Clubkultur ist und war Jugendkultur. Clubkultur ist seit den 80ern auch Ravekultur. Und Ravekultur ist Geschmackskultur. Clubkultur ist der ständige Kulturkampf des Authentischen, kulturell Legitimen und des „Hippen“. Die Clubkultur, die von hieran als Ravekultur bezeichnet wird, hat ihre kulturellen Hierarchien, wie alle anderen Subkulturen oder Teile des Gesamtkulturellen auch.
Die folgende Masterarbeit behandelt die Ravekultur, wie sie sich entwickelte, wie sie dem Mainstream angepasst wurde, wie sie den Verfall erlebte und wie sie trotzdem überlebte und vielleicht stärker als je dasteht.
„Techno ist eine durchweg ästhetische Kultur. Sie ist keine Massenbewegung, sondern beschreibbar als ein kulturelles Feld, das von einer Vielzahl von Gemeinschaften gebildet wird.“ (Klein 2004, s. 188). Ästhetisch oder vom Kommerz zerfressen, darum drehen sich die meisten Diskussionen, wenn es um subkulturelle Jugendströmungen geht (Ebd. S. 187).
Ehe diese Masterarbeit sich den drei Hauptteilen widmet, wird die Fragestellung, ein methodischer Abschnitt und daraufhin eine Begriffserläuterung präsentiert, die für das Verständnis der Arbeit essentiell ist.
Im ersten Hauptteil wird eine Analyse und Diskussion über Subkultur und verschiedene kulturelle Aspekte von Geisteswissenschaftlern, Kulturwissenschaftlern und Soziologen aufgestellt. Auf den Theorieabschnitt folgt eine erweiterte Erläuterung, Analyse und Diskussion der Geschichte der Ravekultur und deren übergeordneter Phasen - Auftakt, Superlative und Rückgang. Dies bringt die Arbeit in den dritten Hauptteil, wo der postulierte Begriff „Superkultur“ definiert wird, um darauf folgend die Hauptthese einer Superkultur „Rave“ zu diskutieren und zu bearbeiten.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Fragestellung
2.1. Konstitutive Fragestellung
3. Methode
4. Begriffserläuterung
5. Theorie der Subkultur
5.1. Einleitung
5.2. Die Subkultur
5.3. Teilkonklusion
6. Die elektronische Tanzmusik
6.1. Einleitung
6.2. Der Anfang
6.3. Die Superlative
6.4. Der Grabstein Rave
6.5. Teilkonklusion
7. Das Konzept der Superkultur
8. Die Superkultur RAVE
8.1. Underground und Overground
8.2. Global und Lokal
8.3. Gegen-, Sub-, Teil- und Hauptkultur
8.4. Verankerung in der Gesellschaft
8.5. Genreinfiltrierend und ohne Feinde
9. Konklusion
10. Dänisches Resümee
11. Literaturverzeichnis
1. Vorwort :
„Dance cultures have long been seen to epitomize mass culture at it’s worst. Dance music has been considered to be standardized, mindless and banal, while dancers have been regarded as narcotized, conformist and easily manipulated.“ (Thornton 1995, s. 1)
Dieses Zitat folgt einer breiten Beschreibung der Ravekultur der 90er, als sie auf ihrem damaligen Höhepunkt war. Dies gilt noch immer als Ansichtsweise vieler der ProtagonistenInnen, der Medien und generell der Bevölkerung. Es ist klar, denn Clubkultur ist und war Jugendkultur. Clubkultur ist seit den 80ern auch Ravekultur. Und Ravekultur ist Geschmackskultur (Thornton 1995, 3). Clubkultur ist der ständige Kulturkampf des Authentischen, kulturell Legitimen und des „Hippen“. Die Clubkultur, die von hieran als Ravekultur bezeichnet wird, hat ihre kulturellen Hierarchien, wie alle anderen Subkulturen oder Teile des Gesamtkulturellen auch.
Die folgende Masterarbeit behandelt die Ravekultur, wie sie sich entwickelte, wie sie dem Mainstream angepasst wurde, wie sie den Verfall erlebte und wie sie trotzdem überlebte und vielleicht stärker als je dasteht.
„Techno ist eine durchweg ästhetische Kultur. Sie ist keine Massenbewegung, sondern beschreibbar als ein kulturelles Feld, das von einer Vielzahl von Gemeinschaften gebildet wird.“ (Klein 2004, s. 188). Ästhetisch oder vom Kommerz zerfressen, darum drehen sich die meisten Diskussionen, wenn es um subkulturelle Jugendströmungen geht (Ebd. S. 187).
Ehe diese Masterarbeit sich den drei Hauptteilen widmet, wird die Fragestellung, ein methodischer Abschnitt und daraufhin eine Begriffserläuterung präsentiert, die für das Verständnis der Arbeit essentiell ist.
Im ersten Hauptteil wird eine Analyse und Diskussion über Subkultur und verschiedene kulturelle Aspekte von Geisteswissenschaftlern, Kulturwissenschaftlern und Soziologen aufgestellt. Auf den Theorieabschnitt folgt eine erweiterte Erläuterung, Analyse und Diskussion der Geschichte der Ravekultur und deren übergeordneter Phasen - Auftakt, Superlative und Rückgang. Dies bringt die Arbeit in den dritten Hauptteil, wo der postulierte Begriff „Superkultur“ definiert wird, um darauf folgend die Hauptthese einer Superkultur „Rave“ zu diskutieren und zu bearbeiten.
2. Fragestellung
In meiner Masterarbeit – „Die elektronische Invasion. Rave – aus der Subkultur in die Superkultur“ - werden Aspekte der Ravekultur, die sich in den 90ern vor allen in Deutschland entwickelte, in einem kulturwissenschaftlichen Diskurs erläutert, analysiert und diskutiert. Die Hypothese dieser Masterarbeit bezieht sich auf die Grundannahme, dass die elektronische Tanzmusik (EDM) mit all ihren kulturellen und semi-kulturellen Aspekten sich aus ihrer anfänglichen subkulturellen Rolle über die Mainstreamisierung und die darauf folgende Regression zu einer omnipräsenten Superkultur entwickelt hat.
2.1 Konstitutive Fragestellung
Ausgehend von der Hypothese, dass die Ravekultur in den 2010ern sich selbst zu einer genre-übergreifenden, globalen wie lokalen mit subkulturellen, teilkulturellen, hauptkulturellen und gegenkulturellen Elementen und ubiquitären Kultur erhoben hat, wird die Ravekultur zum Zentrum einer kulturellen und gesellschaftlichen Analyse und Diskussion über Subkultur, Kultur und Jugend. Folgenden Fragestellungen sollen sich in dieser Masterarbeit herauskristallisieren:
1. Was beinhaltet der soziologische und kulturwissenschaftliche Begriff Subkultur?
Diese Frage soll das Fundament dieser Abhandlung bilden und so zum Diskussions- und Analysewerkzeug dieser Arbeit werden.
2. Wie entwickelte sich die Ravekultur, vom Anfang in den 80ern, über die Mainstreamisierung und den Verfall in den 90ern?
Diese Frage soll eine auf Gesellschafts- und Kulturanalyse bauende, kritische Behandlung der Geschichte der Ravekultur zum Vorschein bringen, um als Voraussetzung für die Hauptthese der Superkultur Rave zu dienen.
3. Wie wird eine Superkultur definiert und inwiefern ist die Ravekultur seit ungefähr 2010 als solche zu bezeichnen?
Diese Frage soll die von mir aufgestellte These unterstützen und begründen. Gleichzeitig wird unter dieser Frage der von mir konstruierte Begriff „Superkultur“ erklärt und definiert, um in hierauf zu analysieren und diskutieren.
3. Methode
Die vorliegende Masterarbeit orientiert sich an einem kulturwissenschaftlichen Diskurs, der speziell in der Subkulturtheorie fundiert ist. Um die Ravekultur von Anfang an zu erfassen, in ihrem frühen subkulturellen Stadium zu definieren und später ihrer Entwicklung hin zur Superkultur zu folgen, muss die Prämisse der sowohl gesellschaftskritischen als auch kulturanalytischen Perspektivierung angewandt werden. Um die Superkultur zu definieren, muss erst eine Diskussion und Definition der anderen kulturellen Aspekte wie Subkultur, Teilkultur, Gegenkultur und Hauptkultur geschehen.
Es werden im vorliegenden Fall nationale wie internationale Dokumente, primäre und sekundäre, im Zusammenspiel mit ethnographischen Beobachtungen in der Ravekultur, in einer strukturierenden und transzendierenden Analyse hin zur Grundthese bearbeitet. Als Ethnograph ist man sowohl Teilnehmer als auch Ermittler in der zur Untersuchung stehenden sozialen Welt (Anderson 2009, S. 7ff), und kann somit die „... Phänomenologie der Momente...“ (Schwanhäußer 2010, S. 153.), die essentiell für die Ravekultur sind, besser verstehen. Das reflexive ethnographische Wissen und die Erfahrung über die Ravekultur wird zur Methode der wechselseitigen Analyse, dh. Auswertungen und Erkenntnisse aus anderen Quellen können leichter, sich in eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen spiegelnd, herauskristallisiert werden. Interdisziplinäre Untersuchungen von anderen ethnographischen ForscherInnen wie bspw. Gabriele Klein (Klein 2004), Tammy Anderson (Anderson 2009) und Anja Schwanhäußer (Schwanhäußer 2010) erweitern die Reflexion und geben den analytischen Werkzeugen eine im Vergleich liegende Metafunktion. Bei dieser Funktion werden sowohl ForscherInnen, Verfasser, Primärquellen und sekundärtheoretische Aspekte zum zentralen Instrument der Analyse und Diskussion. Es werden keine direkten ethnographischen Erkenntnisanalyseabschnitte konzipiert, dh. es kommt nicht zur direkten Auswertung von Selbstzeugnissen in Form eines selbständigen Abschnittes, sondern die ethnographische Empirie dient lediglich der ergänzenden Analyse und Perspektivierung des behandelten Materials.
Analog zum Verzicht des ethnographischen Abschnitts, ist auch eine adäquate Abgrenzung des behandelten Feldes, ein Muss bei einem so breiten Thema. „Techno ist eine mehrdimensionale semantische Domäne (...), ein Sammelbegriff nicht nur für verschiedene Phänomene, sondern für verschiedene Arten von Phänomenen“ (Meyer s. 12, 2000), deswegen muss sich diese Masterarbeit auch einer systematischen Abgrenzung unterziehen. Somit sind die von mir behandelten Themen und Phänomene selektiv, jedoch durchaus repräsentativ und dienen zum Verständnis des Gesamtkonzepts der Superkultur Rave. Die Sekundärliteratur dient vor allem zur Analyse und Perspektivierung der Ravekultur bis hin zur Gegenwart. Quellen aus dem Internet, dass für eine jugendliche, moderne und auf Technisierung bauende Kultur essentiell ist, begleitet Auswertungen und Diskussionen von Anfang bis Ende. Im letzten Abschnitt, bei der Bearbeitung des Postulats einer „Superkultur Rave“, wird vorrangig Wert auf eine Verarbeitung von Primärquellen aus Zeitungen und Zeitschriften , vom „Archiv der Jugendkulturen e.V.[1] “ in Berlin, gelegt.
4. Begriffserläuterung
EDM: Eletronic Dance Musik. Die Musikrichtung, die nicht nur elektronisch ist, sondern auch für den Dancefloor bestimmt ist. D.h. EDM ist die Musik die zu Raves und in elektronisch orientierten Musik-Clubs gespielt wird.
Rave: Eine Ansammlung von Menschen in einer bestimmten Lokalität (Location), die sich wegen dem Anhören oder dem Tanzen zu elektronisch produzierter Tanzmusik treffen. Raves entstanden Ende der 80iger in England und verbreiteten sich schnell auf den Rest Europas, vor allem in Deutschland fand der Acid House schnell Anhänger. Oft waren diese Raves illegal und wurden in verlassenen Fabriken oder ”Warehouses” (Lagerhallen) abgehalten. Raves werden als positiv gestimmte Veranstaltungen kategorisiert. Zudem werden Raves oft mit wilden Lichtshows (oft Laser-Shows), einer atmosphärischen Stimmung, Hedonismus und der Einnahme der ”Liebesdroge” Ecstasy verbunden.
Ravekultur: Der Begriff Ravekultur wird von verschiedenen Kulturforschern und Soziologen anders definiert. In dieser Abhandlung steht der Begriff für alles, was rund um elektronischer Tanzmusik geschieht, es impliziert sowohl klassische Raves als auch Clubkultur, dh. maschinell oder mit Computer produzierte elektronische Tanzmusik mit all ihren Subgenres, die Mode, die Events, Lokalitäten, die AktuerInnen, den Kommerz etc. also alles, worauf sich Elemente der EDM projizieren.
Clubkultur: Die Clubkultur erregte erstmals Aufsehen in den 1920ern, mit Clubs wie dem Züricher „Theater Voltaire“. Diese bordellähnlichen Räumlichkeiten boten Musik, Tanz, willige Frauenzimmer etc. Später, in der Disco Ära der 1970er, wurde die Clubkultur zum Popphänomen. In einem Disco Club gab es – wie heute – den Dancefloor, einen DJ, Getränke, Lichtanlagen und laute Soundsystems. In den 80ern zogen die EDM und der Hip-Hop in die Clubkultur ein.
Acid House: Ist ein Pionier-Genre der EDM, sie hat ihren Ursprung im Chicago der Mit-80er. Die Musik betont hypnotische, sich wiederholende und in Trance erzeugende Rhythmen. Acid House ist heute ein Subgenre der populären „House“ Musik.
Techno/Electro: Der popularisierte Oberbegriff für elektronisch produzierte Tanzmusik (ist auch ein Genre – siehe unten), die oft einen monotonen vierviertel Beat hat. Der Begriff Techno wird in der Kulturdebatte eher als eine negative Beschreibung der inhaltslosen elektronischen Musik verwendet. Techno ist in den Medien eine Bezeichnung, die versucht das ganze Spektrum dieser Kultur zu beschreiben. Alles von Musik, Mode, AkteureInnen, Veranstaltungen usw. wird über einen Kamm geschoren. Heute benützt man den Begriff „Electro“ anstatt Techno. Wegen der Gesischte der Technomusik, wird heutzutage eher der Begriff Electro als Sammelbegriff für EDM benützt. Der Begriff Electro hat weniger eine negative Beurteilung in sich als Techno.
BPM: Schlag pro Minute. Wie schnell der rhythmusgebende Schlag der tiefen Bass-Drum in einem Lied ist.
Dancefloor: Die Tanzfläche in Clubs oder bei Raves. Ein Dancefloor kann sich sowohl in einem teuren Club als auch auf der Straße befinden.
IDM: Intelligent Dance Musik. Ein Subgenre der EDM, das avancierte Lieder umfasst, die oft sowohl Stimmung als auch Tempo wechseln und ein höheres kompositorisches Niveau haben als Mainstream-Techno.
PLUR: Das Ethos der Ravekultur der 80iger und frühen 90iger. PLUR steht für Friede, Liebe, Verständnis und Respekt (Peace, Love, Understanding and Respect).
Szene: Der Begriff Szene bezieht sich heutzutage, und in dieser Masterarbeit, auf eine große oder kleine Gruppe von Menschen, die gemeinsame Interessen, Geschmäcker und Passionen haben.
Underground: Als Underground bezeichnet man die kulturellen Elemente (z.B. Partys, Genres, Locations, Styles etc.) die nicht offensichtlich im Mainstream repräsentiert sind. Der Underground definiert sich oftmals selber in einer bewussten Abgrenzung zu etwas anderem, meistens der Popkultur. Dennoch ist es oft der Fall, dass Undergroundelemente automatisch popularisiert werden. Deswegen definiert und erfindet sich der Underground ständig neu.
Insider: Ein Insider ist ein AkteurInn im Underground einer gegeben Kultur. Der Insider weiß wo etwas passiert und wer und was gerade in einer Szene angesagt ist.
Hype: Ein Hype ist ein kulturelles (meist jugendkulturelles) Phänomen, dass durch eine blitzschnelle Popularisierung eines Künstlers, einer Band, einer Stilrichtung etc. passiert. Er wird von verschiedenen Medien unterstützt, getragen und verschwindet oft genau so schnell wie er gekommen ist.
Hip: Der Begriff „hip“ geht zurück auf den von der Chicagoer School abstammenden Soziologen Howard Becker, der dieses Phänomen auf eine abweichende Musikkultur der 1940er bezog. Die weißen Jazzer sahen ihr Publikum als „squares“ (vergleichbar mit uncool), dh. das man in seinem Akt als AkteurInn in gewisser Weise besser als der Rest ist, weil man in einem Feld das von anderen dominiert ist (hier von Afro-Amerikanern) einen Habitus erreicht hat, der zeitgemäß von anderen als unerhört und untypisch angesehen wird. Der Sinn des „Hip-Sein“ ist, sich nicht in der Öffentlichkeit vorzuzeigen und nicht seinen Habitus zu popularisieren. „ ... the cool world (was) an iceberg, mostly underwater ...“ (Thornton 1995, S. 5). Es muss festgehalten werden, dass der Begriff „hip“ eine sehr umgangssprachliche und undefinierte Größe ist. Nichts desto trotz gilt sie u.a. als Kriterium der Akzeptanz in subkulturellen Milieus. Auch wenn es der Habitus ist, nicht mit dem Strom der Öffentlichkeit zu gehen, werden hippe Trends immer von der Kulturindustrie aufgeschnappt und verkauft. Denn alle Jugendlichen – wie wir später sehen werden – wollen sich von der Obrigkeit unterscheiden, obwohl sie das meistens nicht tun.
Event: Ein Event ist direkt übersetzt eine Veranstaltung. Sobald der Begriff in Verbindung mit Ravekultur benützt wird, impliziert er allerdings nicht nur eine Party, sondern etwas das über eine normale Feier hinausgeht. Z.B. eine gute Anlage, eine Lightshow, DJs, Livesets, einzigartige Locations usw. Etwas Spezielles das AkteureInnen anziehen könnte.
Genreüberblick über die wichtigsten Genres[2]:
House: Stammt aus dem Chicagoer Club "The Warehouse” der frühen 80er Jahre. Hat einen 4/4 Takt und ist sehr wiederholend.[3]
Trance: Entwickelt in den frühen 90ern. Hat oft zwischen 125 bis 150 BpM.[4]
Psytrance / Goa Trance: Entwickelt um 1995. Hypnotisierende Musik mit Anordnungen von synthetischen Rhythmen und komplex geschichteten Melodien in einem hohen Tempo.[5]
Techno /Detroit Techno: Stammt aus Detroit. Wurde Ende der 80er entwickelt und lehnt sich an House an, ist jedoch melodiefreundlicher.[6]
Electro House: Auch „French House“ genannt. Wurde Ende der 90er Anfang 2000 in Frankreich entwickelt. Hat Techniken, die House Musik mit merkwürdigem Funk, Breaks und Verzerrungen in den Beats mischen.[7]
Drum ‚n’ Bass: entstand in den späten 80er. Charakteristischer Weise hat die Richtung schnelle Breakbeats (Beats, die gesampelt und geloopt werden). Das Tempo der Tracks befindet sich auf 160 – 180 mit tiefem Bass und Sub-Bass Lines.[8]
Dubstep: Kommt aus Süd London und wurde um die Jahrtausendwende konzipiert. Der Sound wird stramm, mit überwältigenden Bass Lines gefüllt, hat eine extrem nachhallende langsame Drumspur und zerrissen-klingende Sound Collagen.[9]
Minimal-Techno: Heutzutage bezeichnet man den ursprünglichen Detroit-Techno der 80er als mehr oder weniger Minimal. Aber vor allem der deutsche Underground (mit Berlin an der Spitze) machte Minimal Techno populär. Er bezieht sich auf eine minimale Verwendung von Geräuschen und Melodien.
5. Theorie der Subkultur
5.1. Einleitung
Die Motivation für Rolf Schwendter, eine Theorie über Subkultur zu schreiben, ging erstmals von einem Wunsch aus, den Begriff gegen „missverständliche Deutungen“ (Schwendter 1978, s. 10) zu schützen. Bis in die 70er Jahre hinein ist der Begriff Subkultur mit dem Begriff Gegenmilieu (gegen die etablierte Gesellschaft und das etablierte Kulturleben) gleichgesetzt worden. Für den marxistischen Soziologen Rudi Dutschke waren sie z.B. synonym. Es gab viele Sozialisten, Marxisten und Kommunisten, die den Begriff an sich rissen und als klassenkampftheoretischen Begriff[10] propagierten.
Wie Schwendter erwähnt, und wie Robert K. Merton zuvor vermittelt hat, ist die Theorie über Subkultur eine „... Theorie der mittleren Reichweite ...“( Ebd.). Damit gemeint ist, dass sie nicht einer weitgehenden empirischen Forschung entzogen ist – und somit keine hohe wissenschaftliche Komplexität hat. Dies ist zum Teil auch noch heute der Fall. Damals waren die meisten Theoretiker, Geisteswissenschaftler und Medien sich in einer Sache einig; dem stark politisierenden Umgang mit dem Begriff Subkultur. Die Ansichten waren von der Idee, dass Subkultur automatisch Gegenkultur bedeutet, geprägt. Deswegen wurden Subkulturen oft revolutionär oder zumindest reformistisch in der Gesellschaft aufgefasst (Ebd. S. 10)
An dem Begriff Kultur haften mehrere Definitionen. Kultur, so Schwendter, „ ... ist der Inbegriff alles nicht Biologischen in der menschlichen Gesellschaft“ (Ebd., s. 10). Somit ist Subkultur ein Teil (ein Sub-Teil) dieses Ganzen in der menschlichen Gesellschaft. Kultur mit dem Präfix Sub, ist deshalb ein Segment der Hauptkultur[11] – „ ... jenes komplexe Ganze, das Wissen, Kunst Glauben, Moral, Recht, Brauch ... „ umfasst . (Ebd. 10ff. und Tyler 1924 zufolge). Auch Institutionen, Bräuche, Normen, Wertordnungssysteme, Bedürfnisse usw. sind hier mit einbezogen. Die Subkultur unterscheidet sich wesentlich von einer gegebenen Hauptkultur weil sich entweder die AkteureInnen einer Subkultur, als anders als normal oder bürgerlich definieren wollen, oder weil sich eine Hauptkultur von einer gegebene Subkultur unterscheiden will.
