`„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“.` 1
Mit diesem Satz beschrieb Willy Brandt, der lange Jahre regierender Bürgermeister von
Berlin war, seine Gefühle, die er empfand, als er am 10. November in die `Freie Stadt` kam,
um mit eigenen Augen zu sehen, was am vorherigen Abend passiert war: Die Mauer war
gefallen. Ein Umstand, den die wenigsten so schnell erwartet hatten.
Der Aufbruch zur Demokratie, der sich in der DDR, in Polen, Ungarn und weiteren
Ostblockstaaten zeigte, war unter anderem das Resultat des Reformprogrammes Michael
Gorbatschows, das vor allem unter den Schlagworten `Perestroika` (wirtschaftliche und
politische Umgestaltung) und `Glasnost` (Offenheit) bekannt wurde. Gorbatschows Anliegen
war es, die marode Wirtschaft der Sowjetunion mit Hilfe marktwirtschaftlicher Elemente,
aber auch den Sozialismus in seiner ganzen Form zu modernisieren, die Abrüstung Ost und
West voranzutreiben und auf eine Entspannungspolitik mit den Vereinigten Staaten von
Amerika zu setzen. Der Westen war von diesem neuen Kurs der Sowjetunion begeistert, doch
Erich Honecker war enttäuscht und wütend über die Anwandlungen seines `Chefs`, der sich
immer mehr der Bundesrepublik und den USA zuwendete. Honecker hatte das Ziel, die
Zweistaatlichkeit der beiden deutschen Staaten zu zementieren, doch damit stieß er bei
Gorbatschow auf taube Ohren. Er verstand die Reformpolitik Gorbatschows „als Anschlag
auf die eigene Machtbasis“. 2 Dabei wollte Gorbatschow den Sozialismus überhaupt nicht
abschaffen, sondern ihn lediglich leistungsfähiger machen. Der gigantische sowjetische
Militärapparat erschöpfte die finanziellen Quellen der UdSSR in einem solchen Maße, daß in
der Bevölkerung erhebliche Versorgungslücken entstanden waren und auch der technische
Rückstand zu den westlichen Staaten immer größer wurde. So gehörte auch die Breschnew-
Doktrin, die Moskau das Recht einräumte mit Gewalt zu reagieren, sollte der Sozialismus in
einem dem Warschauer-Pakt angehörenden Länder gefährdet sein, Ende der 80er Jahre der
Vergangenheit an. Moskau konnte nicht mehr die Mittel dafür aufbringen, für die
`Partnerstaaten` zu sorgen und räumte ihnen daher ein Selbstbestimmungsrecht ein. Es wurde
ihnen gesagt, daß sie nunmehr selbst auf die Zustimmung ihrer Bevölkerung angewiesen seien
und sie nicht mehr auf die Unterstützung der Sowjetunion zählen könnten. [...]
1 Weber, Deutsche Geschichte, S. 278.
2 Weber, Deutsche Geschichte, S. 251.
Inhaltsverzeichnis
I. 1989 – Der Fall der Mauer
II. François Mitterrand und die deutsche Einheit
1. Exkurs: Die Persönlichkeit François Mitterrand
2. Mitterrand und die Sowjetunion
3. Mitterrands Bild der Deutschen
4. Mitterrand und seine Haltung zur deutschen Einheit
4.1. Der Fall der Mauer
4.2. Sorge um das Gleichgewicht
4.3. Spannungen und diplomatische Alleingänge
4.4. Die Forderung nach einer Einbindung des vereinigten Deutschlands in die westliche Gemeinschaft
III. Abschlußbetrachtung
IV. Bibliographie
I. 1989 – Der Fall der Mauer
`„Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört“.`[1]
Mit diesem Satz beschrieb Willy Brandt, der lange Jahre regierender Bürgermeister von Berlin war, seine Gefühle, die er empfand, als er am 10. November in die `Freie Stadt` kam, um mit eigenen Augen zu sehen, was am vorherigen Abend passiert war: Die Mauer war gefallen. Ein Umstand, den die wenigsten so schnell erwartet hatten.
