Das Anliegen der Arbeit ist, zu zeigen, wie die einzelnen fokussierten Schwerpunkte im Bezug auf Konfliktentstehung, Konfliktaustragung und “Lösung“ der Auseinandersetzung zusammenwirken und welches Potential sie in diesen Richtungen bergen (...)
Inhaltsverzeichnis:
1. Einleitung
2. Definitionen
2.1 Organisation
2.2 Struktur, Hierarchie, Rolle
2.3 Konflikt
3. Schluss
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Wer seine Gedanken nicht aufs Eis zu legen versteht, soll sich nicht in die Hitze des Streits begeben.“[1]
Ich habe dieses Zitat ausgewählt, weil es in anschaulicher Art und Weise die vorherrschende Meinung über Konflikte verdeutlicht. Konflikte sind nach dieser Auffassung eine Entscheidung, die es – zwar nicht um ihrer Selbstwillen, wohl aber unter bestimmten Prämissen – zu vermeiden gilt und noch wichtiger, zu deren Vermeidung man gleichsam in der Lage ist. Die uns mit diesem Zitat beschäftigende Aussage ist also: Konflikte lassen sich vermeiden. Bevor wir uns nun mit einer kritischen Auseinandersetzung dieser Behauptung beschäftigen, seien noch einige einführende Worte zu dem (weiteren) Anliegen und Inhalt dieser Arbeit vorangeschickt.
Konflikte sind in jeder Handlungsebene menschlichen Zusammenlebens präsent. Es gibt sie unbestrittener Weise in Gesellschaften, Staaten, Familien, Nationen, der Nachbarschaft, dem indischen Kastensystem oder in dem Milieu oder der Klasse, der wir uns selber zugehörig fühlen, und eben in Organisationen.[2]
Dem gewählten (Unter-)Titel: „Struktur, Hierarchie, Rolle“ möchte ich vorab und schon an dieser Stelle seine vermeintliche Differenzierung in die einzelnen Themenbereiche nehmen. Auch wenn wir uns gleichsam im einzelnen mit den verschiedenen Gebieten zu befassen haben, stehen die genannten Erörterungsfelder – wie noch zu zeigen sein wird – keinesfalls für sich in einer von ihrer Umwelt abgeschirmten “Konfliktatmosphäre“ und bieten dadurch keine befriedigenden Erklärungen allein und separat von ihrem Bezugspunkt aus, sondern stellen vielmehr ein sich gegenseitig beeinflussendes, also interdependentes Handlungsfeld der Konfliktentstehung, -austragung- und “-lösung“ dar.[3] Besonderes Augenmerk dieser Arbeit soll darum in dem Zusammenwirken der beschriebenen “Handlungsfelder“ der Organisation, in einem konfliktzentrierten Bezug liegen.
Konflikte sind aber nicht nur überall da zu finden, wo Menschen zusammenwirken und ihre Handlungen aufeinander abstimmen müssen, sie sind auch überaus häufig und eben immer dort anzutreffen, wo Entscheidungen gefällt werden müssen. Es kann eben aus: „ [...] guten Gründen immer auch anders entschieden werden.“ (T. Bonacker S.11)[4]
Das Anliegen der Arbeit ist, zu zeigen, wie die einzelnen fokussierten Schwerpunkte im Bezug auf Konfliktentstehung, Konfliktaustragung und “Lösung“ der Auseinandersetzung zusammenwirken und welches Potential sie in diesen Richtungen bergen, welchem Bereich man dabei die größere Konfliktträchtigkeit zuschreiben muss und welcher Größe das entscheidendste Reservoir an Konfliktbearbeitung zufällt.
Die Arbeit wird sich dabei zwangsläufig mit entsprechenden Definitionen befassen müssen, um dann die Interdependenz und Wechselwirkung von Struktur, Hierarchie und Rolle im konfliktzentrierten Ansatz zu verdeutlichen. Im Schluss wird ein Resümee folgen, das Konflikte beurteilt. Zwei verschiedene und divergierende Aussagen sollen dazu idealtypischerweise in den Raum gestellt werden, deren Beurteilung unter Bezugnahme der vorherigen Aussagen eine Stellungnahme und eine Art Fazit darstellen sollen. Bei den beiden Ansätzen beziehe ich mich einerseits auf die den Konflikt positiv betrachtende Interpretation, welche in Konflikten im Allgemeinen eine Triebkraft für Fortschritt und Innovation sieht[5] und andererseits auf eine negative Sichtweise, welche Folgen wie Unruhe, Belastung, Stress, Verunsicherung, Anspannung und Unzufriedenheit des Individuums in den Mittelpunkt stellt und Konflikte damit als negativ für Organisations- als auch Gesellschaftsgeschehen annimmt.[6]
© Ralph Paschwitz
2. Definitionen
Den folgenden Abschnitten meiner Arbeit sei zugrunde gelegt, dass sie der Einordnung nach und zugunsten einer obligatorischen Struktur (ja, es gibt eine solche nicht nur in Organisationen) zwar Begriffsgrenzen ziehen und als solche auch mit gesonderten Schwerpunkten gefüllt sind, dass allerdings eine zu radikale Trennung der einzelnen Bereiche nicht im Sinne der Arbeitsziele verwirklicht wird. So soll vielmehr eine thematische Trennung der einzelnen Bereiche zwar gegeben, aber eine rein isolierte Betrachtung vermieden werden. Der übergreifende Charakter der einzelnen Abschnitte in eigentlich thematisch getrennte Unterpunkte ist darum keine pathologische Erscheinung einer nachlässig geführten Bearbeitung, sondern vielmehr eine gewollte und meines Erachtens nach nötige Darstellung miteinander verbundener Analyseeinheiten. Ich hoffe, so dem Anliegen dieser Seminararbeit besser gerecht zu werden. © Ralph Paschwitz
2.1 Organisation
Die Definition einer Organisation stellt sich insofern problematisch dar, als dass es mehrere, je nach Theorieansatz und Erkenntnisinteresse verschiedene, nebeneinanderstehende (schwerpunktmäßige) Vorstellungen zu Organisationen gibt. Der einen ist besonders viel daran gelegen, in einer Definition der Organisation das “Vertrauen“ und die “Gerechtigkeit“ bei den Regelungs- und Kontrollmechanismen zwischen den Individuen und der Organisation hervorzuheben[7], während sich eine andere z.B. verstärkt auf “Macht“ und “Unsicherheitsräume“ beruft: „Keine Situation in einer gegebenen Organisation stellt einen Akteur völlig unter Zwang. Er behält immer einen Freiheits- und Verhandlungsspielraum. Dank dieses Spielraums (der [...] insgesamt eine Ungewissheitsquelle ist) besitzt jeder Akteur Macht über andere Akteure. Diese Macht ist umso größer, je relevanter die von ihm kontrollierte Ungewissheitsquelle [...] ist [...].“[8] Die Autoren dieses Zitates unterscheiden dabei nicht kollektive oder korporative organisatorische Akteure,[9] sondern ihre Definition einer Organisation besteht in der Annahme, dass sich Organisationen immer, und egal um welche Art von Organisation es sich handelt, aus Mitgliedern zusammensetzen, die ihren Interessen- und Wertvorstellungen nach verschieden sind. Ähnlichkeiten sind durchaus denkbar, doch stellen auch in diesem Fall unterschiedliche Zielvorstellungen ein konstituierendes Merkmal einer jeden Organisation und damit eine Basis dar, welche nicht nur von Konflikten begleitet, sondern durch Konflikte geschaffen ist.[10]
Bevor wir uns mit diesem Thema etwas näher befassen, sollen grundlegende Aspekte jeder Organisation dargelegt werden. Gewisse Ziele relativ autonomer Akteure lassen sich ohne einen Zusammenschluss dieser nicht erreichen. Kollektives Handeln, welches daraus entsteht, muss organisiert werden, da es einige Probleme in sich birgt, die sich nicht zuletzt schon aus dem oben aufgeführten ableiten lassen. Eine Organisation wird damit nötig, um die: „[...]zur Erreichung gemeinsamer Ziele notwendige Zusammenarbeit trotz ihrer widersprüchlichen Interessenlagen und Zielvorstellungen zu ermöglichen und sicherzustellen.“[11] Die Parallele, die schon an dieser Stelle implizit zur Struktur gezogen wird, soll allerdings erst spätere Erläuterung finden.
