Diese Referatszusammenfassung setzt sich mit der Frage auseinander, wie religiöse Urteilsentwicklung im Laufe des Lebens entsteht und sich entfaltet.
Entwicklung des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder
Einleitung:
- Theorie der Entwicklung der Glaubensdimensionen (religiöses Urteil) in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verstehens (Piaget) und von der Entwicklung des moralischen Urteils (Kohlberg) mit Stufenbegriff im Mittelpunkt; Mitte der 80er entstanden.
- Leitende Frage: Wie kann sich religiöses Urteilsvermögen im Lebensaufbau vermitteln und entfalten?
- Untersuchungsmethode: Klinische Befragung mit Hilfe von Dilemmageschichten („Paul-Dilemma“ mit der Grundfrage: Soll Paul sein Versprechen halten? Warum oder warum nicht? Dazu noch spezifizierende Erweiterungen).
- Religiöses Urteil als eine Tiefenstruktur, die allem Denken und Urteilen über wesentliche Sinn- und Verhaltensfragen zugrunde liegt. Es ist Ausdruck jenes Regelsystems einer Person, welches in bestimmten Situationen das Verhältnis des Individuums zum Ultimaten überprüft.
➔ sehr weites Religionsverständnis: eine spezifische Einstellung zu Gott ist nicht notwendig konstitutiv.
➔ religiöse Beziehung richtet sich auf etwas, das als Gott, Ultimates, Letztgültiges be- zeichnet werden kann.
- Entwicklung des religiösen Urteils als die sich in Stufen vollziehende Veränderung der (religiösen) Urteilsstrukturen ➔ Ist das Regelsystem einer Person auf einer Stufe nicht mehr stimmig, dann entwickelt sie sich weiter zur nächsten Stufe ➔ Entwicklung als aktiver Vorgang.
- Für Oser und Gmünder ergeben sich 6 Stufen, wovon die 6. Stufe rein hypothetisch ist. Die Stufen werden nacheinander in aufsteigender Reihenfolge durchlaufen. Dabei beinhalten höhere Stufen eine je anders rational durchdrungene Religiosität ➔ es kommt zu einer immer angemesseneren Integration der Religion in eine kommunikative Wirklichkeit.
- Grundlegend für die Stufen religiösen Urteils ist die Frage: Wie kann die Autonomie Gottes bzw. des Ultimaten mit der Autonomie des Menschen zusammengedacht werden?
➔ Stufenfolge bezeichnet den Weg von einer Auffassung, die alle Macht und Autorität bei Gott bzw. dem Ultimaten sieht (Mensch als fremdbestimmtes Wesen) hin zu einem Verständnis, für das sich göttliche Macht und Autorität gerade in der Freiheit der Menschen ausdrücken.
Übersicht zu den Stufen (1 bis 5) des „Religiösen Urteils“ von Oser/Gmünder:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[1]
Quelle: http://www.ph-heidelberg.de/wp/bubenhei/documents/BasiswissenIWS03-04.doc
Worterklärung:
Autonomie: Selbständigkeit, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung, Entscheidungsfreiheit, Willensfreiheit, etc.
Heteronomie: Fremdbestimmung
Deismus: Die Anhänger des Deismus (auch Deisten genannt) gehen zwar von der Schöpfung des Universums durch Gott aus (etwa im Sinne eines perfekten Uhrmachers, der ein Uhrwerk in Gang setzt), aber sie nehmen an, dass Gott im Folgenden keinen Einfluss mehr auf die Geschehnisse im Universum nimmt und auch keine Verantwortung für sie trägt.
Letztgültiges: Gott, Ultimates; einziges höchstes personales Wesen das als der unendliche Grund allen Seins verstanden wird.
deus ex machina: „In der antiken Tragödie gab es Konflikte, die sich nicht aus der Handlung heraus lösen ließen. Ihre Lösung erfolgte von außen durch das überraschende Eingreifen eines Gottes, der dem Geschehen die entscheidende Wende gab. Der „Deus ex machina“ (lat. der Gott aus der Maschine) schwebte in einer kranähnlichen Flugmaschine über der Spielfläche. […] Heute bezeichnet man mit „Deus ex machina“ meist eine unerwartet auftretende Person oder Begebenheit, die in einer Notsituation hilft oder die Lösung bringt.“[2]
genuin: echt, naturgemäß, rein, unverfälscht
Transzendenz: Transzendenz (von lateinisch „transcendere“ = „überschreiten“) bezeichnet Wirklichkeitsebenen, die die Wahrnehmung und das Vorstellungsvermögen überschreiten; Jenseits, Heiliges; Transzendenz ist das Antonym von Immanenz. ➔ Diesseits;
Immanenz: (von lateinisch „immanens“ = „darin bleibend“) bezeichnet innewohnen, anhaften; in etwas enthalten, inbegriffen sein; innerhalb der Grenzen der Erfahrung, der Erkenntnis bleibend; innerweltlich; im Innern eines Gegenstandes, einer Erscheinung innewohnend; aus der Natur eines Gegenstandes kommend.
Heilig: zur göttlichen Sphäre zugehörig, einer Gottheit geweiht.
Gleichbedeutend wird das Fremdwort sakral gebraucht, auch als Gegensatz zu profan (weltlich). Das Heilige ist das "Ganz-andere", das nicht zur naturwissenschaftlich definierbaren Welt gehört, das sich dem rationalen Zugriff entzieht und durch Theologie oder Philosophie nur umschrieben, nicht definiert werden kann.
Der Begriff des Heiligen ist eine Grunderfahrung der Menschheit. Alle Religionen kennen in irgendeiner Form das Heilige, das Tabu, die Sphäre göttlicher Macht und im Gegensatz dazu das Profane, das Weltliche, den Bereich menschlichen Lebens außerhalb des Heiligen Bezirks.
unio mystica: mystische Vereinigung; Eine das Normalbewusstsein übersteigende Erfahrung: die Vereinigung, das Einswerden mit dem der Empirie entzogenen Grund der Wirklichkeit (Gott, Letztgültiges, All oder ähnliches).
[...]
[1] etwas missverständlich, weil „Deismus“ eigentlich meint, dass Gott der Schöpfer, aber nicht der Lenker der Welt ist; vgl. englische freidenkerische Glaubensströmung am Ende des 17. Jahrhunderts; Gott als Uhrmacher…)
[2] http://wikipedia.t-st.de/data/Deus%20ex%20machina; andere Stichworte ebenfalls teilweise aus http://wikipedia.t-st.de/
- Quote paper
- Anonymous,, 2014, Entwicklung des religiösen Urteils nach Fritz Oser und Paul Gmünder, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278288