A. hat vor Kurzem seine Ausbildung zum Altenpfleger begonnen. Heute hat er Spätschicht und bringt zum ersten Mal den demenziell erkrankten Bewohner O. zu Bett. A. stellt fest, dass O. wieder aufstehen möchte. So fragt er Schwester K.: „Machen wir bei Herrn O. das Bettgitter hoch?“. K. antwortet ihm: „Ja, mach´ mal lieber, sonst ist die Nachtschicht ja nur noch im Stress!“
Was ist geschehen? Soeben wurde einem Menschen die Freiheit entzogen. Konnte sich A. darauf verlassen, dass das, was er tut, rechtmäßig ist? Hat er sein Handeln und die damit verbundenen Folgen für den Bewohner, aber auch für sich, womöglich gar nicht reflektiert?
Für Pflegeheime stellen demenziell Erkrankte eine besondere Herausforderung dar. So nimmt die Grundpflege bei dieser Personengruppe häufig mehr Zeit in Anspruch als bei nicht demenziell Erkrankten. Beispielsweise verstehen die Betroffenen nicht, warum sie jetzt zum Essen oder zum Schlafen gehen sollen, sie reagieren ängstlich oder aggressiv, da sie die Situation vielfach nicht einordnen können. Auf der anderen Seite wird der Personalschlüssel anhand der Anzahl der Heimbewohner und deren Pflegestufe berechnet. Da bei der Feststellung der Pflegestufe vorrangig der Aufwand für pflegerische Tätigkeiten berücksichtigt wird, zahlen die Pflegekassen für demenziell Erkrankte weniger. Die Folge ist, dass demente Heimbewohner oftmals nicht adäquat betreut werden können. Für das Heimpersonal ist es dadurch schwierig, die Betroffenen in den Heimalltag zu integrieren, da sie auch auf andere Heimbewohner störend wirken (können). In der Konsequenz sind demente Heimbewohner oftmals alleine, da sie beispielsweise im Zimmer zurückgelassen werden. Sie haben dadurch Angst, fühlen sich unverstanden und reagieren dementsprechend unruhig, laut, aggressiv oder versuchen wegzulaufen.
Heime sind daher in der Praxis oftmals geneigt, bei „schwierigen“ Bewohnern freiheitsentziehende Maßnahmen beim zuständigen Betreuungsgericht zu „beantragen“ bzw. anzuregen. Freiheitsentziehende Maßnahmen gehören somit zum Pflegealltag. Sie werden damit begründet, die Betroffenen vor Stürzen und anderen Gefahren schützen zu wollen. „Grund für die Fixierung[en] ist [auch] die Angst vor Haftung, … denn nach einem Sturz des Bewohners, der mit Behandlungskosten verbunden ist, kommt schnell der böse Brief der Krankenkassen.“
Diese Studienarbeit soll sich mit der Problematik freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen beschäftigen und welche Aufgaben sich daraus …
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Rechtliche Betreuung
- Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB
- Unterbringungsähnliche Maßnahme nach § 1906 Abs. 4 BGB
- Problematiken im Pflegeheim
- Sind freiheitsentziehende Maßnahmen immer notwendig?
- Aufgaben für die Soziale Arbeit
- ReduFix
- Werdenfelser Weg
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studienarbeit untersucht die Problematik freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen, insbesondere im Kontext von § 1906 Abs. 4 BGB, und beleuchtet die daraus resultierenden Aufgaben für die Soziale Arbeit. Die Arbeit analysiert die rechtlichen Grundlagen und praktischen Herausforderungen im Umgang mit demenziell erkrankten Bewohnern.
- Rechtliche Grundlagen freiheitsentziehender Maßnahmen nach § 1906 BGB
- Herausforderungen und Problematiken im Pflegeheimalltag
- Notwendigkeit und Vermeidung freiheitsentziehender Maßnahmen
- Rollen und Aufgaben der Sozialen Arbeit in diesem Kontext
- Innovative Konzepte zur Vermeidung von Fixierungen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung schildert ein Szenario, in dem ein Altenpfleger einen demenziell erkrankten Bewohner mit einem Bettgitter fixiert, um die Nachtschicht zu erleichtern. Dieses Beispiel verdeutlicht die Problematik freiheitsentziehender Maßnahmen und deren ethische und rechtliche Implikationen. Es wird die besondere Herausforderung durch die Betreuung demenziell erkrankter Menschen in Pflegeheimen hervorgehoben und der Kontext von Personalmangel und unzureichender Finanzierung beleuchtet. Der Fokus liegt auf der Frage, ob solche Maßnahmen rechtmäßig sind und ob die damit verbundenen Folgen ausreichend reflektiert werden.
Rechtliche Betreuung: Dieses Kapitel legt die rechtlichen Grundlagen der rechtlichen Betreuung dar und fokussiert sich auf die relevanten Paragraphen des BGB. Es bildet die Grundlage für das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen. Es werden die notwendigen rechtlichen Schritte und die involvierten Akteure beleuchtet, um ein umfassendes Bild der rechtlichen Situation zu schaffen. Die Verbindung zum Thema der Freiheitsentziehung wird hier hergestellt, um den weiteren Verlauf der Arbeit vorzubereiten.
Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB: Dieses Kapitel behandelt ausführlich die Thematik der Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB, speziell Absatz 4. Es werden unterbringungsähnliche Maßnahmen erläutert und die damit verbundenen Problematiken in Pflegeheimen detailliert untersucht. Es werden kritische Aspekte beleuchtet, die die Notwendigkeit solcher Maßnahmen in Frage stellen und alternative Lösungsansätze diskutiert. Der Schwerpunkt liegt auf den ethischen und praktischen Konsequenzen freiheitsentziehender Maßnahmen für die Betroffenen und das Pflegepersonal. Die verschiedenen Aspekte werden mit Hilfe von Beispielen illustriert und analysiert.
Aufgaben für die Soziale Arbeit: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Rolle und die Aufgaben der Sozialen Arbeit im Kontext freiheitsentziehender Maßnahmen. Es werden mögliche Handlungsansätze und Interventionen der Sozialen Arbeit beschrieben und zwei innovative Konzepte, ReduFix und Werdenfelser Weg, vorgestellt. Die Kapitel erläutert, wie die Soziale Arbeit dazu beitragen kann, Fixierungen zu vermeiden und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern. Es wird analysiert, wie die Sozialen Arbeit durch präventive Maßnahmen und Unterstützung des Personals die Situation verbessern kann.
Schlüsselwörter
Freiheitsentziehende Maßnahmen, § 1906 Abs. 4 BGB, Pflegeheime, Demenz, Rechtliche Betreuung, Soziale Arbeit, ReduFix, Werdenfelser Weg, Fixierung, Altenpflege.
Häufig gestellte Fragen zur Studienarbeit: Freiheitsentziehende Maßnahmen in Pflegeheimen
Was ist der Gegenstand dieser Studienarbeit?
Die Studienarbeit untersucht die Problematik freiheitsentziehender Maßnahmen in Pflegeheimen, insbesondere im Kontext von § 1906 Abs. 4 BGB, und die daraus resultierenden Aufgaben für die Soziale Arbeit. Sie analysiert die rechtlichen Grundlagen und praktischen Herausforderungen im Umgang mit demenziell erkrankten Bewohnern.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die rechtlichen Grundlagen freiheitsentziehender Maßnahmen nach § 1906 BGB, die Herausforderungen und Problematiken im Pflegeheimalltag, die Notwendigkeit und Vermeidung solcher Maßnahmen, die Rollen und Aufgaben der Sozialen Arbeit und innovative Konzepte zur Vermeidung von Fixierungen (wie ReduFix und der Werdenfelser Weg).
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Rechtlichen Betreuung, ein Kapitel zur Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB (inkl. § 1906 Abs. 4 BGB und unterbringungsähnlichen Maßnahmen), ein Kapitel zu den Aufgaben der Sozialen Arbeit und eine Schlussbetrachtung. Jedes Kapitel bietet eine detaillierte Auseinandersetzung mit den jeweiligen Aspekten.
Wie wird die Problematik der Freiheitsentziehung in der Einleitung dargestellt?
Die Einleitung beginnt mit einem Szenario, das die Problematik verdeutlicht: Ein Altenpfleger fixiert einen demenziell erkrankten Bewohner mit einem Bettgitter, um die Nachtschicht zu erleichtern. Dies illustriert die ethischen und rechtlichen Implikationen solcher Maßnahmen und betont den Kontext von Personalmangel und unzureichender Finanzierung.
Was wird im Kapitel "Rechtliche Betreuung" behandelt?
Dieses Kapitel erläutert die rechtlichen Grundlagen der rechtlichen Betreuung und konzentriert sich auf die relevanten Paragraphen des BGB. Es schafft die Basis für das Verständnis der rechtlichen Rahmenbedingungen freiheitsentziehender Maßnahmen und beleuchtet die notwendigen Schritte und involvierten Akteure.
Worauf konzentriert sich das Kapitel "Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB"?
Dieses Kapitel behandelt ausführlich die Freiheitsentziehung nach § 1906 BGB, insbesondere Absatz 4. Es erklärt unterbringungsähnliche Maßnahmen, untersucht die damit verbundenen Problematiken in Pflegeheimen und diskutiert alternative Lösungsansätze. Der Fokus liegt auf ethischen und praktischen Konsequenzen für Betroffene und Pflegepersonal.
Welche Rolle spielt die Soziale Arbeit laut der Arbeit?
Das Kapitel "Aufgaben für die Soziale Arbeit" beschreibt die Rolle und Aufgaben der Sozialen Arbeit im Kontext freiheitsentziehender Maßnahmen. Es präsentiert Handlungsansätze, Interventionen und innovative Konzepte wie ReduFix und den Werdenfelser Weg, um Fixierungen zu vermeiden und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Freiheitsentziehende Maßnahmen, § 1906 Abs. 4 BGB, Pflegeheime, Demenz, Rechtliche Betreuung, Soziale Arbeit, ReduFix, Werdenfelser Weg, Fixierung, Altenpflege.
- Quote paper
- Michael Hubert (Author), 2014, Die Problematik freiheitsentziehender Maßnahmen nach § 1906 Abs. 4 BGB in Pflegeheimen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274979