Eine “Organisation“ versteht sich also als ein: „soziales System, dass vor allem Koordinations- und Kooperationsprobleme lösen soll.“[12] Sie gibt spezifische Ziele vor, besitzt eine definierte Mitgliedschaft, unterhält Innen- und Aussenbeziehungen und ist durch eine formelle und informelle Struktur gekennzeichnet.[13] Günter Endruweit hat versucht, den Organisationsbegriff in einem Satz zu definieren: „Eine Organisation ist ein soziales System mit überdurchschnittlich spezifizierter Zielbestimmung und überdurchschnittlich spezifizierter Struktur.“[14] Organisationen ist also gemeinsam, dass sie zur Erreichung bestimmter Ziele eine Zusammenfassung von bestimmten Bedingungen und Mitteln angeben und manifestieren. Diese Bedingungen und Mittel sind die sich herausbildenden Strukturen. Auch in Endruweits Sicht der Organisation offenbart sich eine dynamische Komponente. Eine Art andauernder Wirkung zwischenmenschlicher Beziehungen, die zur Strukturierung führt. Struktur sollte also nicht als starres Gebilde oder unveränderbare Gegebenheit, sondern vielmehr als ein – wenn auch sehr langsam ablaufender – Prozess gesehen werden, der mit dem Organisieren zusammenfällt und gemeinsam mit der Organisation entsteht. Durch diese Darlegung soll der Bogen zurück zum relativ autonomen Individuum geschlagen werden, den wir vorhin aufgrund einer Grundlagendefinition verlassen haben. Die Organisation muss ausgehend von dieser Sichtweise Probleme (Konflikte) lösen, die vor allem mit der Aufgabe der Zusammenarbeit und Integration verbunden sind. Wir sehen also die Grundlage einer Organisation in dem mehr oder weniger funktionierenden Management der divergierenden Interessen der Mitglieder einer solchen. Wenn man nun Organisation als ein zusammengesetztes soziales System versteht, was die unterschiedlich auseinander- und gegeneinanderlaufenden Interessen seiner Mitglieder unter das eigentliche Organisationsziel binden muss, erfährt man dadurch eine gänzlich neue Perspektive der organisierten Gemeinschaft und entdeckt ein ungeahntes Ausmaß an Konfliktpotential. Eine Organisation ist dann in Konsequenz nichts anderes, als: „[...] ein Gebilde von Konflikten und ihre Funktionsweise das Ergebnis der Auseinandersetzung zwischen den kontingenten, vielfältigen und divergierenden Rationalitäten relativ freier Akteure, die die zu ihrer Verfügung stehenden Machtquellen nutzen.“[15] An dieser Stelle wird nun ein neues Merkmal in die organisatorischen Überlegungen eingeführt.
Macht meint nichts anderes, als die für bestimmte Gruppen oder Individuen verfügbare Möglichkeit, auf andere Individuen oder Gruppen einzuwirken. Die relative Unbestimmtheit, mit der der Machtbegriff im Rahmen dieser Ausarbeitung gefüllt wird, dient im Rahmen unserer Analyse allerdings seinem eigenen Zweck, nämlich verbleibt dadurch der Schwerpunkt auf dem Beziehungscharakter der Macht, der uns – in Fortführung der schon angeführten Prozesshaftigkeit von Organisationen – weiter beschäftigen soll[16]. Die Bedeutsamkeit von Macht spielt schon in der Entstehungsphase der Organisation eine entscheidende Rolle. Je nachdem, welches Individuum oder welche Gruppe von Individuen sich auf mehr Macht berufen kann, hat größere Chancen auf die Durchsetzung seiner eigenen Vorstellungen und Ziele innerhalb der (sich herausbildenden) Organisation, in der die persönlichen Interessen so koordiniert werden müssen, dass das Gewinnstreben der Einzelnen zur Erreichung des Gesamtzieles beiträgt. Macht und Konflikt ist also von den ersten bis zu den letzten Minuten einer Organisation zentrales Kriterium für die (Weiter-) Entwicklung eines Unternehmens.[17] Das präsentierte organisatorische Bild – mit seiner inhärenten dynamischen Komponente – lässt sich überhaupt erst vollständig im Rückbezug auf Macht und das individuelle Machtstreben erfassen. Denn gerade Organisationen pressen die Menschen in eine mehr oder weniger zwanghafte soziale Wechselwirkung. Doch jeder Zwang und jedes Abhängigkeitsverhältnis in Betrieben beruht auf Gegenseitigkeit, ohne die ein Konflikt nicht zu denken wäre. Denn nur wo Macht auf Macht trifft, können soziale Konflikte entstehen.[18] Jedem Zwang, und sei er noch so groß, ist darum ein gewisser Handlungsspielraum inhärent, womit der explizite Charakter von Macht angesprochen ist. Dieses Phänomen der Macht ermöglicht erst menschliche Zusammenarbeit, da jeder Beteiligte in jeder sozialen Beziehung über einen gewissen Freiraum seiner Handlungen verfügt.[19] Dieses Handeln wird von Organisationen so strukturiert, dass es zu weniger Konflikten kommen soll, da Personen innerhalb der Organisation einen entsprechenden Platz einnehmen. Der Freiraum, welcher dem Individuum trotz seiner Rolle und seiner Position allerdings gegeben ist, bietet dabei den Raum für eine Manipulation der strukturellen Umwelt. Da jedes Mitglied in seinem ihm gebliebenen Spielraum versuchen wird, diese Umgebungsanordnung und damit seine Gegenspieler zu seinen Gunsten zu beeinflussen, ergiebt sich genau die gegenseitige Determination, die zentrales Anliegen dieser Überlegungen ist, denn diese Verläuft über Konflikte.[20]
