Die Dürreperiode, die in den 70er Jahren die Sahelzone heimgesucht hat, löste eine lang andauernde Krise aus. Die daraus resultierende Desertifikation zwang viele Menschen ihre Lebensweise aufzugeben und in andere Regionen zu ziehen, vor allem in die Städte. Wie bei anderen Ökoziden, bewegten sich in diesem Fall Menschen aufgrund veränderter Umweltbedingungen von einem Gebiet weg. Inwiefern nun diese Veränderungen anthropogenen Ursprungs sind, soll im einem ersten Punkt anhand von verschiedenen Faktoren ermittelt werden, welche in einem zweiten Schritt den (untenstehenden) Ökozidfaktoren zugeordnet werden sollen.
Ökozidfaktoren:
1) Umweltschäden durch Umweltnutzung
2) Freundliche Handelspartner
3) Feindliche Nachbarn
4) Externe Veränderungen
5) Reaktion der Gesellschaft auf die Umweltveränderungen
1 Einführung
Die Dürreperiode, die in den 70er Jahren die Sahelzone heimgesucht hat, löste eine lang andauernde Krise aus. Die daraus resultierende Desertifikation zwang viele Menschen ihre Lebensweise aufzugeben und in andere Regionen zu ziehen, vor allem in die Städte. Wie bei anderen Ökoziden, bewegten sich in diesem Fall Menschen aufgrund veränderter Umweltbedingungen von einem Gebiet weg. Inwiefern nun diese Veränderungen anthropogenen Ursprungs sind, soll im einem ersten Punkt anhand von verschiedenen Faktoren ermittelt werden, welche in einem zweiten Punkt den gröber gefassten Ökozidfaktoren zugeordnet werden sollen.
2 Der Ursachenkomplex der Sahelkrise
2.1 Klimatische Bedingungen
Bestimmt haben die natürlichen klimatischen Bedingungen der Sahelzone zur Katastrophe beigetragen. Die jährlichen Niederschlagsmengen von 200-700mm sind einer Veränderlichkeitsrate von 40% unterworfen was eine häufige Verschiebung der agronomischen Trockengrenze zur Folge hat (Erdmann und Schell 2002, 100). Das Problem ist jedoch meist nicht die Niederschlagsmenge selbst sondern die Verteilung derselben. Sie beschränkt sich auf die Monate Juni, Juli und August. Wir haben es hier also mit einem labilen System zu tun, welches dauernden Klimaschwankungen unterworfen ist und dessen „natürliches Potential an der Grenze der agrarischen Nutzungsmöglichkeit steht“ (Erdmann und Schell 2002, 99). Seit den 50er Jahren lässt sich zudem ein Trend in der Entwicklung der Niederschläge erkennen (vgl. Abb 1): Die Schwankungsperioden sind dauerhafter geworden, und mit ihr die Gefahr vor Dürren. Ob dies mit dem Klimawandel zusammenhängt und wie dieser in Zukunft auf den Sahel wirken wird, ist schwer vorherzusagen (Strahler und Strahler 1999, 608).
2.2 Die Nutzung der Sahelzone
Bei den Ländern des Sahel handelt es sich meist um Staaten, welche nebst der Sahelzone noch grössere Gebiete der Sahara beinhalten. Dies hat zur Folge, dass sich ein grosser Teil der Bevölkerung und des Wirtschaftslebens (überwiegend im Primärsektor) sich in der Sahelzone befindet, was hinsichtlich der Vulnerabilität dieses Ökosystems eine besondere Gefahr darstellt.
2.2.1 Traditionelle Nutzungssysteme
Um die Nutzung der Sahelzone als Ursachefaktor zu untersuchen, muss man bis vor die Kolonialzeit zurückgreifen, nämlich, als Nomaden und sesshafte Bauern die Region nach traditionellen Bewirtschaftungsformen nutzten und zusammenarbeiteten (Montgomery 2007, 166). Vor der Regenzeit konnten die Nomaden das Land der Bauern als Grasland benützen während die Farmer vom Viehdünger profitierten. Sobald der Regen kam, zogen die Nomaden dann in den Norden. Gemeinsam hatten sie Strategien zur Überstehung von Krisen entwickelt, welche auf gegenseitige Hilfe bei temporär ungünstigen Bedingungen basierten (Knox und Marston 2001, 223). Die traditionelle Nutzung war also nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern gewährleistete das Überleben während Krisenzeiten.