Eine Gegenkultur will sich als Opposition zum bestehenden System (den Werten und Normen der „herrschenden Majorität“ sehen. Eine Teilkultur hingegen, so der politische Soziologe Walter Hollstein, ist ein kulturelles System, das innerhalb der bestehenden Kultur ihr Eigenleben führt (Ebd. S. 12).
Die Diskussion der 70er Jahre über Subkultur konzentrierte sich, wie erwähnt, zunächst darauf, inwieweit der Begriff von einem sozialistisch-revolutionären Jargon entfernt werden kann, oder ob eine Subkultur automatisch „ ... eine Unterabteilung der kapitalistischen Kultur ist.“ (Ebd. s. 13f). Dies bedeutet wiederum, dass eine Subkultur niedriger als die Hauptkultur ist. Dies passt natürlich in den zeitgemäßen politischen Diskurs der Sozialisten.
Von den Boheme über Kommunisten bis zu den rechten Burschenschaften, verstanden sich alle als Subkultur, als Gegenkultur und nicht als Teilkultur. So war auch das Selbstverständnis der Hippies, wie auch der Beatniks, Rocker und anfangs der Hip-Hopper und der Raver eines, das sie nicht Teil der Hauptkultur sind, sondern etwas anderes, etwas, das keinen Platz im Normsystem der Hauptkultur hat. Ein Gefühl des Unerwünscht sein von Seiten der etablierten Gesellschaft und dessen Kulturleben herrscht in den meisten Subkulturen und wirkt zugleich als verstärkendes und bestätigendes Mittel für AkteureInnen innerhalb von Subkulturen.
5.2. Die Subkultur
Fast nie abweichend von der These, dass sich eine Subkultur links von der Mitte des politischen Spektrums befindet, erstrebt Schwendter eine Erklärung, weshalb AkteureInnen einer gegebenen Subkultur sich als Opposition zur Hauptkultur definieren. Albert Cohen zufolge lehnen Gegenkulturen Maßstäbe und Wertungssysteme der herrschenden Mittelklasse[12] direkt und ausdrücklich ab und erschaffen ihr eigenes Ersatzstatussystem innerhalb ihrer Gegenkultur. Dieses System beruht auf Handeln im gleichen Bezugsrahmen und einer hierauf folgenden Konformität. Auch diese oppositionellen Subkulturen bekommen nach einiger Zeit, wo sich Akteure mittels ihres Handelns auf Suggestionsniveau gegenseitig und gegen die Gesamtgesellschaft bestätigen, eher einen subkulturellen Status, als einen gegenkulturellen (Ebd. S. 24f).
Eine passive Anomie in einer kulturellen Gruppierung – hier mit Gedanken an Durkheims Angst und Unzufriedenheit des sich in Anomie[13] befindenden Individuums – kann zur Gruppenkultur werden und sich schließlich zur Subkultur formen. Die Unzufriedenheit wird deutlich und bewusst - wenn objektiv betrachtet, doch suggestiv bei den AkteurenInnen – zum Widerstreben gegen Moral und Normen der Hauptkultur. Somit schaffen sie ihre eigenen Normen, und unterscheiden sich somit auch von den Normen der Hauptkultur. Nach einiger Zeit können diese Subkulturen, wie z.B. Punks in den 80ern, mittels erhöhter Bewusstwerdung und steigender Information aus ihrer gegenseitigen Suggestion fallen und sich mehr und mehr wohlwollend oder nicht an die Hauptkultur anpassen (Ebd. S. 25)
Diese Anpassung von Subkulturen mit ihren Kulturprodukten an die Hauptkultur vollzieht sich zumeist in alltäglichen Lebenswelten. Die Lebenswelt kann sowohl als eine ontologische als auch als eine individuelle Erlebnisstruktur beschrieben werden. Die Lebenswelt wird in kultureller Hinsicht als kulturell vorliegendes Erfahrungs- und Wahrnemungsmuster bezeichnet, d.h. dass nach Jürgen Habermas „ ... Lebenswelten den Hintergrund von Überzeugung und das Reservoir an Deutungsmöglichkeiten, auf deren Grundlage wir uns situativ verständigen und handeln.“ bilden (Klein 2004, s.30). Das bedeutet wiederum, dass spezifische neue kulturelle Praxen, wie die einer neuen Subkultur, sowohl auf dem lokalem als auch auf dem globalem Niveau im Verhältnis zur Kultur gesehen werden müssen, um die Affinität der Anpassung einer Subkultur oder Gegenkultur, unter einem zeitgenössischen kulturindustriellen Blickwinkel zu betrachten und zu verstehen. Das Kulturindustriemodell von Adorno und Horkheimer tut der post-modernen Kulturgesellschaft somit nicht mehr ganz Genüge. Eine Wechselwirkung zwischen Kulturindustrie und dem anfangs subkulturellen später popkulturellen Phänomen Ravekultur muss bei der Betrachtung der Aneignung der Ravekultur und deren Kommerzialisierung mit einbezogen werden (Ebd. S. 29ff) Natürlich beschreibt das Werk „Dialektik der Aufklärung“ (Adorno/Horkheimer 1969) immer noch treffend die Kulturindustrie der letzten 60 Jahre, wo kein Zweifel herrscht, dass Popkultur Hochkapitalismus ist[14], aber dennoch ist dieses Phänomen - wie es sich unten aus dem analysierten Material herausstellt - nicht mehr eindimensional, sondern in einer komplexen Korrelation zwischen AkteureInnen und Industrie zu sehen.
Theorien über Anpassung von Subkulturen, die auf gegenseitiger Suggestion beruhen, und früher oder später, ob sie wollen oder nicht, durch die Kulturindustrie einer Anpassung an die Hauptkultur unterworfen werden, werden nach Talcott Parsons unter dem Aspekt der „normativen Ausrichtung des Handelns“ weitergeführt (Schwendter 1978, s. 20). Bei Parsons werden Institutionen als „Systeme oder Erwartungsmuster“ gesehen. Diese Systeme sind Muster, die im alltäglichen Handeln so fest inkorporiert sind, dass sie als selbstverständlich aufgefasst werden. Parsons sieht in dieser legitimierenden Selbstverständlichkeit die Gefahr einer „Verinnerlichung von Herrschaft“, d.h. das nach Parsons Ansicht des Systemfunktionalismus eine Verinnerlichung von hauptkulturellen Elementen in einer gegebenen Subkultur auftreten könnten, weil die „normative Ausrichtung des Handelns“ eine inkorporierte Legitimation hat . Dies könnte wiederum eine mehr oder weniger eindimensionale Dynamik der Gruppenkultur im Verhältnis zur Hauptkultur mit sich führen (Ebd. 20ff)
Von der beschränkten Dynamik der Gruppenkultur nach Parsons entfernt sich Kingsley Davis nicht weit. Der US-amerikanische Soziologe, der sich von Parsons inspirieren ließ, beschreibt die Faktizität der Normen, wie sich diese erstrecken und wer sie letzten Endes macht. Die beschränkte Dynamik oder Freiheit, wird bei Davis von Anpassung ersetzt. Sein Paradebeispiel ist der Mann, der in bürgerlicher Gesellschaft, um akzeptiert zu werden rasiert sein muss. Rasiert oder unrasiert ist keine freie Wahl, in dem die Gruppe die Norm (das Rasiert-Sein) vorgibt. Im Bezug auf die Wahl des Rasiergegenstandes hat man jedoch die freie Wahl. Diese „Pressure Groups“ (ebd. S. 21) können zur moral- und normbestimmenden Macht in einer Gesellschaft werden – die größte von ihnen ist die gesetzgebende Regierung. „Pressure groups“ können für Anpassungen von gewissen Gruppen- oder Subkulturen sorgen. Eine gegebene Anpassung einer Subkultur oder Gruppenkultur kann entweder durch Verinnerlichung der Normen und Bräuche einer Gesellschaft oder durch offene Repression einer „pressure group“ geschehen. (ebd. S. 21f)
Der Kultursoziologin Sarah Thornton zufolge können „pressure groups“ eine Form von „moral panic“ (Thornton 1995, S. 120) ausrufen, um subkulturelle Elemente die nicht in das Wertesystem der Hauptkultur passen, zu bekämpfen. (Ebd.). In der Ravekultur geschah dies mit Hinblick auf den exzessiven Verbrauch der Partydroge Ecstasy, die durch intensive Medienberichterstattungen eine „moral panic“ zur Folge hatte. „Pressure groups“ wie Medien, Eltern oder gesellschaftliche Instanzen reagierten mit Empörung, Ausgangsverboten und Gesetzen gegen Raves. Beispielweise führte man in den USA den „Rave Act“ (Anti-Proliferation Act of 2003) (Anderson 2009, s. 102) ein und in Deutschland wurde die „Love Parade“, wegen Empörung über Hedonismus und Kosten der Müllbeseitigung nach Jahre langem Hin und Her über öffentliche Unterstützung, eingestellt.[15]
Die Dynamik zwischen Subkultur und Hauptkultur muss nicht nur von Seiten der etablierten Gesellschaft mit ihren „pressure groups“ ausgehen, sondern eine Subkultur kann sich auch in einem für sie veralteten Wertesystem ausbreiten.
„Es herrscht Einhelligkeit darüber, dass die Subkulturen in dialektischer Abhängigkeit vom gesamtgesellschaftlichen Wertsystem stehen.“ (Schwendter 1978, S. 23) Das bedingt, dass AkteureInnen einer Gesellschaft sich vermindert dem Konformitätsdruck[16] unterwerfen, wenn sie die augenscheinlichen Möglichkeiten haben sich in alternativen Wertesystemen (Subkulturen) zu gruppieren. Wiederum können diese Subkulturen sich in Subgruppen unterteilen, wenn genügend Mitglieder Wertanschauungen teilen.[17] In dialektischer Beziehung steht eine Subkultur auch wegen des Adaptionszwanges der Hauptkultur und sie kann sich mithilfe dieses Wechselspiels vor ihr schützen.
Der deutsche Soziologe und Mitbegründer der subjektorientierten Soziologie, Karl Martin Bolte, sieht in den Subkulturen (er nennt sie Kontrakulturen) eine „antibürgerliche Gegenwertsbildung“ (Ebd. S. 23), also eine Schaffung von Werten, die sich gegen die Werte der Hauptkultur entwickelt. Nach Bolte mündet die Dialektik zwischen Hauptkultur und Subkultur in einer Kulturambivalenz. Dieser Kulturambivalenz-Kampf findet auf einem breiten Feld statt, wo Subkulturen unter dem andauernden Druck und Einfluss von älteren und in der Gesellschaft verankerten Wertesystemen wie Kirche, Militär, Schule, Medien und Sittenhütern, stehen.
Die Kulturambivalenz zwischen Subkultur und Hauptkultur beruht nicht zuletzt auf der Tatsache, dass Subkulturen fast immer auch Jugendkulturen sind. Zumindest entstehen die meisten Subkulturen wegen unterschiedlicher Wertevorstellungen gegenüber der von meist älteren Repräsentanten einer Gesellschaft geprägten Hauptkultur. Bei vielen heutigen Jugendkulturen ist zu bedenken, dass die subkulturelle Identität einer bestimmten Gruppierung oft mit einer gewissen Aktivität verbunden ist. So zählen z.B. Surfer, Skater oder Gamer zu einer Subkultur. Diese schaffen durch ihren Sport, ihre Aktivität, eine Identität, teilen aber zumeist viele der Normen, Moralvorstellungen und Werte der Hauptkultur. Natürlich gehören andere Elemente zu diesen Subkulturen, wie Mode, Design, Lebensstil, Musik etc.
Die Grundthese, dass Subkulturen - hier mit Hinblick auf Jugendkulturen - als notwendige temporäre Phase der Jugend entstehen, fanden in den 60er Jahren breite Zustimmung und hat auch heute noch ihre Richtigkeit. Für lange oder kurze Zeit entstehen diese Subkulturen, um früher oder später, wenn deren Repräsentanten älter werden, auszuklingen. Wie oben erwähnt besteht in diesen Subkulturen (z.B. Beatniks, Hip-Hopper oder bei den Ravern der 90er) bei manchen der AkteureInnen kein elementarer Widerspruch zwischen Subkultur und Hauptkultur (Ebd. S. 30f) oder zumindest nur ein temporärer, indem viele der AkteureInnen im Älter-Werden ihre Wertevorstellungen mehr und mehr verlieren.[18] Bei den meisten Jugendlichen gilt jedoch: „Subcultural capitals fuel rebellion against, or rather escape from, the trappings of parental class.“ (Thornton 1995, S. 12).
Erst wenn die herrschende Hauptkultur, die Generation[19] die an der Macht ist, also meistens die ältere Generationen, eine Subkultur als Bedrohung ihrer Werte und ihres Systems sehen, wird in manchen Fällen gegen sie eingeschritten. Man kann mit verschiedenen Mitteln, z.B. Gesetzesänderungen, Medienhetze, Manipulierung, öffentliche Unterdrückung, durch „pressure groups“, einschreiten und versuchen die Subkultur in die Knie zu zwingen. Dies kann natürlich auch das Gegenteil bewirken und eine Subkultur in ihren andersartigen Werten stärken. Beispielsweise können hier die Hippiebewegung, die Yippies, die Antikriegsbewegungen und später auch die Ravekultur in den USA und England genannt werden, die von Regierungen und manchen Medien gehetzt und unterdrückt wurden.
Jedoch ist es in den meisten Fällen der Wandel der Zeit und die mangelnde Rekrutierung von neuen Generationen, die die Popularität einer Subkultur bestimmen können, wobei die mangelnde Rekrutierung einer jüngeren Generation sehr wohl auf Schreck Kampagnen („moral panic“) von „pressure groups“ zurückzuführen sein kann.
Für Schwendter ist eine wichtige Differenzierung der Subkulturen danach, ob sie progressiv oder regressiv sind. Progressive Subkulturen „schauen“ in die Zukunft und haben in unterschiedlichem Ausmaß das Anliegen, die Gesellschaft zu verändern. Regressive Subkulturen hängen sich meistens an einen vergangen Gesellschaftszustand und wollen diesen wiederherstellen (z.B. Neonazis).
Weil die Ravekultur in den 90ern sich als „Neuerfindung“ einer Lebensform voller Lusterfüllungen sah und sozusagen für „Friede, Freude, Eierkuchen“[20] - das Motto der ersten Love Parade 1989 in Berlin - (Meyer 2000, s. 114) stand, und das öffentliche Feiern zur neuen Musikrichtung „Acid House“ nicht den Normen der BRD entsprach, muss sie als eine progressive Subkultur aufgefasst werden.[21]
Die Wertesysteme, Institutionen etc. der progressiven Subkulturen dienen dazu, Gesellschaftsveränderungen zu erreichen, d.h. man will den gegenwärtigen Zustand einer gegebenen Gesellschaft aufheben und verändern. Die Wertesysteme, Institutionen etc. der regressiven Subkulturen fungieren in der Weise, dass sie vergangene Zustände einer gegebenen Gesellschaft restaurieren wollen (Schwendter 1978, s. 37.). Hier liegt die Ravekultur in einer Mittelposition, einerseits will man die „Raving Society“ mit Tanz und Feiern hervorrufen, anderseits feiern die meisten AkteureInnen die „Rave-o-lution“ nur in den Stunden, solange die Party dauert, und gehen danach in ihre eigentliche Lebensweise zurück[22].
Unter den progressiven Subkulturen kommen zwei Ausprägungen zum Vorschein: eine rationalistische und eine emotionelle. Die rationalistischen Subkulturen legen z.B. Wert auf Analyse und Selbstbestimmung (hierunter Studentenbewegungen, politisch aktive ethnische Minderheiten etc.). Dagegen legen die emotionell gefüllten Subkulturen beträchtlichen Wert auf individuelle Freiheit, ein allgemeines Nach-Vorne-Schauen und die Entwicklung des Bewusstseins (hierunter Hippies, Beatniks, Bohème, Rave etc.). Öfters kommt es in den progressiven Subkulturen zur Hybridität zwischen emotionellen und rationalistischen Ausprägungen, d.h. Analyse und Selbstbestimmung werden zum Mittel für individuelle Freiheit und Futurologie. (Ebd. S. 40)
Von Anfang an war die Ravekultur erstens eine emotionelle Subkultur und zweitens mit einer Praxis im Verhältnis zur Hauptkultur verbunden. Der Rave in sich selber ist eine Praxis, und zwar eine emotionelle Praxis. Zwar hatte die Ravekultur von Beginn an keine Rationalität in sich, aber ein Ethos, das simpel und transparent war, nämlich das PLUR-Ethos, „Peace, Love, Unity and Respect“ (Anderson 2009, s. 23).
Schwendter argumentiert dafür, dass progressive Subkulturen ohne Praxis isoliert werden, dass sie ohne Rationalität und Theorie zur blinden Praxis werden, und dass mangelnde Emotion und Bewusstsein wiederum zu Isolation und Aussterben führen, weil sie sich automatisch, im Verhältnis zur komplexen Hauptkultur und ihren Normen anpassen werden (Schwendter 1978, S. 48). Hierauf nennt Schwendter eine Reihe von Definitionskriterien für progressive Subkulturen.
1. Progressive Subkulturen wollen das hauptkulturelle Wertordnungssystem umgestalten. Die Ravekultur kam mit ihrem PLUR-Ethos als Definition für die Werte ihrer Subkultur. Sie hat mit der oben erwähnten „Raving Society“ progressive Züge und die Raver haben ein anderes Wertordnungssystem als das Bürgerliche. Jedoch ist den meisten Politik egal, denn es geht um das feiern.
2. Progressive Subkulturen äußern ihre Antipathie gegenüber der bürgerlichen Gesellschaft direkt. Die AkteureInnen der Ravekultur benützten das Feiern als Ausdrucksform ihrer Verneinung und Andersartigkeit gegenüber den temporären Gesellschaftswerten.
3. Progressive Subkulturen entwickeln sich aus dem Proletariat heraus. Die ursprünglichen Raves wurden in alten Fabriken und Lagerhallen abgehalten. In Detroit, Chicago und Manchester war die anfängliche Ravekultur in den 80ern eine Reaktion der Arbeiterklasse auf die Deindustrialisierung der Großstädte. Und wie Hip-Hop waren ihre Akteure zu Beginn aus dem Ghetto und der Arbeiterklasse. In Deutschland war es Vertreter aus dem Kleinbürgertum, die am zahlreichsten in der Ravekultur von Anfang an repräsentiert waren (Schwanhäußer 2010, S. 15).[23]
Hierauf hatte Marcuse zwei Mindestforderungen an progressive Subkulturen, die zum größten Teil auch auf die Ravekultur reflektiert werden können:
„1. Dass das menschliche Leben lebenswert ist, bzw. gemacht werden sollte, 2. dass in einer gegebenen Gesellschaft spezifische Möglichkeiten zur Verbesserung des menschlichen Lebens bestehen sowie spezifische Mittel und Wege, diese Möglichkeiten zu verwirklichen.“ (Schwendter 1978, s. 38.)
Nach Marcuse sind Humanisierung und Technisierung neuer Werte, Institutionen etc. die beiden Fundamente des Fortschritts. Technologischer Fortschritt und Humanität können Subkulturen der Jugendlichen erweitern und künstlich verlängern und z.B. fremde politische Haltungen und das Annehmen von fremden Kulturen in der eigenen mit sich führen.
Sowohl eine Humanisierung als auch eine Technisierung erlebten die Raver, die in den letzten Jahren des Kalten Krieges aufwuchsen, spätestens nach dem Fall der Mauer. Sie hatten nun genügend Zeit um über anderes als Furcht vor einem möglichen Atomkrieg, Arbeitslosigkeit oder andere Gesellschaftsbedrohungen zu reflektieren. Das könnte ein gewisses kulturelles Vakuum, und oder ein befreiendes Gefühl á la „jetzt ist alles gut“ („Friede, Freude, Eierkuchen“) mit sich geführt haben. Es scheint sich in den ethnografischen Beschreibungen über den Anfang der Ravekultur, von Gabriele Klein, Anja Schwanhäußer und Erik Meyer (Vgl. Klein 2004, Schwanhäußer 2010 und Meyer 2000) , ein Ausdruck von einem Vakuum, das eine Ära wie der Kalte Krieg in zwischenmenschlichen Aspekten mit sich führen kann, heraus zu kristallisieren. Dieses Vakuum könnte zur Euphorie und bewussten Steigerung des „Feierns ohne Ende“ -Ethos’ oder zumindest zu einer Motivation hierfür geführt haben. Es ist hier zu bedenken, dass diese Generation in Deutschland die erste vereinte und gleichzeitig „freie Generation“ war. „Mit der Öffnung der Berliner Mauer im November 1989 beginnt in Berlin ein Techno Boom. Bedingt durch den Autoritätsverlust der DDR-Organe ...“ (Meyer 2000, S. 56).
Die Ravekultur sorgte hier für die adäquate Erfüllung der Bedürfnisse der Jugendlichen, vielleicht konnte sie deswegen vor allen anderen Ländern in Deutschland so groß werden. Denn sie hatte keine politische, keine intolerante, keine verdammende oder jegliche andere kritische Agenda, sie stand für leichtes, unbeschwertes und kollektives Feiern. Das Bedürfnis zu Feiern schien allgegenwärtig in der deutschen Jugend. „Fuelled by desire, an instinct, a call for destruction, exhilaration, dis-order, a motivation often understood as animalistic, the féte ...“ (St John 2004, s. 69). Hinzu zur Öffnung gegen Osten kam eine Unzahl von neuen Locations.[24] Das Ritual des Raves wurde zur neuen vereinigenden Kraft unter den deutschen Jugendlichen.[25]
Eine Subkultur kann nicht nur emotionell geladen sein, wie die Ravekultur in Deutschland, sie kann auch viele unterschiedliche „Sub-Charakteristika“ haben. Um die Ravekultur später näher zu analysieren, folgt eine Erläuterung einer Auswahl dieser.