„Überspitzt könnte man sagen, dass eine Organisation nicht so sehr wegen, sondern trotz des Handelns ihrer Mitglieder existiert.“[21] An dieser Stelle wenden wir uns also von Organisationstheorien ab, die ein “rationales Organisationsgefüge“ unterstellen. Rationalität bedeutet individuelle Eigen- und Gegeninteressen und verschiedene Vorstellungen von den Zielen der Organisation, die mit der Arbeitsteilung und der darausfolgenden unterschiedlichen Sicht auf den Betrieb als Ganzes zusammenhängen. Theorien, die “Rationalität“ in den Mittelpunkt einer Organisationsbetrachtung stellen, müssen scheitern. Denn die eigene positionsbedingte Rationalität der Individuen unterscheidet sich und beschreibt oft widerstrebende Standpunkte. Das Ergebnis der Rechnung Rationalität + Rationalität könnte in seiner Summe auf der Aggregatsebene also nicht Rationalität ergeben[22], schon deshalb nicht, weil es Konflikte dann entweder durch die (geschaffene) Rationalität der Individuen und der Organisation ausschließen würde, oder aber den unmöglichen Fall seiner Ausgangsantizipation voraussetzt.[23] Eine organisatorische Interpretation, die Rationalität zum Fokus ihrer Überlegungen macht, muss ausserdem ein stetiges Bild von Organisation und Individuum annehmen. Dass diese Ausarbeitung sich von einem solchen Horizont abgrenzt, wurde schon dargelegt und Anschlussautoren präsentiert, doch sei an dieser Stelle auch auf die Überlegungen von W. L. French und C. H. Bell jr. verwiesen. Beide trennen sich von einer traditionellen Sicht auf den Menschen, welche das Individuum als „mehr oder weniger unveränderliche Einheit“[24] betrachtet, sondern sehen die Persönlichkeit als etwas “sich Entfaltendes“. Rationalität ist also Veränderungen unterworfen und Dinge, Handlungen, Bewertungen, Empfindungen oder Vorstellungen, die sich einst als rational darstellten, werden mit zunehmender “Entfaltung“ anders eingeschätzt und neu begutachtet. Auch wenn dieses Organisationsbild den beschriebenen dynamischen Charakter einer konfliktbehafteten Unternehmung abschließend unterstreichen soll, sei darauf hingewiesen, dass bestimmte Grundwerte und Zielverwirklichungsstrategien den Mitgliedern einer Organisation gemeinsam sein müssen, um eine Konfliktbearbeitung überhaupt zu ermöglichen. Wenn eine der Konfliktparteien Gewalt, Hass und Zerstörung befürwortet, kann es kein Konfliktmanagement (zumindest kein verbales) geben.[25] © Ralph Paschwitz
2.2 Struktur, Hierarchie, Rolle
Unsere Überlegungen zu Organisationen und Konflikt bleiben unvollständig, solange nicht auch die Struktur und damit verbunden die Hierarchie und dessen Rollenausformung eines Betriebes Berücksichtigung finden. Unter der Struktur einer Organisation wird gemeinhin ein stetiges theoretisches Konstrukt verstanden, dass sich vermeintlich als ein starres und festes Gefüge geregelter Beziehungen zwischen den Mitgliedern und der Organisation kristallisiert. Von der Leitungsebene geschaffen, besitzt sie einen vorindividuellen Charakter, ist nicht zu beeinflussen und: „ nun mal Ausdruck der Gegebenheiten, an die sich das Mitglied des Betriebes anpassen muss und in die es sich einzufinden hat“. Der aufmerksame Leser wird an dieser Stelle schon die Stirn in Falten gezogen haben und in anbetracht der vorherigen Ausführungen diesen Behauptungen mit einer begründeten Distanz gegenüberstehen. In seiner Skepsis nicht enttäuscht, offenbart ein genauerer Blick in die strukturellen Gegebenheiten einer Organisation eine andere Realität.
Struktur muss geschaffen werden und obliegt in dieser “Gründungsthematik“ den gleichen Voraussetzungen, die für eine Organisation gelten. Relativ freie Individuen mit ihren eigenen Rationalitäten, Interessenvorstellungen, mit ihren eigenen Zwängen, die sich aus der Machtbeziehung ergeben, welche die Individuen mit anderen Individuen eingehen, besitzen je nach den ihnen gegebenen Machtressourcen eine momentane Verhandlungsfähigkeit. Die Kräfteverhältnisse, die diesen Feilschbeziehungen obliegen, erzeugen dann in Auseinandersetzungen – die natürlich über Konflikte laufen – die genauen strukturellen Regelungen, wie Rechte, Pflichten, Normen, Verhaltensvorschriften, Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten, Kommunikationswege usw. Der Verhandlungscharakter dieser Struktur- bzw. Organisationserzeugung beinhaltet ebenfalls die schon erwähnte “Prozesshaftigkeit“. Die so geschaffenen Strukturen können dabei weder neutral noch unbestritten sein, da sie einem Verhandlungs- und Konfliktvorgang entsprungen sind[26]. Konflikte begleiten also die Organisation schon in ihren Gründungsmomenten. Diese a-neutrale Struktur birgt damit zugleich ein ungeheures Konfliktpotential, da die Struktur von allen beteiligten Akteuren gleichsam als Schutz und als Werkzeug für die verfolgte Konflikt- und Handlungsstrategie eingesetzt werden kann. Das entstandene strukturelle Konstrukt wurde damit zwar in verschiedenen Kräfteverhältnissen und Mehrheiten, aber dennoch durch eine Partizipation aller erzeugt. Durch diese wenn auch ungleiche Partizipation aller an Gründung wie Beeinflussung ist jeder Akteur bestrebt, dass in dem der Organisation inhärenten Prozess der gegenseitigen Wechselwirkung entstandene Gerüst, zu seinen Gunsten zu verändern und zu beugen. Dieser Versuch der strukturellen Beeinflussung der Organisation zugunsten der persönlichen Interessen des Akteurs im Unternehmen resultiert aus der Einhegung oder gar Aufhebung bestimmter Machtquellen des betrieblichen Mitglieds. Innerhalb der Organisation greifen die strukturellen Vorgaben und grenzen die natürlichen Machtressourcen der Akteure oft bis zu einem Nullpunkt ein.[27] Strukturen bilden so auf der Grundlage von Konzessionen, an denen sich alle mehr oder weniger beteiligen, die Zwänge, die allen Teilnehmern des Unternehmens auferlegt werden, doch stellt keine Situation in der strukturellen Umwelt der Organisation den Akteur unter vollständigen Zwang. Dieses Faktum ergibt sich einerseits aus der Art und Weise wie die Struktur zustande kommt und andererseits aus den schon oben beschriebenen Machtverhältnissen, in denen sich die Akteure befinden.
