Horst Rumpf „Die übergangene Sinnlichkeit“
Eine Analyse der Vorzüge und Grenzen
des reformpädagogischen Modells.
1.1 Vorbemerkung
In der vorliegenden Hausarbeit erfolgt zunächst eine Vorstellung von Horst Rumpfs reformpädagogischer Theorie. Hierzu werden vorwiegend die Bücher „Die übergangene Sinnlichkeit“ , sowie „Die künstliche Schule und das wirkliche Lernen. Über verschüttete Züge im Menschenlernen.“ herangezogen. In einem weiteren Schritt der Analyse sollen die Vorzüge und Grenzen des reformpädagogischen Ansatzes beleuchtet und im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit in der staatlich gelenkten „Institution Schule“ überprüft werden. Am Ende der Studie steht eine fazitartige Zusammenfassung der Erkenntnisse.
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Inhaltsverzeichnis
1.1 Vorbemerkung
1.2 Zu Person und Wirken Horst Rumpfs
2.1 Erläuterung von Horst Rumpfs Ansatz
2.2 „Zivilisierte Sinnlichkeit“
2.3 Kritikpunkte an konventioneller Schule
3.1 Vorzüge des reformpädagogischen Modells
4.1 Grenzen des reformpädagogischen Modells
5.1 Fazit
6.1 Bibliographie
1.1 Vorbemerkung
In der vorliegenden Hausarbeit erfolgt zunächst eine Vorstellung von Horst Rumpfs reformpädagogischer Theorie. Hierzu werden vorwiegend die Bücher „Die übergangene Sinnlichkeit“[1], sowie „Die künstliche Schule und das wirkliche Lernen. Über verschüttete Züge im Menschenlernen.“[2] herangezogen. In einem weiteren Schritt der Analyse sollen die Vorzüge und Grenzen des reformpädagogischen Ansatzes beleuchtet und im Hinblick auf ihre Realisierbarkeit in der staatlich gelenkten „Institution Schule“ überprüft werden. Am Ende der Studie steht eine fazitartige Zusammenfassung der Erkenntnisse.
1.2 Zu Person und Wirken Horst Rumpfs
Horst Rumpf gehört zu den Begründern der Erziehungswissenschaft, die sich in den 60´er Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts als eigene Fachdisziplin aus der Pädagogik abgespalten hat.
„Horst Rumpf hat in vielen Schriften dafür gestritten, sowohl den breiten Horizont der Phänomene, als auch die entsprechenden Weisen der Weltaneignung der Lernenden in den Blick zu nehmen.“[3]
Als Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main schrieb er zahlreiche Bücher, die reformpädagogische Ziele verfolgen. Er gilt als einer der wichtigsten Reformpädagogen in der Tradition Wagenscheins.[4]
Zudem reflektiert Horst Rumpf stets die Situation an den öffentlichen Schulen und deren besondere Bedürfnisse, um angemessene didaktische Theorien zu entwickeln; dabei vertritt er ein kritisches Pädagogikverständnis und befürwortet auch in der Lehrerbildung ein großes Maß an didaktischer und pädagogischer Freiheit.
Im Vorwort anlässlich des Kolloquiums zur Erimitation Horst Rumpfs 1996 heißt es:
„Lingelbach und Rumpf zählten zur Generation der hermeneutisch – interpretativen Lehrenden. Sie erschlossen sich die Pädagogik durch den Blick, den die Texte auf Bildung und Erziehung öffnen; und sie forschten nach dem Sinn, den der pädagogische Blick der Texte enthüllen sollte.“[5]
2.1 Erläuterung von Horst Rumpfs Ansatz
Horst Rumpf definiert sein Anliegen in „Die übergangene Sinnlichkeit“ folgendermaßen:
„…-ich will einen Schritt weit Aufmerksamkeiten für Geschehnisse und Umwelten schärfen, in denen die zivilisatorischen Verinnerlichungen durchgesetzt werden. Der Akzent liegt dabei auf der ersten Spielart von Verinnerlichung, also auf der entsinnlichenden Dynamik des Schullernens.“[6]
Horst Rumpf geht es darum aufzuzeigen, wie der Mensch während seines Sozialisationsprozesses von natürlichem Lernen und Handeln entfremdet wird, indem er Selbstkontrollmechanismen der Zivilisation „verinnerlicht“.