Wie gesagt teilt Schwendter Subkulturen in verschiedene Unterbegriffe ein; marxistisch, polyarchistisch, anarchistisch, evolutionistisch, technologisch-futurologisch, esoterisch und verschiedene Mischungen hier von.
- evolutionistisch: Man arbeitet in Richtung einer Analogie zwischen technischer Entwicklung und Humanisierung.
- technologisch-futurologisch: Besondere Betonung werden auf technologischen Fortschritt und die darauf folgenden Möglichkeiten gelegt.
- Esoterisch: Es wird fast nur Wert auf das außerordentliche individuelle Bewusstsein gelegt, das durch Meditation, Drogen, Kunst etc. erreichbar ist (Schwendter 1978, S. 38ff).
Die drei genannten „Sub-Charakteristika“ können nicht zu 100 Prozent auf die Ravekultur umgelegt werden, man kann jedoch deutliche Merkmale sehen. Eine Analogie zwischen Technik und Humanisierung ist deutlich erkennbar. Die Ravekultur ist mit einer Vergötterung von neuer Technik verbunden und des PLUR-Ethos steht für die Humanisierung. Bei technologisch-futurologischen Merkmalen kann auf das Gleiche hingewiesen werden. Die Esoterik der Subkultur Rave ist komplexer, denn die Raver versuchen sich individuell bewusst auszudrücken, aber spätestens bei den Raves werden sie zur Masse durch den Rhythmus der elektronischen Beats.
Heutzutage dreht sich der kulturelle Diskurs eher darum, ob eine Subkultur als eine rein kulturelle Instanz gesehen werden kann oder nicht, d.h. das man versucht den politisierenden Aspekt wegzulassen (auch wenn es fast unmöglich ist, ihn in manchen Subkulturen wegzulassen, z.B. bei den Autonomen). Man versucht eher kulturelle Werte einer Subkultur zu betrachten, bspw. wird im kontemporären Kulturdiskurs eine Subkultur eher als Szene bezeichnet. Denn man sollte eher gesellschaftsreformistische und politische Aspekte umgehen, und nur kulturelle und gesellschaftstemporäre Elemente betrachten. D.h. dass man über die Punkszene oder Raveszene berichten kann, ohne dass irgendeine Form von versteckter Gesellschaftsnivellierung mit einbezogen werden muss.
Auch wenn die Raver ursprünglich kein gesellschaftsverändernde Ethos integriert hatten, war eine soziale Interdependenz zwischen Hauptkultur und Ravekultur als Subkultur unumgänglich. Und wegen eines anderen Wertesystems war es auch unvermeidbar, dass die Hauptkultur früher oder später darauf aufmerksam wurde und reagieren musste. Spätestens als die Ravekultur mit hyper-speed im Underground zu wachsen anfing, reagierten Gesellschaft und Regierung – wie erwähnt mit z.B. Gesetzten – dadurch, dass sie versuchten die Raver gesellschaftlich zu integrieren und auf der anderen Seite zu bekämpfen.
Die Dialektik zwischen Subkultur und Hauptkultur kann leicht und fasst immer auf wiederstrebende, subkulturelle Elemente gesteuert werden, und dies geschieht bspw. in der Politik regelmäßig. Denn Politiker brauchen Feindbilder, und wenn eine Subkultur wächst, ist dieses Feindbild leichter auszumachen und zu bekämpfen, als wenn sie sich im Underground befindet. Auch wenn sich eine Subkultur wie Rave eher als apolitisch sieht, wurde sie - oder vielleicht gerade deswegen - wie oben erwähnt, aktiv mit verschiedenen Mitteln bekämpft. Es kann natürlich als Gesellschaftsproblem gesehen werden, wenn eine Generation Jugendlicher am politisch demokratischen Prozess kein Interesse hat und sich nur mit Partys beschäftigen will. (Hier könnte die Frage gestellt werden, ob die Politiker oder die Jugendlichen am Desinteresse schuld sind!) „Auch das politische Tagesgeschehen trifft anscheinend nicht auf großes Interesse. Es ruft nicht einmal mehr Erregung hervor, sondern wirkt auf die Technoiden eher abturnend. Claudio: >>Was hier in Deutschland politisch passiert, interessiert mich eigentlich nicht<<.“ (Klein 2004, s. 70)
Man sollte vielmehr Subkultur und gesellschaftliche Phänomene oder Zustände negativer Art, „parasitäre Subkulturen“ (Schwendter 1978, s. 14 – zuflg. Rauter), die keine kulturschaffenden Anreize in sich haben - wie Kriminelle, Prostituierte, Alkoholiker etc. – als Begriffe trennen. So sollten „parasitäre Subkulturen“ eher als gesellschaftliche Zustände bezeichnet werden, und nicht unter dem Begriff Subkultur kategorisiert werden. Zudem fallen Homosexuelle und BDSM[26] der Heteronormativität der Hauptkultur zum Opfer, wenn sie als Subkultur bezeichnet werden. Hier scheint eine Nivellierung dieser „Subkulturen“ bewusst umgangen zu sein, um Kirche und alte Gesellschaftswertesysteme zufrieden zu stellen.
5.3. Teilkonklusion
Die verschiedenen Soziologen, Politikwissenschaftler, Kulturforscher und andere Geisteswissenschaftler sind sich nicht über eine klare Definition von dem Begriff Subkultur einig. Der ganze Sinn der Forschung Schwendters ist ein Versuch, Klarheit über den Begriff Subkultur zu schaffen. Schwendter konnte sich jedoch nicht wirklich von dem zeittypischen Politisieren einer Kultur, die anders als die Hauptkultur (Subkultur) ist, entfernen. Er versucht Gründe und Analysen zu belegen und zu widerlegen. Vieles kann auf heutige Subkulturen projiziert werden. Dennoch gelingt ihm eine stetige Definition des Begriffs nur zum Teil und es herrschen bis heute noch Unklarheiten darüber, was eine Subkultur impliziert. Schwendter erwähnt allerdings selber, dass eine Theorie über Subkultur ständig verbessert und erneuert werden muss.
Der Kulturwissenschaftler Jochen Bonz, der das Buch „Subjekte des Tracks“ über das postmoderne Phänomen Subkultur geschrieben hat, erstrebt eine symbolische Ordnung der popkulturellen Wirkungsweisen in ihrem eigenen Referenzsystem. Zentral ist das Thema, welche Bedeutung ein ausdrückendes Medium – hier auf Subkultur bezogen – hat (Bonz 2008, s. 57). Der komplexe Begriff Subkultur ist anno 2012 eine zerrinnende Masse vieler Adjektive geworden. Medienwelten, Internetforen, Bücher, Kunst, urbane Kultur, Mode, Bars und nicht zuletzt die Kulturindustrie, alle wollen sie mitreden, wenn es darum geht, was Subkulturell und was Mainstream ist zu definieren. Sarah Thornton sieht einerseits ein kulturelles Feld von Subjekten als Subkultur, andererseits kann die „Normal-Kultur“ (Hauptkultur) ein kulturelles Feld als Subkultur auffassen. Die Scheidelinie ist sehr dünn. Thornton beschreibt ein subkulturelles Feld mit Theorien von Bourdieu als eine Art Milieu des gemeinsamen Geschmacks, das seinen in sich bewegenden Individuen ermöglicht, subkulturelles Kapital zu erwerben und zugleich die Effekte des Milieus zu erleben insbesondere die Abgrenzung von der Mainstream-Kultur (Thornton 1995, S. 10ff). Zudem steht eine Subkultur immer in einer Beziehung zur geltenden Hauptkultur. Sie definiert sich über ihr Verhältnis zu einer anderen Kultur (meistens der Hauptkultur) oder sogar anderen Subkulturen, d.h. die Subkultur ist fremdreferenziell. Jochen Bonz sieht in Verlängerung dazu den Begriff Subkultur als einen verschwindenden Begriff und die Ursache hierfür ist ein Verschwinden der hegemonialen, basalen kulturellen Ordnung – das, was Schwendter Hauptkultur oder Gesamtkultur nennt - in der sich die Subkultur reflektieren kann, und aus der sie sich, wegen in ihrer Verschiedenheit, definieren kann (Bonz 2008, S. 58). Dies begründet er damit, dass die Grenzen zwischen Hauptkultur und Subkultur nicht mehr deutlich genug gezogen sind, was in einigen Fällen nach einer Popularisierung von Subkulturen zutrifft, dennoch kann mit Sicherheit festgestellt werden, dass es subkulturelle Strömungen noch in großer Zahl gibt.[27]
Fakt bleibt, dass Subkulturen sich in Opposition zu etwas anderem sehen und so gesehen werden wollen. Ob das „Andere“ eine Hauptkultur oder die Mainstream-Popwelt ist, ist egal. Und wegen dieser „anderen“ Haltung haben sie auch einen verändernden Einfluss auf die hauptkulturellen Strömungen. Im Gegensatz zu Schwendters Theorien, die von einer zeitgemäßen Ideologiedialektik geprägt sind, ist heutzutage, wie Bonz und Thornton bestätigen und wie erwähnt wurde, keine klare Definition des Begriffs Hauptkultur mehr möglich. Deswegen ist es auch schwer eine Subkultur, wie Schwendter es macht, mit einer Hauptkultur zu vergleichen. Heutzutage besteht eine nationale Kultur aus einem Sammelsurium an internationalen Einflüssen, verschiedensten subkulturellen Strömungen und hybriden Wertevorstellungen. Und wie erwähnt legen viele Kultur-Politiker sogar Wert auf das subkulturelle Leben einer Großstadt und bekämpfen dieses meist nur, wenn sie eine augenscheinlich kriminelle Agenda haben.
Nichtsdestoweniger ist meine Definition einer Subkultur, die ich aus Schwendters Potpourri an Theorien herausnehme, eine Kultur, die sich in Opposition zum Mainstream[28], zur Popkultur, zu den Popcharts und zum bürgerlichen Establishment sieht. Es ist eine Kultur, die progressive Werte hat, die anders als die traditionellen Normen einer Gesellschaft sind. Auch wenn diese progressiven Werte nicht durch einen aktiven Kulturkampf gegen den politisch „rechten“ Feind zum Vorschein kommen (wie es durch und durch in Schwendters Buch der Fall ist), sind jetzige progressive Subkulturen geladen mit Werten, die verändern können. Der Kulturkampf, wenn es ihn überhaupt noch gibt, wird jedoch mit subtileren Mitteln geführt und ist oft auf Grund einer zwielichtigen Rolle der Kulturindustrie schwer durchschaubar.
In der Ravekultur orientiert man sich anfangs auf subkulturellen Wegen z.B. gegen die Popwelt und den Konservativismus. Diese Haltung wird in den 90ern zum Hybrid, mit dem PLUR-Ethos wollte man Veränderung durch passiven, fast transzendenten Protest erreichen. Ausgedrückt mitten im urbanen Geschehen (z.B. mitten auf dem Ku’damm – Love Parade 1989) auf aktive Weise, mit Tanzen und Feiern, bei manchen mit den Wunsch für eine lustigere und bessere Welt.
Abrundend konkretisiert Schwendter fünf theoretische Punkte über Subkulturtheorie:
1. Teile der Gesellschaft weichen von der Hauptkultur, inklusive ihrer Werte und Institutionen ab: und bilden Subkulturen.
2. Um eine Gesellschaft zu verändern, muss die ökonomische Basis und das Bewusstsein der Hauptkultur erst verändert werden. Hierbei ist es wichtig zu wissen, welche Subkulturen dies wollen. Dabei muss man auf die Dialektik zwischen Hauptkultur und Subkultur und auch zwischen den Subkulturen untereinander sehen.[29]
3. Die Herrschenden – so auch die zeitgenössische Soziologie – versuchen durch verschiedene Formen von Repression Subkulturen der Hauptkultur anzupassen.
4. Progressive Subkulturen (Hippies, Studentenbewegungen, zum Teil Ravekultur etc.) sind Gegenmilieus. Sie sind in der Gesellschaft nützlich und gewährleisten nützliche Veränderungen in den herrschenden Institutionen.
5. „Subkulturen stehen in dialektischer Abhängigkeit vom gesamtgesellschaftlichen Wertsystem; sie schützen vor der vollständigen Anpassung an dieses.“ (Schwendter 1978, s. 28).
6. Die elektronische Tanzmusik
6.1. Einleitung
Sarah Thornton schrieb 1995 ihr Doktorat über Clubkultur, näher bezeichnet über subkulturelles Kapital, Medien und Musik im clubkulturellen Diskurs. Vorweg genommen muss werden, dass in den Jahren 1994 – ´95 die Ravekultur zum musikalischen Popphänomen oder besser gesagt vor allen anderen Musikrichtungen Mainstream wurde und somit bspw. auch die Charts anführte. Ravekultur wurde zur „Formel Pop“ und jeder, der Platten verkaufen wollte oder verkaufte, machte einen 0 8 15 Technotrack und versuchte mit ihm auf dem Pop Markt durchzuschlagen. Mitte der 90er war die Zeit der Underground-Subkultur Rave anscheinend vorbei, obwohl sie in alten Industriestädten wie Manchester, Detroit und Berlin noch hegemonisch neben dem Mainstream Techno existierte (Vgl. Anja Schwanhäußer 2010, Kapitel 6).
Techno war längst zum großen Geschäft geworden, und die meisten Jugendlichen wurden nicht mehr von Underground Events und innovativen Tracks angezogen, sondern von „Megaraves“ und „Street Parades“. Zahlreiche AkteureInnen, Pioniere und auch die Kulturindustrie sahen in der einstigen Subkultur eine finanzielle Quelle. Wegen dieser Mainstreamisierung musste auch das subkulturelle Kapital der Ravekultur neu definiert werden. „... the problem for underground subcultures is a popularization by a gushing up to the mainstream.“ (Thornton 1995, s. 5). Die Ravekultur verlor mit dem Einstieg in die Popkultur ihr subkulturelles Kapital, gewann aber ständig neue AnhängerInnen. Mit dieser Mainstreamisierung der EDM verlor sie nicht nur ihr subkulturelles Kapital, sondern auch ihre Authenzität in den Augen derjenigen, die seit den ersten Raves dabei waren. Die Mainstreamisierung führte zur überaffektierten und geschmacklosen Stilisierung und Trivialisierung der EDM[30]. Das „hippe[31] “, mit den Gesellschaftswerten brechende und neue, was man Anfang der 90er mit elektronischer Tanzmusik verband, war weg.
Der Rückgang der Ravekultur kann sich auf viele Problemstellungen festsetzen lassen. In den USA begann die Regierung in den 90ern mit ihrem „Rave Act“ unerlaubte Raves zu schließen, sie erhöhte die Strafen für Rave bezogene Delikte und fing an erhöhte Alters- und Drogenkontrollen in Clubs und auf Events durchzuführen (Anderson 2009, 5f). Wie in den USA so erließ man auch in England mit dem „Criminal Justice and Public Order Act“ „Anti-Rave“ Gesetze (Klein 2004, s. 5ff). In Deutschland kamen keine direkten Gesetze gegen die Ravekultur von Seiten der Regierungsmacht, es wurden lediglich weniger Genehmigungen erteilt.[32]
Wann auch immer eine Jugend-Subkultur populär wird, reagieren die Maschinen der Hauptkultur früher oder später. Obwohl Adorno und Horkheimer die „Dialektik der Aufklärung“ (Adorno/Horkheimer 1969) vor dem eigentlichen hervorkommen von jugendlichen Subkulturen schrieben (1944), ist die Kulturindustrie heute mehr als je an dem Konsum der Jugend interessiert. So saugt die Kulturindustrie die Authenzität aus z.B. subkulturellen Produkten, um an ihnen temporär zu verdienen (Ebd. S. 128ff) Der Authenzitätsverlust führt die Subkultur in den Mainstream und der Verlust dieses subkulturellen Kapitals kann letzten Endes zum Rückgang eines jugendkulturellen Phänomen, wie z.B. der Ravekultur führen. Auch Medien und andere Gesellschaftsgruppen können mit Hilfe von, was Parsons, „pressure groups“ nennt, in einer gegebenen Gesellschaft auf Elemente mit alternativen Wertevorstellungen, wie Subkulturen, negativ reagieren und letztlich ihren Rückgang beschleunigen.[33]
Frisches Futter für Medien, Moral- und Sittenhüter sind immer „andersartige“ oder neue Gruppierungen, die in einer Gesellschaft entstehen. Deswegen ist es auch keine Überraschung, dass verschiedene Medien schnell zur „moral panic“ aufriefen. Sensationsjournalistik über Ausschreitungen, Drogenmissbrauch, Hedonismus und das moralische Verkommen einer ganzen Generation verkaufen sich immer gut. So wusste Die Zeit z.B. die Ravekultur wie folgend zu beschreiben; „Die Techno-Faschisten von heute sehen das Außergewöhnliche im Grenzerlebnis des Musik- und Drogenrausches und in einem terroristischen Aktivismus, der oft, jenseits aller politischen Zwecke, den Charakter eines quasi-surrealistischen acte gratuit annehmen kann.“ (Klein 2004, s. 15).
Ein massenmediales Phänomen, das eine „moral panic“ bewirkt, wird oft von Soziologen aufgegriffen oder behandelt. Sie sehen den „folk devil“ (die Verteufelung der Gesellschaft) in divergenten Jugendphänomen, in einem Zusammenspiel mit den Medien. Das Subjektive einer Jugendkultur kann somit von Soziologen charakterisiert werden. Sie etikettieren jugendkulturelle Phänomene in den Medien und rufen somit eine moralische Panik aus (Thornton 1995, s. 119ff). Dieser Medienhype kann sowohl zur subkulturellen Stärkung als auch zur Unterdrückung und schließlich zum Rückgang einer Subkultur führen. Aber nicht nur die Panik über die mit Drogen vollgepumpte „Ecstasy-Jugend“, sondern auch der implizierte Hedonismus und die exzessive Art zu feiern, erweckten bei den Politikern und der Elterngeneration Animosität. Die Ravekultur wurde auch von dem unaufhaltbaren Generationswechsel von der „Generation X“ zur „Generation Y“ (Anderson 2009, s. 82) beeinflusst. Der Generationswechsel brachte neue Trends, andere Musikrichtungen und Interessen mit sich.
Der Rückgang war aber nur kurzzeitig. In der zweiten Hälfte der 2000er sah man unerwartet ein Comeback der Ravekultur. Neue, junge DJs wurden zu den neuen Rockstars der Jugendlichen. Ihre Attitüden waren anders, die Musik war erneuert, vom Kitsch entfremdet, roh und minimal. Straßenfestivals wurden wieder stark, Rockfestivals hatten plötzlich Techno-Headliner, neue Mainstream Techno-Events zogen um die Welt, neue Technoclubs sprossen auf und der Techno kehrte sowohl in den Underground als auch auf die vordersten Plätze der Charts zurück.
6.2. Der Anfang
„Lange bevor Techno durch die Medien geisterte, hatte die Szene begonnen, ihr Selbstbild zu formen.“ (Klein 2004, s. 33). Ende der 1980er Jahre begannen britische und amerikanische Jugendliche sich, angesichts finanzieller Krisen und der Deindustrialisierung der Großstädte, in alten Fabriken und in sogenannte „Warehouses“ (Lagerhallen) zu versammeln und sich zu elektronisch produzierter Musik zu bewegen. Die Musik war schnell, maschinell, repetitiv, sphärisch und neu. Die Rede ist von Techno, genauer gesagt von den Pionier-Genren Detroit-Techno und Chicago-House, besser bekannt unter der Bezeichnung „Acid House“. Der neue Sound fand zu Beginn ihren Anklang unter Jugendlichen in den USA, England und dem Rest Europas in der Arbeiter- und Mittelklasseschicht.
In den 80ern wurden die Kinder der Baby Boomer (die 68er und 78er Generation) zu Jugendlichen. Sie wuchsen mit Spätkapitalismus, dem Kalten Krieg, Business-Korporationen, der zunehmenden Globalisierung, „Krieg gegen Drogen“, Finanzkrisen und in einer stark geprägten konservativen Politik unter Reagan und Thatcher auf (Anderson 2009, 4).
Ein ähnliches Bild spiegelte sich in Deutschland wieder. Zudem galt die Aufteilung Deutschlands in BRD und DDR als Epizentrum des kalten Krieges. Das geteilte Deutschland, das bis zum Mauerfall 1989 nicht nur verschiedenen politischen Polen angehörte, sondern auch unterschiedliche Bildungs- und Sozialstrukturen verfolgte, wurde nach der Wiedervereinigung in euphorischer-febriler Erlebnislust und Vergnügungssuche zu einer der Technohochburgen der Welt. Die deutsche Ravekultur wuchs sich zur mitteleuropäischen Technomacht groß. „Techno sei keine Überlegung gewesen, sondern ein Gefühl. Und dieses wuchs aus der unglaublichen Energie der Leute nach dem Mauerfall.“ (Süddeutsche Zeitung, „Hyper, Alter“, 30. April, 1. und 2. Mai – 2010. Seite 3).
Schon Mitte der 80er Jahre fingen deutsche Veranstalter in Frankfurt an einen festen Clubabend in der Diskothek „No Name“ abzuhalten. Hier wurde jedoch noch vorwiegend EBM (electronic body music) und Industrial gespielt.[34] Der Frankfurter Technopionier und immer noch aktuelle DJ und Produzent Sven Väth, der Frontmann von „Off“ (Organisation for fun) war, brachte erstmals deutschen Techno in die europäischen Charts.[35] Nicht nur in Frankfurt, sondern auch in Berlin gab es seit Mitte der 80er Jahre die ersten Clubabende in Diskotheken, die EDM (elektronische Tanzmusik) spielten. Ende der 80er fanden im Berliner Stadtteil Kreuzberg die ersten Acid-House Partys statt und zugleich wurden von den Berliner Technopionieren DJ Westbam und Dr. Motte eine bleibende Verbindung mit Technomusikern aus den USA und aus England hergestellt (Meyer 2000, 55ff).
