Die Anwendung von Geoinformationen in der Wirtschaft ist sehr alt. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts ergänzte der Geograph Alfred Hettner Landkarten mit wirtschaftlichen und historischen Daten. Die Verbindung von wirtschaftlichen Daten mit Ortsangaben liefern wichtige Angaben über kausale Beziehungen innerhalb der Wirtschaftsdaten.
Die quantitative Marketing–Forschung hat sich hier jedoch bisher sehr verhalten gegenüber geographischen Einflüssen auf den Marketing–Prozess geäußert. Es ist zwar richtig, dass einige geographische Modelle wie die Gravitationsmodelle zur Bestimmung von Einzugsgebietsgrößen oder als Instrument zur Standort– Planung einen festen Platz im Werkzeugkasten des Handelsmarketing haben (Reilly 1931; Converse 1949; Hu
1964; Fickel 1979). Andererseits sind damit die Fähigkeiten von modernen Geographischen Informationssystemen nicht einmal annähernd erschöpft. Solche Systeme können neben Informationen über geographische Distanzen zwischen Objekten oder der Berechnung von Flächen und Umfängen von Gebieten, Beschränkungen wie beispielsweise ein Geschwindigkeitslimit auf Verkehrswegen in Betracht ziehen.
In vielen Gewerbezweigen die als global und hyperkompetitiv gelten wie dem Einzelhandel, der Zement– und Stahlindustrie und dem Handwerk liegen tatsächlich oligopolistische, lokale Märkte vor,1 so dass die Bestimmung der räumlichen Ausdehnung dieser Märkte, sowie deren Analyse das höchste Interesse jedes Marketing– Fachmannes sein sollte.
In der vorliegenden Literatur wird angegeben, dass aus der Gesamtheit aller Unternehmensbezogenen Daten ein Anteil von 80–90%2 einen geographischen Bezug hat. Mit Instrumenten wie der Kausalanalyse oder Strukturgleichungsmodellen liessen sich durch die Miteinbeziehung von räumlichen Daten beeindruckende Analyse– und Prognoseerfolge erzielen. Im Rahmen der Erforschung der Wirkung von Preis–Maßnahmen auf die Markenwahl oder der Interaktionen zwischen Marketing–Instrumenten liessen sich durch Einbindung von GIS–Analysen in die Modelle interessante zusätzliche Zusammenhänge entdecken. Bei der Analyse von Wettbewerbsbeziehungen wäre zum Beispiel interessant, inwieweit die Nähe von mehreren Konkurrenten den Wettbewerb verstärkt oder zusätzliche Nachfrage auf Grund des breiteren Angebotes in die Region lockt (Beispiel: Möbelmärkte, Einkaufs–Zentren oder die Konzentration von Fast–Food–Filialen an Bahnhöfen und Kinos).
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Relevanz und Zielsetzung der Arbeit
1.2 Begriffsbestimmungen
1.3 Meilensteine bei der Entwicklung von GIS
1.4 Diffusion von GIS und technische Weiterentwicklung .
2 GIS-Software
2.1 Marktdaten
2.2 Funktionsweise GIS
2.3 Analysemethoden
2.3.1 Abfragen und Visualisierungen
2.3.2 Raumanalytische Verfahren
2.3.3 Raumstatistische Verfahren
2.3.4 Modellgestützte Verfahren
3 Daten und Dienstleistungen
3.1 Daten
3.2 Dienstleistungen
4 Anwendungsbereiche
4.1 Funktionen
4.1.1 Infrastrukturelemente
4.1.2 Marketing-Instrumente
4.1.3 Marketing-Controlling
4.1.4 Dokumentation von Marketing-Prozessen
4.2 Anwendungsbereiche
Abbildungsverzeichnis
1 Angrenzende Wissenschaften und Disziplinen
2 Diffusion von GIS in verschiedenen Branchen
3 Industrie Struktur des gesamten GIS Marktes
4 Segmente des GIS Marktes
5 Mitarbeiterzahlen GIS-Firmen
6 Entwicklung Anzahl GIS-Firmen 1963-
7 Konzept der thematischen Karten (Layer)
8 Screenshot eines Business GIS
9 Verschneiden von Layern
10 Prismen-Analyse
11 Portfolio-Analyse
12 Entfernungsabhängige Einfärbung
13 Rubini-Graph
14 Voronoi-Diagramm Deutschland
15 Voronoi-Diagramm Regional
16 Stern-Diagram
17 Transportstrom-Diagramm
18 ABC-Analyse
19 Schematische Darstellung Rasterdaten
20 Schematische Darstellung Vektordaten
21 Kundenanalyse
22 Nachfragepotentialanalyse
23 Kundenbesuchsanalyse
24 Standortanalyse
1 Einleitung
1.1 Relevanz und Zielsetzung der Arbeit
Die Anwendung von Geoinformationen in der Wirtschaft ist sehr alt. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts ergänzte der Geograph Alfred Hettner Landkarten mit wirtschaftlichen und historischen Daten (Fritsch 2000). Die Verbindung von wirtschaftlichen Daten mit Ortsangaben liefern wichtige Angaben über kausale Beziehungen innerhalb der Wirtschaftsdaten.