Konflikte in Organisationen ergeben sich aus dem Zusammenspiel zwischen Struktur, Macht, Rolle und Hierarchie. Ich möchte mich nun diesem Zusammenspiel etwas genauer widmen, und den Begriffen Rolle und Hierarchie kommt dabei eine tragende Bedeutung zu. Strukturen geben Hierarchien vor und Hierarchien strukturieren eine Organisation. Rollen werden dabei strukturell definiert und halten ihrerseits Hierarchien aufrecht. Konflikte spielen sich dabei vertikal und horizontal ab und werden strukturell – also durch Rollen und Hierarchien –beeinflusst. Dieses Gebilde von sich gegenseitig beeinflussenden und sich über diese Interdependenz definierenden Kategorien erweckt leicht den Eindruck, dass eine solch konfliktgeladene Organisation, wie sie innerhalb dieses Aufsatzes erscheint, schwer vorstellbar wird. Doch auch Rollen, verbunden mit ihrer ihnen inhärenten Hierarchie, durch die sie strukturiert werden, sind wie die Struktur an sich kein vorgefertigtes Gefäß, in dass sich der Akteur nur noch einfindet und in welches er sich nur noch reibungslos einzufügen hat. Auch an dieser Stelle kommt es zu Konflikten, denn unter „Rolle“ muss vielmehr eine mehr oder weniger variable Tendenz verstanden werden, die dem Akteur einen gewissen Aktions- und Handlungsspielraum überlässt, der wiederum zur Machtstabilisierung führt, da diese Variabilität dem Gegenüber als Ungewissheitsquellen entgegentritt. Ansonsten wäre jede Interaktion bis ins kleinste Detail vorhersagbar. Die Mitglieder haben also trotz den strukturell festgelegten Verhaltenserwartungen die Möglichkeit, mit ihren Rollen etwas zu mogeln. Auch wenn sich in diesem Punkt von Akteur zu Akteur, von Rolle zu Rolle und von Struktur zu Struktur Unterschiede beobachten lassen und einmal eine größere und einmal eine geringere Abweichung zu betrachten ist, wird keine Rolle ihrem Gegenstück nach identisch sein. Es ist einleuchtend, dass diesem Phänomen ein beträchtliches Konfliktpotential zugeschrieben werden kann, doch sei an dieser Stelle ausdrücklich vermerkt, dass das Konfliktbearbeitungspotential mindestens genauso groß, wenn nicht sogar über jenes hinausgehend ist.[28] Die „Rolle“ nimmt also im Bezug auf Konflikte eine entscheidende, sowohl in der Bearbeitung als auch in der Entstehung, besonders wichtige Stellung ein und bestimmt Individuen sowohl als Strukturträger, als auch als deren Opposition. Im Rahmen einer Analyse von Rollen, die auf deren Konflikthaftigkeit zentriert ist, kann also nicht von einem bestimmten Rollenverhalten oder der einen bestimmten Rolle gesprochen werden. Sollte dies, eine solche Form, tatsächlich existent sein, wäre dies ein pathologischer Fall, der seinerseits einer Analyse bedürfte. Vielmehr besteht bei jeder Rolle und jedem Rollenverhalten ein – auch durch eine noch so festgelegte Struktur – gesetzter Freiraum, den die Akteure verwenden, um ihr Rollenverhalten zu wählen, und durch das Konflikte und deren Bearbeitung innerhalb der Organisation erst zu denken sind.[29] Rollen können sich also in mehr oder weniger aggressiv, mehr oder weniger riskant, mehr oder weniger defensiv usw. beschreiben lassen. Dem Konfliktmanagement von Rollen wird darum das höchste Potential innerhalb der Organisation zuerkannt.
Eine einmal gewählte Rollenstrategie ist nicht zwangsläufig unveränderlich, doch kann gerade die Veränderung einer solchen zu Konflikten führen, da die Verhaltensantizipationen, welche die Gegenüber aufgrund der Rolle treffen, dann ins Leere laufen. Dieses Rollenbild, welches nicht mehr nur einer starren und unabänderlichen Gegebenheit folgt, beschreibt also soziales Handeln (nicht nur in Organisationen) als immer neue Aktualisierung einer Wahl von rollenimpliziten (Handlungs-) Möglichkeiten, im Zusammenspiel von Zwang und Freiraum, welche eben auch dynamisch sind und Veränderungen unterliegen. Zwänge sind eben nicht apriorisch, sondern werden durch strukturelle, hierarchische und rollenspezifische Manifestationen erst geschaffen.
Diese Ausführungen sollen das Vorhandensein relativ stabiler und zwingender Rollen alles andere als ausschließen, doch soll nahegelegt werden, dass es sich bei solchen stabilen Verhaltenserwartungen um relativ gefestigte Beziehungen zwischen den Akteuren (innerhalb der Organisation) handelt. Gerade ausdauernde Rollenbeziehungen implizieren, dass Konflikte zwischen diesen Akteuren bis zu einem hohen Punkt gehandhabt und bearbeitet werden können, und dass beide Parteien zu einem beträchtlichen Konfliktmanagement fähig sind.
Ein weiterer wichtiger Punkt der innerhalb dieses Kapitels angesprochen werden soll ist die Unterscheidung der formellen und informellen Struktur, die in ihrer Wechselwirkung ebenfalls ein hohes Konflikt- und Konfliktbearbeitungspotential birgt. Seit dem „Hawthorne-Experiment“[30] ist diese Unterscheidung eine anerkannte Praxis. Mit der informellen Struktur bezeichnet man die vom Unternehmen nicht beabsichtigte Ausprägung der Organisation und die offiziell durch die Firmenleitung geregelte Form der Zusammenarbeit als formelle Organisation. Informelle Organisation meint also all das, was ohne die Regelungen durch offizielle Strukturvorgaben zwischen Mensch und Mensch oder zwischen Mensch und Maschine zustande kommt. Nun ist allerdings die Unterscheidung zwischen informeller und formeller Organisation bei weitem nicht so einfach wie es hier auf den ersten Blick erscheint. Beide bedingen sich gegenseitig und wirken auf die andere. So kann es zum Beispiel sein, dass die informelle Form der Zusammenarbeit zwischen den Individuen der Organisation oder zwischen ganzen Abteilungen von Betrieben von der formellen Organisation übernommen wird, da sich diese Art der Zusammenarbeit zwar von der offiziellen unterscheidet, für die Zielerreichung der Organisation aber besser geeignet ist als die formell vorgegebene. Ein solcher Übergang und eine solche Erkenntnis muss nicht immer mit einer hohen Anzahl von Konflikten verbunden sein, doch ist es wahrscheinlich, dass auf dem Weg zu diesen Veränderungen einige Konflikte zu bewältigen sind. Eine Organisation, bei der formelle und informelle Struktur zusammenfällt, stellt im Bezug auf Konflikte ein sehr stabiles Gerüst dar, auch wenn solche Organisationen nur selten real sein werden. Durch die verschiedenen Machtressourcen, die unterschiedlichen Interessenlagen und die gegebenen formellen Strukturen wird sich eine der Organisation eigene Struktur herausbilden, die sich im Zusammenspiel zwischen formeller und informeller Organisation manifestiert. Formelle Organisation und informelle Organisation bilden also die eigentliche einer Organisation eigene Struktur und damit das Austragungsfeld von sozialen Konflikten. Konflikte, die auf der formellen Seite der Struktur entstehen, können innerhalb der informellen Struktur ausgetragen werden und anders herum.