Bevor der Techno in Deutschland jedoch seinen Halt fand, musste wie gesagt erst die Mauer fallen. Auf der einen Seite lebte man im US-unterstützten Kapitalismus und auf der anderen Seite unter der eisernen Hand der UDSSR. Die Jugendlichen diesen Zeitraums bezeichnet man als Generation X (geb. zwischen 1965 und 1980). In der Öffentlichkeit markierte sich die Ravekultur in Deutschland erstmals mit der ersten Love Parade 1989. Der oben genannte Technopionier Dr. Motte veranstaltete am 1. Juli 1989 am Kurfürstendamm in Berlin die erste Love Parade. Unter dem leicht ironischen Motto „Friede, Freude, Eierkuchen“ versammelten sich 150 ravende Protagonisten.[36]
Mit dem Fall der Berliner Mauer beginnt die Techno-Explosion. Doch schon unter dem DDR Regime konnte man im Osten elektronische Tanzmusik im Radio hören. Nach der Öffnung der Grenzen und dem Autoritätsverlust der kommunistischen Organe, waren viele Lagerhallen, alte Fabriken und Häuser leer stehend. Hier begann man ab 1990 ohne Genehmigungen Raves unter dem Titel „Technozid“, mit mehr als tausend Besuchern, zu veranstalten (Meyer 2000, S. 56).
Viele Raver waren von der konservativen Gesellschaft und Politik entfremdet worden und fühlten sich ungerecht behandelt.[37] In einer Mischung aus Widerwillen gegen die Anti-Haltung der Eltern und wegen kulturelle Spannungen, die Ende der 80er allgegenwertig waren, sahen viele Jugendliche eine Flucht in der Teilnahme an Raves (Anderson 2009 4f). Die neue Subkultur entstand auch als subkulturelles Gegenspiel gegen die Popwelt der 80er. Die Generation X suchte das Neue und fand es im „Acid House“. Im „Acid House“ und in den Raves fanden sie den Gegenpol zu den Repressionen der Gesellschaft und Eltern. Denn „going out dancing crosses boundaries of class, race, ethnicity, gender and sexuality...“ (Thornton 1995, s. 15).
Die Entwicklung der deutschen Ravekultur schritt mit hyper-speed voran. Ab 1991 kamen bekannte DJs aus Detroit und Chicago regelmäßig nach Berlin und hatten hier mittlerweile ein größeres Publikum als in den USA. Der erste große kommerzielle Erfolg folgte mit dem ersten „Mayday“[38] in Berlin. Die massenmediale Deckung dieses Events, der sich selber als Bewegung und nicht als Party brandet[39], löste in ganz Deutschland die Techno-Euphorie aus. Es entstanden lokale Szenen in nahezu allen Großstädten. Diese Euphorie verbreitete sich wiederum auf weite Teile Europas. Techno überschwemmte die Jugendkultur in Europa. Die Ravekultur bestand im Kontrast zu den Popevents der 80er aus „... the combined stimulus of electronic music, psychotropic lighting, chemcial alterants and all-night dancing, young novices and experienced habitués transcended the mundane in converted warehouses, wilderness areas, beaches, deserts and streets.“ (St John 2004, s. 2).
Dem wilden neuen urbanen Jugendphänomen wurde wie so vielen anderen Jugend-Subkulturen keine Beachtung gegeben, bis negative Schlagzeilen wegen der weitverbreiteten Einnahme der Partydroge Ecstasy Eltern und Autoritäten zum Hinschauen zwang. Sie forderten die Regierung und Polizei auf, zur Handlung zu schreiten. Die Candy Kids oder Raver, wie sie sich nannten, waren allerdings nicht mehr aufzuhalten. Die tobenden Beats waren für die Jugendlichen vereinend, denn es gab keine politische Botschaft, keinen substanzieller Sinn (meist kein Vokal) gab es in den Techno Tracks, außer das Zelebrieren des Hedonismus, der mittels der entstehenden dionysischen Lustgesellschaft im Bezug auf Rave immer mehr junge Menschen in ihren Bann zog. Natürlich war die Ravekultur anfangs eine Kultur mit subkulturellem Kapital, das einen alternativen Lebensstil anbot. Anderson meint sogar, dass die subkulturelle Ravekultur eine Weise war wie sich „ ... an alternative existense or lifestyle with antimainstream values, anticommercial styles, and anticorporate standards.“ (Anderson 2009, S. 51) in der Gesellschaft formen konnte. Dies stimmte zum Teil auch Ende der 80er und Anfang der 90er, aber die Ravekultur war und ist auf Technisierung, Kommerzlust und Fortschritt aufgebaut. Die Kulturindustrie erkannte schnell das Potenzial der Ravekultur und im Zusammenspiel mit der ständigen steigenden Anzahl an Ravern, war die Ravekultur längst nicht mehr eine Subkultur, sondern in den Mainstream aufgestiegen.
6.3. Die Superlative
„ ... ungeachtet ihrer Verständnisschwierigkeiten, tauchte Techno nun überall auf: auf der Züricher Bahnhofstraße, auf dem Berliner Ku’damm, am Brandenburger Tor und an der Siegessäule, auf der Wiener Ringstraße und auf der Münchner Leopoldstraße; Techno in der Hamburger Katharinenkirche und im Schauspielhaus, im Charterjumbo, auf dem Mittelmeerkreuzer, im Orientexpress, in Istrien (eine Woche pauschal) und in der Sierra Nevada, Techno auf der Biennale (after-hours), bei den Vereinten Nationen (ein Bonner Geburtstagsgeschenk) und auf dem Kirchentag, Techno im Wahlkampf, Techno in Aspekte und in Talkshows, Techno im Internet. >> Wo man hinhört, wummern die Bässe, peitschen die Beats.<< “(Klein 2004, s. 13). Wie es auch der Fall bei anderen Subkulturen war und ist, erlebte die Ravekultur eine Aneignung durch die Hauptkultur. Die Kulturindustrie sah das Potential dieser sich mit hyper-speed verbreitenden Kultur, die sich so gut wie noch keine Subkultur vorher verkaufte und verkaufen ließ.
Kulturstudien sind sich oft einig, dass die Populärkultur eine flache, leicht zu konsumierende und völkische Kultur ist, und dass die Hochkultur anspruchsvoll und ästhetisch wertvoll ist und zudem einen kulturell kostbaren Kanon hat. Die Popkultur hat, Thornton zufolge, eine vertikale Struktur und Ordnung, mit geringen künstlerischen ästhetischen Schwingungen (d.h. sie wird wegen mangelnden Inhalts als flach angesehen) und die Hochkultur (Kunst, Theater, klassische Musik etc.) wird horizontal gewertet und gilt oft als Index für guten Geschmack (Thornton 1995, 9ff.). Ob die Ravekultur anfangs als „geschmackvoll“ von den kulturellen Instanzen bezeichnet wurde, ist zu bezweifeln. Jedoch spätestens mit dem Einzug in das Popspektakel, wurde sie von Seiten vieler Kulturkritiker und Medien als stumpf und dumm aufgefasst. Bspw. schrieb die Journalistin des Tagesspiegel Deike Diening einen Artikel („Lasst die Popos sprechen“ TGS 20.07.2001) über die Love Parade 2001, worüber der Fernsehsender „RTL 2“[40] zeitgemäß eine Casting Show zeigte, wo der Preis ein Wagenplatz bei der Love Parade war. Der Artikel porträtiert junge TechnoakteureInnen, die alles dafür tun, um auf einen Wagen zu kommen. Schon alleine der Titel „Lasst die Popos sprechen“ und die Fotos im Artikel deuten auf eine gewisse Dummheit, die den TeilnehmerInnen unterstellt wird.[41]
Techno wurde in den 90ern selten mit gutem Geschmack verbunden. Seit Mitte der 90er, als sich das Phänomen Techno zur Superlative des Popgeschäfts entwickelte, wurde Ravekultur ein Hauptthema für Medien, Gesellschaft, Kulturkritiker und Jugend. Die Subkultur Rave war vom Kommerz und einer Überexponiertheit in eine reine Popkultur übergegangen.[42]
Seit den 50er Jahren haben sich Subkulturen, die entweder das Potenzial zur Popkultur hatten oder einfach zur Popkultur geworden sind, gut verkaufen lassen. Nicht anders ging es mit der Ravekultur. Die AkteureInnen der Jugendbewegung, die von Zuschauern und Medienberichterstattungen als substanzlose, „batteriebetriebene Konsumflittchen“ (Klein 2004, s. 13), beschrieben wurden, hatten im Unterschied zu den vorhergehenden kommerzialisierten Subkulturen eine komplexere Struktur.
Obwohl die Ravekultur in den 90ern in Deutschland ein Milliardengeschäft war, hatten die Musik-, Mode- und Freizeitindustrien zu Beginn Schwierigkeiten, an die Raver heran zu kommen. Mit eigenem Elan wussten Technopioniere selber, wie man Events, wie die Mayday oder die Love Parade, abhielt, welche Locations dazu geeignet waren, Szeneinsider wussten außerdem welche Marken angesagt waren. Die Ravekultur zeigte ausdifferenzierte und mehrdimensionale Konsum- und Kommunikationsarten, im Verhältnis zu früheren Subkulturen. Mit simplen aber rätselhaften Flyern und „Word of mouth[43] “ Kommunikation fing es an. Diese wurden schnell zu Fanzines, Musikmagazinen, Szenezeitungen und zur Visualisierung im Cyberspace, mit Foren, Web-Zines und Event-Sites. Vor allem waren die Trends der Ravekultur extrem kurzlebig. Dies führte zur Selbstvermarktung der Rave AkteureInnen und die mehrdimensionale Vermarktung der Ravekultur fing an.
Ende der 80er und Anfang der 90er entstehen hierauf Szenezeitschriften wie z.B. „Groove“, „Raveline“, „Frontpage“ und „De:Bug“[44], meistens von Szeneinsidern der Ravekultur geschaffen und geschrieben, anfangs als gratis Hefte verteilt und später in rund 100.000 Exemplaren an Kiosken verkauft. Dies markiert sowohl die Marktorientierung der AkteurInnen als auch die Popularität der Ravekultur (Meyer 2000, 97ff). Avantgardist der Szenezeitschriften und Paradebeispiel war „Frontpage“. 1989, lange bevor der Medienhype über die Ravekultur anfing, begann das Magazin über das Selbstbild des neuen subkulturellen Milieus zu berichten. „Technomedia“ hieß der Verlag, gegründet vom Raver Jürgen Laarmann, der es wusste sich am Markt zu orientieren. „Frontpage“ fing mit 5000 Exemplaren an und hatte bereits 1995 eine Auflage von 100.000 Exemplaren. Zudem hatte Technomedia ein Modemagazin, Techno-Online und den Veranstaltungsservice „Camel Silverpages“[45], dass eine Auflage von 500.000 hatte (Klein 2004, s. 33f).
Der Markt für Jugendkulturen wurde in den 90ern zum Milliarden-Geschäft. Mit den erwähnten geschätzten 3,5 Millionen Ravern in Deutschland und globalen 25 Millionen Ravern wurde die Ravekultur zur quantitativ stärksten Jugendkultur seit dem Ende des 2WKes. „Lokale Stile und Trends auf der einen Seite und Globalisierung einer jugendlichen Musik und Tanzkultur sauf der anderen Seite prägen somit die innere Dynamik der Szene.“ (Klein 2004, s. 133). Genau diese, auf globalem und lokalem Markt gleichzeitig fungierende Dynamik einer Jugendkultur, die sich selber als unternehmungslustig und marketing orientiert zeigte, waren der Kulturindustrie verhältnismäßig neu. Multinationale Marktsynergien[46] waren dazu gezwungen neue Wege zu gehen, um die „individuelle Konsumfreude“ (Ebd. S. 18) der Raver zu stillen. Große Firmen beschäftigten Trend-Scouts und Event-Marketing-Leute, die Szeneinsider sein mussten, um Trends zu erkennen und zu vermarkten. Das Medienfazit hierauf war „ ... durchweg(s) inhaltslose Pop-Bewegung ...“ die „ ... einzig und allein auf Kommerz ...“ (Ebd. S. 18) aus ist. Weil die herkömmlichen Marketing Instrumente in der sich schnell ändernden Raveszene nicht griffen, waren Firmen auf die erwähnten mehrdimensionalen Vermarktungsstrategien angewiesen. So wusste der Raver an seinem Spaß zu verdienen und zugleich eine gewisse Integrität zu behalten, was in anderen Jugendkulturen so nicht Gang und gebe war (Ebd. 18ff).
Kritiker sahen in der Spaßkultur der Raver sowohl die Ausbeutung der Jugendlichen von Seiten der Kulturindustrie, das Verkommen der Zivilisation, als auch die Manipulation der Massen, aber Fakt für die Gesamtbevölkerung in Deutschland war, dass Techno zur Alltagskultur geworden war (Ebd. S. 12ff).
Mit 1,5 Millionen TeilnehmerInnen an der Love Parade 1999 erlebte die Ravekultur in Deutschland ihren absoluten Höhepunkt.[47] Aber „Der Schematismus des Verfahrens zeigt sich daran, dass schließlich die mechanisch differenzierten Erzeugnisse als allemal das Gleiche sich erweisen.“ (Adorno/Horkheimer 1969, S. 131). Zwar war diese Äußerung gut 50 Jahre vor dem Höhepunkt der Ravekultur formuliert und auf die damalige Kulturindustrie (hauptsächlich auf den damals relativ neuen Ton-Kinofilm gerichtet) bezogen, dennoch gibt sie ein gutes Bild, was Ende der 90er in der sich im Mainstream befindenden Ravekultur geschah. Ein gewisses flaches, triviales Schema in der immer gleichen Produktion von EDM war Ende der 90er in der Ravekultur zu sehen, was u.a. ein Grund für den Niedergang der Ravekultur sein könnte.
6.4. Der Grabstein Rave
„Rave to the grave!“ ist einer der weit verbreiteten Slogans der Ravekultur, der „wir feiern bis zum umfallen“ ausdrückt. Viele Kulturkritiker meinen Ende der 90er Anfang der 00er, dass Techno umgefallen ist, bzw. tot ist und dass die Ravekultur sich selber in den Untergang getanzt, gefeiert und verkauft hat. Es sind doch mehrere Gründe in Betracht zu ziehen um den Niedergang der Ravekultur zu definieren.
Egal welche Subkultur oder Jugendkultur man seit dem Ende des 2WKes als Beispiel nimmt, sie alle haben früher oder später ihre subkulturelle Authenzität wegen des Interesses und der kapitalistischen Ausschöpfung durch die Kulturindustrie verloren. Das Problem, das hier innewohnt, ist die Overground-Belichtung[48] einer Subkultur. D.h. im Grunde, dass eine Subkultur von der Kulturindustrie in Popkultur transformiert wird. Als die auf lokaler Ebene stilisierte Ravekultur eine Mediatisierung[49] durchlief, wurde sie vom Underground in den Overground gezogen. Dies ist nicht unbedingt negativ. Jedoch verlieren Subkulturen Intimität und Greifbarkeit, und die AkteureInnen ihr subkulturelles Kapital. Anders gesagt, „Kommerzialisierung und Mediatisierung als Bestandteile kultureller Globalisierung führen also zur Homogenisierung und Standardisierung der Szene; die lokale Szene erfordert und provoziert hingegen Heterogenität und Pluralität.“ (Klein 2004, s. 136).
„Fun ist ein Stahlbad“ (Adorno/Horkheimer 1969, S. 139) so die Sentenz in „Dialekt der Aufklärung“. Als die Kommerz-Maschinerie in Zusammenarbeit mit den AkteureInnen Techno adäquat zum Pop Markt machte, versprach sie den Konsumenten zugleich eine Ware, die für die Kultur produziert wurde und die nicht authentisch als Kultur entstand. Adorno zufolge führt dies hierzu: "Die Kulturindustrie sublimiert nicht, sondern unterdrückt. Indem sie das Begehrte immer wieder exponiert ... stachelt sie bloß die unsublimierte Vorlust auf..." (Ebd. S. 148), denn die Kulturware, die auf kommerzieller Basis produziert wird, kann nicht zur Lusterfüllung führen, weil das ganze Wesen dieser Ware der Kultur dafür bestimmt ist, den Drang des Konsumenten nicht zu stillen, sondern ihn zu wecken (Ebd. S. 148ff). Somit begeht die Kulturindustrie einen Betrug der Massen, in dem sie sie glauben lässt, dass sie selber die Möglichkeit hat, individuelle Gefühle zu haben, was aber in Wirklichkeit von der Kulturindustrie in z.B. Filmen und Musik vorprogrammiert ist. Dem zufolge muss auch die Mainstream-Ravekultur als Paradebeispiel für eine für die Massen produzierte Glücksgefühl-Maschinerie zu sehen sein. Denn „ ... in der leichten Musik kann das präparierte Ohr nach den ersten Takten des Schlagers die Fortsetzung raten und fühlt sich glücklich, wenn es wirklich so eintrifft.“ (ebd. S. 133). Es dreht sich allerdings bei diesem Beispiel um die Schlagermusik, aber das gleiche trifft für die Mainstream-EDM der 90er ein, was sowohl eine der Stärken und Schwächen der EDM ist.[50]
Sobald korporative multinationale Kulturindustriefirmen eine Subkultur übernehmen und an ihrer Stelle oder für sie Kulturprodukte generieren, wird dies auf dem Wege des Profits, und nicht auf dem Wege des künstlerischen Werts gemacht. Als die Kulturindustrie in die Produktion der Ravekultur eingriff, sie kommerzialisierte, mediatisierte und zum Mainstream machte, veränderte sie nicht nur die Musik, sondern auch andere kulturelle Komponenten, wie das Ethos (PLUR), die Identität (subkulturell und urban) und ursprünglichen Werte (Freizeit orientierte Organisation, einen alternativen Lebensstil, die Locations, künstlerische Freiheit, Drogenrausch etc.) (Anderson 2009, s. 19). Andererseits sind die mehrdimensionalen Kommunikations- und Wirtschaftsdynamiken der Ravekultur Indizien dafür, dass die Ravekultur nicht alleine von der Kulturindustrie ausgebeutet wurde, sondern sie zeigen Symptome der Selbststilisierung und Vereinheitlichung in Richtung Kulturindustrie seitens der einstigen Subkultur.
Die Kommunikationsdynamik der Jugendkulturen schreitet mit dem Internet in ein neues Zeitalter, d.h. dass lokale Szenen auf globaler Ebene mit einander schnell kommunizieren können, und so neue Trends und Szene-Tendenzen austauschen können. Allerdings wird die Kulturindustrie immer subtile Wege finden, ihre Produkte den Tendenzen einer populären Szene anzupassen. Deswegen muss sich die Ravekultur trotz ihrer Selbstvermarktung und einer Vielfalt von global kommunizierten lokalen Szenen, einer „ ... Kommerzialisierung der Themen, der Stile, der Sprachen und Kommunikationsformen ...“ (Klein 2004, S. 137) unterwerfen. Dies hat sogar auf die weniger kommerzscheue Ravekultur Einfluss. Lokale Identitäten, Organisationen und Strukturen sehen sich einer Homogenisierung ausgesetzt. Es ist klar, dass eine Jugendkultur, die auf Technisierung baut, sich vor dem Kommerz nicht scheut und eine Art ambivalentes „ ... Spannungsverhältnis zwischen Mainstream und Subkultur, Overground und Underground, Globalität und Lokalität ...“ (Ebd., 137) hat. Dennoch gibt es, einige Erklärungen für die Degression und Veränderung der Ravekultur, die in der BRD im Rückgang der Besucherzahlen der Love Parade Anfang 2000 offensichtlich wird.
Die Generation X, geboren in den Jahren 1965 – 1980, und also wie oben erwähnt die Kinder der liberalen Baby Boomer, wuchsen mit Krisen und im Konservatismus der 80er auf. Gleichzeitig galt in den 80ern eine anerkennende Haltung zu der neuen korporativen Businesswelt und dem Kommerz (Anderson 2009, 82f).
In den USA galt Hip-Hop als das ästhetische Medium, das den schwarzen Jugendlichen der Generation X und ihren Gefühlen zum Ausdruck verhalf. Tracks über Gewalt, Hass, Elend, Drogen, Kriminalität und Zukunftspessimismus waren die Inhalte vieler Raplieder. Genau so schuf der industrielle Techno aus Detroit – die Stadt der Automobilhersteller – eine Antwort auf die Arbeitslosigkeit und die Armut der Jugendlichen. Der Detroit-Techno und später auch der Acid House in England waren die Reaktionen auf die Lebenserfahrungen der Generation X in den 80ern. Der maschinelle Sound unterlag keiner Verschönerung des Lebens. Die minimalen Sound-Bricolagen waren zwar im Gegensatz zum Hip Hop ohne Wörter, aber die Kakophonie der Klänge zwang den ZuhörerInnen, eigene Emotionen und Reflexionen über Zukunftsängste und soziale Missstände im kollektiven Akt des Tanzens auszuleben. Im gleichen Ausmaß ging es beim Techno bzw. in der Ravekultur von Beginn an um das Vergnügen, in dem die AkteureInnen ohne weiteres Nachdenken über textuelle Inhalte (es gab keine Texte, oder auf jeden Fall nur sporadische Sätze) sich vereint aus-raven konnten. In Deutschland dreht sich die noch subkulturelle Ravekultur der frühen 90er, nicht im gleichen Ausmaße um eine Wirtschaftskrise oder um soziale oder rassistische Diskriminierung, sondern um eine wiedervereinigte Generation, die keine Angst vor der Technologie oder dem Feiern hatte (Klein 2004, 129ff). Ein gesellschaftskritisches Agens hatte die Ravekultur in Deutschland im Verhältnis zu den USA nie wirklich gehabt, hier galt: „Raves und Parties suggerieren Augenblickslust, sie sind Momentaufnahmen des Lebens, ein Vergnügen, das im Hier und Jetzt herausgetanzt werden will.“ (Ebd. 131).