Die quantitative Marketing-Forschung hat sich hier jedoch bisher sehr verhal- ten gegenüber geographischen Einflüssen auf den Marketing-Prozess geäußert. Es ist zwar richtig, dass einige geographische Modelle wie die Gravitationsmodel- le zur Bestimmung von Einzugsgebietsgrößen oder als Instrument zur Standort- Planung einen festen Platz im Werkzeugkasten des Handelsmarketing haben (Reil- ly 1931; Converse 1949; Huff 1964; Fickel 1979). Andererseits sind damit die Fähigkeiten von modernen Geographischen Informationssystemen nicht einmal annähernd erschöpft. Solche Systeme können neben Informationen über geographische Distanzen zwischen Objekten oder der Berechnung von Flächen und Umfängen von Gebieten, Beschränkungen wie beispielsweise ein Geschwindigkeitslimit auf Verkehrswegen in Betracht ziehen.
In vielen Gewerbezweigen die als global und hyperkompetitiv gelten wie dem Einzelhandel, der Zement- und Stahlindustrie und dem Handwerk liegen tatsächlich oligopolistische, lokale Märkte vor,1 so dass die Bestimmung der räumlichen Aus- dehnung dieser Märkte, sowie deren Analyse das höchste Interesse jedes Marketing- Fachmannes sein sollte.
In der vorliegenden Literatur wird angegeben, dass aus der Gesamtheit aller Unternehmensbezogenen Daten ein Anteil von 80-90%2 einen geographischen Be- zug hat. Mit Instrumenten wie der Kausalanalyse oder Strukturgleichungsmodel- len liessen sich durch die Miteinbeziehung von räumlichen Daten beeindruckende Analyse- und Prognoseerfolge erzielen. Im Rahmen der Erforschung der Wir- kung von Preis-Maßnahmen auf die Markenwahl oder der Interaktionen zwischen Marketing-Instrumenten liessen sich durch Einbindung von GIS-Analysen in die Modelle interessante zusätzliche Zusammenhänge entdecken. Bei der Analyse von Wettbewerbsbeziehungen wäre zum Beispiel interessant, inwieweit die Nähe von mehreren Konkurrenten den Wettbewerb verstärkt oder zusätzliche Nachfrage auf Grund des breiteren Angebotes in die Region lockt (Beispiel: Möbelmärkte, Einkaufs-Zentren oder die Konzentration von Fast-Food-Filialen an Bahnhöfen und Kinos).
Die vorliegende Arbeit gibt einen kurzen Abriss der Meilensteine und Einfluss- faktoren der GIS-Entwicklung und eine kurze begriffliche Einordung. Es folgt eine Beschreibung der Funktionsweise von GIS und ein Überblick über die GIS-Märk- te. Abschließend wird ein Überblick über mögliche Analysen gegeben, welche mit Hilfe von Ortsinformationen erstellt werden können. Den Abschluss der Arbeit bildet eine Beispiel-Sammlung aus der Literatur, die jeweils den zugehörigen Marketing-Funktionen, die unterstützt werden, und den Branchen zugeordnet werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: GIS und angrenzende Wissenschaften und Diszi- plinen
1.2 Begriffsbestimmungen
Geographische Informationssysteme haben sich an der Schnittstelle verschiedener Wissenschaften gebildet. Methoden der Kartographie wurden ergänzt mit compu- tergestützer Bildbearbeitung und einem Datenbanksystem zur Speicherung der geographischen Strukturdaten und den zugeordneten Attributen. Andere Dis- ziplinen, welche mit bereits eine starke Verzahnung mit Computertechnologien erfahren hatten, wie Statistik und OR, konnten jetzt auf die digitalen Daten zu- greifen und mit ihnen arbeiten. Schliesslich griffen auch betriebswirtschaftliche Disziplinen auf diese Technik zu.