Die Existenz informeller Strukturen und deren Konflikthaftigkeit wurde durch die „Hawthorne-Experimente“ explizit bewiesen, deren negative Auswirkungen erst Anlass zu diesen Untersuchungen waren. Das Problem, das sie aufzeigten, bleibt damit allerdings für viele Organisationen weiterhin bestehen, nämlich dass die Divergenzen zwischen informeller und formeller Organisation häufig zu schwierigen Konflikten innerhalb der Organisation führen können.[31] © Ralph Paschwitz
2.3 Konflikt
Dem letzten Kapitel dieser Ausfertigung sei eine Definition vorangestellt, die in aller Kürze dem Gehalt des Konfliktbegriffes im Bezug auf unseren Bearbeitungsschwerpunkt gerecht werden soll. Konflikt meint nichts anderes als einen Interessengegensatz. Wichtig bei dieser kurzen aber hinreichenden Definition ist allerdings die subjektive Wahrnehmung des Widerspruchs als unabdingbare Voraussetzung. Diese Erfahrung muss also keineswegs wirklich vorherrschen, sie muss lediglich für einen der Beteiligten psychologisch existieren. Objektiv vorhandene Streitpunkte werden hier dementsprechend keine Rolle spielen und keine Notwendigkeit darstellen, denn für einen Konflikt ist ausschließlich der individuelle Eindruck konstituierend. Diesem individuellen Eindruck muss allerdings eine Reaktion in Form von verändertem Verhalten folgen, das sich empirisch belegen und untersuchen lässt, denn jede andere Form der Konfliktbeschreibung vernachlässigt den Umstand, dass Konflikte analysierbar sein müssen, wenn man Aussagen treffen will. Diese Ausarbeitung trennt sich also von der Einteilung in latente und manifeste Konflikte, da es solche (latenten Konflikte) zwar in psychologischer Hinsicht geben kann, diese aber soziologisch nicht zu untersuchen sind. In dieser Argumentation schließen wir uns thematisch E. Regnet an, die dazu formuliert: „Wie sollte auch ein Konflikt, der im subjektiven Erleben nicht präsent ist, bewältigt werden?“[32] Ein Konflikt ist also entweder faktisch nicht gegeben oder immer manifest. Durch die Trennung von einer Unterscheidung in manifeste und latente Konflikte entsteht der Eindruck, eine theoretische Konfliktentstehung könnte nicht Gegenstand dieser Bearbeitung sein, doch soll durch die Begriffe Konfliktpotential und Konfliktbereitschaft dieser Anschein genommen werden. Konfliktpotenzial bezieht sich dabei überwiegend auf die systeminhärenten und meist strukturbedingten Größen, während Konfliktbereitschaft auf das Individuum bezogen ist und seine Eigenschaften, Konflikte zu ertragen oder in solchen aktiv zu werden. Konflikte entladen sich immer zwischen Individuen. Irrtümliche Fehlleistungen im Arbeitsablauf oder sogar eine vorsätzliche Nichtbeachtung organisatorischer Weisungen können – nicht nur in unserem Rahmen – nicht als (soziale) Konflikte angesehen werden, da in beiden Fällen keine Gegnerschaft besteht, die als Ursache sozialer Spannungen ein konstituierendes Merkmal von Konflikten ist. Die betrieblichen Regeln und Normen müssen in einem Fall, der dabei eine Grenzerscheinung einnimmt, von einem anderen Mitglied der Organisation ausgesprochen werden. In diesem Punkt muss es nicht der Vorgesetzte sein, der die strukturellen Weisungen der Organisation formuliert. In diesem Fall kann unter Umständen durchaus ein sozialer Konflikt vorherrschen, da eine Ablehnung des Mitglieds der Organisation erwachsen kann. Ursachen von Konflikten sind so einerseits strukturell und andererseits individuell bedingt und stehen gleichsam in einem sich beeinflussenden Verhältnis zueinander. Das Zusammenspiel von Persönlichkeitsmerkmalen, Kommunikationsdefiziten, Unterschieden in den Zielen, Einstellungen, Werten und Normen der Mitglieder und das Vorhandensein bestimmter Sachzwänge können als Konfliktursachen genannt werden . Je nach Kategorie wird die eine mehr durch die Struktur und die andere mehr durch das Individuum tangiert. Als entscheidend bleibt also immer, dass eine Ursache nie allein steht, sondern vielmehr als eine Aufzählung idealtypischer Gattungen verstanden werden muss, durch die konflikthaftes Handeln hervorgerufen wird.[33] So werden Sachzwänge oft vorintendiert und Vorgesetzte haben z.B. die Pflicht, Mitarbeiter zu beurteilen oder sind mit einem bestimmten Weisungsrecht ausgestattet. Die Strukturiertheit bei den Arbeitsprozessen birgt also immer auch ein gewisses Konfliktpotential, das allerdings nur erfasst werden kann, wenn man die anderen Konfliktursachen nicht vernachlässigt. Vor allem bei Routinearbeiten gilt ein hohes Maß an struktureller Bestimmtheit einzuhalten, und bei neuartigen Aufgaben sollte eine zu straff organisierte Vorgehensweise vermieden werden, da sich das Konfliktpotential sonst erheblich vergrößern kann.
Zum allmählichen Ende dieser Arbeit sei noch auf die Auswirkungen von Konflikten eingegangen. : „Konflikte werden als belastend beschrieben. Wer sich in einer solchen Situation befindet, ist in der Regel nicht heiter und gelöst. [...] Konflikte bedeuten Unsicherheit, Neuorientierung und Unterbrechung der Kontinuität des täglichen ziel- und aufgabenbezogenen Handelns. An dieser Stelle verzahnen sich die Themen Streß, Belastung, Beanspruchung und Konflikt deshalb auf das engste [...] .“[34] Generell lässt sich also sagen, dass die individuellen Auswirkungen eines Konflikts negativen Charakters sind. Innerhalb von Gruppen werden Konflikte ähnlich bewertet. Sie führen dort zu Leistungsminderung oder sogar zum Zerfall der Gruppe.[35] An dieser Stelle ist es wichtig, wieder auf Rolle, Struktur und Hierarchie zu verweisen. Der informelle Führer oder formelle Leiter der Gruppe kann je nach seinen Integrationsfähigkeiten enorme Konfliktbewältigungsarbeit zugunsten des Zusammenhalts der Gruppe leisten. Ein Konflikt vollzieht sich im Allgemeinen in mehreren Eskalationsstufen, in dessen Austragung vorherige Konflikte miteinbezogen sind. Im Idealfall sollte ein Konflikt wahrgenommen, Konfliktbewältigungsmaßnahmen initiiert und der Konflikt mit einer für beide Seiten akzeptablen Bilanz beigelegt werden. Zu späte oder erfolglose Intervention führt allerdings zu einer Eskalation der Härte. Die Konflikteskalation ist dabei von der Struktur abhängig und besonders gefährlich bei Gruppen gleicher Hierarchiestufe und ähnlicher Rollenerwartung, da an dieser Stelle schwerlich eine strukturelle Möglichkeit gegeben ist, den Konflikt auf einer bestimmten Stufe zu beenden. Vielmehr führen häufig, strukturelle- bzw. hierarchische Einbezüge bei einem horizontalen Konflikt zu dessen Eskalation oder stellen Eskalationsstufen dar, wodurch die nächste Konfliktstufe genommen wird.[36] In dieser Konfliktspirale ist es wichtig, die Ursachen und Determinanten des Konflikts zu kennen, aber auch auf seinen bisherigen Verlauf einzugehen.[37] Der prozesshafte Charakter, auch des Konflikts an sich, ist also wieder zentral. Die Handhabung von Konflikten spielt bei der Bewertung dieser eine entscheidende Rolle, denn durch die Art und Weise der Bearbeitung können höchst unterschiedliche Resultate erzielt werden. Die gemeinsame Konfliktbearbeitung mit allen konfliktbeteiligten Parteien nimmt dabei eine Schlüsselposition ein, nicht nur in der Bearbeitung eines aktuellen Konfliktes, sondern auch bei der Beurteilung von Konflikten allgemein. Der Kompromiss, bei dem alle Beteiligten etwas verlieren, stellt immer noch eine befriedigende Handhabung dar, doch kann er nie die integrativen Leistungen eines gemeinsamen Problemlösens erfüllen.[38]
Die Strategien, die beim Konfliktmanagement Verwendung finden, und die Resultate, die dabei erzielt werden, sind also für Konflikte wie für die Organisation als auch die Individuen, die in beiden sozialen Systemen verhaftet sind, eine Erscheinung, welche in ihrem Ausgang die Wertung von Konflikten in Organisationen übernimmt. © Ralph Paschwitz
3. Schluss
Durch das eingangs formulierte Zitat sollte in eine Kontroverse eingeführt werden, die in der soziologischen Forschung keine Kontroverse mehr darstellt. Konflikte lassen sich nicht vermeiden, sie sind unvermeidlich! Konflikte sind auch per se nicht negativ oder positiv. Die “alltäglichen Weisheiten“ zeichnen uns ein Bild von Konflikten, wie es nicht existiert. Konflikte sind prozesshafte Erscheinungen, diese Feststellung leuchtet ein, auch ohne eine längere (wissenschaftliche) Auseinandersetzung. Doch dass Organisationen einen ähnlichen Prozesscharakter besitzen, der sich – wenn auch nicht erschöpfend – aus dem des Konflikts bezieht, sollte nähere Beschreibung finden. Prozesshaft meint Wechselwirkung. Wechselwirkung meint gegenseitige Beeinflussung, genau wie das in Konflikten der Fall ist. Wechselwirkungen, die sich auf die Struktur, die Hierarchie, und die Rollen im näheren und auf Macht, Unsicherheitsbereiche und individuellen Spielraum im weiteren beziehen.
