Verfasst man heute eine wissenschaftliche Arbeit über die „dunkelste Zeit“ der Geschichte Deutschlands, so stößt man genauso auf Anerkennung als auch auf an Unverständnis grenzende Teilnahmslosigkeit. Ein Thema, millionenfach erörtert, untersucht und gelehrt. Erinnerung heißt hier so oft, sowohl in der Pädagogik, als auch bei Besuchen von Holocaust-Gedenkstätten und zu Museen umfunktionierten Konzentrationslagern, meistens die blanke Darstellung des unvorstellbaren Grauens der Vernichtungspolitik im Dritten Reich und der unsichtbare, aber dabei immer präsente, erhobene Zeigefinger des „Nie wieders“. Wozu sich mit einem Thema auseinandersetzen, das fast täglich in aller Munde ist und für das es eigene eingetragene Vereine „Gegen das Vergessen“ und einen festgelegten jährlichen Gedenktag gibt? Weil diese Arbeit Raum bietet. Raum, um einen Umgang mit dem Thema zu finden, dass uns selbst ein halbes Jahrhundert später noch immer ratlos zurück lässt. Stößt man dann auf ein Buch wie den Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész, beginnt die Ratlosigkeit auf den ersten Blick wieder von vorne, denn wie kommt ein Überlebender von Auschwitz dazu, vom „Glück der Konzentrationslager“ (RS, 382) zu erzählen? Aus der ersten Verständnislosigkeit und dem Erstaunen über das Vorhandensein eines einem sozialen System ähnlichen Zustands in Konzentrationslagern, in denen die Häftlinge ins Bordell gehen und an einem Fußball-Spielbetrieb teilnehmen, stellt sich die Frage, ob es inmitten eines auf den Tod ausgerichteten Lebens, eines falschen Lebens, so etwas wie Glück, ein in diesem Sinne richtiges Leben geben kann, Adornos berühmte These wird hier erschreckend pointiert.
Inhaltsverzeichnis
- Grundlegendes zur Problematik
- Methodik
- Fragestellung und Ziele der Arbeit
- Probleme der Begrifflichkeiten für den Genozid
- Primärtexte und Forschungsstand
- Die Autoren der Primärtexte
- Literaturtheoretische Thesen
- Michel Foucaults Raumtheorie. Das Konzentrationslager: ein Ort außerhalb des Ortes?
- Ort- und Zeitschaft, Erinnerung und Zeugenschaft
- Zur Konstruktion des autobiographischen Romans
- Das Gattungsproblem von Literatur über Auschwitz
- Die Autobiographie
- Definition
- Die Wirklichkeit des autobiographischen Romans und Autofiktion
- Einordnung der Primärtexte in die Definition
- Der Roman eines Schicksallosen: Autofiktion autobiographischer Roman - Bildungsroman?
- Tadeusz Borowskis Erzählungen Bei uns in Auschwitz und Bitte die Herrschaften zum Gas
- Theoretische Thesen bei Kertész im Kontext abendländischer und zeitgenössischer Philosophie
- Zur Grundlage: Aristoteles' Nikomachische Ethik
- Die Ethik Adornos im Zeichen von Auschwitz
- „Das richtige Leben im falschen“ und die Problematik „nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben“
- Imre Kertész“ „Ethik“ von Auschwitz und seine „Arbeit am Mythos"
- Albert Camus“ „Ästhetik des Absurden"
- Der Mythos von Sisyphos
- Kertész´ Metaphorik und die „Pflicht zum Glück“
- Analyse
- Roman eines Schicksallosen
- Die Sprache nach Auschwitz, eine atonale Sprache
- Das „,,Glück der Konzentrationslager“.
- ,,Schicksallosigkeit“
- Erzählsituation und Perspektivenwechsel
- Vergleichbare Aspekte mit Tadeusz Borowskis Bei uns in Auschwitz und Bitte, die Herrschaften zum Gas
- Perspektivenwechsel: Opfer und Täter zugleich?
- Differenzen zwischen polnischem und jüdischem Schicksal
- Wer zeugt für den Zeugen?
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Grundlegende Primärliteratur
- Weitere herangezogene Primärliteratur
- Sekundärliteratur
- Internetseiten
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Darstellung von Glücksmomenten in autobiographischen Zeugnisromanen, die sich mit der Thematik des Holocaust auseinandersetzen. Ziel ist es, die Frage zu klären, ob in diesen Werken Momente des Glücks existieren, die analog zu Theodor W. Adornos Begriff von einem „richtigen Leben im falschen“ zugeordnet werden können. Die Arbeit analysiert dabei die Werke „Roman eines Schicksallosen“ von Imre Kertész und die Erzählungen „Bei uns in Auschwitz“ und „Bitte die Herrschaften zum Gas“ von Tadeusz Borowski.