Unter GIS versteht man allgemein ein computergestütztes System zur Er- fassung, Verwaltung, Analyse und Präsentation von räumlichen Informationen (Gaiser et al. 1994). Ähnliche Definitionen: Grossmann und Eberhardt (1992); Kuehn et al. (1994). (Guter Überblick über alternative Definitionen findet sich bei Murphy (1995). Darüber hinaus gibt es in der Literatur eine Reihen von Ta- xonomien von GIS (s. Bracken und Webster (1989), Grimshaw (1996)). Diese sind jedoch heute durch die rasante Entwicklung von GIS weitgehend überholt.
Jemand, der sich eines geographischen Informationssystemes bedienen will, benötigt drei Komponenten (Leiberich 1998):
- Die GIS-Software (Datenbank, Kartenanzeige- u. Analysefunktionen)
- GIS-kompatible digitale Karten (mit Gebietseinteilungen z.B. 5-stellige PLZ)
- Themenbezogene geographische Daten (z.B. Umsatzzahlen, Potentialdaten, etc.)
Diese Einteilung ist jedoch nicht absolut trennscharf. So gibt es Hersteller von räumlichen Datenbanken, welche ihre Produkte einzeln vertreiben. Man benötigte nun noch ein Anzeige-Werkzeug und ein Auswertungs-Tool. Für eine ausführ- lichere Einführung in die zugrundeliegenden technischen Begriffe wird Lother (1999) empfohlen.
Man kann natürlich auch komplette GIS mit Statistik (z.B. SAS, S+, SPSS) oder Data Mining Produkten (z.B. SAS, Clementine, IBM Intelligent Miner) kombinieren, um die Analysefähigkeiten des Systems zu erweitern. Jedoch finden sich in marktgängigen Business-GIS Lösungen bereits bis zu 100 unterschiedliche Diagramm- und Visualisierungsmöglichkeiten (GfK MACON AG 2001b).
1.3 Meilensteine bei der Entwicklung von GIS
Der Begriff ”geographic information system” (GIS) tauchte Mitte der 1960er Jahre erstmals in den USA auf. Der Terminus wurde sowohl von der Northwes- tern University als auch der Kanadischen Regierung gebraucht (Frost & Sullivan 1994).
Während die Wissenschaftler an der NWU den Begriff für ein Computermodell eines Transportnetzwerkes benutzen, verwandten ihn die Beamten von Kanadas ”Federal Department of Agriculture” für das Canada Geographic Information System. Das System wurde 1963-1971 von dem Geographen Roger Tomlinson entwickelt (Tomlinson 1967). Das CGIS bestand aus einer Datenbank, welche natürliche Resourcen, Landbenutzung und ein ein sozio-ökonomisches Profil ent- hielt. Die Entstehung des CGIS wird von vielen als die Geburtsstunde von GIS bezeichnet.
Einige Autoren führen das Jahr 1969 als weiteren Meilenstein an mit den Gründungen von den Firmen INTERGRAPH mit Sitz in Huntsville, Alabama und dem Environmental Systems Research Institute (ESRI) mit Hauptquartier in Redlands, California. Jedoch waren beide Firmen zunächst in ganz anderen Be- reichen aktiv. ESRI beschäftigte sich nach der Gründung mit unterschiedlichen Beratungsprojekten zu Landnutzung und Stadtplanung, während Intergraph (bis 1980 noch unter dem Namen M&S Computing) lange Zeit in erster Linie als Hardware-Produzent auftrat. Intergraph gehörte sogar bis zur unvorteilhaften Partnerschaft mit Intel Anfang bis Ende der 1990er sogar neben Sun Microsys- tems, Hewlett Packard, IBM, Compaq, DEC und Silicon Graphics zu den führen- den Herstellern von graphischen Workstations (o.V. 1999, 2002a). Beide Firmen etablierten sich jedoch erst deutlich später als GIS-Hersteller.