Die mit der Kolonisation einhergehende Grenzziehung erschwerte das Funktionieren dieser sozialen Beziehungen und die neu auferlegten Steuern zwangen Bauern auf die Cash Crop Produktion, die Nomaden auf eine „Berufsweidewirtschaft“ (Gebhart und Reuber 2007, 625) umzusteigen oder ihre wirtschaftliche Tätigkeit zu intensivieren (Montgomery 2007, 166). Da die geringe Produktivität der Vegetation der Sahelzone eine sehr extensive Weidewirtschaft erfordert (Schultz 1988: 248), mussten viele Nomaden ihr Gebiet in Richtung Süden ausdehnen, was Konflikte mit den sesshaften Bauern zur Folge hatte (Laube und Rossé 2002, 112). Die Intensivierung des Ackerbaus und die Vergrösserung der Viehbestände fanden aber auch nach der Unabhängigkeit der betroffenen Staaten kein Ende. Grund dafür war eine starke Bevölkerungszunahme, die vor allem zwischen 1930 und 1970 begann (Montgomery 2007, 166).
Das ganze Nutzungssystem der Sahelzone war also vor der Dürre der 70er Jahre bereits destabilisiert und im dauernden Kampf mit dem Nahrungsmittelbedarf einer schnell wachsenden Bevölkerung. Die Dürre hatte damit durch das menschliche Handeln eine „grössere Angriffsfläche“ und damit schlimmere Konsequenzen zur Folge, die zusätzlich positive Rückwirkungen hatten.
2.2.2 Nutzung der Sahelzone nach der Dürre der 70er
Das Bevölkerungswachstum setzte die Nutzung der Sahelzone auch nach der Dürre weiterhin unter Druck. Wenn eine durchschnittliche sahelische Familie 5,5ha Flächenbedarf hatte, so war der Bedarf zwischen 1970 und 1990 auf das 2,3fache gestiegen (Erdmann und Schell 2002, 106). Verkürzte Brachezeiten und Mangel an technologischer Verbesserung im Ackerbau wurden immer mehr zu einer ökologischen Belastung. Die Bodendegradation hatte bald sinkende Erträge zur Folge und mit ihr eine Ausdehnung der Kulturfläche auch auf ökologisch ungünstigere Regionen weiter nördlich, wo sie die Weideflächen der nomadischen Viehherden einschränken. Dies führte zu Konflikten, weil die Viehherden auf der anderen Seite selbst auch grösser wurden und deren Weidefläche schon stark durch die Desertifikation eingeschränkt war. Das Resultat war eine immer intensivere Nutzung und eine entsprechende Bodendegradation. Damit wurden traditionelle Bewirtschaftungsformen, welche ursprüngliche ökologisch angepasst waren zu umweltbelastenden Aktivitäten, die ein Ungleichgewicht hervorriefen (Goudie 1994, 414). Vollnomadismus[1] wurde zu einer seltenen Lebensform, zu dessen Alternativen Transhumanz, Sesshaftwerdung und Landflucht wurden. Die Agrarsysteme tendierten also immer mehr zu permanenten Bewirtschaftungsformen. Dies hatte aber auch politische Ursachen: die Entwicklungstheorie der 50er Jahre setzte auf Modernisierung, wodurch vielen Nomaden die Sesshaftwerdung auferzwungen wurde mit dem Ziel, sie zu „domestizieren“ (Johnson und Lewis 2007, 222).
2.2.3 Cash Crops und Wirtschaftsbeziehungen
Die Umwandlung der traditionellen Bewirtschaftung auf die Cash Crop Produktion schaffte nicht nur Abhängigkeit von Wasserquellen. Die betroffenen Bauern verloren auch die Kontrolle über ein Land, welches sie früher bewirtschafteten und für die Erhaltung ihrer Lebensgrundlagen nachhaltig pflegten. Zudem zeigte sich bald eine Zunahme dieser Cash Crop Produktion. Dies lag daran, dass die Sahelstaaten durch die Aufgabe der Subsistenzwirtschaft vom Export weniger landwirtschaftlicher Produkte abhängig geworden waren. Die dadurch resultierende verstärkte ökologische Belastung gründete auf sinkenden Terms of Trade, Preisverfall, klimatisch bedingten Erntemengen und damit verbundene Ausdehnung der Nutzungsfläche (Schneider-Sliwa 2009).
[...]
[1] Man unterscheidet zwischen Vollnomadismus und Transhumanz. Letztere ist dadurch charakterisiert, dass ein Teil der Familie sesshaft wird und Feldbau betreibt während der andere Teil zeitweise die Weidewirtschaft weiterführt. (Schultz 1988: 248)
- Citar trabajo
- Nina Schweizer (Autor), 2010, Ökozidfaktoren und deren Zusammenwirken am Beispiel der Sahelkrise, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/276022
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