Der demographische Wandel ist die maßgebliche Determinante und Herausforderung der Stadtentwicklung in den neuen Bundesländern seit der Wiedervereinigung. Insbesondere der Bevölkerungsrückgang hat weitreichende räumliche, ökonomische und soziale Konsequenzen auf eine Vielzahl städtischer und gesellschaftlicher Bereiche. So führten der Geburtenrückgang, aber auch hohe Abwanderungen in das alte Bundesgebiet dazu, dass Ostdeutschland in den letzten 20 Jahren fast zwölf Prozent der Bevölkerung, also etwa 1,7 Mio. Einwohner, verloren hat. Die Folgen des demographischen Schrumpfungsprozesses und der gleichzeitig immensen Wohnungsneubautätigkeit in den 1990er Jahren manifestieren sich noch heute in einer geringen Wohnnachfrage und zugleich hohen Leerstandszahlen. Trotz umfassender Rückbau- und Sanierungsmaßnahmen im Wohnungsbestand im Rahmen der Städtebauförderung konstatierte allein der Freistaat Sachsen im Jahr 2010 noch immer 70.000 leer stehende GdW-Objekte. Der Rückgang der Bundesfördermittel, kommunale Haushaltsnotlagen im Zuge der Finanzkrise und ausbleibenden Investitionsmaßnahmen durch die Immobilieneigentümer verhindern eine dringend erforderliche Sanierung städtebaulich z.T. bedeutender Immobilien.
Doch wie kann dieser Bestandsgefährdung mit Inwertsetzungen in Zeiten fehlender Nachfrage und knapper kommunaler Finanzressourcen begegnet werden? So muss die Stadtplanung und -entwicklung neue nachfragebelebende Strategien und Lösungsansätze finden, die stadtverträglich integriert werden können und gleichzeitig Low-Budget-Lösungen mit niedrigeren Standards akzeptieren, um künftig das Weniger besser verteilen zu können.
Die vorliegende Arbeit wird sich diesem Thema widmen und dabei der Frage nachgehen, welche Faktoren im Allgemeinen und Besonderen zu einer Störung des Immobilienmarktes in den neuen Bundesländern geführt haben. Es werden ausgewählte klassische Revitalisierungs- und Aufwertungsinstrumente der Städtebauförderung vorgestellt und deren Grenzen bei Marktversagen verdeutlicht. Abschließend werden innovative Zwischennutzungskonzepte für städtebauliche Schlüsselimmobilien am Beispiel des Leipziger Wächterhausmodells hinsichtlich ihrer Erfolgspotentiale und Revitalisierungseffekte analysiert.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Marktversagen und gestörte Immobilienmärkte
2.1 Vollkommener Markt im ökonomischen Standardmodell
2.1.1 Mikroökonomische Einordnung des Marktes
2.1.2 Ökonomisches Standardmodell der vollkommenen Konkurrenz
2.2 Unvollkommenheit des Immobilienmarktes
2.3 Marktversagen am Beispiel des ostdeutschen Wohnungsmarktes
2.3.1 Demographische Entwicklung
2.3.2 Entwicklung des Immobilienbestandes
2.3.3 Notwendigkeit staatlicher Eingriffe aufgrund von Marktversagen
3 Städtebauliche Revitalisierungsinstrumente
3.1 Auswirkungen fehlender Privatinvestitionen auf Stadtteile
3.2 Instrumente der städtebaurechtlichen Stadterneuerung
3.2.1 Städtebauförderung
3.2.2 Städtebaurechtliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen
3.2.3 Städtebaurechtliche Stadtumbaumaßnahmen
3.2.4 Städtebaulicher Denkmalschutz
3.3 Grenzen städtebaulicher Instrumente bei Marktversagen
4 Zwischennutzung städtebaulicher Schlüsselimmobilien am Beispiel der Stadt Leipzig
4.1 Bedeutung innovativer Zwischennutzungskonzepte
4.2 Städtebauliche Schlüsselimmobilien als Ausgangspunkt
4.3 Konzept der Leipziger Wächterhausinitiative
4.3.1 Gegenstand und Leitidee des Wächterhausprojekts
4.3.2 Funktionsweise des Modells
4.3.3 Chancen und Risiken beider Vertragsseiten
4.3.3.1 Interessengruppe der Hauseigentümer
4.3.3.2 Interessengruppe der Nutzer
4.3.4 Erfolgspotentiale des Wächterhausprojekts
4.4 Beurteilung temporärer Nutzungsalternativen
5 Zusammenfassung und Ausblick
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Literatur- und Quellenverzeichnis
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