Egal ob in den USA oder in Europa, das PLUR-Ethos der frühen Ravekultur galt überall. Und genau so entwickelte die Ravekultur, wie alle anderen jugendlichen Subkulturen, im Underground und wurde im Gegenzug zum Mainstream stark. Die alternative Ravekultur ging in den Mainstream über, somit verlor sie ihr subkulturelles Kapital, aber er gewann an unglaublicher Popularität, und die Popkultur vermittelte nicht unmittelbar den Reiz der Subkultur-Rave, sondern machte sie allzugänglich, was anfänglich zum globalen Wachstum der nun veränderten Ravekultur führte, aber letzten Endes auch ihren Niedergang bewirkte.
Das Generationsschisma liegt nun darin, dass die Generation X verpasst hat die Generation Y, geboren in den Jahren 1977 – 2003 (Anderson 2009, S. 82f), zu rekrutieren und das Ethos und den Impetus der frühen Ravekultur weiterzuvermitteln. Die Generation Y hat demgemäß keine Bekanntschaft mit den eigentlichen Werten, Normen, szenespezifischen Identifikationen und den zeitgemäßen Umständen der Generation X gemacht. Sie kannte nur das Pop- und Kommerzphänomen Rave.
Die Menschen der Gen. X wurden selbstverständlich älter und konnten aus verschiedenen Gründen[51] auch nicht mehr die ganze Nacht raven, die früheren Underground DJs gewöhnten sich an das gute Equipment der legitimen Klubs und man bekam nun Geld für das DJen. Viele der Gen. X-Raver zogen automatisch Ende der 90er von der Jugend über die Postadoleszenz in die Erwachsenenwelt ein. Dies führte zur Abnahme der Partizipation an Raves der Gen X, auch wenn es in der postmodernen Gesellschaft nicht länger eine Abnormität ist, wenn das Eintreten in die Erwachsenenwelt erst in den 30ern passiert.
Die junge Generation Y suchte, wie die Generation X Ende der 80er, Anfang der 90er eine für sie authentische und „hippe“ jugendkulturelle Richtung, und für die meisten hieß dies nicht Mainstream Techno. Um das Jahr 2000 entwickelte sich eher Genres wie Nu-Metal[52], Hip Hop und Garage-Rock[53] unter den jugendlichen groß. Hier konnte die Generation Y noch subkulturelles Kapital schöpfen und sich verwirklichen.
In der überexponierten Mainstream-Ravekultur der späten 90er war dies nicht mehr möglich. Es gilt bei den Jugendlichen, wenn sie das Kindes-Stadium passieren, wo es gilt so normal wie möglich zu sein, um Mobbing zu umgehen verlassen haben, die Devise eines „standing out of the crowd“. Man will bemerkt werden, gesehen werden. Diesen narzisstischen Star-Wahn gab es unter den Jugendlichen zwar lange bevor es Reality-TV, YouTube und Talentshows im Fernsehen gab, aber das „Broadcast Yourself[54] “ und „wir alle sind Stars“ Ethos ist seit 2000, mit der immer steigenden Digitalisierung aller Lebensumstände und der Hypermobilität der Generation Y, unter allen Jugendlichen präsent. Es gilt sich von der Menge zu unterscheiden. aorock,nnten, in der Ravekultur ller Lebensumståarzisitische e Underground EDM Genre oder Garagen Rock,nnten, in der Ravekultur Der Dderrj9rarfaefsefsf Die Mainstream-Ravekultur der 90er wurde nach der absoluten Superlative mit 1,5 Millionen TeilnehmerInnen an der Berliner Love Parade 1999 und dem darauf folgenden Sinken der Teilnehmerzahlen[55], für tot erklärt.
Die Kulturindustrie und die RaveakteuereInnen, die anfangs illegale Raves organisierten, schienen den Markt erschöpft zu haben. „Commercialism forces musicians – or DJs, in the case of EDM – to trade creativity and complexity for formulas (i.e., verse – chorus – verse) that people can recognize. ... commercialism fundamentally, and often permanently, alters cultures, scenes and insiders.“ (Anderson 2009, S. 89)[56]. In der Ravekultur galt dieser „Tausch“; Integrität und Originalität gegen Formel Pop und Profit, nicht nur in der Musik, sondern auch bei Events, Clubs, Modemarken, Designs, Locations etc. war dies der Fall. Die Ravekultur wurde nun durch und durch kommerzialisiert. Obwohl dies anfangs fast immer zur Steigerung der Teilnehmerzahl in einer Szene, führt und nicht unbedingt fatal ist, ist sie gleichermaßen dafür verantwortlich, dass sich Insider und Szeneschaffer von der Szene wegwenden um andere Underground-Strömung zu finden. Dieser Mangel an InsiderInnen kann im Mainstream von PopkulturakteurenInnen ausgefüllt werden, die aber nicht das gleiche Insiderwissen oder den gleichen Impetus wie dedizierte AnhängerInnen haben. Für die PopkulturakteurenInnen, die an der Ravekultur teilnahmen, weil es gerade „populär“ war, ist es nicht wichtig, welche Strömung gerade hip ist, sie suchen sich einfach den neuen Hype und machen dort mit. Meistens wird dies wie Adorno und Horkheimer feststellten, von der Kulturindustrie gepuscht und gefördert (Adorno/Horkheimer 1969, S. 136). Darin kann ein weiterer Grund für den Niedergang der Ravekultur gesehen werden.
Wie oben erwähnt unterschied sich die Ravekultur von den Normen und Werten der Hauptkultur, sowohl in Bezug auf das Leben an sich, aber vor allem wurden auch Mode und Accessoires zum großen Markenzeichen der Raver. Grelle Farben, Schnuller, kindliche Zöpfe in den Haaren, durchsichtige Tank Tops, Piercings, Glowsticks etc., waren einige der Kennzeichen der Raver. Aber genau dieser Style der Raver war letzten Endes auch einer der Gründe für den Niedergang der Ravekultur. Es ist ein Paradoxon, dass die Ravekultur sich erst von der Normalgesellschaft mit Kleidung und Style unterschied, und dass aber genau dieser Style, nach dem Höhepunkt der Ravekultur, ihr selbst zum Verhängnis wurde. Den Insidern wurde der Style zu Mainstream und der Generation Y war er fremd und merkwürdig, z.B. der Schnuller oder die Trillerpfeife (Anderson 2009, S. 95f). Hinzu kommen die verschiedenen Drogen Gesetze, die schon erwähnte, mediengeschaffene „moral panic“ und generelle Angstkampagnen (folk devil), die speziell gegen Raves oder TeilnehmerInnen an solchen gezielt eingesetzt wurden. Das Stigma des Raves als „Drogenzentrum“ und Geschichten über von Ecstasy zerstörte Jugendliche führten letzten Endes zum Desinteresse der Generation Y.
So proklamierte auch der weiße Rapper Eminem (Marshall Matters), der mittlerweile zum absoluten Superstar aufgestiegen und als Rollenmodel für etliche Jugendliche in der Zeit um 2000 war, sowohl den Tod der Popwelt (in der er selbst ganz oben stand) als auch, den Tod von Techno: „Nobody listens to Techno, now lets go.“[57]. Techno war zwar nicht tot, vor allem in Deutschland mit Berlin als Zentrum, sondern er ging erstmals zurück in den Underground, um sich, wie später festgestellt wird, neu zu erfinden.[58] [59]
6.5. Teilkonklusion
Die drei Phasen der Ravekultur stehen nun fest. Die anfängliche Subkultur Rave, die sich in den postindustriellen Großstädten Detroit und Chicago entwickelte und sich in europäischen Großstädten wie Manchester, London und nicht zuletzt Berlin manifestierte, ergeben das Fundament einer postmodernen Subkultur. Auf Technisierung und gesellschaftsverändernden Werten bauend verbreitete sich diese Subkultur vor allem in Deutschland binnen kürzester Zeit. Spätestens Mitte der 90er war die Ravekultur in der deutschen Gesellschaft allgegenwärtig. Überall tanzten und ravten die Jugendlichen zu den hämmernden monotonen Bässen, und mit Hilfe der Mediatisierung erfolgte der Einzug in das Mainstream Business der Kulturindustrie. Neue Medien wie das Internet und Fanzines halfen dieser einstigen Subkultur zum Megaerfolg. Obwohl die Mainstreamisierung eine riesige Schar an neuen AnhängerInnen der Ravekultur bedeutete, war hiermit zugleich ihr subkulturelles Kapital verloren gegangen. Viele Pioniere der Ravekultur scheuten sich nicht vor dem Kommerz und fanden auch nichts Verkehrtes darin, an ihrer Kultur zu verdienen, aber zugleich zogen sich andere frühe AkteurInnen zurück in den Underground. Hier geschah nach dem Niedergang der Mainstream-Ravekultur eine Erneuerung, wo sich das Internet mit den globalen Kommunikationswegen als Rettung darbot. In Deutschland, mit Berlin als Zentrum, hielt man an vielen der frühen Ravekultur-Elemente fest und ging zurück zum „Minimal Techno“, der von Kitsch, Schnullern und Trillerpfeifen[60] befreit war, und zugleich wieder subkulturelles Kapital im Berliner Underground vermittelte. Es liegt genau am Puls der Zeit, dass anspruchsvollere minimale Tracks und der sich großwachsende IDM[61] zur neuen wahren EDM wurde.
Nachdem die Ravekultur um das Jahr 2000 einen Niedergang an Popularität erlebte und sich hierauf aus dem Mainstream zurück zog – obwohl sie bei Megaevents und an Partyorten wie Ibiza immer noch ihren festen Platz hatte – erlebte sie nur wenige Jahre nach dem Totsagen von EDM einen Comeback im Mainstream als, eine von mir erkannte, Superkultur und ist stärker als je in der deutschen, wie in der globalen, Gesellschaft repräsentiert.
7. Das Konzept der Superkultur.
Eine Superkultur ist so ähnlich wie ein Superheld ohne Feinde. Obwohl dieser Vergleich infantil und anspruchslos wirken kann, ist das erste Kriterium des Status’ einer Kultur als Superkultur, dass sie keine evidenten Feinde hat, d.h. eine Superkultur braucht sich nicht gegen andere kulturelle Aspekte oder Elemente zu definieren oder sich zu verteidigen. Eine Superkultur lebt sozusagen ihr eigenes Leben über den Subkulturen, Teilkulturen, Gegenkulturen und der Hauptkultur einer gegebenen Gesellschaft. Sie hat in ihrem Kern keine Elemente, die eine Gefahr für andere Kulturen darstellen, d.h. sie hat keinen direkten kulturellen Gegenpol. Andersherum gesehen hatten bspw. Punks die Yuppies als Gegenpol, Hippies hatten den Krieg und die bürgerliche Gesellschaft, Hip-Hopper hatten die Armut, das Ghetto und den Rassismus als Feind, der Kapitalismus hatte den Sozialismus und die Ravekultur in den 90ern hatte Grunge[62], Britpop[63] und Hip-Hop als kulturelle Gegenspieler.
Natürlich kann keine Kultur zu hundert Prozent in einer Gesellschaft repräsentiert sein, aber eine Superkultur hat so umfangreiche und tiefgehende Elemente, dass sie in irgendeiner Weise in einer Großzahl des kulturellen Spektrums vertreten ist. Man muss deshalb annehmen, dass eine Superkultur keine schwerwiegenden gesellschaftlichen oder kulturellen Gegensätze hat.
Eine Superkultur muss sich an Traditionen anlehnen und sich ständig erneuern, sie muss mit der Zeit gehen. Deswegen muss sie Technologie und Fortschritt huldigen, sich aber zugleich vor vorgegebenen Traditionen nicht scheuen.
Eine Superkultur hat Elemente, die im alltäglichen Leben verankert sind und zugleich in der Freizeit genossen werden. Sie bewegt sich nicht in einem kulturellen Feld, sondern in vielen zugleich. So kann sie bspw. gleichzeitig Anteilnahme an der Modewelt, Businesswelt, der Musikindustrie, der Werbung, Wochenendkultur, Reiseindustrie, Kulturindustrie haben. Sie kann Arbeit und Freizeit, Underground und Overground, lokal und global, Kunst und Kitsch zugleich sein, und aber auch, ohne als übertrieben oder abstoßend repräsentiert zu wirken, diese Dinge in sich vereinen.
Sie ist zugleich im Mainstream für jeden zugänglich und hat starke Underground-Verwurzelungen, wo Insiderwissen eine Voraussetzung für die Teilnahme an den kulturellen Aspekten ist. Also ist sie sowohl hegemonial vom Mainstream abgeschnitten, aber zur gleichen Zeit setzt sie keine weiteren Voraussetzungen oder ein Insiderwissen über sie voraus, um an ihr teilnehmen zu können.
Sie ist weder Subkultur, Teilkultur, Gegenkultur oder Hauptkultur. Eine Superkultur ist nichts dergleichen und dennoch ist sie in all den genannten Varianten des kulturellen Spektrums repräsentiert. Sie hat subkulturelle Elemente in der Form von Underground-Bewegungen und anti-bürgerlichen Wertvorstellungen. Die teilkulturellen Elemente, die, wie im Theorieabschnitt erwähnt, Hollstein zufolge ihr Eigenleben innerhalb der Hauptkultur führen, könnten sich als Zweige einer Superkultur innerhalb der Hauptkultur verselbstständigen. Gegenkulturell ist eine Superkultur in der Gesellschaft repräsentiert, wenn sie ein Gegengewicht sein kann, ohne dass sie das größere Bild der gegebenen Superkultur beeinflusst, d.h. dass es sich in den gegenkulturellen Elementen nicht direkt um die Superkultur handelt, sondern dass sich die respektive Gegenkultur an Elementen der Superkultur bedient, ohne zugleich ihren Status als feindlos zu beeinflussen. Dies bedeutet natürlich auch, dass eine Superkultur fest in dem kulturellen Spektrum einer Gesellschaft verankert sein muss, das man sie „normal“ nennt, obwohl dieser Begriff eine sehr vage Bezeichnung ist. Nichtsdestotrotz werden mit „normal“ die traditionellen bürgerlich-kulturellen Wertevorstellungen und ein ebensolches Agieren in einer Gesellschaft gemeint. Die Superkultur beeinflusst hier nicht Wertevorstellungen oder das Agieren der Angehörigen der Hauptkultur. Angehörige von Subkulturen, Teilkulturen, Gegenkulturen oder der Hauptkultur können sich prinzipiell an den Elementen, Aspekten und dem kulturellen Kapital einer Superkultur frei bedienen, ohne dass sich ihr eigenes Angehörigkeitsgefühl oder das Bild, das andere von ihnen haben, dadurch verzerrt wird. Hierauf folgend hat eine Superkultur auch nur wenige wirkliche AnhängerInnen, die man an ihrer Kleidung, Ausdrucksweise oder an ihrem Benehmen erkennt, und dies gestattet TeilnehmerInnen an Elementen einer Superkultur ihr eigenes kulturelles Wesen, ihre kulturelle Zugehörigkeit und ihr Image in ihr zu repräsentieren.
Zusammenfassend schwebt eine Superkultur als genreübergreifende, allgegenwärtige und feindlose Kultur über den anderen kulturellen Aspekten einer Gesellschaft, und hat zugleich überall ihre Fäden im Spiel.
8. Die Superkultur RAVE
8.1. Underground und Overground
Anfang der 00er zog sich die Ravekultur erstmals zurück in den Underground. Viele sprachen vom Tod des Techno und der Ravekultur. Aber wie der Autor Tobias Rapp feststellte: “Heute hat sich Techno in den Underground zurückgezogen, dort erneuert er sich.“ (Tagesspiegel, 03. 03. 2009, „Der ewige Morgen“). Um sich aus den Mainstreamklammern der Kulturindustrie zu befreien musste die Ravekultur erstmals öffentlich sterben, um nun im Underground und in der Öffentlichkeit so stark wie nie zuvor dazustehen. Ein Kriterium einer Superkultur ist es sowohl im Underground als auch im Overground repräsentiert zu sein.
Der neue Underground[64] florierte schon lange vor dem Niedergang der Ravekultur. Der Underground wie er in Anja Schwanhäußers interdisziplinärer Stadtforschung (Schwanhäußer 2010) geschildert wird, war und ist in Deutschland immer ein fester Bestandteil des urbanen Großstadtlebens. Der Underground ist mobil und ständig an neuen Orten zu finden, ob in Wäldern (Ebd. 205ff) oder in städtischen Räumen, die ihre Nutzung verloren haben und nun vom Ravekultur-Underground neu genutzt werden. Diese „... >>Temporäre(n) Autonome(n) Zone<<, bei der man sich weniger am Vergänglichen berauscht als vielmehr die Räume des Vergänglichen ... als Zukunftschance nutzt.“ (Ebd. S. 172) muss als Grundstein des Undergounds gesehen werden. Für den Underground ist die Location und die Vergänglichkeit des genutzten Partyraums genau so wichtig wie die Party selber.[65] Schon Foucault wusste eine gewisse magische Anziehungskraft in der Ästhetik des Raumes zu sehen. In Foucaults „Heterotopie” beschreibt er die „Anderen Räume“ als ein Konzept von Räumen, in denen eine mythische oder reale Negation des uns bekannten und gewöhnlichen Raumes geschieht. Hier kann Wissen geschaffen und aktiviert werden, das die „Normalität“ des Restraumes in Frage stellt[66] (Foucault 2005, S.71).[67] So will auch der Berliner Ravekultur Underground die „Normalität“ in Frage stellen. Nun ist es für eine Superkultur nichtsdestoweniger wichtig, dass diese Räume oder Räume die eine ähnliche Funktion wie die „Temporären Autonomen Zonen“ des Berliner Techno Underground haben, für andere als ein kleine Gruppe von Insidern der Gesellschaft zugänglich sind. Auch wenn sich diese Welt gegen die Außenwelt abdichtet und es z.B. streng verboten ist in weltbekannten und berühmt berüchtigten Underground Clubs wie das Berghain[68] in Berlin Fotos zu machen, sind diese Locations und Clubs für jedermann im Prinzip zugänglich. Der Underground ist nicht immer leicht zu identifizieren oder lokalisieren, weil es genau die Funktion des Underground ist, sich versteckt zu halten, um seine Authentizität im Angesicht einer Aneignung durch die Normalität nicht zu verlieren. Dabei hat sich die Ravekultur im Underground/Overground Verhältnis schon so weit differenziert, und der Underground hat das Vermögen sich, d.h. Location, Musik etc., ständig zu erneuern, dass eine Verankerung des Rave-Undergrounds stabil ist. Dies ist wie erwähnt vor allem in Berlin der Fall.[69]
Der Overground einer Superkultur ist nicht schwer zu definieren und zu finden, denn er befindet sich im allzugänglichen Mainstream. Ein guter Überblick über Mainstream Raves zeigt die Karte über Festivals aus dem Fanzine „Raveline“, die einschließlich EDM repräsentieren (Raveline Nr. 214, 11. 01. 2011, „Festivalism“. Auch andere Megaevents wie Mayday oder FlyBermuda[70] sind Großveranstaltungen der Ravekultur mit mehr als 10.000 Besuchern. Die vielleicht wichtigste Rolle der Overground Repräsentation der Ravekultur spielen soziale Internetmedien wie Facebook. Die Rolle von Facebook als interaktives Leitmedium ist unwiderruflich. Und so werden unzählige Overground Events durch Facebook promoviert und an Freunde weitergeleitet. Diese „offenen Events“ werden so allzugänglich, lokal wie global. Hiervon profitieren nicht nur Megaevents, sondern auch Underground Events. Sie benützen auch soziale Medien wie Facebook als Netzwerk. Jedoch geschieht dies bei Underground Events entweder im geschlossenen Netzwerk, das nur für Insider ist oder auf kleinerer Basis.[71]
8.2. Global und Lokal
Wie erwähnt lassen sich seit der Allgegenwart der Internet Digitalisierung lokale Nischen auf globaler Basis verbinden, d.h. die mehrdimensionale Kommunikationsdynamik der Jugend ist nicht mehr nur ein Wechselspiel, wie z.B. bei den Ravern der 90er zwischen Kulturindustrie und Konsument, sondern jetzt auch zwischen Konsumenten in verschiedenen Ländern und zugleich Kulturindustrien in verschiedenen Ländern. Der Austausch von Erfahrungen, Ideen, Locations und Orten geschieht mit einem Mausklick. Zugleich bedeutet dies, dass sich lokale Szenen der Ravekultur mit anderen lokalen Szenen austauschen können. Obwohl man annehmen muss, dass sich einige lokale Szenen hegemonial von der Globalität des Internets abschirmen, um ihren Status als Nische und Subkultur zu behalten, sind viele lokale Strömungen, z.B. die musikalischen, global via Download zugänglich. Sie dienen hiermit zur Inspiration und ständigen Erneuerung der Ravekultur. Wie es der Niedergang der Ravekultur zeigte erfand die EDM sich einfach neu, bspw. in Richtung Dubstep oder Minimal[72], und dies hat sich mit dem Gebrauch von Internetmedien noch stärker durchgesetzt und verbreitet.
Global setzten sich Rave Konzepte wie die immer wieder ausverkaufte „White Sensation“[73] durch. Das Konzept des Megaevents, der ganz in weiß um die Welt zieht, und fast immer ausverkauft ist, ist das Gegenstück der lokalen Ravekultur. Das Neue an dem Konzept ist auch, dass die Party zu dir kommt und du nicht länger an bestimmte Orte reisen musst, um Teil eines EDM-Megaspektakels sein zu wollen.