- Die sprachliche und literarische Darstellung von traumatischen Erlebnissen von Überlebenden des Genozids im Zweiten Weltkrieg
- Die Problematik der Begrifflichkeiten für den Genozid, insbesondere die Schwierigkeit, einen treffenden Oberbegriff zu finden, der die Vernichtung der Juden in Europa benennen kann
- Die Frage nach der Existenz von Glücksmomenten inmitten eines auf den Tod ausgerichteten Lebens im Konzentrationslager
- Die Relevanz von Michel Foucaults Raumtheorie und Aleida Assmanns Gedächtnistheorie für das Verständnis von Glücksgefühlen im Konzentrationslager
- Die gattungstheoretische Einordnung der analysierten Werke und die Frage nach der Verbindung von Autobiographie und Autofiktion
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit befasst sich mit der Problematik der sprachlichen und literarischen Darstellung von traumatischen Erlebnissen von Überlebenden des Genozids im Zweiten Weltkrieg. Es wird die Schwierigkeit der Begrifflichkeit für den Genozid thematisiert und die Frage nach der Existenz einer angemessenen Sprache für diese Menschheitskatastrophe gestellt. Das Kapitel beleuchtet den unsteten Diskurs in der Literaturwissenschaft und präzisiert die Begriffe „Holocaust“, „Shoah“ und „Auschwitz“.
Das zweite Kapitel widmet sich den literaturtheoretischen Thesen von Michel Foucault und Aleida Assmann. Foucaults Raumtheorie, insbesondere der Heterotopiebegriff, wird in Bezug auf die Empfindung von Glücksgefühlen im Konzentrationslager diskutiert. Zudem wird die Bedeutung von Ort- und Zeitschaft, Erinnerung und Zeugenschaft für die literarische Darstellung des Holocaust beleuchtet.
Das dritte Kapitel untersucht die Konstruktion des autobiographischen Romans im Kontext der Holocaust-Literatur. Es werden die gattungstheoretischen Besonderheiten von Literatur über Auschwitz beleuchtet und die Definition der Autobiographie sowie die Unterscheidung zwischen Autobiographie und Autofiktion erörtert. Die Einordnung der Primärtexte in diese Definitionen bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels.
Das vierte Kapitel analysiert die theoretischen Thesen von Imre Kertész im Kontext abendländischer und zeitgenössischer Philosophie. Es werden die Werke von Aristoteles, Theodor W. Adorno und Albert Camus herangezogen, um Kertész' „Ethik“ von Auschwitz und seine „Arbeit am Mythos“ zu beleuchten.
Das fünfte Kapitel widmet sich der Analyse des Romans „Roman eines Schicksallosen“ von Imre Kertész und den Erzählungen „Bei uns in Auschwitz“ und „Bitte die Herrschaften zum Gas“ von Tadeusz Borowski. Es werden die Sprache, die Darstellung von Glücksmomenten, die „Schicksallosigkeit“ und die Erzählsituation der Werke untersucht. Zudem werden vergleichbare Aspekte der beiden Autoren, insbesondere die Perspektivenwechsel und die Differenzen zwischen polnischem und jüdischem Schicksal, beleuchtet.
Das sechste Kapitel befasst sich mit der Frage, wer für den Zeugen zeugt. Es wird die Rolle des Autors und des Lesers in der Vermittlung von Holocaust-Erfahrungen diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Darstellung von Glücksmomenten in autobiographischen Zeugnisromanen, die Thematik des Holocaust, die Problematik der Begrifflichkeiten für den Genozid, die Raumtheorie von Michel Foucault, die Gedächtnistheorie von Aleida Assmann, die gattungstheoretische Einordnung von Literatur über Auschwitz, die Autobiographie und Autofiktion, die Ethik von Theodor W. Adorno, die „Arbeit am Mythos“ von Imre Kertész, die „Ästhetik des Absurden“ von Albert Camus, die Sprache nach Auschwitz, die „Schicksallosigkeit“ und die Perspektivenwechsel in den analysierten Werken.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Schauer (Autor:in), 2012, Gibt es ein richtiges Leben im falschen? Zur Darstellung von Glücksmomenten in autobiographischen Zeugnisromanen von KZ-Häftlingen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278795
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