Einleitung
Die Regierungskonferenz im Jahr 2000 sollte, durch die Revision des Vertages von Amsterdam, zu einer reformierten Europäischen Union führen, die auf die kommenden Herausforderungen der Osterweiterung und der fortschreitenden Vertiefung, der bereits bestehenden Integration, besser reagieren könnte. Doch anstelle einer gelungenen Reform spiegelt der Vertrag von Nizza den 1992 beginnenden, sukzessiven Reformstau innerhalb der EU Institutionen wieder. Die Reformunfähigkeit der EU resultiert, meiner Meinung nach, aus fest verankerten Politikentwicklungsprozessen und Handlungsstrategien der Mitgliedsstaaten, die es kaum ermöglichen, grundlegende Vertragsrevisionen durchzuführen. Die dadurch induzierte Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, macht notwendige Anpassungen des Institutionengefüges und der Entscheidungsmechanismen kaum oder nur langsam möglich. Das Verständnis der Entstehung und Beständigkeit dieser Prozesse und Strategien erfordert eine Analyse der Auswirkungen europäischer Integration auf zwei Ebenen. Auf der ersten Ebene, der sogenannten „bottom up“ Dimension, versuchen verschiedene nationale und transnationale Akteure ihre Interessen auf die Agenda der Regierungskonferenz zu setzen. Die Regierungskonferenz wandelt diese gelieferten Inputs mit Hilfe von bestimmten Entscheidungsprozessen und -typen in Outputs um. Diese Outputs sind die gemeinsamen Normen, Regeln und Verfahren, die das institutionelle Erscheinungsbild der EU definieren und deren Politikprogramme bestimmen (EGV und EUV). Auf der zweiten Ebene, der „top down“ Dimension, haben diese primärrechtlich bestimmten Politikprogramme weitreichende sekundärrechtliche Auswirkungen (Richtlinien, Verordnungen etc.) auf nationalstaatliche Polity, Politics und Policy1.
Zuerst möchte ich die zwei Ebenen systemanalytisch als Politikentwicklungsprozeß darstellen. Die Betrachtung differenziert den Prozeß der Politikentwicklung in drei Dimensionen: Input-Konversion-Output. Anschließend möchte ich zeigen, daß die Mitgliedsstaaten spezielle Handlungsstrategien entwickelt haben, um die Rückkopplungseffekte der Outputs auf ihr System kostenminimal und gewinnmaximal zu gestalten. Die Analyse der Handlungsstrategien wird mich zu dem Schluß führen, daß eine grundlegende Reform der EU nicht zu erwarten ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Prozeß der Politikentwicklung einer Regierungskonferenz
2.1. Die Input–Dimension
2.1.1. Die Mitgliedstaaten
2.1.2. Die europäische Verwaltung
2.1.3. „pressure groups“ und die Öffentliche Meinung
2.1.4. Experten
2.2. Die Konversion–Umwandlung von Inputs zu Outputs
2.2.1 Ein Modell des politischen Entscheidungsprozesses und Typen von Entscheidungen
2.3. Die Output-Dimension
2.3.1. Von Entscheidungen zu Programmen
2.3.2. Die Rückkopplung anhand eines Beispiels erklärt
3. Drei mögliche Handlungsstrategien für Mitgliedstaaten
3.1. Pace–Setting
3.2. Foot–Dragging
3.3. Fence-Sitting
4. Zusammenfassung
5. Bibliographie
1. Einleitung
Die Regierungskonferenz im Jahr 2000 sollte, durch die Revision des Vertages von Amsterdam, zu einer reformierten Europäischen Union führen, die auf die kommenden Herausforderungen der Osterweiterung und der fortschreitenden Vertiefung, der bereits bestehenden Integration, besser reagieren könnte. Doch anstelle einer gelungenen Reform spiegelt der Vertrag von Nizza den 1992 beginnenden, sukzessiven Reformstau innerhalb der EU Institutionen wieder. Die Reformunfähigkeit der EU resultiert, meiner Meinung nach, aus fest verankerten Politikentwicklungsprozessen und Handlungsstrategien der Mitgliedsstaaten, die es kaum ermöglichen, grundlegende Vertragsrevisionen durchzuführen. Die dadurch induzierte Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, macht notwendige Anpassungen des Institutionengefüges und der Entscheidungsmechanismen kaum oder nur langsam möglich. Das Verständnis der Entstehung und Beständigkeit dieser Prozesse und Strategien erfordert eine Analyse der Auswirkungen europäischer Integration auf zwei Ebenen.