Diese Vernetzungspunkte der überdurchschnittlich spezifischen Strukturen und Zielvorstellungen, verschaffen der Analyse von Organisationen innerhalb der sozialen Systeme einen besonderen Stellenwert.
Das besondere Augenmerk auf die interdependenten Handlungsfelder der Organisation, in denen sich Konflikte generieren, Konfliktpotential zu Konfliktverhalten führt und innerhalb derer Konflikte bewältigt und bearbeitet werden müssen, hoffe ich ebenso dargelegt zu haben, wie die Entstehungsfelder sozialer Spannungen, unter denen einerseits das soziale Interaktionsgefüge und andererseits der institutionelle Rahmen verstanden wird.
Neben diesen Konfliktfeldern sei noch einmal die „Rolle“ als entscheidende Kategorie angemerkt, die je nach den Fähigkeiten des Individuums und je nach den speziellen Ausformungen, die ein Akteur in seine Rolle einfließen lässt, beträchtliches Konfliktpotential in sich birgt, aber eben auch gleichsam über eine bedeutende Konflikt bewältigende Komponente verfügt.
Wie soll man nun Konflikte beurteilen? Zwei Positionen wurden diesbezüglich einleitend formuliert und kurz erläutert. Abschließend ist festzuhalten, dass ich mich keiner von beiden ohne weitere Erklärungen anschließen kann. Konflikte müssen nach ihrem Ausgang und nach ihrer Bewältigung beurteilt werden, denn wird auf Wahrgenommene schnell reagiert und auf diese durch eine “allen gerechtwerdende“ Handhabung geantwortet, lässt sich durchaus sagen, dass sie positive Wirkungen haben. Konflikte sind nicht zuletzt die Reaktionen einer Organisation auf eine sich verändernde Umwelt. Je nachdem, wie gut auf diese Veränderungen (diese Konflikte) eingegangen wird und diese bearbeitet werden, kann sich die Organisation an ihre Umwelt anpassen.
Konflikte verstehen sich somit als Anpassungserscheinungen. Nur über eine solche konfliktbehaftete Anpassung kann sich eine Organisation den sich verändernden Umweltbedingungen annähern. Konflikte sind also nötig und unvermeidlich.
Werden sie allerdings falsch oder schlecht bearbeitet, können sie das Gegenteil zur Folge haben. Die Organisation reagiert mit einem Konflikt, doch dieser wird nicht gelöst. Stress und Arbeitseinbußen sind die Folge, welche die Organisation und ihre Mitglieder zunehmend belasten.
Entscheidend ist, wie mit Konflikten umgegangen wird, die sich in der Organisation entwickeln und ob man sie nutzen kann, um Veränderungen zum eigenen Vorteil zu integrieren.
Eine Entscheidung über die Frage nach der Positivität oder Negativität von Konflikten kann und darf also niemals pauschal sein. © Ralph Paschwitz
4. Literaturverzeichnis
- Allmendinger, Jutta (Hrsg.): Organisationssoziologie. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, 2002
- Bonacker, Thorsten (Hrsg.): Sozialwissenschaftliche Konflikttheorie. Eine Einführung. Leske + Budrich, Opladen, 2002
- Crozier, Michel/ Friedberg, Erhard: Die Zwänge kollektiven Handelns. Über Macht und Organisation. Hain, Frankfurt am Main, 1993
- Endruweit, Günter: Organisationssoziologie. Lucius&Lucius, Stuttgart, 2004
- French, Wendell L./ Bell, Cecil H.: Organisationsentwicklung. Sozialwissenschaftliche Strategien zur Organisationsveränderungen. Haupt, Bern, 1994
- Kretschmar, Armin: Angewandte Soziologie im Unternehmen. Formelle Organisation, informelle Organisation, Hierarchie, Status, Verhaltensnormen, betriebliche Spannungen und Konflikte, Anpassungsprobleme, Vorurteile, Betriebsrat in sozialer Grenssituation. Gabler, Wiesbaden, 1994
- Pfetsch, Frank R. (Hrsg.): Konflikt. Springer, Berlin, 2005
- Regnet, Erika: Konflikte in Organisationen. Formen, Funktionen und Bewältigung. Verlag für Angewandte Psychologie, Göttingen, 1992
- Treutner, Erhard: Verhandlungsstaat oder kooperativer Staat? Eine Analyse der Bedeutung von Subjekten für das Handeln staatlicher Administration unter Berücksichtigung organisationssoziologischer Erkenntnisse. Institut für Staatswissenschaften, Neubiberg, 1999
[...]
[1] Friedrich Nietzsche
[2] Die implizite Differenzierung zwischen den beschriebenen sozialen Systemen und der Organisation wird in den folgenden Kapiteln noch näher erläutert und soll an dieser Stelle nicht Gegenstand der Erörterung werden.
[3] Der Terminus “Konfliktlösung“ sei hier nur unter Vorbehalt genutzt, denn mit seiner Begrifflichkeit wird leicht etwas “Endgültiges“ und “Absolutes“ kommuniziert. Ein sozialer Konflikt wäre demnach gelöst, wenn seine Wiederkehr verhindert ist und keinerlei Vorurteile bei den Konfliktparteien zurückblieben. „Eine Konflikt“lösung“ in solch radikalem Sinne ist jedoch nur in seltenen Fällen möglich.“ (E. Regnet S. 45)
[4] Gerade die zunehmende Demokratisierung, Mitbestimmung, Liberalisierung, wie auch die vermehrte Bildung von Parteien- und Interessenvertretungen legt dabei ein ungeheures Konfliktpotential frei. Für Organisationen, aber auch – um an dieser Stelle nicht in dem begrenzenden Rahmen zu verbleiben – für Gesellschaften stellt sich in diesem Zusammenhang die wichtige Frage: „ [...] wieviel Konflikt die Gesellschaft verträgt [...] “ (T. Bonacker S.12 ) und, um den Faden zurück zu unserem Thema zu finden, wieviel Konflikt verträgt eine Organisation? Interessante Fragen, die allerdings nicht oder nur ungemein peripher im Kontext dieser Ausarbeitung bearbeitet werden können.