Für die Ravekultur hatten bestimmte Städte, Orte, Inseln oder Clubs immer eine immense Anziehungskraft. Die globalen EDM-Hauptorte sind Städte wie Miami, London und Chicago. Ferienorte wie Ibiza (Spanien), Kho Phanghan (Thailand) und Goa (Indien) gelten als EDM geprägte Destinationen, wohin begeisterte EDM-Enthusiasten auf Urlaub fahren. Ganz vorne im globalem Wettlauf, um das lokale Partyzentrum oder die Partystadt schlechthin zu finden, ist Berlin. Tobias Rapp sieht den Grund hierfür in einem Sammelsurium aus Zufall und Ruf: „Der nationale Bezugsrahmen löst sich auf für Leute, die Techno hören. Irgendwann kommt jeder von ihnen nach Berlin. Denn hier passiert’s. Und man kann es sich leisten.“ (Tagesspiegel, 03. 03. 2009, „Der ewige Morgen“.). Die „Easyjetset Raver“ wie Rapp sie nennt[74] kommen so von überall her und benutzten Berlin zur Zeit als Partyhauptstadt Europas. Eine Superkultur soll lokale Nischen, Szenen und Strömungen global zugänglich machen.[75] Am Beispiel des Remixen[76] von Tracks, was für die EDM typisch ist, ist ein sehr ausgeprägter Hang zum digitalen Teilen/Kaufen und Wiederbenützen von Musik zu erkennen. Dementsprechend können Internationale Tracks mit lokalen Einflüssen remixt werden. Dies ist mit dem Internet und dessen Filesharingdiensten[77] ein Meilenstein für die EDM gewesen.
Bei der Ravekultur dreht es sich jedoch nicht nur um die Digitalisierung der Musik die lokal und global zugänglich ist, sondern genau so um globale Nomaden, die sozusagen von „speziellen Raves zu speziellen Raves“ reisen. Anders gesagt: „The techno-futurist/revivalist ... – from local DIY tribes and regional scenes to a global movement of technomads celebrating significant celestial events.“ (St John 2004, S. 231). Demgemäß werden TeilnehmerInnen an lokalen ravekulturellen Events auch zu globalen TeilnehmerInnen an lokalen Szenen.
8.3. Gegen-, Sub-, Teil- und Hauptkultur
In den 90ern fingen Gegenkulturen gegen die Superlative Rave an groß zu werden. Schon 1997, am Höhepunkt der Mainstream-Ravekultur, manifestierten „Die Fucker“ sich mit einer Gegenbewegung gegen den Mainstream-Techno und die Love Parade. Die „Fuck Parade“ wurde ins Leben gerufen. 2010 sind immer noch mehr als 4.000 AkteureInnen bei der Fuck Parade dabei. Sie positioniert sich gegen- und subkulturell, damals wie heute „... gegen Gentrifizierung und den Ausverkauf der Subkulturen ...“ (Tageszeitung Berlin, „Die Fucker sind übrig geblieben“, 23. 08. 2010. Seite 21.). 2010 positionierte sich die Fuck Parade zum 14. Mal gegen den Kommerz, gegen die Mediaspree und für den Erhalt der urbanen Freiräume. Von den Wagen donnert die harte Techno Richtung Gabber[78], aber auch moderner House wird gespielt. Die gegenkulturellen Agenden in der Ravekultur spiegeln sich auch in der Ethnografie von Anja Schwanhäußer wider (Schwanhäußer 2010). Eine detaillierte Schilderung des gegen- und subkulturellen Lebens in Berlin durchzieht das ganze Buch. Die gegenkulturellen Elemente der Ravekultur stehen jedoch eher neben den eigentlichen ausgedrückten Haltungen. Deshalb wird die Ravekultur nicht als Gegenkultur bezeichnet, sondern die einzelnen Events mit gegenkulturellen Statements (wie die Fuck Parade) benützen Elemente der Ravekultur um ihren Standpunkt auszudrücken. Dies verhindert ein negatives Bild gegenüber der Ravekultur von Seiten derer wogegen demonstriert wird. So spricht sich Kirk, ein Akteur der Berliner Ravekultur aus: „Man kann nicht länger als ein Jahrzehnt nur gegen irgendwas sein, das erschöpft sich. Irgendwann wollten die Leute auch einfach Spaß haben ... Und dann gab’s natürlich den Techno-Underground, der es geschafft hat, die politische Bewegung soweit zu morphen, dass man sagt, man kann durch das Feiern auch ein politisches Statement geben.“ (Schwanhäußer 2010, S. 66f). Die EDM wird somit nicht politisiert, sondern die Feier selbst wird politisiert, und das gestattet der Ravekultur sich über das politische Geschehen einer Gegenkultur zu legen, und im Grunde nichts über Pro oder Contra auszusagen.[79]
Als Teilkultur gibt sich die Superkultur Rave mit Elementen die seit der Mediatisierung und dem Aufstieg in den Mainstream Teil der Gesellschaft sind. Vorweggenommen ist der Begriff Teilkultur in diesem kulturellen Diskurs über eine angenommene Superkultur Rave als mehr oder weniger überflüssig zu betrachten, weil Techno als ein Teil der Hauptkultur alleine in den Großveranstaltungen repräsentiert ist. „Techno sei ein Lebensprinzip und deshalb lasse sich diese Kultur auch nicht als ein kurzfristiger Modetrend abstempeln, sondern sei Teil jugendlicher Identität.“ (Klein 2004, s. 34). EDM-Events sind Teilkulturen der deutschen Gesellschaft, sowohl im öffentlichen Raum als auch im Nachtleben in den Clubs.
In der Hauptkultur spiegelt sich die Ravekultur mit populären Phänomenen in den verschiedensten Gesellschaften wieder. Der indische Bollywood Film hat mittlerweile Lieder im Techno Stiel (vierviertel Takt). Die größten Musikfestivals haben EDM Namen als Headliner, egal ob sie sich als Rockfestival branden oder nicht (i.e. Roskilde Festival, Glastonbury Festival, Coachella, Rock am Ring etc.). Riesige kommerzielle Raves (Vgl. Anderson 2009, S. 34ff) dienen als Werbegrundlage für die verschiedensten Firmen, von BMW bis hin zu Red Bull, und gelten als Geldquelle für viele Businessleute und die Branchenmaschinerie. Manche kommunale Politiker in z.B. Dänemark und Deutschland geben ihre Genehmigungen und manchmal sogar finanzielle Unterstützung für urbane EDM-Events, die die Stadt attraktiv und hip aussehen lassen und Touristen anziehen sollen (Distortion Festival[80], Strøm[81], Fuck Parade, Straßen Paraden a la Love Parade in Wien[82] und Zürich[83], Techno in der Kirche[84], im Flughafen Tempelhof[85] und in den Boutiquen der Großstädte). Die großen gesponserten Raves werden von RaveakteurenInnen allerdings nicht immer als positiv angesehen. Am Beispiel des Summer Raves in Berlin Tempelhof wurde die Kritik laut, dass der Rave von der Supermarktkette Kaiser’s gesponsert wurde[86], und er wurde so als Supermarkt-Rave abgestempelt. Nichts desto trotz ist die Zusammenarbeit der Ravekultur mit der Großindustrie ein wichtiges Indiz für die hauptkulturelle Rolle der Ravekultur. Auch das Faktum, dass die Kulturindustrie immer noch großes Interesse an der Ravekultur hat, zeigt sich in der hauptkulturellen Agenda mancher Elemente der Ravekultur.
8.4. Verankerung in der Gesellschaft
„Techno ist die Musik, die die technokratische Konsumgesellschaft des Spätkapitalismus sich redlich verdient hat.“ (Junge Welt, „Seid ihr alle gut drauf?“ 28. 07. 2010, Nr. 172.). Der Artikel in der linken Tageszeitung „junge Welt“ beschreibt zwar eher ein negatives Bild der Ravekultur Post Love Parade 2010[87]. Jedoch zielt diese Kritik eher auf Ideale und Werte der „Generation Techno“ und auf den Einfluss der Kulturindustrie als auf die EDM generell. So herrscht die Kritik, dass das Lustprinzip vor Realitätsprinzipien, auch bei Erwachsenen, tritt. Und das die Mainstream Ravekultur und der Drogenkonsum als Befreiung von dem tristen Alltag auftritt. Dies mag seine Richtigkeit haben. Dennoch ist das Lustprinzip in der zeitgemäßen Gesellschaft verankert, ob dies auf den Wegen der Kulturindustrie geschieht oder aus freiwilligen individuellen Wünschen, ist eher eine politische Debatte als eine kulturelle. Fakt bleibt, dass in der westlichen Gesellschaft das Lustprinzip herrscht. Damit gemeint ist, dass die meisten Menschen danach streben, wozu sie Lust haben, und nicht nach dem, was sie zum Überleben brauchen. Das Lustprinzip kann so als temporäre Flucht aus der Leistungsgesellschaft, in der wir leben gesehen werden.[88] Die Ravekultur wird oft als Flucht vor Leistungsdruck, Verpflichtungen, Alltagsstress und dem Erwachsenenleben gesehen. Die Ravekultur mit all ihren differenzierten Events, kann banale Lustprinzipien erfüllen, weil sie momentan, unverbindlich und leicht zugänglich sein kann.
Es müssen allerdings nicht gesponserte Megaraves sein, die die Anziehungskraft der EDM ausmachen. Schon 2005 bekam die aufsteigende IDM-Szene[89] mehr und mehr Aufmerksamkeit. Mit „Permanente(r) Innovation“ und „Großkunstbewusstsein“ beschrieb der schon erwähnte Journalist, Autor und Techno Enthusiast Tobias Rapp die EDM 2005 (Die Tageszeitung. 21.06.2005, „Der Wahnsinn! Der Wahnsinn!“, S. 15.). Der künstlerische Aufstieg der EDM soll eher als Vervielfältigung, und nicht als Zerreißung der Szene gesehen werden.
Seit dem endlichen und vollständigen Durchbruch der sozialen Möglichkeiten des Internets in den 00ern und in Verbindung mit dem Internet Phänomenen YouTube und „Filesharing“, kann sich jeder ohne größeren Aufwand in die ganze Welt broadcasten oder sich Tracks runterladen. Die meisten sind in unserer Gesellschaft darauf abgerichtet, dass Berühmt-Sein das höchste aller Dinge ist. Das Prinzip macht sich geltend in den neuen Möglichkeiten der DJ- und Elektroproduzenten-Welt. „(Das) die Zahl der Berliner Techno-Produzenten stetig steigt. Das liegt daran, dass die benötigte Hard- und Software mittlerweile für ein Paar hundert Euro erhältlich ist.“ (Tagesspiegel, „Der Techno-Akademiker“, 25. 02. 2010, Seite 11.), so Soziologe Jan-Michael Kühn. Diese ist nicht nur billig sondern mittlerweile auch so avanciert, dass man ohne größeren Aufwand DJen, und ohne größeres musikalisches Talent Musik produzieren kann (dies ist natürlich kein Qualitätsstempel). Zugleich verschwand die relative Anonymität des DJs oder Musikproduzenten der 90er, die eher im Hintergrund standen: „Producers, sound engineers, remixers, DJs ... the creative heroes of dance genres ... may entail hiring a model and dancers to lip-synch to the sampled vocals while the track’s composer prances behind a computer keyboard or DJ console at the back of the stage.“ (Thornton 1995, s. 4).
Die Helden der elektronischen Musik bekamen mit dem Internet und dem neuen Kult von Persönlichkeiten, die sich von den Normen der Hauptkultur abtrennten, ohne einer eigentlichen Subkultur anzugehören, Rockstar-Status. Dass Typisierungen wie Rockstars in der Gesellschaft verankert sind, und das man sie entweder vergöttert oder widerlich findet, ist nichts Neues. Das Neue ist, dass der DJ mittlerweile Ikonenstatus genießt. Bspw. schildert der Dokumentarfilm „Justice – A cross the universe“[90] das französische „Electro House“-Duo Justice, und passend für den ganzen Film hört man, nach einer Show in den USA einen euphorischen Fan sagen: ”These guys are the new rock ’n’ roll!”[91]. Und auch der Schöpfer von weltumspannenden Talentshows wie „American Idol“ und „Britain’s got talent“, Simon Cowell, will nun eine internationale DJ Talentshow machen, und begründet dies damit, dass DJs die neuen Rockstars sind (Politiken Online, „Briternes Blachmann laver amerikansk talentshow for dj’s“, 26.01.2012).
Die neue Soft- und Hardware ermöglicht außerdem, dass es leichter ist für DJs live aufzutreten. Neben der sich in Szene setzenden Attitude der DJs ist das Live-Auftreten, das früher eher der Analogen Musik vorbehalten war, für viele eine Authentisierung der Ravekultur, also eine erneuerte authentische Kulturverankerung in der Gesellschaft. Das musikalisch Authentische der Ravekultur muss das Liveset[92] sein. Thornton beschreibt die „Liveness“ der Ravekultur folgend: „What authenticates contemporary dance cultures is the buzz or energy which results from the interaction of records, DJ and Crowd.“ (Thornton 1995, S. 29). Wenn dies in den 90ern das Authentische der Ravekultur war, muss angenommen werden, dass dieser „buzz“ oder diese „energy“, mit den Live-Auftritten verschiedener DJs sich vervielfältigt hat. Der Rockstar-Status kann hierauf folgend wegen der Anerkennung der Musikkultur zur Verankerung der Ravekultur in der Gesellschaft dienen, d.h. das DJen und das Produzieren von EDM gewinnt nicht nur an Popularität, sondern auch an künstlerischer Integrität.
Ein sehr treffendes Beispiel fr die﷽﷽﷽﷽﷽, dass dieser "ples usiehe Anhang 11.)itung in tische der Ravekultur war, muss angenommen werden, dass dieser "ples usür die Verankerung in der deutschen Gesellschaft ist der schon erwähnte Artikel in der Süddeutschen Zeitung „Hyper, Alter“ (Süddeutsche Zeitung, „Hyper, Alter“, 30. April, 1. und 2. Mai – 2010. Seite 3). Der Artikel beschreibt eine tiefe Verankerung der differenzierten Ravekultur. Deutsche Techno Pioniere verfolgen sowohl „bürgerliche Rituale“, werden mit der Limo zum Flieger gebracht, von den Politikern wegen Drogenenthaltsamkeit geliebt und bekommen 30.000 Euro pro Auftritt. Andere Urgesteine empfinden dies als Verrat und mixen „für den Moment“ und sind so auch wie die meisten DJs „finanziell an der Grenze“. Der weltberühmte DJ Sven Väth baut für 10 Millionen Euro einen Superklub und ist zugleich Buddhist. Während der 55 jährige Eigentümer des legendären Pionier-Technoclubs „Tresor“ ihm nachtrauert, bauen ihn andere 1 zu 1 wieder auf. Egal wie sich die alten und die neuen Stars und Amateure der deutschen Ravekultur sehen oder gesehen werden wollen, ob man Techno mag oder nicht, ist die Ravekultur in der deutschen Gesellschaft verankert, alleine auf Grund folgender Tatsache: „Techno ist ein Exportschlager in der deutschen Musik, wie er seit der Klassik vor 200 Jahren nicht mehr vorgekommen ist.“ (Ebd.).
8.5. Genreinfiltrierend und ohne Feinde
„Das ist für mich ein Lebensgefühl. ... Viele denken, es wäre ein einfaches Bum-Bum zu dem man nur möglichst heftig feiert. Auch wenn die Musik in den Clubs läuft, ist sie doch sehr vielschichtig.“ (Szene Hamburg, Sep. 2008, S. 91)[93]. So der Berliner Superstar des Minimal Paul Kalkbrenner. Die EDM ist ein Lebensgefühl, in einem anderen Interview erklärt Kalkbrenner: „Es ist die Musik unserer Zeit. ... Es geht um Arrangement, Feeling, Dramaturgie und um den Moment.“ (zitty 20-2008, 25. Sep. – 8. Okt., S. 58).[94] Um dieses Lebensgefühl und die Musik unserer Zeit zu fangen, fingen unmittelbar nachdem die Öffentlichkeit Techno für tot erklärt hatte, eine breite Reihe von Rock, Hip Hop, R & B und Indie-Musiker an mit dem klassischen Vierviertel-Beat des Technos zu spielen. Alle wollten plötzlich in den Club. Es scheint als ob die einstigen Feinde des Musikgenres Techno, oder auf jeden Fall die konkurrierenden Genres, sich nun an den Elementen der EDM bedienten. Der Grund, warum der populär gewordene Mainstream-Techno von der Popmusik und sogar vom Schlager aufgesammelt wurde[95], kann in der Konformität und Einfachheit der EDM gesehen werden. Die Mainstream-EDM hat nicht wirklich Elemente in sich, die gehasst werden können – Musik ist wie alle andere Kunstrichtungen eine Frage des Geschmacks - deswegen kann man EDM sehr wohl nicht mögen, aber einen Hass produziert die Mainstream-EDM heute selten, denn er hat keinen anderen Ausdruck als die TeilnehmerInnen zum Feiern zu bringen.
„Techno ist längst überall. Das gerade >>Bum-bum-bum des Beats<< ... ist in den Rock, den HipHop, den R&B diffundiert.“ (Welt am Sonntag, 20.05.2010, S.67.)[96] Die Genreinfiltration fundiert in der ständigen Erneuerungen der Ravekultur, die aus der Popularisierung gewisser Elemente heraus entsteht. Dubstep wurde anfangs als Erneuerung, schmutzig und als Underground-Sound gesehen wurde, jetzt aber von der Hauptkultur aufgefasst, und Popikonen wie Britney Spears bauen demgemäß Dubstep-Elemente in ihre Popsongs ein.[97] Das bedeutet nicht, dass ein Underground-Sound dazu gezwungen wird zu verschwinden, er wird allerdings von der Subkultur wo er entstanden ist erneuert. Im genannten Britney Spears Beispiel kann der breite Appeal der EDM-Sounds erkannt werden. So kann sich in irgendeiner Großstadt eine Underground-Dubstep-Party abspielen, während eine Hausfrau in Sachsen gerade Britney Spears’ Dubstep inspiriertes Lied im Radio hört. Dies verkörpert die Vielseitigkeit der Rezeption der EDM.
Die Ravekultur hat sich langsam und ohne Zwang in andere Subkulturen, Teilkulturen und in die Hauptkultur eingefressen. Sie ist fester Bestandteil des Alltäglichen und hat einen Status der genreinfiltrierend und milieuübergreifend sein kann: „ ... den Status elektronischer Musik in manchen Städten des europäischen Kontinents, wo dieser Sound, obwohl er so gut wie nie in den Charts auftaucht, absolut milieuübergreifend Konsens stiften kann.“ ( Die Tageszeitung. 21.06.2005, „Der Wahnsinn! Der Wahnsinn!“, S. 15.).
In unserer Gegenwart steht die EDM sozusagen ohne wirkliche Gegner über den anderen Musikgenres (in den 90ern waren die Gegner noch Grunge, Hip-Hop, Rock, höhere Kunst usw.).
Hip-Hopper haben heutzutage 120 BpM in ihren Liedern und Werbeagenturen verwenden EDM Tracks wegen dem breiten Appeal, um ihr Produkt zu verkaufen.
DJs kleiden sich mittlerweile wie Rockstars[98] und werden als Künstler anerkannt. Schon Jim Morrison von „The Doors“ prophezeite 1969, dass Künstlertum der EDM: „I can envision one person with a lot of machines-tapes, electronic setups-singing and speaking, and using a lot of machines.“ [99]
Die Ravekultur hat anno 2012 keine wirklichen Antagonisten, weder in anderen Subkulturen noch in der Hauptkultur. Sie scheint so differenziert und vielseitig zu sein, dass alle Genres außerhalb der EDM sich auch an ihr benützten (i.e. die EDM wird dadurch genreinfiltrierend). In den 90ern definierten sich die Raver noch gegen die Rocker oder Hip-Hopper und umgekehrt. Jetzt scheint es so als ob die anderen Genres EDM akzeptieren und in großem Stil auch in ihre Subkultur/Szene inkorporieren.[100]
Die Ravekultur ist vom „... integrierenden Element einer allwöchentlichen ästhetisch-erotischen Feierkultur, die den müßigen und empfänglichen Kindern der Großstadt und ihren Besuchern die wundervollsten Erlebnisse von Entgrenzung und Verschmelzung, des Aussteigens aus sozialen Rollen, ja eines kompletten Identitätswechsels anbietet.“ (Ebd.) durchzogen.
9. Konklusion
Die subkulturellen Aspekte, wie Schwendter sie definiert, beruhen fast alle auf einer gewissen Art der Kulturambivalenz. Subkulturen entstanden schon immer wegen differenzierter Wertevorstellungen der Jugend gegenüber den älteren Repräsentanten einer gegebenen Gesellschaft. Das Wechselspiel zwischen Subkultur, und dem, was Schwendter und andere zeitgleiche Sozialwissenschaftler Hauptkultur nennen, definiert sozusagen eine Subkultur. Heutzutage sind diese Definitionskriterien hybrider geworden. Es wird nicht mehr im gleichen Stile von einer Hauptkultur gesprochen. Nichtsdestotrotz ist der Begriff nützlich, um in einer gewissen Form die Kulturmerkmale einer Gesellschaft zu beschreiben, wogegen sich Subkulturen definieren. Es sind eher die AkteureInnen einer Subkultur, die die Hauptkultur (die typischen die Werte, die Moral und Normen des bürgerlichen Establishments) definieren. Dementsprechend entstehen die meisten Subkulturen wegen differenzierter Wertevorstellungen gegenüber der von meist älteren Repräsentanten einer Gesellschaft geprägten Hauptkultur. Der deutsche Soziologe Karl Martin Bolte sah hierauf folgend Subkulturen als eine „antibürgerliche Gegenwertsbildung“ (Schwendter. S. 23), also als eine Werteschaffung, die sich gegen die Werte der Hauptkultur entwickelt. Was auch im Angesicht der frühen Ravekultur ihre Richtigkeit hat, allerdings ist die von ihm genannte Kulturambivalenz heutzutage eher ein Kampf, der sich in der Kulturindustrie abspielt als ein Kampf der Subkultur gegen Hauptkultur. Hiermit ist nicht gemeint, dass jugendliche Szenen sich nicht gegen die in der Gesellschaft verankerten Wertesysteme wie Kirche, Militär, Schule, Medien und Sittenhüter stellen. Nur sind die Wahlmöglichkeiten und Freiheiten in unserer Zeit dementsprechend groß und aufgeklärt, sodass die hauptkulturelle Macht von Instanzen wie Kirche, Militär, Schule und Sittenhütern gegenüber den Jugendlichen eher milde ist. Es gibt natürlicher Weise immer noch Regeln, Traditionen und Gesetze, wogegen man sich auflehnen kann, aber wie man an dem Beispiel der Raver der 90er sah, drückte sich die Gegenwertsbildung eher in einem „Ist mir egal“-Ethos aus als mit einer direkten subkulturellen Formation und darauffolgenden Konfrontation mit dem Establishment. Wie Kapitel 6 zeigt, formierten sich die Raver anfangs als Subkultur, und entstanden im Underground und als Gegenwertsbildung gegen den damals aktuellen Pop-Markt und die Gesellschaft. Allerdings ist ein wichtiger Punkt für Schwendter, dass eine Subkultur aus dem Proletariat heraus entsteht. In den USA und in England war dies der Fall mit der Subkultur Rave. In Deutschland hingegen formte sich die Ravekultur aus dem Mittelstand. Wie Albert Cohen meinte, lehnen Gegenkulturen (hierunter Subkulturen) Maßstäbe und Wertungssysteme der herrschenden Mittelklasse ab und erschaffen ihr eigenes Ersatzstatussystem innerhalb ihrer Gegenkultur. Dieses System beruht auf Handeln im gleichen Bezugsrahmen und einer hierauf folgenden Konformität. Weil sich die Ravekultur in Deutschland aus der Mittelschicht bildete, hatte man nicht die gleichen Bedürfnisse gegen eine herrschende Majorität zu kämpfen. Dennoch hatte die Ravekultur in Deutschland Werte, Normen und Moralvorstellungen, die der Hauptkultur nicht ins Konzept passte. Diese wurden jedoch eher ironisiert, sozusagen mit einem „Friede, Freude, Eierkuchen“ -Gewissen.
