Die Geschichte der Arbeitsmigration begann im Nachkriegsdeutschland vor fast 50 Jahren und doch sind, nicht nur in den Medien, aber dort besonders deutlich, der Umgang mit dem Thema Migration allgemein und insbesondere mit den Folgen der Arbeitsmigration bis heute problematisch geblieben. Schon die Begriffe „Gastarbeiter“, „Fremdarbeiter“ oder „Wanderarbeiter“, „Saisonarbeiter“ sind auf dem Gebiet der Arbeitsmigration oftmals Verlegenheitsbezeichnungen für Menschen, die mit unterschiedlichsten Absichten und Aussichten nach Deutschland gekommen und oft längst zu ‚Einwanderern’ geworden sind. Im folgenden soll es darum gehen, die Entwicklungen und Folgen der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik auf zwei Ebenen zu beleuchten. Auf der geschichtlichen Ebene zeigt sich, dass die ursprüngliche Anwerbungspolitik von Gastarbeitern, die in erster Linie nach ökonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurde, in der Folgezeit auch gesellschaftliche und soziale Entwicklungen mit sich brachte, die wiederum, oft umstrittene, politische Reaktionen hervorriefen. Auf der gesellschaftlichen Ebene wird gelegentlich ein direkter Zusammenhang zwischen (Arbeits-)Migratio n von Minderheiten und Fremdenfeindlichkeit als Reaktion der ‚einheimischen’ Bevölkerung unterstellt. Nicht nur im Alltagsverständnis scheinen wirtschaftspolitische und gesellschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit und Fremdenfeindlichkeit oft eng zusammen gedacht zu werden. Die These, dass „die ökonomische Notwendigkeit [...] nach wie vor [als] ein Durchlass – oder ein Filter – zwischen Xenophobie und Kosmopolitismus“ zu sehen ist, gilt es dabei mit zu bedenken.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Migration
2.1 Problemfeld Arbeitsmigration
2.2 Stationen der Arbeitsmigration nach Deutschland
3. Politische Reaktionen
3.1 Von der Arbeitsmarktpolitik zur Ausländerpolitik
3.2 Vom ‚Gastarbeiter’ zum ‚Einwanderer’?
3.3 Recht und Politik
4. Gesellschaftliche Reaktion: Fremdenfeindlichkeit?
4.1 Wirtschaftskrise – Wirtschaftswachstum: Ablehnung in jeder Lage
4.2 Konflikte in der Nachwendezeit
4.3 Deutschland, das ‚Nicht-Einwanderungsland‘
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In diesem Jahr gibt es den seit 18 Jahren ersten deutschen Gewinner des Golden Bären der Berlinale zu feiern: Mit Fatih Akins „Gegen die Wand“ siege „das deutsche Kino, das Deutschland seit fast 20 Jahren als das Einwanderungsland abbildet, das es nicht sein will“ über „die deutschen Träume von einer Leitkultur“[1], schwärmt das Feuilleton. Es ist „kein Film für Multikulti-Etiketten“[2] und auch sonst scheint es Schwierigkeiten mit den Begrifflichkeiten zu geben. Der Regisseur wehrt sich auf einer Pressekonferenz vehement gegen die abwertend konnotierte Bezeichnung ‚Gastarbeiter’, wird in gewissen Medien vorübergehend als „Erfolgsdeutsche[r] adoptiert“, während man die Hauptdarstellerin entweder als „rassige deutsche Film-Diva“ feiert oder als ehemalige „Porno-Darstellerin“ denunziert.[3]
Die Geschichte der Arbeitsmigration begann im Nachkriegsdeutschland vor fast 50 Jahren und doch sind, nicht nur in den Medien, aber dort besonders deutlich, der Umgang mit dem Thema Migration allgemein und insbesondere mit den Folgen der Arbeitsmigration bis heute problematisch geblieben. Schon die Begriffe „Gastarbeiter“, „Fremdarbeiter“ oder „Wanderarbeiter“, „Saisonarbeiter“ sind auf dem Gebiet der Arbeitsmigration oftmals Verlegenheitsbezeichnungen für Menschen, die mit unterschiedlichsten Absichten und Aussichten nach Deutschland gekommen und oft längst zu ‚Einwanderern’ geworden sind.
Im folgenden soll es darum gehen, die Entwicklungen und Folgen der Arbeitsmigration in die Bundesrepublik auf zwei Ebenen zu beleuchten. Auf der geschichtlichen Ebene zeigt sich, dass die ursprüngliche Anwerbungspolitik von Gastarbeitern, die in erster Linie nach ökonomischen Gesichtspunkten gestaltet wurde, in der Folgezeit auch gesellschaftliche und soziale Entwicklungen mit sich brachte, die wiederum, oft umstrittene, politische Reaktionen hervorriefen. Auf der gesellschaftlichen Ebene wird gelegentlich ein direkter Zusammenhang zwischen (Arbeits-)Migration von Minderheiten und Fremdenfeindlichkeit als Reaktion der ‚einheimischen’ Bevölkerung unterstellt. Nicht nur im Alltagsverständnis scheinen wirt-schaftspolitische und gesellschaftliche Probleme wie Arbeitslosigkeit und Fremden-feindlichkeit oft eng zusammen gedacht zu werden. Die These, dass „die ökonomische Notwendigkeit [...] nach wie vor [als] ein Durchlass – oder ein Filter – zwischen Xenophobie und Kosmopolitismus“[4] zu sehen ist, gilt es dabei mit zu bedenken.