In den Folgejahren tat sich wenig. Bemerkenswert ist nur das 1972 der ers- te Landsat-Satellit (ERTS-1) seine Arbeit aufnimmt. Erst Anfang der 1980er wurden die ersten kommerziellen GIS-Produkte entwickelt und auf den Markt gebracht. Es entsteht beispielsweise ARC/INFO von ESRI, ein GIS für Mini- computer: Anzeige von Punkten, Linien und Polygone gekoppelt an ein Daten- banksystem um diesen geographischen Objekten weitere Attribute zuordnen zu können.
Um verstehen zu können, wie und warum sich dann GIS in der Folgezeit so schnell verbreiten konnten, muss man sich mit den Geschehnissen auf dem Computerhardware-Markt (bzw. bei Betriebssystemen) auseinandersetzen, denn bislang musste die Hardware für GIS speziell konzipiert werden. Dann aber bringt IBM im August 1981 den IBM PC auf den Markt mit Intel Prozessor und Mi- crosoft Betriebssystem MS-DOS. Compaq bringt 1983 einen IBM-Clone heraus mit demselben Betriebssystem, welcher prompt ein Verkaufsschlager wurde, und schafft damit einen riesigen Markt an ”IBM-kompatiblen PCs”. 1984 erscheint der Apple Macintosh (mit Microsoft Betriebssystem). Damit wurde der Grund- stein gelegt für die weitere rasante Entwicklung im PC-Markt und im abhängigen Software-Markt.
Mitte der 1980er erscheinen erste PC GIS. Die GIS Software Programmierer programmieren neben UNIX, nun auch für die jungen Betriebssysteme DOS- PCs, MacOS und schliesslich auch für MS Windows nach dessen Erscheinen 1985. Ebenfalls 1985 geht das Global Positioning System (GPS) in Betrieb. Ab 1986 umrundet der erste SPOT-Satellit die Erde. Das wachsende Interesse an GIS wird durch staatliche Gelder unterstützt. So entstehen 1987 in den USA das National Center for Geographic Information and Analysis (NCGIA) und im Vereinigten Königreich eine Untergruppe des Economic and Social Research Council namens Regional Research Laboratory (ESRC-RRL) (Abler 1987; Masser und Blackmore 1988; Fischer und Nijkamp 1992).
In den 1990ern folgte eine rasante Entwicklung in Geographischen Informa- tionssystemen. ESRI entwickelt ein Desktop Mapping GIS, welches sich in den ersten sechs Monaten von 1992 bereits 10.000 verkauft. Es folgen weitere Produkte zum Datenmanagement, für CAD-Umgebungen. Während die Firma Macon be- reits seit 1990 eine dezidierte GIS-Lösung für Business-Anwendungen vertreibt, bringen die GIS-Marktführer erst 1994/95 Business-Mapping Applikationen auf den Markt. Ende der 1990er und Anfang der 2000er wird auch die GIS-Industrie von der M&A-Welle der fortschreitenden Globalisierung erfasst und es kommt zu einigen Unternehmensübernahmen. Durch die Konsolidierung beherrschen ESRI und Intergraph heute noch nahezu die Hälfte des gesamten GIS-Software Marktes (s. Abschnitt 2.1 auf S. 14).
Die Standardisierung von Programmschnittstellen, sowie die Industrialisie- rung von Software Engineering durch die objektorientierte Programmierung und die Ausbreitung des Internet führten zu bedeutenden Kostenersparnissen bei der Erstellung Geographischen Informationssysteme. Das Entstehen von plattformu- nabhängigen Software-Technologien (CORBA 1991, COM 1993 und OpenDoc 1993) und plattformunabhängigen Programmiersprachen (JAVA 1995) lassen die GIS-Märkte für UNIX, LINUX, MacOS, SunOS, OS/2, AIX, Windows konvergie- ren. Einige Softwarehersteller wie ESRI sind bereits auf den Zug aufgesprungen und haben eine universell lauffähige Software herausgebracht. Auf der anderen Seite wirken Bestrebungen eine vollständige Interoperabilität (=reibungsloser Da- tenausstausch zwischen Systemen verschiedener Anbieter) herzustellen (OpenGIS Consortium) als Kostensenker (Fritsch 2002). 1997 wurde der erste Standard vom OpenGIS Consortium (OGC) veröffentlicht. Mittlerweile gibt es 294 GIS- Produkte, welche die OGC-Standards implementieren bzw. standard-konform sind.