Wie Schwanhäußer feststellt, gab es natürlich auch Strömungen die eher als subkulturell angesehen werden müssen. Demgemäß schildert sie die frühere Hausbesetzerbewegung, die jetzt in Berlin für die neue Underground-Ravekultur agiert. Ihre Subkultur war allerdings eher die der Hausbesetzer und nicht der Raver. In dem Punkt über emotionelle Subkulturen kann Schwendters Theorie immer noch fast ganz auf die Ravekultur angewendet werden. Von Anfang an war die Ravekultur eine emotionelle Subkultur, die sich später in eine emotionelle Mainstream-Kultur entwickelte. Und zweitens ist die Ravekultur unwidersprüchlich mit einer Praxis im Verhältnis zur Hauptkultur verbunden. Der Rave in sich selber ist diese Praxis, nicht nur eine Praxis, sondern eine emotionelle Praxis.
Es besteht auch kein Zweifel darüber, dass die Ravekultur mittels des Interesses der Kulturindustrie Anfang der 90er einer Anpassung an die Hauptkultur unterworfen wurde. Die mehrdimensionale Kommunikationsdynamik der Raver gegenüber dem Kommerz hat sich so als gesteigerte Verinnerlichung von hauptkulturellen Elementen in der Subkultur Rave gezeigt. Bei Parsons Systemfunktionalismus tritt dies auf, weil die „normative Ausrichtung des Handelns“ eine inkorporierte Legitimation hat . Mittlerweile ist jedoch die Ravekultur selber zu dieser normativen Ausrichtung des Handelns, in Bezug auf die kontemporäre Musikproduktion geworden. Dementsprechend beinhaltet der Begriff Subkultur eine Unzahl von Definitionen, Ansätzen und Schlussfolgerungen. Für Jochen Bonz ist der Begriff der Subkultur als ein verschwindender Begriff zu sehen, und die Ursache hierfür ist ein Verschwinden der hegemonialen, basalen kulturellen Ordnung – das, was Schwendter Hauptkultur nennt -, in der sich die Subkultur reflektieren kann und aus der sie sich, wegen ihrer Verschiedenheit, definieren kann. Eine musikalische Subkultur kann sich natürlich immer im Angesicht anderer musikalischer Richtungen definieren. Allerdings bezieht sich jeder Kulturwissenschaftler, Soziologe oder Musikwissenschaftler auf andere Annahmen. Herauszuziehen ist, dass sich Subkulturen im Verhältnis zu etwas anderem sehen. Sie suchen sich meist bürgerliche Gegenpole und definieren ihre Gesellschaftsrolle hieraus. Es gibt heutzutage noch Subkulturen. Jedoch ist das Feindbild vieler Subkulturen in der transzendenten multikulturellen Gesellschaft von Heute mehr oder weniger unauffindbar. Der Begriff Szene oder Underground wird hierauf folgend, auf jeden Fall, wenn es um Subkulturen geht die ein musikalisches Fundament haben, eher den subkulturellen Strömungen gerecht.
Es sind einige Gründe zu nennen, warum sich die Ravekultur in der deutschen Gesellschaft von Anfang an so stark verankerte. Anfänglich gab der Fall der Mauer ein gewisses kulturelles Vakuum frei. Es scheint sich in den ethnografischen Beschreibungen über den Anfang der Ravekultur von Gabriele Klein, Anja Schwanhäußer und Erik Meyer ein Ausdruck von einem Vakuum, das eine Ära wie der Kalte Krieg in zwischenmenschlichen Aspekten mit sich führen kann, heraus zu kristallisieren. Dieses Vakuum könnte zur Euphorie und zur Steigerung des „Feiern ohne Ende“-Ethos’, das in die Ravekultur inkorporiert ist, geführt haben. Die Superlative Rave ließ schlussendlich auch nicht lange auf sich warten. DJs aus den USA und England kamen nach Deutschland und wurden hier schnell bekannter als in ihren eigenen Ländern. Die Generation X feierte hierauf folgend die größten Erfolge der Ravekultur bis dato. Mit 3,5 Millionen Ravern war Deutschland das Land der Welt mit den meisten Ravern. Es schien, als ob die Ravemusik für die deutsche Jugend maßgeschneidert war. Es gab keine Tiefe, keinen Sinn, keine Politik, keine Statements außer dem PLUR-Ethos. Es schien, als ob die Ravekultur mit ihren von der Kulturindustrie vorprogrammierten und betrügerischen Lusterfüllungen wie gerufen kam.
Die Generation nach der Gen. X, die Generation Y, schien nicht im gleichen Stil begeistert von der Leichtigkeit zu sein. Deshalb erlebte die Ravekultur nach der Superlative in den 90ern, am Ende des Jahrtausends, einen Rückgang an Popularität. Nicht nur das Generationsschisma ist der Grund für die Degression der Ravekultur, sondern auch andere Hauptgründe müssen zusammenfassend in Betracht gezogen werden. Der Niedergang des Techno ist auch eine natürliche Folge der Überbelichtung einer Popkultur. Die Kulturindustrie im Zusammenspiel mit den in ihr agierenden AkteureInnen war im gleichen Umfang beteiligt. Nach der Kommerzialisierung und Mainstreamisierung der Ravekultur schienen die authentischen Elemente verschwunden zu sein. Die Ravekultur war für viele der jüngeren Jugendlichen um 2000 voller Elemente, die fremd wirkten, z.B. das Tragen von Schnullern und Trillerpfeifen. Generell gesehen war die Techno-Version der Formel Pop nach der Superlative veraltet, und demgemäß puschte die Kulturindustrie neue Trends und Musikrichtungen, die an die Stelle von Techno kamen. Die Ravekultur zog sich mittlerweile in den Underground zurück, um sich in ihm zu erneuern (auch wenn es immer noch vereinzelte Top Platzierungen von EDM-Tracks in den Charts gab).
Wie im Kapitel 7 definiert wird ist eine Superkultur im alltäglichen Leben verankert und wird zur gleichen Zeit in der Freizeit genossen. Sie bewegt sich nicht in einem kulturellen Feld, sondern in vielen zugleich. So kann sie sowohl in etlichen Bereichen der Kulturindustrie und in verschiedenen Underground-Szenen zugleich aktiv sein. Sie kann Arbeit und Freizeit, Underground und Overground, Lokal und Global, Kunst und Kitsch zugleich sein, und aber auch, ohne als übertrieben oder abstoßend repräsentiert zu wirken, diese Dinge vereinen. Sie hat sowohl subkulturelle, gegenkulturelle, teilkulturelle und hauptkulturelle Elemente. Aber am wichtigsten ist, dass eine Superkultur keine bedeutenden Kontrahenten haben darf, allzugänglich und allgegenwärtig ist. Sie muss zudem nicht nur eine Kultur ohne Feinde sein, sondern auch einen breiten Appeal haben, der verbunden mit der Möglichkeit, seine sonstige kulturelle Zugehörigkeit nicht aufs Spiel zu setzten, eine Superkultur ausmacht.
Es ist nicht die Rockkultur oder die urbane Hip-Hop-Kultur die am dichtesten an diesen Status kommt. Sondern die Superkultur Rave, mit ihren Wertesystemen, Normen und ihrem Ethos ist sie eine Kultur ohne wirkliche Feinde, sie liegt behaglich über den Subkulturen und über der Hauptkultur, die sich an der Superkultur EDM bedienen und sie lässt sich wiederum von ihr bedienen. Sie ist für die meisten Menschen, obwohl sie im Alltag verankert ist, keine alltägliche Kultur, wie es die Hauptkultur oder andere Subkulturen sein können. Das bedeutet, dass Ravekultur eher eine Freizeitkultur ist, die sich aber von gängigen Freizeitkulturen unterscheidet, denn sie ist eine internationale, transkulturelle, globale Kultur und das macht sie so allzugänglich und allgegenwärtig. Und sie kann dies sein, weil sie keine politische, soziale oder gesellschaftskritische Botschaft hat (es gibt Ausnahmen) und weil ihre Hauptfunktion, als ein Katalysator für die Frustration der Menschen, die sie im Alltag angesammelt haben, gesehen werden muss. Die Ravekultur anno 2012 gewährt den Menschen die Möglichkeit zur Flucht aus dem Alltag, aus festen Regeln und Mustern. Die EDM hat keine festen Reglen, Wertesysteme oder Muster, sie ist was du willst, alle können teilhaben, weil man kein Angehöriger einer bestimmten Subkultur, eines bestimmten Wertesystems, einer Nationalität oder Kultur sein muss, oder bestimmten Normen folgen muss. Sie ist eine Kultur, die das Individuum, Nationalität, politische Überzeugung, sexuelle Orientierung, Rasse, Raum, Zeit und die sozialen Schichten überspringt. Hier wird das Individuum zur Masse, aber gleichzeitig ist die Masse von den verschiedensten Individuen zersetzt, die manchmal nur eines teilen, den Rave. Dies klingt wie eine Utopie, wie die „Rave-o-lution“. Und ein Rave kann zur Utopie werden. Allerdings dauert diese Utopie nur so lange wie ein Rave dauert. Die Superkultur Rave ist nicht das gleiche wie ein Rave. Denn nicht alle genießen es, auf einem Rave zu sein. Der Rave ist die Metamorphose des Alltags in Form einer utopischen Party. Die Superkultur Rave hingegen ist die prinzipielle Annahme, dass die Ravekultur die oben erwähnten Kriterien erfüllt.
Die Frage ist natürlich, ob die Ravekultur sich nach dem Auf und Ab dieser Kultur, die in einer individuellen Masse dem DJ zugewandt gleichzeitig tanzt und hüpft, glitzert und lacht, ignoriert und aufmerksam ist, frei und doch von der Musik gefangen, die Kultur ist, die, als sie den Weg aus der Subkultur in die überexponierte Superlative des Mainstream, über den Rückgang in den Underground machte, auch zur Superkultur emporstieg?
Das Fazit ist, dass die Ravekultur nicht zu hundert Prozent als Superkultur angesehen werden kann. Sie erfüllt viele der Kriterien und ist die Kultur, die am dichtesten an den Status herankommt. Allerdings gibt es kulturelle Elemente, die stark mit der Ravekultur verbunden sind, die immer noch bekämpft werden, so zum Beispiel die immer noch weitverbreitete Einnahme von Drogen wie Ecstasy. Ein anderes Elemente, das mit vor allem hauptkulturellen Zügen nicht vereinbar ist, ist die weitverbreitete illegale Distribution und das nicht genehmigte Remixen von EDM-Tracks, was Urheberrechte verletzt.
Lässt man diese Fakten außer Acht, ist die Ravekultur mit ihren übrigen Elementen, die definiert, analysiert und diskutiert wurden, nahe dem Superkultur-Status. Unter allen Umständen ist die Ravekultur eine Superkultur im Bezug auf die zeitgemäße Musik- Produktion und -Rezeption.
Demzufolge sehen andere Musikgenres zumeist nicht den EDM als rivalisierendes Genre, sondern benützten deren Elemente, um ihre eigene Musik zu produzieren. Die EDM wird somit zur hybriden Einflussquelle für die anderen Genres, sie liegt wie eine weiche Regenwolke über der zeitgemäßen Musik und lässt es nieseln.
10. Dänisches Resümee
Titel: „Die Elektronische Invasion. Rave – aus der Subkultur in die Superkultur“ Forfatter: Benjamin Franz Jochum Uddanelsesinstitution: Københavns Universitet, 2012.
Mit speciale med titlen - „Die elektronische Invasion. Rave – aus der Subkultur in die Superkultur“ - handler om rave-kulturens udvikling i primært Tyskland. En rave er en samling mennesker på en bestemt location, der danser, lytter og fester til elektronisk produceret musik. I forlængelse heraf, er problematikken i opgaven antagelsen, at rave-kulturen har gennemgået en unik proces, fra at være en subkultur i 1980erne, over en overbelysning i 90ernes mainstreamkultur til degressionen i starten af 00erne, for så i dagens vestlige samfund at blive til det undertegnede beskriver som en superkultur.
Metoden som specialet er bygget op på er et samspil mellem analyser af sekundærliterære teori- og kulturkilder, diskussioner og analyser af historiske, såvel som samtidige avisartikler og autoetnografiske afhandlinger. Gennem mange års deltagelse og iagttagelse af rave-kulturen i såvel Tyskland, Danmark som i andre lande har jeg tilegnet mig etnografisk viden om rave-kulturen. Dette skildres ikke eksplicit, men bruges, sammen med det historiske overblik over rave-kulturen og teoriafsnittet, som fundament til at danne mit koncept om superkulturen rave.
I specialet behandles tre hovedemner. Som udgangspunkt diskuteres, analyseres og redegøres der for forskellige teorier om begrebet subkultur, såvel som modkultur og det, der kan betegnes som hovedkultur. Teoriafsnittet omhandler tilgangen til subkulturteori og forskellige kulturvidenskabelige processer, der i andet hovedafsnit bruges til at analysere og vurdere rave-kulturens tre ovennævnte hovedfaser.
Det sidste afsnit beskæftiger sig med konceptdannelsen af en superkultur. En superkultur skal forstås som en kultur, der er genreovergribende, alstedsværende, har den bredeste appeal, er global samtidig med at være lokal, den skal være forankret i undergrunden, såvel som repræsenteret i mainstreamkulturen, den skal være forankret i et givent samfund (i mit tilfælde det tyske) og vigtigst af alt være uden kulturelle fjender. Dvs. at en superkultur skal befinde sig over det kulturelle spektrum, hvilket er muliggjort af at en superkultur er uden betydningsfulde modstandere.
Definitionen af superkulturen rave på baggrund af konceptet, og den derpå baserede analyse af rave-kulturens elementer som superkultur, har afgivet en konklusion, der definerer nutidens rave-kulturen med alle dets elementer, som den kultur i dagens samfund, der kommer tættest på statussen superkultur. Det har fx vist sig, at ravekulturen er global samt lokal, repræsenteret i undergrunden såvel som i mainstreamkulturen og den er genreovergribende samtidig med at være fjendeløs i dagens musikkultur. Det må dog siges, at der er visse kulturelle elementer, som er stærkt forankret i rave-kulturen, der gør at den stadig har magtfulde fjender uden for musikkulturen. Dette er bl.a. den vidt udbredte indtagelse af narkotika, som fx ecstasy eller det vidt omspændende pirateri af rave-musik. Foruden visse delelementer ligger superkulturen rave sig dog behageligt svævende over det kulturelle spektrum, og har derfra sine indflydelser på dagens kultur og musik.
11. Literaturverzeichnis
Sekundärliteratur
- Adorno, Theodor W. und Horkheimer, Max, ”Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente”, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1969.
- Anderson, Tammy L., ”rave culture. The Alteration and Decline of a Philadelphia Music Scene”, Temple University Press, Philadelphia 2009.
- Bonz, Jochen, ”Subjekte des Tracks. Ethnografie einer postmodernen / anderen Subkultur”, Kulturverlag Kadmos, Berlin 2008.
- Klein, Gabriele, ”Electronic Vibration, Popkultur Theorie”, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004.
- Foucault, Michel, ”Die Heterotopien. Der utopische Körper – zwei Radiovorträge”, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005.
- Meyer, Erik, ”Die Techno-Szene. Ein jugendkulturelles Phänomen aus sozialwissenschaftlicher Perspektive”, Leske + Budrich, Opladen, 2000.
- St. John, Graham, ”Rave Culture and Religion”, Routledge Advances in Sociology, New York 2004.
- Schwendter, Rolf, ”Theorie der Subkultur”, Verlag Kiepenhauer & Witsch, Köln 1973.
- Schwanhäußer, Anja, ”Kosmonauten des Underground. Ethnografie einer Berliner Szene”, Campus Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2010.
- Thornton, Sarah, ”club cultures. Music, Media and Subcultural Capital”, Blackwell Publishers Ltd, Oxford 1995.
Primärquellen
- Tagesspiegel, 20.07.2001, „Lasst die Popos sprechen“.
- Tagesspiegel, 06. 11. 2007, „Bassdrum mit Seitenscheitel“, Seite 23.
- Tagesspiegel, 03. 03. 2009, „Der ewige Morgen“.
- Raveline Nr. 214, 11. 01. 2011, „Festivalism“.
- Tageszeitung Berlin, „Die Fucker sind übrig geblieben“, 23. 08. 2010. Seite 21.
- http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/berlin-summer-rave-techno-festival-in-tempelhof/4129460.html. „Techno Festival im Tempelhof“,
- Junge Welt, „Seid ihr alle gut drauf?“ 28. 07. 2010, Nr. 172.
- Die Tageszeitung. 21.06.2005, „Der Wahnsinn! Der Wahnsinn!“, S. 15.
- Tagesspiegel, „Der Techno-Akademiker“, 25. 02. 2010, Seite 11..
- http://bermuda-berlin.de/fly-bermuda_en.html.
- Politiken Online, „Briternes Blachmann laver amerikansk talentshow for dj’s“, 26.01.2012.
- Süddeutsche Zeitung, „Hyper, Alter“, 30. April, 1. und 2. Mai – 2010. Seite 3.
- Szene Hamburg, Sep. 2008, „Die Party des Monats, Techno Total“, S. 91.
- zitty 20-2008, 25. Sep. – 8. Okt., „Gute Musiker sind meist auch gute Schauspieler“, S. 58.
- Welt am Sonntag, Nr. 20, „Ein Lob dem Bum-bum“, 20.05.2010, S.67.
Weblinks:
- http://www.jugendkulturen.de/
- http://www.freitag.de/2003/38/03381702.php
- http://www.postkiwi.com/2005/karl-mannheim-on-generational-cohorts/.
- http://www.berlinloveparade.com/
- http://de.wikipedia.org/wiki/Love_Parade#cite_note-34).
- . http://www.mayday.de/events/mayday/
- http://www.laut.de/Love-Parade/Techno-Event-endgueltig-abgesagt/17-05-2004.
- http://www.jura-lotse.de/newsletter/nl12-002.shtml.
- http://mitteldeutschland.partysan.net/clublife/westbam-beatboxrocker-prophet-der-raving-society/)
- http://www.leksikon.org/art.php?n=83.
- http://www.electronicmusicstyles.com/
- http://en.wikipedia.org/wiki/Trance_Music
- http://en.wikipedia.org/wiki/Psytrance
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- http://de-bug.de/
- http://www.streetfestival.at/Streetfestival_2011/INFO.html
- http://www.streetparade.com/
- http://www.digitalmusicnews.com/permalink/2011/111228morrison
- http://www.youtube.com/watch?v=iS3dIyHpAgc
[...]
[1] http://www.jugendkulturen.de/
[2] Hierunter gibt es eine Unmengen an Subgenres und Sub-Subgenres. Einen Überblick bietet bspw.: http://www.electronicmusicstyles.com/ an.
[3] Meyer 2000, 48.
[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Trance_Music
[5] http://en.wikipedia.org/wiki/Psytrance
[6] Meyer 2000, 50.
[7] http://en.wikipedia.org/wiki/Electro_house#2000s
[8] http://en.wikipedia.org/wiki/Drum_and_bass
[9] http://en.wikipedia.org/wiki/Dubstep#cite_note-0
[10] Klassenkampftheoretische Propaganda ist die sozialistische/ marxistische Propaganda der 60er und 70er. Vorwiegend jugendliche Gruppierungen, die links von der Mitte des politischen Spektrums sind, werden als Subkulturen bezeichnet. Hippies, Beats, Studentenbewegungen etc.
[11] Hauptkultur ist für Schwendter die herrschende Majorität oder das Establishment, d.h. das Bürgertum und Großbürgertum. Terminologien wie Hauptkultur und Gegenkultur sind typisch für die aufrührerischen 60er und 70er. Im Kontext des Ideologiekampfes dieser Zeit lies sich Schwendter von dem Geist der Zeit beeinflussen und tendiert deswegen zu generalisierenden Definitionen die heutzutage aus dem Kontext gerissen sind. Z.B. scheint eine Definition einer Hauptkultur in der heutigen Gesellschaft zu generalisierend. Wegen multikultureller Einflüsse, differenzierteren Ansichten über Bürgertum und die „herrschende Majorität“, ist es fast unmöglich eine Hauptkultur in einer Gesellschaft wie der Deutschen auszumachen. Heutzutage könnte man Hauptkultur mit Mainstream gleichsetzen. Dies beseitigt auch die Politisierung des Begriffs. Der Begriff wird hier weiter benützt und soll alles was Mainstream ist beschreiben, also bürgerliche Werte- und Normvorstellungen. Hinzu kommt, dass der Begriff Mainstream und Hauptkultur oft von den Subkulturen definiert wird und für ihre Identität wichtig ist, nicht umgekehrt.aus dedg iegend unter JUgendlicht mehr deutlich sind. z. viele et. Hippies, BEats a der 60er und 70. Vorwiegend unter JUgendlich
[12] Die Mittelklasse ist die Bevölkerungsschicht, die sich in den 60ern und 70ern aus dem Proletariat heraus durch verbesserte Lebensumstände entwickelt. Sie wird somit zur größten Bevölkerungsschicht in den meisten post-industrialisierten westlichen Ländern.
