Befasst man sich mit der Heiligen Schrift der Christen, insbesondere der des Alten Testaments, so kann schnell der Eindruck entstehen, das Frauen den Männern gegenüber benachteiligt werden, dass soll heißen, dass Männer über den Frauen stehen. Dieser Gedanke spiegelt sich in der Geschichte der Christen wieder, in der Frauen, auch immer noch, um eine gleichwertige Stellung in der Gesellschaft, sei es im Beruf oder aber auch in der familiären Hierarchie, kämpfen müssen. Insbesondere im Mittelalter Europas wird der scheinbare Zusammenhang zwischen der „Nicht-Gleichberechtigung“ der beiden Gattungen und der Bibel deutlich, da hier die Männer mit dieser argumentiert haben.
So stellt sich heute aber die Fragen, und nicht nur in den feministischen Reihen, ob man behaupten kann, dass die Bibel tatsächlich ein patriarchales Buch sei und inwiefern die Argumentation der damaligen Kirchenväter, mit dem heutigen Wissen tragbar ist.
Um sich dieser Fragestellung anzunähern, werde Ich im folgenden Textverlauf den Schwerpunkt auf Phyllis Trible „Depatriachalizing in Biblical Interpretation“ setzen, insbesondere auf den zweiten Schöpfungsbericht des Alten Testaments. Vorab will ich kurz die Person Phyllis Trible und den historischen Hintergrund skizzieren.
Methoden und Probleme der kritischen Studie kulturellen Kanons: Bibelwissenschaft und Gender Studies
Ist die Bibel ein patriarchales Buch?
Befasst man sich mit der Heiligen Schrift der Christen, insbesondere der des Alten Testaments, so kann schnell der Eindruck entstehen, dass Frauen den Männern gegenüber benachteiligt werden, dass soll heißen, dass Männer über den Frauen stehen. Dieser Gedanke spiegelt sich in der Geschichte der Christen wieder, in der Frauen, auch immer noch, um eine gleichwertige Stellung in der Gesellschaft, sei es im Beruf oder aber auch in der familiären Hierarchie, kämpfen müssen. Insbesondere im Mittelalter Europas wird der scheinbare Zusammenhang zwischen der „Nicht-Gleichberechtigung“ der beiden Gattungen und der Bibel deutlich, da hier die Männer mit dieser argumentiert haben.
So stellt sich heute aber die Fragen, und nicht nur in den feministischen Reihen, ob man behaupten kann, dass die Bibel tats ä chlich ein patriarchales Buch sei und inwiefern die Argumentation der damaligen Kirchenväter, mit dem heutigen Wissen tragbar ist.
Um sich dieser Fragestellung anzunähern, werde Ich im folgenden Textverlauf den Schwerpunkt auf Phyllis Trible „Depatriachalizing in Biblical Interpretation“ setzen, insbesondere auf den zweiten Schöpfungsbericht des Alten Testaments. Vorab will ich kurz die Person Phyllis Trible und den historischen Hintergrund skizzieren.
Phyllis Trible wurde 1932 in Virginia geboren. Sie war eine der ersten Frauen, die die Möglichkeit eines Studiums ergriffen und macht in Folge dessen 1963 ihren Ph.D. mit dem Schwerpunkt Altes Testament und lehrt am Union Theological Seminary in New York als Professorin der Biblischen Theologie. Aufgrund ihrer feministischen Interpretationen der biblischen Texte, mit der Methode der literarischen und rhetorischen Bibelkritik, die sie auch heute noch prägt, gilt sie als Geschlechterbewusste Exegetin. Ihre beiden ersten Werke „ God and the Rhetoric of Sexuality (1978)“ und „Texts of Terror: Literary- Feminist Readings of Biblical Narratives (1984)“ prägen bis heute die feministische Bibelforschung.1
Ihre Motivation erklärt Phyllis Trible wie folgt: Using feminist hermeneutics, I have tried to recover old treasures and discover new ones in the household of faith. Though some of these treasures are small, they are nonetheless valuable in a tradition that is often compelled to live by the remnant. This understanding has guided my vision since events symbolized by 1963 muted the proclamation of the mighty acts of God in history. Thus I dare not despise the day of little things (see Zech. 4:10) 2 .