Das „Schullernen“ trägt nach Rumpf sozusagen konditionierend dazu bei, dass das Individuum sich systematisch einem fremdbestimmten, kollektiv verbindlichen Verhaltenskanon unterwirft und nicht in den Rahmen passendes Verhalten abzulegen oder zu verdrängen lernt.[7] Außer jenem Aspekt, dass ein Individuum in der Schule in staatlichem Interesse erzogen und auf das notwendig angepasste Leben in der Gesellschaft und Berufswelt vorbereitet wird, behandelt Rumpf auch die Seite der Wissensvermittlung und erhebt den Vorwurf, dass in der Institution Schule kein ganzheitliches Lernen mehr stattfinden könne. Da der Mensch (nahezu masochistisch) einen Großteil seines Lebens in wenig ansprechenden Lehranstalten verbringe, weil dies allgemein anerkannt als Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft gelte, sei es notwendig die dortigen Bedingungen in jeder Hinsicht zu untersuchen und speziell das, von der Institution Unterdrückte und als irrelevant, oder sinnlos Abgetane zu fokussieren.[8]
2.2 „Zivilisierte Sinnlichkeit“
Diese Überschrift betitelt das erste Kapitel von Horst Rumpfs „Die übergangene Sinnlichkeit“ und verdichtet (in Anlehnung an Norbert Elias „Studien zum Prozeß der Zivilisation“[9] die Ausgangsthese des Autors, dass Erziehung und Bildungserwerb des Menschen in erster Linie durch Unterdrückung seiner emotionalen und sinnlichen, gewissermaßen natürlichen Bedürfnisse und Qualitäten geschehe. Um einen erfolgreichen Zivilisationsprozess und Integration in die Gesellschaft der Erwachsenen zu erfahren sei in erster Linie Affektkontrolle nötig:
„Die Grundqualifikation ist die Präsenz einer wirksamen inneren Zensur und Kontrolle. Zu lernen ist also in jedem Fall, die sinnlich manifest werdenden Medien der Äußerung (Körperbewegungen, animalische Körperfunktionen, Sprache) so in Gewalt zu bekommen, dass sie möglichst wenig von inneren Regungen, Reaktionen ausdrücken >>verraten<<.“[10]
Horst Rumpf beschreibt anhand etlicher Beispiele die natürliche Lern- und Denkart des Kindes, welches sich fern von der Rationalität der Erwachsenenwelt, seine eigene Phantasie und Realität errichtet. Diese unmittelbare, durch das eigene Subjekt gelenkte Perspektive werde jedoch mit dem Eintritt in öffentliche Institutionen zunichte gemacht:
„Und in diesen individuellen Zivilisationsprozess von wenigen Jahren bricht sich der […] durchgesetzte großräumige Zivilisationsprozeß, er fordert den Erwachsenen einen bestimmten Affektaufbau, einen rational kontrollierten Körper ab - bei Strafe des sozialen Überlebens.“[11]
Somit liefert Horst Rumpf gleichzeitig die Erklärung, weshalb der Mensch sich den oft unangenehmen, von außen gesteuerten Maßnahmen der Zivilisierung unterzieht: weil ihm sonst ganz existentiell „bei Strafe des sozialen Überlebens“ gesellschaftliche Sanktionen drohen.
Um zu verhindern, dass ein Individuum unzivilisiertes Verhalten zeige werde die allgemeine Schulpflicht und Unterricht als erzieherisches Mittel (besonders seit dem 19. Jahrhundert) in staatlichem Interesse eingesetzt. Horst Rumpf stellt schließlich die Frage „Wie wird diese Affektkontrolle Heranwachsenden einstudiert?[12] und verweist auf die Schulpraxis der letzen 150 Jahre, als Ausdruck dieser Bemühung.
[...]
[1] Rumpf, Horst: Die übergangene Sinnlichkeit. München, 1981.
[2] Rumpf, Horst: Die künstliche Schule und das wirkliche Lernen. Über verschüttete Züge im Menschenlernen. München, 1986.
[3] Gruschka, Andreas: Didaktik. Das Kreuz mit der Vermittlung. Elf Einsprüche gegen den didaktischen Betrieb. Wetzlar 2002, S. 404.
[4] Vgl. hierzu A. Gruschka 2002, S. 401.
[5] Beiträge zur Lehrkultur an der Universität. Pädagogik lehren an der Universität. Kolloquium zur Verabschiedung von Karl-Christoph Lingelbach und Horst Rumpf, veranstaltet vom Fachbereich Erziehungswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität. Hrsg. v. Hartwig Zander. Frankfurt 1997, S. 7.
[6] H. Rumpf, 1981, S. 8.
[7] Vgl. H. Rumpf 1981, S. 7-52.
[8] H. Rumpf, 1981, S. 7-8.
[9] Ders., S. 21.
[10] H. Rumpf, 1981, S. 21.
[11] H. Rumpf, 1981, S. 22-23.
[12] Ders., S.23.
- Citar trabajo
- Magistra artium Yvonne Rudolph (Autor), 2003, Horst Rumpf: "Die übergangene Sinnlichkeit" Eine Analyse der Vorzüge und Grenzen des reformpädagogischen Modells., Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27535
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