[13] Vgl. http://www.leksikon.org/art.php?n=83. Gelesen 23.1.12.
[14] http://www.freitag.de/2003/38/03381702.php. Gelesen 6.1.12
[15] http://www.jura-lotse.de/newsletter/nl12-002.shtml. Gelesen 6.1.12
[16] Der Konformitätsdruck, über den Schwendter berichtet, muss wiederum im Kontext der 60er und 70er Jahre stehen. Es gibt noch immer einen Konformitätsdruck gegen gewisse subkulturelle Elemente (z.B. Kriminelle), jedoch sind Subkulturen sowohl akzeptiert als auch erwünscht, um ein attraktives Kulturbild, was z.B. Tourismus fördert, zu pflegen. Viele von Schwendters Annahmen sind deutlich von seiner Gegenwart und von ideologischen Elementen geprägt.
[17] Dies ist bei musikalischen Subkulturen oft der Fall. Das Phänomen ist bei der auf technologischen Fortschritt basierenden Ravekultur von Anfang an ausgeprägt, wie es in der „Begriffserklärung“ zu sehen ist.
[18] Dass muss nicht bedeuten, dass die gegebene Subkultur somit untergeht oder völlig verschwindet. Der Ansporn zum Ansammeln von subkulturellem Kapital (vgl. Thornton 1995, S. 98ff) ist immer groß unter den Jugendlichen, und kann öfters in mehrere verschiedene Phasen unterteilt werden. Diese Phasen sind in der postmodernen Gesellschaft genau so individuell, wie die Dauer einer solchen Phase es ist.
[19] Der Begriff Generation wird in der Wissenschaft oft in einem Intervall von 30 Jahren gesehen. Jedoch gibt es, nach dem Soziologen Karl Mannheim, auch z.B. Generationserlebnisse (vgl.http://www.postkiwi.com/2005/karl-mannheim-on-generational-cohorts/. Gelesen 24.1.12.), also prägende Ereignisse in der Kindheit und Jugend, die einen Einfluss auf ganze Geburtsjahrgänge haben. z.B. die 68er Generation (geb. um 1940 – 1950) und nach den Studentenbewegungen benannt), die Baby Boomer (in Deutschland 1955 –’65), nach den ersten besseren Zeiten nach dem 2WK benannt oder die Generation X (geb. In 1960ern und ’70ern), nach den Jugendlichen die mit einer ständig schnelleren technischen Entwicklung aufwuchsen benannt.
[20] Friede stand für Abrüstung, Freude für bessere Völkerverständigung und Eierkuchen für gerechte Verteilung der Nahrungsmittel, obwohl dieses Motto eher wegen einer Genehmigung zur Durchführung als Demonstration verwendet wurde (Meyer 2000, s.114)
[21] Die schwarz/weiß Auffassung und Unterscheidung von progressiv und regressiv ist in unserer Zeit nicht länger aktuell, und Schwendter generalisiert tendiert unter diesem Aspekt auch zu sehr zur sozialistischen Sicht der Gesellschaft. Eine Subkultur hat oft sowohl regressive als auch progressive Elemente. So sind z.B. nicht alle Hippies aktive Gesellschafts-Veränderer. Manche kifften einfach nur, und bezeichnen sich deshalb als Hippies. Nicht alle Punks sind auch Anarchisten, auch wenn sie dies behaupten und nicht alle Raver wollten die Welt ”besser feiern“, manche wollten einfach feiern und haben eher eine „ist mir egal“ Haltung zu gesellschaftlichen Themen als eine progressive.
[22] Schlagwort dieser Zeit ist der Begriff der „Raving Society“. Westbam (Pionier der deutschen Technoszene: http://westbam.com/bio.php) definiert sie heute wertfrei so, dass die Musik Techno und die Raves der 90er nicht nur die Gesellschaft beeinflusst haben, sondern dass auch das gesteigerte Interesse der normalen Gesellschaft an Techno das Denken der Macher und Musikschaffenden nachhaltig verändert haben.”(http://mitteldeutschland.partysan.net/clublife/westbam-beatboxrocker-prophet-der-raving-society/ gelesen 24.1.12.) So auf jeden Fall wird es von den AkteurInnen selber beschrieben! Fakt ist, dass Techno in den 90ern das größte Popphänomen war, und natürlich in gewissen Formen die Gesellschaft verändert hat und wenn nicht auf andere Weise, dann auf die in der man Jugend-Marketing und Eventmanagement betreibt (siehe Kapitel 6.4 „Die Superlative“).
[23] Es wird hier wieder deutlich, dass Schwendter sehr von seiner Zeit geprägt wurde und Subkultur in der Ideologie der Dialektik der 60 und 70er Jahre diskutiert. Und obwohl es ein ausgeprägtes Kennzeichen der meisten Subkulturen war und ist, dass sie eine Form von Gegenpol zur bürgerlichen Welt oder zum Mainstream sind, hat Schwendter, zeitgemäß, die Tendenz, den Begriff Subkultur über zu politisieren. Auch wenn er versucht den Begriff von politischen Konnexionen zu befreien. Dies gelingt ihm allerdings nur zum Teil.
[24] Die Location ist neben der Musik das wichtigste bei Raves. Sie kann alles vom Waldstück über Fabrikhallen bis hin zu Clubs sein.
[25] Die Anzahl der Raver wird in Deutschland auf 3,5 Millionen Jugendliche geschätzt (Klein 2004, s. 133).
[26] Ist eine Sammelbezeichnung für: Bondage & Discipline, Sadism & Masochism.
[27] Man denke nur an die Unzahl von Sub-Genres die alleine der EDM abgeworfen hat und abwirft, die sich erst im Underground als subkulturelle Strömungen des EDM verbreiten.
[28] Des weiteren wird der Begriff Hauptkultur als Bezeichnung für das, was die erwähnte Mainstream-Kultur beinhaltet, gelten und gegen die sich die Subkultur ausdifferenziert.
[29] Wie erwähnt ist dieses Model veraltet. Denn sowohl Subkultur wie auch Hauptkultur sind hybride Begriffe. Die Ravekultur verinnerlichte die ökonomische Basis anstatt sie zu bekämpfen.
[30] Man könnte hier bspw. Lieder wie „Barbie Girl“ von „Aqua“, Cotton Eye Joe“ von „Rednex“ oder „Anton aus Tirol “ von den „DJ Ötzi“ nennen. Diese sind nur einige Beispiele für die Unzahl an Techno Pop Nummern die ganz oben in den deutschen Charts der 90ern standen (Vgl. http://www.chartsservice.de/historyd1.htm, gelesen 6.2.2012).
[31] Sarah Thornton definiert das „hip“ als den Unterschied zwischen den „Coolen“ – die subkulturell Kapital starken – und dem Mainstream. Es handelt sich hier also um einen Kampf zwischen „Cool-Sein“ oder einfach dem Strom zu folgen (Thornton 1995, S. 5).
[32] z.B. entzog man der Love Parade die Bezeichnung als Demonstration, und so musste man selber für die millionenschwere Aufräumarbeit sorgen. http://www.jura-lotse.de/newsletter/nl12-002.shtml. Gelesen 25.1.12. Natürlich ist dieser Beschluss im Angesicht der Kosten für die Stadt Berlin zu sehen, trotzdem war sie ein harter Schlag für die Ravekultur in Deutschland.
[33] Siehe Theorie Abschnitt Seite 12.
[34] Diese zwei Richtungen werden auch als aggressive Popmusik bezeichnet und sind mit ihren repetitiven Sequenzsamples, klaren Rufen und tanzbetonten Rhythmen, als Vorläufer für Trance und dem viel später entstandenen deutschen Minimal Techno zu sehen.
[35] Zusammen mit Michael Münzing und Luca Anzilotti machte er 1987 den Hit ”Electrica Salsa”, der in ganz Europa bekannt wurde (Meyer 2000, 55).
[36] http://www.laut.de/Love-Parade/Techno-Event-endgueltig-abgesagt/17-05-2004. Gelesen 2.1.2012.
[37] Vgl. Thornton 1995, Seite 15 und 16.
[38] Mayday ist von dem Technolabel ”Low Spirit” und dem Szene Fanzine ”Frontpage” erstmals 1991 organisiert worden, wo sich erstmals 5700 Raver zu einem kommerziellen Rave in Berlin trafen. Die ”Mayday” nennt sich selber ”Mutter aller Raves” (http://www.mayday.de/events/mayday/).
[39] Vgl. http://www.mayday.de/events/mayday/. Der Mayday brandet sich selbst als Movement!
[40] Bekannt für Reality Soaps, wie BigBrother, Popstars usw.
[41] Tagesspiegel, 20.07.2001, „Lasst die Popos sprechen“.
[42] Es herrscht Bewusstsein, dass sich im Underground immer noch eine subkulturelle Raveszene befindet, die z.B. den oppositionellen Event zur ”Love Parade”, ”Fuck Parade” in Berlin kennzeichnet. Bspw. Gründete der Technopionier aus Detroit Richie Hawtin schon 1998 das Label „Minus“, das neben dem kommerziellen Techno Tracks, nur Minimal Techno vermarktet. Minimal-Techno wurde ab ungefähr 2005 zu einem der Sub-Genres der Ravekultur, der die EDM wiederbelebte (Tagesspiegel, 06. 11. 2007, „Bassdrum mit Seitenscheitel“, Seite 23.)
[43] Ist ein Begriff des Marketing. Eines der stärksten Kommunikationswege, bei z.B. Branding von Marken, ist angesehene Personen dazu zu bringen über ein gegebenes Produkt zu reden. In der Ravekultur wird die „Word of Mouth“ Kommunikation gleich benützt. Eine Party vermarktet sich so selber in der Szene, wenn Insider über sie reden.
[44] http://www.groove.de/, http://www.raveline.de/, http://www.techno.de/frontpage/, http://de-bug.de/.
[45] Schon hier war die Synergie zwischen Industrie (Camel Tabacco) und Szene deutlich.
[46] Wie: Sony, Philip Morris, Universal etc.
[47] http://www.berlinloveparade.com/ gelesen 26.1.12. Hiernach verringerte sich die Anzahl der Teilnehmer Jährlich (http://de.wikipedia.org/wiki/Love_Parade#cite_note-34). Die Zahlen, die auf wikipedia.de liegen, haben natürlich ihre Fragwürdigkeit. Aber mehrere Medien stellen nach der ultimativen Rave-Tragödie bei der Love Parade in Duisburg 2010, wo 21 Menschen ums Leben kamen, fest, dass die Besucherzahlen mehrmals von den Veranstaltern gefälscht waren. Somit bleibt alleine die Love Parade 1999 als die am meisten besuchte (Vgl. Google Eingabe, von „Love Parade Besucherzahl manipuliert“).
[48] Der Gegensatz von Underground. i.e. Overground ist alles, was in der Öffentlichkeit nach einer Mediatisierung repräsentiert ist.
[49] 1. Eine Zunahme der medienvermittelten Erfahrung;
2. eine Zunahme des Stellenwerts elektronischer Medien für die Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen.
3. eine wachsende Verschmelzung von Medienwirklichkeit und sozialer Wirklichkeit;
4. eine zunehmende Durchdringung des Alltags durch Medien- und Werbesymbolik.” (Meyer 2000, S. 32. Zufolge Jäckel 1997, S. 10)
[50] Stärke, weil es den TeilnehmerInnen dazu verleiten kann sich in dem bekannten Schema der EDM los zu lassen, und Schwäche, weil dieses bekannte Schema auf die Dauer monoton und langweilig wirken kann.
[51] Im Älter-Werden, sahen sich viele AkteureInnen der Ravekultur neuen eher bürgerlichen Herausforderungen ausgesetzt, wie Arbeit, Familie, Ausbildung etc.
[52] Eine Mischung aus hartem aggressiven Rock und Hip-Hop.
[53] Eine Rock Richtung die sich in den 90er im Underground befand (in der Garage der Eltern). Garage-Rock hat einen unpolierten, schmutzigen 60er Jahre Rock’n’Roll-Sound, mit den passenden Attitüden und einer eigenen Mode.
[54] Das Motto von youtube.com
[55] http://www.scribd.com/doc/35141181/Love-Parade-2000. Gelesen 15.1.12.
[56] Wie schon in den Fußnoten im Kapitel ”Die Superlative” erwähnt, waren es genau solche Lieder die die Charts toppten.
[57] http://www.eminem.com/media/default.aspx?meid=352. Min. 3:14 im Video. Gelesen am 14.1.12.
[58] Es muss hier bemerkt werden, dass einige Techno-Hits und Techno-Veranstaltungen immer wieder im Mainstream auftauchten und z.B. die Love Parade und die Party Insel Ibiza immer noch gut besucht waren. Fakt bleibt jedoch, dass die Ravekultur einen großen Knick in ihrer Popularität erlebte. Und die authentischen Raves, die Ende der 80er Anfang der 90er in Warehouses und Fabriken stattfanden, in ihrer Anzahl zurück gingen (Vgl. Anderson 2009 Kapitel 4).
[59] Vgl. Anja Schwanhäußer, „Kosmonauten des Underground – Ethnografie einer Berliner Szene“. worin die Underground Ravekultur in den 00’ern als bestens bestehend beschrieben wird.
[60] Die z.B. überall an großen Raves in den 90ern fast die Musik übertönten.
[61] Mit der Intelligent Dance Music erreichte man nun auch die Menschen, die Techno für Musik für die breite unausgebildete Masse hielten.
[62] Bands wie Nirvana, Pearl Jam und Soundgarden.
[63] Bands wie Blur, Pulp und Oasis.
[64] Mit ”neuer” Underground ist der Underground zu bezeichnen, der sich sowohl von der anfänglichen Subkultur Rave in den späten 80ern und dem Mainstream Techno der 90er unterscheidet.
[65] Eine Website nur an vergangenen Locations gewidmet schildert dieses determinierte Verhältnis des Undergrounds zur Vergänglichkeit des Raums. Auf der Seite http://diskokugel.de/ befinden sich eine Unzahl an alten Locations.
[66] Vortrag 1966 – Radiobeitrag vom 7.12.1966 in dem Radiosender France-Culture.
[67] Zwar geht es in Foucaults Heterotopie nicht um Rave bezogene Partyorte, allerdings sind Parallelen im Konzept des mythischen Raumes zu der Underground-Ravekultur zu sehen.
[68] http://berghain.de/
[69] Tobias Rapp nennt dies einen ”Historischen Unfall”, der Berlin ziemlich offen gegenüber anderen ”Lebensentwürfen und hedonistischem Wahnsinn” gemacht hat (Tagesspiegel, 03. 03. 2009, „Der ewige Morgen“.). Für Anja Schwanhäußer liegt einer der Gründe des Berliner Underground Lebens darin, dass Berlin nach dem Mauerfall eine Unzahl an Hausbesetzern mit sich führte. Diese früheren Hausbesetzer sind jetzt die Underground Kultur-Schaffer. Bevor dies geschah galt jedoch: „Die Befreiung aus den dogmatischen Zwängen der Hausbesetzerbewegung habe erst den >>Spaß<< frei gesetzt, der heute genossen werden kann.“ (Schwanhäußer 2010, S. 66).
[70] http://bermuda-berlin.de/fly-bermuda_en.html. Gelesen 1.2.12
[71] Bspw. organisiert die Gruppe ”Rave Tut Gut”, mit ungefähr 950 Freunden, regelmäßige Underground Partys, sowohl in legalen als auch in illegalen Locations, wo auch nicht InsiderInnen teilnehmen können (https://www.facebook.com/profile.php?id=100001772867818). Gelesen 1.2.12.
[72] Minimal wurde 2008, mit Superstar DJ und Produzent Paul Kalkbrenner, weltweit zum neuen Hype. Der Film ”Berlin Calling”, worin Kalkbrenner eine karikierte Version von sich selbst und seinem Leben spielt, und zu dem er den Soundtrack machte, läuft mittlerweile schon 175 Wochen in Berliner Kinos (http://www.kino-central.de/. Gelesen 3.2.12). Die Schnelligkeit des Bedürfnisses der Veränderung der Ravekultur spiegelt sich in der Facebook Gruppe „Rave it or Hate it“ wieder, die sich selbst wie folgt beschreibt: „ Diese Gruppe ist für die BERLINer RAVE CROWD und für Leute die Abends verzweifelt nach Veranstaltungen in Berlin suchen, wo kein Minimal oder ähnliches läuft.“ (https://www.facebook.com/groups/205446376148386/. (Gelesen 3.2.12) . Hier kommt ein Widerwille gegen den noch sehr jungen Berliner Minimal Techno zum Vorschein, was wiederum nach Erneuerung der Szene schreit.
[73] http://www.sensation.com/
[74] Eine Anspielung auf die vielen Billigfluglinien die Kurs auf Berlin genommen haben, bspw. Das Unternehmen EasyJet.
[75] Selbstverständlich haben andere Musikgenres die gleichen Möglichkeiten sich über lokale Szenen und Strömungen global auszutauschen
[76] Bei einem Remix benützt man bspw. Originalspuren eines Lieds und verändert die Tonart oder verändert das Instrument. Dies ist mit der Digitalisierung des Musikproduzierens und mit dem Filesharing um vieles erleichtert worden.
[77] Hier sind sowohl legale Onlinedienste, die das Downloaden von Musik möglich machen, wie beatport.com oder Itunes, als auch illegale Filesharingdienste wie Torrents gemeint.
[78] Hardcore-Techno mit ca. 150 – 190 BpM.
[79] Es muss bemerkt werden, dass es Sub-Sub Genre des EDM gibt, die sehr wohl Stellung nehmen. Und auch ihre Gegner haben. Aber es ist zum Ausdruck in den studierten Büchern und Zeitungsartikeln gekommen, dass die gespielte Musik bei Events mit gegenkulturellem Flair keinen eigenen gegenkulturellen Ausdruck in ihr hat.
[80] http://cphdistortion.dk/
[81] http://stromcph.dk/
[82] http://www.streetfestival.at/Streetfestival_2011/INFO.html
[83] http://www.streetparade.com/
[84] http://www.jugendkirchen.org/content/view/251/26/. Gelesen 5.1.12
[85] Sowohl Fly Bermuda (www.flybermuda.de) als auch der Berlin Summer Rave (http://www.berlin-summer-rave.de/)
[86] http://www.tagesspiegel.de/berlin/stadtleben/berlin-summer-rave-techno-festival-in-tempelhof/4129460.html. „Techno Festival im Tempelhof“,
[87] 21 Menschen starben bei der Love Parade 2010 in Duisburg.
[88] Es herrscht Klarheit darüber, dass es Alternativen zur Leistungsgesellschaft gibt.
[89] Siehe Begriffserklärung.
[90] http://www.imdb.com/title/tt1619014/
[91] http://www.gaffashop.dk/shop/justice-a-cross-45031p.html. Gelesen 3.2.2012.
[92] Ein Liveset ist wenn ein DJ live auf der Bühne seine Songs aussucht, und somit ein Gespür für das Publikum und wozu sie am meisten „abgehen“ haben muss. Die meisten DJs haben mittlerweile Livesets. Wenn ein DJ aber als live spielend bspw. am Plakat annonciert wird (Tagesspiegel, „Der Techno-Akademiker“, 25. 02. 2010, Seite 11.) http://bermuda-berlin.de/fly-bermuda_en.html) bedeutet dies zudem, dass der DJ einzelne Elemente, wie Beats, Melodien, Samples usw. live auf der Bühne mixt. So sucht er nicht nur die einzelnen Tracks live aus, sondern er kreiert auf der Bühne live die Songs aus vorgegebenen Elementen.
[93] Szene Hamburg, Sep. 2008, „Die Party des Monats, Techno Total“, S. 91
[94] zitty 20-2008, 25. Sep. – 8. Okt., „Gute Musiker sind meist auch gute Schauspieler“, S. 58.
[95] Michael Wendler mit dem Hit ”Sie liebt den DJ” (Welt am Sonntag, Nr. 20, „Ein Lob dem Bum-bum“, 20.05.2010, S.67.)
[96] Welt am Sonntag, Nr. 20, „Ein Lob dem Bum-bum“, 20.05.2010, S.67.
[97] Im Lied ”Hold it Against me” kommt in der Mitte des Lieds eine Dubstep Sequenz vor. Manche sahen das als Untergang des Underground EDM, aber wie im Artikel erklärt wird und in der Aufgabenstellung zentral ist, erneuert sich die EDM ständig. (Vgl. http://www.mtv.com/news/articles/1655718/britney-spears-hold-it-against-me-gonna-inspire-people-skrillex.jhtml)
[98] Siehe Beispiel mit ”Justice”.
[99] http://www.digitalmusicnews.com/permalink/2011/111228morrison. Gelesen 08.02.12. Siehe auch das Interview auf: http://www.youtube.com/watch?v=iS3dIyHpAgc.
[100] Beispiele: Künstler wie Justice werden als der neue Rock ‚n’ Roll bezeichnet, im Hip-Hop sind Technobeats allgegenwärtig, der „Indie-Genre“ benützen sowohl Technobeats als auch klassische Sounds (LCD Soundsystem und Trentemøller), die Punks tanzen Disco-Pogo, der Rock ist mit Elektro-Elementen gefüllt (bspw. The Killers und Yeah Yeah Yeahs) und die Hauptkultur kritisiert und bekämpft die EDM nicht wirklich (außer Unfälle wie bei der Love Parade 2010 und Drogen, aber das wird nicht länger auf die Musik bezogen, sondern auf die Veranstaltung und Organisation an sich), sondern die EDM wird sowohl aus kulturellen wie finanziellen Gründen von der Hauptkultur unterstützt.
- Citation du texte
- Benjamin Jochum (Auteur), 2012, Rave. Die Superkultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/278064
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