Trible arbeitet in ihren Texten und Forschungen mit den original Texten, d.h. mit der original Sprache, da Untersuchungen gezeigt haben, dass bereits in der Septuaginta weibliche Formen in männliche geändert wurden, sodass mit männlichen Augen gelesen wird3. Der Schrei nach weiblichen Augen in der Wissenschaft sowie auch der Theologie wurde immer lauter.
Nach dem zweiten Weltkrieg kommt es zu einer Hochphase der Neuen Frauenbewegung, des Feminismus. Es sollte hier jedoch erwähnt werden, dass man nicht von dem Feminismus reden kann, da es mehrere unabhängige Strömungen gibt, auch gibt es kein zentrales Gremium von dem alles ausgeht.4 Der Anfang, bzw. der Begriff „Feminismus“ ist vermutlich zur Zeit der Französischen Revolution zuzuordnen, im Prozess gegen Olympes de Gouges5
Den vielen verschiedenen Feminismen kann man, laut Notz, folgende Gemeinsamkeiten zuschreiben; zum einen ist es eine theoretisch- wissenschaftliche Bemühung der Frauenbewegung, die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts zu überwinden und darüber hinaus politisch-praktische Maßnahmen zur Verbesserung von Lebenschancen der betroffenen Personen zu finden.6 Es ist also eine Maßnahme zur Überwindung eines mehrstufigen patriarchalen Pyramidensystems. H. Jahnow erklärt in seinem Werk Feministische Hermeneutik und Erstes Testament (1994), dass das patriarchale System sich der heutigen Zeit in sofern angepasst hat, dass man die einzelnen Stufen mit „sex, race, class“ definieren kann.7 Das Patriarchat bedeutet dagegen im ursprünglichen Sinn „Väterherrschaft“ und findet in erster Linie Verwendung in familiären Strukturen; d.h. dass hier der Vater oder der älteste Mann in einer Sippe, Familie oder auch in einen Clan der Oberhaupt ist und alle anderen, auch andere Männer, ihm zu folgen haben.8 Dass sich solche „Väterherrschaften“ schnell zu frauenfeindlichen „Männerherrschaften“ entwickeln können, zeigt der folgender Abschnitt des Briefes vom Apostel Paulus an seinen Schüler Timotheus.
„ Einen Weib aber gestatte ich nicht, dass sie lehre, auch nicht, dass sie des Mannes Herr sei, sondern still sei. Denn Adam ist als erster gemacht, danach Eva. Und nicht Adam wurde verf ü hrt und ist der Versuchung erlegen! “ (1Tim 2, 12-15)
Liest man diesen Bibelvers, so ist man als Frau entmutigt oder aber sieht sich verleitet auf die Barrikaden zu gehen, so wie viele feministische Theologinnen, wie Elisabeth Moltmann-Wendel, Elisabeth Schüssler Fiorenza, Phyllis Trible und viele mehr. Wie bereits oben geschildert, werde ich eine, der für die feministische Theologie prägende Frau und ihre Erkenntnisse zu Genesis 2-3, vorstellen, Phyllis Trible.
Trible sieht es als hermeneutische Herausforderung an, die Bibel geschlechtsneutral zu übersetzen/interpretieren und damit zu beweisen, dass die Bibel nicht als patriarchales Buch gedacht wurde, sondern dazu gemacht wurde.
Dies beweist sie in dem sie grundlegende Dinge feststellt. JHWH (Gott, „Gott der Herr“) wird mit sowohl männlichen (Herrscher, Richter, Erlöser, Vater) als auch weiblichen (mütterliche Aspekte des Pflegens, Hosea 11, 1-11) Zügen charakterisiert.9 Sodass wir festhalten können, dass Gott nicht nur männlich oder weiblich ist, sondern sowohl männliche als auch weibliche Züge hat. Nicht umsonst stellt sich Gott Moses mit der Rede Ich bin der, der Ich bin und Ich bin der, der Ich sein werde (Ex 3,14) vor. Man kann die Größe Gott nicht in einen Schublade stecken, Gott ist mehr!