Auf der ersten Ebene, der sogenannten „bottom up“ Dimension, versuchen verschiedene nationale und transnationale Akteure ihre Interessen auf die Agenda der Regierungskonferenz zu setzen. Die Regierungskonferenz wandelt diese gelieferten Inputs mit Hilfe von bestimmten Entscheidungsprozessen und -typen in Outputs um. Diese Outputs sind die gemeinsamen Normen, Regeln und Verfahren, die das institutionelle Erscheinungsbild der EU definieren und deren Politikprogramme bestimmen (EGV und EUV). Auf der zweiten Ebene, der „top down“ Dimension, haben diese primärrechtlich bestimmten Politikprogramme weitreichende sekundärrechtliche Auswirkungen (Richtlinien, Verordnungen etc.) auf nationalstaatliche Polity, Politics und Policy[1].
Zuerst möchte ich die zwei Ebenen systemanalytisch als Politikentwicklungsprozeß darstellen. Die Betrachtung differenziert den Prozeß der Politikentwicklung in drei Dimensionen: Input-Konversion-Output. Anschließend möchte ich zeigen, daß die Mitgliedsstaaten spezielle Handlungsstrategien entwickelt haben, um die Rückkopplungseffekte der Outputs auf ihr System kostenminimal und gewinnmaximal zu gestalten. Die Analyse der Handlungsstrategien wird mich zu dem Schluß führen, daß eine grundlegende Reform der EU nicht zu erwarten ist. Das geschaffene europäische institutionelle Gefüge wird kaum über den gegenwärtigen status quo hinaus weiterentwickelt, sondern stellt nur noch den ordnungspolitischen Rahmen dar, welcher vertiefte Integration und verstärkte Zusammenarbeit zwischen einzelnen Mitgliedsstaaten ermöglicht.
2. Der Politikentwicklungsprozeß einer Regierungskonferenz
Ich gehe in der folgenden Argumentation davon aus, daß eine Regierungskonferenz ein offenes System darstellt. Dieses System tritt auf zwei Ebenen mit seiner Umwelt in Kontakt. Die „bottom up“ Dimension beschreibt den Vorgang, in dem verschiedene Akteure versuchen, das System zu beeinflussen. Diese Inputs basieren auf Mitbestimmungsrechten und Mitgestaltungs- wünschen der nationalstaatlichen und transnationalen Akteure. Der Vorgang der „top down“ Dimension wirkt genau entgegengesetzt. Die vom System produzierten Outputs schränken die Autonomie und Souveränität der Mitgliedsstaaten ein und haben Auswirkungen auf die Handlungssphären nationaler und transnationaler Akteure.
Schaubild 1: Das System einer Regierungskonferenz (nach Alemann et al. 1995:86)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie im Schaubild 1 deutlich wird, erscheint die Regierungskonferenz als eine „black box“[2], in der sich die Umwandlung der Inputs zu Outputs vollzieht. Im Anschluß soll erläutert werden, von welchen Akteuren Inputs produziert werden und welche Arten von Outputs das System generiert. Schließlich möchte ich die „black box“ mit den Fragen erhellen: Welche Entscheidungsmechanismen führen zur Umwandlung der Inputs zu Outputs und welche Typen von Entscheidungen werden getroffen? Die Bedeutung der Rückkopplungseffekte als Antwort darauf entwickelte Handlungsstrategien der Mitgliedsstaaten werden unter Punkt Drei der Arbeit behandelt
2.1. Die Input–Dimension
Der Prozeß der Politikentwicklung bei einer Regierungskonferenz wird durch das bereits bestehende institutionelle Gefüge der EU vorbestimmt. Jedoch entscheiden die Mitgliedstaaten,
[...]
[1] Als Polity werden die institutionelle Ordnung und Handlungsstrukuren für Akteure auf nationaler oder internationaler Ebene bezeichnet. Der Begriff Politics umreißt das Feld des gesamten Politikentwicklungsprozeß. Mit Policy werden bestimmte Politikbereiche beschrieben.
[2] Als black box bezeichnet man ein System, dessen interne Institutionen und Verfahren zunächst nicht bekannt sind.
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