Zum gegenwärtigen Stand sind GIS so kostengünstig zu haben, dass Sie bereits für eine kleine Pizza-Bäckerei schon eine sinnvolle Investition darstellen, um Werbe-Massnahmen und Promotionaktionen sinnvoll zur Neukundenakquisition und Kundenbindung einsetzen zu können.
Weiterentwicklungen von GIS sind in 3D-GIS und Echtzeit-GIS zu sehen. Daneben gibt es mobile GIS-Lösungen, welche sogenannte ”location-based ser- vices” möglich machen (Zobel 2002; Schneider 2002). Darunter sind Dienst- leistungen zu verstehen, welche sich auf den konkreten Standort des Nachfragers beziehen z.B. Ein Einzelhandels-Unternehmen verschickt aktuelle Informationen über Parkplätze und Sonderangebote gezielt an Autofahrer in einem bestimm- ten Umkreis. Zur Zeit gibt es jedoch erst relativ wenig Anbieter solcher Dienste (s. Strassen-Navigator NaviGate von T-mobile3 oder Tankstellen-/, Restaurant- suche, örtlicher Polleninformationsservice, Personen-Finder, etc. bei Vodafone LBS4 ).
An der Weiterentwicklung der Darstellungsmöglichkeiten arbeiten Wissen- schaftler an der Bochumer Universität. Dort wird versucht Daten in thematischen Karten als Schall darzustellen. Mit solchen Schallkarten können neben Daten mit Zeitbezug insbesondere Unterschiede in bei intervallskalierten und metrischen Da- ten besser dargestellt werden als dies durch die optische Wahrnehmung des Men- schen erfolgen kann, da die Veränderungen durch Lautstärkenvariation erfolgen kann (Hinrichs 2003).
1.4 Diffusion von GIS und technische Weiterentwicklung
Ursprünglich wurden Geographische Informationssysteme in Disziplinen eingesetzt, welche innerhalb oder nahe den Wissenschaften der Erde angesiedelt sind. Früh gab es Systeme zur Analyse von Landnutzung, später dann zur Analyse und Prognose von seismischen Veränderungen und Hochwasser.
Im Laufe der Entwicklung wurden diese Systeme dann auch für Erdölfirmen und Unternehmen der Montanindustrie interessant. Man konnte so mögliche Vor- kommen visualisieren und die Daten aus Probebohrungen graphisch aufbereiten. Sehr bald sprangen auch Strom- und Wasserversorger, sowie Telekommunikati- onsunternehmen auf den Wagen auf, die erkannten, dass durch die graphische Oberfläche der Systeme die geographischen Daten an Bedeutung gewannen. Das geographische Netzwerkmanagement war geboren. Recht bald interessierten sich auch Tageszeitungen, Logistikunternehmen, Wissenschaftler (z.B. Archäologen) sowie die Marketing-Abteilungen von Industrie-Unternehmen für Geographische Informationssysteme (s. Abb. 2 auf S. 11).
Die Diffusion von GIS verlief mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. An- fang der 1990er noch gehypt (”GIS ist in!”, Bill (1990)) wurden diese Softwa- relösungen nur vier Jahre später ausgebremst (”Der Markt für GIS-Systeme ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Diffusion von GIS in verschiedenen Branchen (Backhaus et al. 1995)
noch nicht reif”, o.V. (1994a)). Das lag sowohl an falschen Annahmen der Hype- Verursacher5, sowie an der unklaren Positionierung der Software-Hersteller6 und der Verunsicherung potentieller Kunden, welche durch den plötzlichen Hype und das nicht abgestimmtes Marketing für ein erklärungsbedürftiges Produkt ver- ursacht worden sind7. Goss (1995) geht in seiner Kritik über die ”hype-ridden industry” weiter: Man solle zwar den ”Glauben” der Marketing-Fachleute in die GIS-Technologie ernst nehmen - die Technologie werde sich langfristig durch- setzen - jedoch sei man längst nicht so allwissend wie man den Aussagen von GIS-Firmen (Roszak 1986) oder Marketing-Leuten (Larson 1992) zufolge sein könne. Die ”dramatic gains” durch die Technologie lägen in Wahrheit jedoch nur bei 2-3% verbesserten Prognosen (Humby 1989, S. 65)8, es lohne sich also nur bei Firmen mit der entsprechenden Umsatzhöhe (Merrick und Tordella (1988, S. 30);Openshaw (1989, S. 114)).
