der Erich Kästner-Schule (als Durchgangsschule) muss so ausgerichtet sein, dass im Falle der Rückführung eines Schülers möglichst keine Konflikte im Fach Englisch
3 Nicht nur Fachtermini, sondern ganze Artikel werden zum Thema ´Englisch an der Grundschule´ oft in Englisch be- bzw. geschrieben.
- Quote paper
- Rainer Eierdanz (Author), 2004, Let´s play English. Konzeptionelle Überlegungen zum Englischunterricht einer dritten Jahrgangsstufe an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Sprache in Münster., Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27980
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.