2. Migration
In der Soziologie bezeichnet der Begriff ‚Migration’ (aus dem Lateinischen ‚migrare’/ ’migratio’ für wandern, wegziehen, Wanderung[5] ) ein Phänomen, das es wahrscheinlich zu allen Zeiten gegeben hat: „Bewegungen von Personen und Personengruppen im Raum [...], die einen dauerhaften Wohnortwechsel [...] bedingen“[6], der sich mindestens zwischen zwei politischen Gemeinden des selben Landes (Binnenmigration), oft zwischen verschiedenen Nationalstaaten (Internationale Migration) vollzieht. Dieser Bewegungsvorgang kann, von den einzelnen Migranten, ungewollt oder bewusst geplant, aus verschiedensten Beweg-gründen, mit unterschiedlichsten Motiven einsetzen und im Aufnahmeland verschiedene Entwicklungen nach sich ziehen. Diskriminierungserfahrungen, Integrationsversuche, spätere Rückkehr sind plakative Etikette für einige der ganz unterschiedlichen Aspekte in den Lebensläufen von Migranten.
2.1 Problemfeld Arbeitsmigration
Ein Faktor, der ausschlaggebend sein kann für Migration, ist die Arbeit. Dabei stehen sich sozusagen zwei Interessensvertreter gegenüber: Aus der Perspektive eines (potentiellen) Arbeitsmigranten aus betrachte, sind verschiedene Faktoren denkbar, die den Ausschlag zu einer „grenzüberschreitenden Arbeitswanderung“[7] geben können. Dazu gehören Lohnhöhe und Beschäftigungschancen im Aufnahmeland, aber auch, auf einer individuelleren Ebene, Überlegungen zur Risikodiversifizierung des Familien- oder Haushaltseinkommens, oder das Gefühl, innerhalb der sozialen Gruppe, der man im Heimatland angehört, benachteiligt zu sein und damit der Wunsch durch Migration in dieser Gruppe einen besseren Stand zu erreichen.[8] Es können also, sehr allgemein gefasst, bei der individuellen Entscheidungsfindung ökonomische Kosten-Nutzen-Überlegungen, sowie „Macht-Prestige-Verhältnisse“[9] eine Rolle spielen.
Aus einer überindividuellen Perspektive betrachtet, zeigen sich Migrationsbewegungen immer auch eingebunden in einen größeren Zusammenhang von nationalökonomischen Interessen der betroffenen Staaten. Individuelle Entscheidungen zur Migration werden demzufolge auch auf der Grundlage bestehender wirtschaftlicher, rechtlicher und politischer Rahmen-bedingungen („transnationale Praktiken“[10] ) getroffen, die von den jeweiligen Staaten zur Ermöglichung solcher Wanderbewegungen geschaffen werden. Deutlich wird diese Überlegung mit Blick auf die konkrete Nachfrage nach Arbeitsmigranten im Nachkriegsdeutschland.
2.2 Stationen der Arbeitsmigration nach Deutschland
Deutschland war von Wanderbewegungen getroffen, lange bevor ausländische Arbeitnehmer systematisch und in größerer Zahl angeworben wurden. Beispielsweise verließen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts viele Menschen Deutschland vor allem in Richtung Vereinigte Staaten in der Hoffnung auf Arbeit und Wohlstand. Gleichzeitig arbeiteten „Fachkräfte aus Italien vorwiegend im Straßenbau sowie bei der Errichtung der Verkehrsverbindungen“[11]. Die Blüte des Bergbaus sowie die zunehmende Industrialisierung zogen zudem ausländische Arbeitskräfte, besonders aus Polen, gerade ins Ruhrgebiet.[12] Auch die dunkle Geschichte der Zwangsarbeit während der Zeit des 3.Reichs gehören zum Phänomen der Migration im 20. Jahrhundert.
1950 lebten 9,4 Mill. Menschen (ca. 18 % der Bevölkerung) in der BRD, die vor dem 2. Weltkrieg ihren Wohnsitz außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik hatten.[13] Bis 1961 kamen 13,34 Mill. sog. ‚Heimatvertriebene’ und ‚Zugewanderte’ aus der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR und Ost-Berlin.[14] Dennoch herrschte zunächst in der Landwirtschaft, später auch im Baugewerbe schon 1952 Arbeitskräftemangel, dem bis zum Ende der ersten Hälfte der 50er Jahre eine relativ hohe Arbeitslosigkeit (jährliche Quote: 9,5%[15] ) gegenüberstand. Bei der ersten Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften in dieser Zeit handelte es sich um „nur kurzfristige[] und relativ unorganisierte[] Anwerbungen“[16], die dazu führten, dass beispielsweise ab dem Sommer 1952 Saisonarbeiter aus Italien in der süddeutschen Land- und Forstwirtschaft tätig wurden.
[...]
[1] Die ZEIT, 19.Februar 2004, S. 49.
[2] Ebd.
[3] Ebd.
[4] Kristeva, 1990, S. 63.
[5] Vgl. Han, 2000, S. 7.
[6] Ebd.
[7] Pries, 2001, S. 13.
[8] Vgl. ebd.
[9] Ebd.
[10] Pries, 2001, S. 22.
[11] Cruz, 1984, S. 83.
[12] Vgl. ebd.
[13] Vgl. Heckmann, 1981, S. 149.
[14] Ebd.
[15] Ebd. S. 150.
[16] Ebd. S. 149.
- Citar trabajo
- Sandra Schmidt (Autor), 2004, Arbeitsmigration und Fremdenfeindlichkeit, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27826
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