Ein weiteres Problem war, dass GIS zu dem Zeitpunkt reine Werkzeuge waren, die einsatzfertigen Anwendugen jedoch von Unternehmen selbst entwickelt werden mussten.
Der Hype ist nun verklungen, ähnlich dem Internet-/New-Economy-Hype. Was bleibt ist eine solide Technologie, welche in vielen betriebswirtschaftlichen Bereichen einen enormen Wissensprung ermöglicht - nun ohne Hype. In den nächsten fünf bis acht Jahren ist damit zu rechnen, dass GIS durch Integrati- on in ERP- oder CRM-Systeme (Hassmann 2001, S. 60) oder als Add-On zu Office-Software zu einer Standard-Technologie wird. Ein starker Katalysator bei dieser Technologie wird das Internet und andere Client-Server-Technologien und Protokolle sein. In einer Welt in der die Konsumenten immer mobiler werden, braucht das Marketing dringend Instrumente, um diese Mobilität darstellen zu können und um mit präzisen Analysen, effiziente Marketing-Kampagnen lancie- ren zu können.
2 GIS-Software
2.1 Marktdaten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Industrie Struktur des gesamten GIS Marktes. Quelle: Frost & Sullivan (1998). VARS=Value Added Reseller, OEM=Original Equipment Manufacturer.
Es ist nicht sehr leicht den GIS-Markt getrennt in Software, Daten und Dienst- leistungsmärkte aufzuschlüsseln, da der Markt (s. Abb. 3) einen hohen Grad an vertikaler Integration verfügt. Aus analytischen Gründen soll dies trotzdem ver- sucht werden. Es finden sich sehr gute und detaillierte Marktanalysen in Frost & Sullivan (1994), Frost & Sullivan (1998), Buhmann und Wiesel (2001) und Buh- mann und Wiesel (2002). Die Firma Daratech hat 2001 und 2003 Marktstudien herausgebracht (Preis je $ 5.950), die zwar überall zitiert werden, jedoch scheint sie kaum jemand vorliegen zu haben; die Firma selber stellt ihre Studie nicht einmal für akademische Zwecke und auch nicht auszugsweise zur Verfügung.
Aus Internetrecherchen kann man aus verschiedenen Quellen, welche den DaratechReport 2001 zitieren (leider teilweise widersprüchlich) sich folgende Zahlen zu- sammenreimen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Segmente des GIS Marktes. Quelle: verändert nach Frost & Sullivan (1998)
Der GIS-Software Markt für 2003 summiert auf eine Höhe von ca 1.3-1.85 Mrd US$ (inklusive Reseller und VARS) mit einem durchschnittlichen Markt- wachstum von ca. 14% über die letzten Jahre (Leiberich (1998) schreibt sogar von über 40% Wachstumsrate für den deutschen Markt). Die Firmen ESRI (ca. 35%) und Intergraph (ca. 13 %) sind die Marktführer. Die sieben ”Zweitligisten” im internationalen Markt sind GE Smallworld, Autodesk, Leica, Mapinfo, IBM, SI- CAD/Siemens, Logica, GeoGraphix und ERDAS. diese Unternehmen kommen für einen weltweiten Marktanteil von ca. 41% auf. Daneben gibt es im Business- GIS Bereich durch die speziell zugeschnittenen Programmfunktionen etablierte Produkte wie Regiograph und District von der Firma MACON.
Zwar geht der Trend in der Software-Erstellung von Miniframe-basierten über UNIX-basierten hin zu Windows-basierten Betriebssystemen. Jedoch ist der Markt recht zersplittert. Die Abbildung 4 zeigt eine Bestandsaufnahme von 1997. Diese wurde leicht verändert um, darzustellen, welche Segmente tot (dun- kelgrau), sterbend (hellgrau) und wachstumsstark (grün) sind. Die Entwicklung von plattformunabhängigen Standards (s. Abschnitt 1.3 auf S. 9) und wachsenden Rechnerleistungsfähigkeiten führt zu einer Konvergenz sowohl bei Betriebssyste- men als auch bei Produkten (Workstation GIS und Desktop GIS). Die Marktleis- tungsdifferenzierung wird künftig in erster Linie über Beratung und Implemen- tierungsdienstleistungen erfolgen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Mitarbeiterzahlen GIS-Firmen Abbildung 6: Anzahl GIS-Firmen 1963-1995
An der Entwicklung der Mitarbeiterzahlen (Quelle: Hartung (1997)) kann man sehr gut erkennen, wie bereits in 1.3 geschildert, dass der GIS-Markt erst Mitte der 1980er abhebt.