[5] R. Dahrendorf sieht in Gesellschafts- und Konflikttheorie eine gewisse Kongruenz, obwohl ihm bewusst ist, dass sich Gesellschaft nicht auf Konflikt reduzieren lässt. Er beschreibt den sozialen Konflikt als das theoretische Schlüsselkonzept der Gesellschaft, da es „ [...] die strukturelle Wandlungsdynamik ganzer Gesellschaften zu erklären [...] “ vermag. Gesellschaftlicher Wandel ist demnach nur durch und über soziale Konflikte zu erklären und stellt somit das Herzstück seiner soziologischen Gesellschaftstheorie dar. Dahrendorf schlägt auch die Brücke zu Rollen. Der menschliche Akteur sieht sich demnach in allen Lebensbereichen mit objektivierten Komplexen verschiedener Verhaltenserwartungen konfrontiert, welche bei subjektiver Divergenz Konfliktpotential bergen. (T. Bonacker S. 207 ff)
[6] Untersuchungen zu diesem Thema unternahmen z.B. W. Krieger und P. Schulz (1989) Dazu E. Regnet S. 32
[7] Jutta Allmendinger widmet diesem Thema in „Organisationssoziologie“ separate Abschnitte. (S. 13 und 151ff)
[8] M. Crozier, E. Friedberg S. 56
[9] Gemeint sind mit kollektiven Akteuren Organisationen, bei denen die Mitglieder ähnliche bis gleiche Interessen haben und deshalb „mit einer Stimme vertreten werden können“. Bei einer korporativen Organisation sind ähnliche Interessen keine Grundprämisse, sondern allein die Fähig- und Fertigkeiten der Mitglieder ausschlaggebend, die zur Zielerreichung des korporativen Akteurs notwendig sind (J. Almendinger S. 151). Diese Sichtweise auf Organisationen impliziert eine Konsequenz, der ich mich im Sinne der Autoren M. Crozier und E. Friedberg nicht anschließen kann, denn diesen Organisationsinterpretationen läge ein unterschiedliches Konfliktpotential zugrunde. Der quantitativ ungleiche Raum, der Konflikten innerhalb dieser Interpretationen gegeben wird, soll allerdings nicht Gegenstand des Widerspruchs sein, sondern vielmehr die extreme Polarisierung die damit einhergeht und welche die eine Organisation in nahezu konfliktfrei und die andere in nahezu aus Konflikten bestehend einteilen würde. Die Organisations- und Konfliktdefinition, der wir uns im Rahmen dieser Ausarbeitung anschließen werden, widerspricht allerdings einer solchen Differenzierung und stellt Konflikte als für alle Organisationen konstituierend fest.
[10] Plausibel wird diese Sichtweise unter der Berücksichtigung, dass alles, was Menschen denken, fühlen, beurteilen oder anstreben, eine subjektive Komponente aufweist. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf Vilfredo Pareto (subjektive Wertvorstellungen und Kontexte) oder Karl Mannheim (Standortgebundenheit des Wissens ), aber auch Alfred Schütz oder Max Weber (subjektiver und objektiver Sinn).
[11] M. Crozier, E. Friedberg S. 7
[12] J. Allmendinger S. 10
[13] Diese spezielle Problematik wird weiter unten noch genauer dargestellt.
[14] G. Endruweit S. 23 Aus dieser Definition heraus wird auch die Unterscheidung der verschiedenen sozialen Systeme deutlich, die anfänglich in der Einleitung formuliert wurde.
[15] M. Crozier, E. Friedberg S. 39
[16] An dieser Stelle sei kurz angemerkt, dass unter “prozesshaft“ keinesfalls eine Organisation verstanden werden soll, die sich täglich oder gar stündlich mit (konfliktbehafteten) Veränderungsprozessen konfrontiert sieht, die eine Umstrukturierung zur Folge haben. Auch meint “dynamische Komponente“ keine fortlaufende und per se beobachtbare Umgestaltung der (formellen) Strukturen und Organisationsziele. Eine solche Organisation müsste in letzter Instanz dieses Denkmusters in ihrer Existenz nahezu endgültig und unendlich sein, da sie sich in einer Form dem gesellschaftlichen Wandel anpassen würde (und diesen gleichsam beeinflussen), der parallel und ohne gravierenden Zeitverlust abliefe. Die Fülle an sich auflösenden Organisationen weist allerdings in eine andere Richtung. Vielmehr ist damit also eine Tendenz angesprochen, welche die eine Organisation besser beschreibt und die andere schlechter, je nachdem wie die Organisation die Konfliktbewältigung beherrscht. Das Strukturen und Ziele von Organisationen auf Dauer eingerichtet sind und damit einen relativ langfristigen Charakter aufweisen (müssen), wird durch die vorangegangenen Ausführungen nicht bestritten oder relativiert.
[17] Organisation, Betrieb, Unternehmen etc. werden in dieser Arbeit im Interesse eines besseren Ausdrucks synonym verwendet.
[18] Es ist selbst theoretisch ein nahezu hoffnungsloses Unterfangen, eine zwischenmenschliche Beziehung ohne gegenseitiges Machtgefälle zu konstruieren. Konflikte wären nicht vorstellbar, denn ohne einen eigenen Machtspielraum hätte das Individuum keine Möglichkeit, seine eigenen Interessen gegen die eines anderen durchzusetzen. Selbst die Artikulation von Wünschen und Präferenzen ergäbe eine seltsame Erscheinung, da auch Kommunikation unter solchen Prämissen unter gänzlich neuen Regeln ablaufen würde. Selbst der Leibeigene übt gegenüber seinem Feudalherren Macht aus. Stellen wir uns den Konfliktfall vor, in dem ein Untertan von einem Feudalherren – ob rechtens oder ungerecht sei an dieser Stelle dahingestellt – hingerichtet werden soll. Dem Feudalherren fehlt in diesem Fall – und das nur als geringste Folge – immerhin eine Arbeitskraft. Wenn aber als Konsequenz der Hinrichtung die gesamte Bauernschaft die Arbeit niederlegt oder einen Aufstand anzettelt, ist das Machtverhältnis, in dem beide stehen – wenn auch in einer Form, die extremer kaum sein kann – doch erstaunlich gut vorstellbar. Umso größer in diesem Fall die Unsicherheitsräume des Feudalherren sind, umso größer ist auch die Macht, die auf ihn ausgeübt werden kann. Denn, wo man die Konsequenzen seiner Entscheidung schlecht antizipieren kann, entsteht ein Machtgefälle zu den eigenen Ungunsten, dass dem Gegenüber eine höhere Konfliktbeeinflussung, also ein höheres Machtpotential liefert.
[19] Das zu jeder zwischenmenschlichen Beziehung Verhaltenserwartungen gehören, und dass gerade innerhalb der Organisation diese Rollen besonderen Handlungsspielräumen unterliegen können und was das im Bezug auf Konflikte bedeutet, wird in den folgenden Kapiteln noch näher beschrieben.
[20] Eine solche Sicht auf Organisationen setzt ein wertneutrales Begriffsverständnis des Konflikts voraus. Ein Konflikt wird hier also nicht als kausal gut oder schlecht bewertet, sondern vielmehr in seinen Auswirkungen als für eine Organisation positiv oder negativ, je nachdem wie der Konflikt bewältigt wird. Aber dazu im folgenden Kapitel mehr.
