Bewusstseinsgeschichte, Spezialistentum, Arbeitslosigkeit, Kulturaustausch. Eine Diskussion zu den Veränderungen der Gesellschaft im 21. Jahrhundert.
Menschsein im 21. Jahrhundert. Herausforderungen: Mobilität, Arbeitskräfteüberschuss, aktuelle Bewusstseinshaltung
Seit vielen Jahren halte ich hier Vorträge über die verschiedensten Themen. Wenn wir aber
Programme der verschiedenen Jahre vergleichen, kann es einem auffallen, dass immer weniger
eigentliche Vorträge stattfinden. Warum wohl? Mit der Antwort sind wir bereits mitten in unserem Thema. Die aktuelle Bewusstseinshaltung ist so, dass man nicht gerne belehrt werden möchte. Man möchte seine Kenntnisse vielmehr im Gespräch mit vielen Beteiligten erweitern. So bin ich auch dazu übergegangen, nach einer Einleitung, in der das Thema umrissen wird, meine Zuhörer zu bitten, in eine Diskussion einzutreten.
Dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, über das Leben im 21. Jahrhundert mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Was alles hat sich verändert gegenüber früher? Was ist gleich geblieben?
Das Thema ist so zu vielschichtig, weswegen ich einige Züge in den Vordergrund stellen möchte.
Ich bin 1938 in Pressburg, heute Bratislava, als tschechoslowakischer Staatsbürger geboren. Meine Eltern zogen 1940 nach Budapest, wo ich ungarischer Staatsbürger wurde. 1956 flüchtete ich nach Österreich, wo ich zu studieren anfing und wo ich schliesslich wiederum eingebürgert wurde. 1969 siedelte ich dann mit meiner Frau und zwei kleinen Söhnen nach der Schweiz um, wo ich seither lebe. Es ist also eigene Erfahrung dabei, wenn ich in diesen einführenden Worten über Mobilität reden möchte. Arbeitslos bin ich andererseits nie gewesen, trotzdem möchte ich auch über die Arbeitslosigkeit als prägendes Phänomen der heutigen Zeit etwas sagen.
2013, das 13. Jahr des neuen Jahrhunderts. Was sind die auffallendsten Charakteristika der Jetztzeit?
Einen wesentlichen Punkt haben wir bereits berührt, die Veränderung der Bewusstseinshaltung in Europa. Hat man es in den älteren, mehr statischen Kulturen für richtig gehalten, was die Tradition vorschrieb, was der Ahne schon so tat, so hat man bereits im frühen Mittelalter damit begonnen, die Werte nach Innen zu nehmen, d.h. nicht mehr demütig zu tun, was die Priester und Weisen als richtig verkündeten, sondern man glaubte an das vom Christentum Verkündete, man versuchte Christus nachzufolgen. Erst die Aufklärung säte Zweifel und spielte das Wissen gegen den Glauben aus. Die verunsicherten Menschen schauten einander an und es entstand die Gefahr, das zu tun, was die anderen machen, der Mode nachzulaufen. Heute erleben wir immer mehr ein Selbständigwerden des Einzelnen, ein individuelles Urteilen aus der Situation heraus. Welche Rolle spielt die so gewonnene Autonomie im 21. Jahrhundert?
Im 20. Jahrhundert war in Europa noch das bürgerliche Zeitalter spürbar. Vielfach hat man sich einer durch Überlieferung und Rolle bedingten, vorgezeichneten Lebensbahn gemäss entwickelt. Heute ist die neue Generation aus dem Behütetsein durch eine durch Traditionen und ererbte Werte gesicherte Lebenshaltung hinausgeworfen. Die dadurch bedingte Verunsicherung wird auf vielfältige Weise potenziert. Blicken wir nur auf zwei ganz wesentliche Lebensfelder: Natur und Technik.
Das Naturerleben wird mehr und mehr durch ein technisches Umfeld verdrängt, das gebieterisch Zeit, unsere Zeit, fordert. Die Natur belebt nicht mehr den Menschen, im Gegenteil, der Mensch hat die Aufgabe, die Natur zu beleben. Die göttliche Weltordnung entgleitet uns und wird durch subjektive menschliche Wertordnungen ersetzt, deren bindende und verbindende Kraft schwach ist. Man weiss wohl, dass die schrumpfenden Naturreservate landwirtschaftliche Betriebsmittel oder auf Erholungswert angelegtes Menschenwerk sind, versäumt aber, das technische Ersatzumfeld mit Bewusstsein zu durchdringen, schon deshalb, weil die dazu nötigen Fähigkeiten oft fehlen. Wir gehen mit Kräften um, die wir nicht beherrschen. Unsere Bewusstseinsprozesse reichen zum Begreifen der neuesten Entwicklungen nicht aus.
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- Arbeit zitieren
- Dipl.Ing.Dr. techn.Lic.phil I Jan Pohl (Autor:in), 2013, Menschsein im 21. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/275754
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