Neben dieser kommerziellen Software gibt es noch eine Reihe OpenSource Programmen. Einen Überblick findet man unter www.freegis.org, einige weitere unter www.opensourcegis.org. Die Mehrheit der Programme eignet sich jedoch mehr für Vermessungsingenieure und geodätisch gebildetes Publikum. Hervorzu- heben ist jedoch das Geographic Resource Analysis Support System (GRASS), welches ursprünglich für das amerikanische Militär entwickelt wurde und dann 1995 als OpenSource-Code veröffentlicht wurde. Einsätze von GRASS waren u.a. bei der Bank of America, CERN, Harvard University, Deutsche Bank, Ericsson, Lockheed Martin, Princeton University sowie an der TU München und der TU Berlin. Es bestehen Anbindungsmöglichkeiten zu OpenSource Programmen R, GStat, etc zur Auswertung.
Viele Dienstleistungs-/Datenanbieter locken potentielle Kunden mit kostenlosen Dienstleistungen auf Ihre Internet-Präsenz. Ein Beispiel dafür ist das WebAngebot der Firma Lutum & Tappert9, welche auch kommerzielle Software vertreiben, sowie digitale Karten und Daten anbieten. Man kann hier über das Internet eigene (anonymisierte) Daten hochladen, sich anzeigen lassen und in verschiedenen Grafik-Formaten speichern.
2.2 Funktionsweise GIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Konzept der thematischen Karten (Layer)
Geographische Informationssysteme funktionieren nach dem Prinzip von the- matischen Karten. Thematische Karten bestehen aus Layern. Hierbei bilden die Schichten (Layer) mit geographischen Elementen den Hintergrund.
[...]
1 Die Meinung von Sheth und Sisodia (1999), dass das Internet die Struktur dieser Märkte verändere durch seine Zeit und Raum überbrückende Funktion, wird diesen Märkten nicht gerecht. Diese Märkte sind lokal, da in ihnen hohe Transportkosten vorliegen oder die individuellen Konsumentscheidungen sehr kurzfristig getroffen werden. Die Brückenfunktion des Internets kommt hier also nicht zum Zug. Das Internet sorgt gleichwohl für eine größere Effizienz des gesamten Marktmechanismus.
2 Die Angaben bei vielen Autoren wie (Goss 1995; Kindervater et al. 2001; Hassmann 2001; Nattenberg und König 2002) stützen sich auf grobe Schätzungen oder Aussagen von Vertriebsleuten von GIS-Firmen. Jedoch scheint ein solch hoher Anteil empirischer Überprüfung im Einzelfall in etwa Stand zu halten.
3 http://www.t-mobile.de/navigate/1,4338,5951- ,00.html
4 http://www.vodafone.de/kundenbetreuung services/unterwegs/lbs partnerservices.html
5 Niemand hat Windows als Betriebssystem Bedeutung beigemessen (Bill 1990), die rasante Entwicklung und breite Akzeptanz des Internets wurde nicht erkannt
6 GIS wurden uneinheitlich Dargestellt: Für die einen stellten sie eine Fortentwicklung von
CAD-Systemen dar, andere sahen in ihnen eine Desktop-Mapping-Lösung und wieder andere wollten sie als Datenbanken mit graphischen Fähigkeiten dargestellt wissen.
7 Diese Darstellungsweise, sowie eine hervorragende und detaillierte Analyse der Markthemm- nisse bei GIS findet sich bei (Backhaus et al. 1995, S. 4-7)
8 Anders: (Frühling und Steingrube 1995, S. 192). Hier werden Steigerungen um 20-40% erwähnt.
9 http://www.lutumtappert.de/
- Citar trabajo
- Wilhelm Dyckerhoff (Autor), 2003, Einsatzmöglichkeiten von GIS im Marketing, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27852
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