Als Beispiel für die „Depatriarchalisierung“ führt Trible die beiden Schöpfungsgeschichten im Buch Genesis ein, mit dem Augenmerk auf den scheinbar frauenfeindlichen Text in Genesis 2-3. Denn die oberflächliche Betrachtung des Textes, in der nicht original Sprache, zeigt auf, dass der Mann vor der Frau erschaffen wurde und die Frau lediglich ein Hilfswerkzeug zum Vergnügen des Mannes sei, welches aus dem Manne geschaffen wurde10.
Doch stimmt dies überhaupt?
Der wichtigste Unterschied scheint die Zeitversetzte Erschaffung von Frau und Mann zu sein. Im Verlauf ihrer Arbeit überzeugt Trible, dass sowohl im zweiten wie auch im ersten Schöpfungsbericht der Mensch, als Frau und Mann, gleichzeitig „gebaut“ wird. Denn es handle sich hier bei, um eine Ring Komposition, in der beide Geschöpfe Gottes parallel zu verstehen sind und diesbezüglich gleichwertig zu behandeln sind11. Die erste parallel liegt in der Schöpfung selber. Die patriarchale Leseart der Bibel unterschlägt oftmals, dass sowohl Mann wie auch Frau von Gott geschaffen wurden. Doch der Mann war nicht an der Erschaffung der Frau aktiv beteiligt, denn er wurde von Gott in ein tiefen Schlaf versetzt. Bei beiden Schöpfungsberichten ist allein Gott der aktive Schöpfer und Entscheider, wann was/wer geschaffen wird.12 Eine weitere Parallele ist, dass sowohl Mann als auch Frau aus bestimmten, markanten Materialien erschaffen werden. Die Frau mit Hilfe der Rippe des Mannes, der Mann durch den Atem Gottes. Beide Materialien sind zerbrechlich und einmalig13. Fälschlicherweise wird hier oft behauptet, dass die Frau, da sie aus dem Manne erschaffen wurde, diesem untergeordnet sei. Doch viel mehr verstehe Ich diesen sensiblen Akt, als ein Vorbote des Vertrauens und des „Eins-Sein“ in einer Beziehung. So verweist auch Trible auf dieses „Eins-Sein“ in dem sie den original Text in der Übersetzung beibehält:
This at last is bone of my bones
and flesh of my flesh
She shall be called 'ishshah (women) because she was taken out of 'ish (man) 14
[...]
1 http://library.columbia.edu/content/dam/libraryweb/libraries/burke/fa/awts/ldpd_5635427.pdf (14.06.2011)
2 http://library.columbia.edu/content/dam/libraryweb/libraries/burke/fa/awts/ldpd_5635427.pdf (14.06.2011)
3 Triblem Phyllis: Mein Gott, warum hast du mich vergessen! S.10
4 Notz, Gisela: Feminismus. S.8ff
5 Sie wissen es, Monsieur, Politik und Philosophie geh ö ren nicht zu den F ä chern, deren Bearbeitung den Frauen ansteht. Nun, ich habe mir M ü he gegeben, in dem einen wie dem anderen erfolgreich zu sein. (aus einem Brief de Gouges' an Poncet-Delpech vom 21. Mai 1789). Ist wohl die erste Frau die für Gleichberechtigung kämpft. Unter anderem verfasst sie 1791 die D é claration des droits de la femme et de la citoyenne als ergänzung zur D é claration des droits de l ´ homme et du citoyen. Am 03.11.1793 wurde
Olympe de Gouges guillotiniert. http://olympe-de-gouges.info/Lebenslauf-Olympe-de-Gouges.htm (29.10.2011)
6 Notz, Gisela: Feminismus. S.9
7 Jahnow, Hedwig: Feministische Hermeneutik und Erstes Testament. S.12
8 Der Selbige. S.11
9 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.33f
10 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.35
11 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.36
12 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.37
13 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.37
14 Trible, Phyllis: Depatriachalizing in Biblical Interpretation. S.37
- Citation du texte
- Ludmila Lang (Auteur), 2011, Ist die Bibel ein patriarchales Buch?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277668
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