[21] M. Crozier, E. Friedberg S. 58
[22] Die Untersuchungen Taylors und dessen praktische Umsetzungen sind in diesem Zusammenhang ein anzumerkendes Beispiel. Taylor versuchte die Betriebsabläufe mit rein rationellen und “wissenschaftlichen“ Methoden zu verbessern und sah den Arbeiter ähnlich den Teilen einer Maschine. Den Taylorismus kennzeichnet eine mechanistische Sicht auf die Arbeiter und die einzelnen Arbeitsabläufe im Unternehmen.
[23] Zur Nicht-Vorhersagbarkeit der Ausgänge von Wechselwirkungen zwischen (mehreren) Individuen sei auf N. Elias Spieltheorie verwiesen.
[24] W. L. French, C. H. Bell jr. S. 91
[25] Ein Beispiel ist die sog. Troika von Stalin, Kamenew und Sinowjew. Kamenew und Sinowjew, erst Mitglieder und Angehörige des Triumvirats wurden aus ihren Ämtern gedrängt und hingerichtet.
[26] Konfliktbewältigung kann über verschiedene Wege realisiert werden, wie zum Beispiel dem Kompromiss oder der gemeinsamen Entwicklung einer Problemlösungsalternative. Dazu genaueres im Konfliktkapitel.
[27] So stellt zum Beispiel die Stärke oder körperliche Fitness innerhalb einer politischen Partei nur eine geringe bis gar keine Machtressource dar, auf die sich die Beteiligten in Konflikten stützen können. Wolfgang Schäuble, der es trotz seiner Behinderung zum stellvertretenen Fraktionsvorsitzenden der CDU geschafft hat, ist hierfür ein exemplarisches Beispiel. In einem Boxverein hingegen zählen politisches Wissen und politische Führungsqualitäten recht wenig und sofern sie ein Akteur besitzt, sollten sie im organisatorischen Rahmen keine (große) Rolle spielen, um in einem Konflikt eine bessere Verhandlungsperspektive zu erlangen. Allerdings werden parallel zu dieser Einhegung bestimmter Machtquellen andere (neu) erschlossen oder bestehende unterstützt.
[28] Ein Arbeiter fühlt sich von seinem Vorgesetzten für seine ausgezeichnete Arbeit nicht genug beachtet. Für positive Veränderungen im Arbeitsablauf und eine höhere Produktivität ist in der Firma strukturell keinerlei Anerkennung vorgesehen, und so liegt es nicht im Aufgabenbereich des Vorgesetzten, auf diese Veränderung zu reagieren. Zwei verschiedene Möglichkeiten des weiteren Handlungsverlaufs sollen kurz geschildert werden, um das Potential der „Rolle“ zu verdeutlichen. Der Arbeiter identifiziert sich aufgrund der fehlenden Anerkennung seines Vorgesetzten weniger mit seiner Arbeit und dem ganzen Betrieb. Das Verhältnis zwischen Arbeiter und Vorgesetztem verschlechtert sich und es kommt zu einem Konflikt zwischen beiden, der sich nicht nur negativ auf die beiden, sondern auch auf die Produktivität des Betriebes auswirkt. In einem anderen Handlungsverlauf erscheint der Vorgesetzte während einer Kaffeepause bei dem Arbeiter, führt mit ihm ein “kumpelhaftes“ Gespräch, in dem er dem Arbeiter seine Anerkennung und seinen Lob ausspricht. Ein Konflikt zwischen beiden ist nicht entstanden und die betriebliche Produktivität wurde sogar gesteigert.
[29] Ein weiteres Beispiel, was nicht näher erläutert werden muss, ist das oft zitierte und evtl. dem einen oder anderen bekannte Verhältnis zwischen “gutem“ und “bösem“ Polizisten.
[30] Anlass für das Experiment waren in den frühen zwanziger Jahren beobachtete innerbetriebliche Spannungen zwischen den verschiedenen Abteilungen der Hawthorne-Werke der Western Electric-Company, die zu starken Einbußen der Arbeitsproduktivität geführt hatten. Im Zuge dieser verringerten Leistung suchte man deren Ursachen in Untersuchungen mit erheblichem Aufwand zu erforschen. Das Experiment gliederte sich in drei Phasen und belegte neben der formellen Organisation bzw. Struktur auch eine informelle.
[31] Nach dem Experiment wurde in dem Konzern ein Sozialberatungssystem für die gesamte Belegschaft integriert und die Konflikte nach und nach bearbeitet. Diese Strategie der Konfliktbewältigung wird uns auch im folgenden Kapitel beschäftigen, da sie als beste Möglichkeit des Konfliktmanagements angesehen wird.
[32] E. Regnet S. 11
[33] Anders als bei E. Regnet, wo unzureichende Kommunikation als häufigste Ursache für Konflikte genannt wird, geht man in dem Werk von F. R. Pfetsch (Hrsg.) „Konflikt“ von dem Verteilungskonflikt innerhalb des Unternehmens als dem wichtigsten Platz für Zündstoff in Organisationen aus. Materielle Interessen bilden hier den wichtigsten Faktor für Konflikte.
[34] E. Regnet S. 33
[35] An dieser Stelle sei angemerkt, dass es sich hier ausdrücklich um Konfliktsituationen handelt, nicht um Konkurrenz. Konkurrenz und Konflikt sind nicht kongruent. Wettbewerbssituationen obliegt zwar immer ein gewisses Konfliktpotential, aber sie müssen nicht zwangsläufig in einen Konflikt münden. Insofern lässt sich Wettbewerb und Konkurrenz als ranghafte Einordnung des gleichen Phänomens bezeichnen.
[36] Das Einschalten des Vorgesetzten oder der Gang zur Gewerkschaftsvertretung stellen einen Übergang in eine nächsthöhere Eskalationsstufe dar, da der Konflikt dann nicht mehr nur horizontal geführt wird, sondern sich von seiner eigentlichen Position entfernt. Ist diese Hürde einmal genommen, werden “Schläge unter der Gürtellinie“ ausgetauscht, das Vertrauen ist gänzlich verloren und Demütigungen prägen den Konflikt. Die nächsthöheren Stufen sind in einem Betrieb kaum zu erwarten, da es vorher zu einem personellen Wechsel kommen dürfte. Dort sind auch „Anschläge auf das Nervensystem“ gängige Konfliktpraxis. E. Regnet S. 43
[37] In diesem Zusammenhang sei ein Beispiel erwähnt, um zu verdeutlichen, wie wichtig auch die Behandlung der bestehenden Symptome ist. Wenn jemand sich an einer steilen Treppe ohne Geländer ein Bein gebrochen hat, nützt es dem Betroffenen wenig, nachträglich ein Geländer zu befestigen oder ein Warnschild aufzustellen. Das Bein wird trotzdem nicht besser heilen.
[38] Das gemeinsame Problemlösen wird in der Literatur (E. Regnet S. 46 f) auch als Gewinner-Gewinner Strategie bezeichnet und bedeutet damit quasi die Durchbrechung des Nullsummenspiels. Für die Organisation bedeutet das bei erfolgreicher Konfliktbearbeitung ein gewisses Innovationspotential und für die Individuen eine: „Zufriedenheit der Betroffenen“ (E. Regnet S.58), die aus den herausgestellten Gemeinsamkeiten und der einkehrenden Harmonie zwischen den Mitgliedern entstehen kann.
- Quote paper
- Diplom Soziologe Ralph Paschwitz (Author), 2006, Konflikte in Organisationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/277415
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