Der Aufbruch zur Demokratie, der sich in der DDR, in Polen, Ungarn und weiteren Ostblockstaaten zeigte, war unter anderem das Resultat des Reformprogrammes Michael Gorbatschows, das vor allem unter den Schlagworten `Perestroika` (wirtschaftliche und politische Umgestaltung) und `Glasnost` (Offenheit) bekannt wurde. Gorbatschows Anliegen war es, die marode Wirtschaft der Sowjetunion mit Hilfe marktwirtschaftlicher Elemente, aber auch den Sozialismus in seiner ganzen Form zu modernisieren, die Abrüstung Ost und West voranzutreiben und auf eine Entspannungspolitik mit den Vereinigten Staaten von Amerika zu setzen. Der Westen war von diesem neuen Kurs der Sowjetunion begeistert, doch Erich Honecker war enttäuscht und wütend über die Anwandlungen seines `Chefs`, der sich immer mehr der Bundesrepublik und den USA zuwendete. Honecker hatte das Ziel, die Zweistaatlichkeit der beiden deutschen Staaten zu zementieren, doch damit stieß er bei Gorbatschow auf taube Ohren. Er verstand die Reformpolitik Gorbatschows „als Anschlag auf die eigene Machtbasis“.[2] Dabei wollte Gorbatschow den Sozialismus überhaupt nicht abschaffen, sondern ihn lediglich leistungsfähiger machen. Der gigantische sowjetische Militärapparat erschöpfte die finanziellen Quellen der UdSSR in einem solchen Maße, daß in der Bevölkerung erhebliche Versorgungslücken entstanden waren und auch der technische Rückstand zu den westlichen Staaten immer größer wurde. So gehörte auch die Breschnew-Doktrin, die Moskau das Recht einräumte mit Gewalt zu reagieren, sollte der Sozialismus in einem dem Warschauer-Pakt angehörenden Länder gefährdet sein, Ende der 80er Jahre der Vergangenheit an. Moskau konnte nicht mehr die Mittel dafür aufbringen, für die `Partnerstaaten` zu sorgen und räumte ihnen daher ein Selbstbestimmungsrecht ein. Es wurde ihnen gesagt, daß sie nunmehr selbst auf die Zustimmung ihrer Bevölkerung angewiesen seien und sie nicht mehr auf die Unterstützung der Sowjetunion zählen könnten. Nur auf diesem Wege sah Gorbatschow eine weitere Zukunft für sein eigenes Land. Das Recht auf Selbstbestimmung nahm Honecker zum Anlaß, seinen eigenen alten Kurs fortzusetzen, und keine Reformen in der DDR einzuführen. Er war der Meinung, daß dies nicht nötig wäre und die DDR-Bürger auch weiterhin hinter ihm und der SED standen. Doch er hatte sich getäuscht. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wuchs. Man sah hoffnungsvoll auf die Umbrüche in Polen und Ungarn, die eine Vorreiterrolle in der Befreiung von der kommunistischen Diktatur spielten. Doch nichts geschah. Die Reformunwilligkeit Honeckers schürte die Krise in der DDR zunehmend. Sogar einige SED-Mitglieder standen nicht mehr auf der Seite ihrer Partei und wurden somit ausgeschlossen.
Während der Urlaubszeit flüchteten sich viele DDR-Bürger in die Botschaften der Bundesrepublik in Budapest, Warschau, Prag und Ostberlin und versuchten ihre Ausreise dadurch zu erzwingen. Ungarn bat daraufhin die DDR-Führung, Ausreisegenehmigungen auszustellen, doch man weigerte sich. Da Ungarn von der wirtschaftlichen Hilfe der Bundesrepublik anhängig war und man keine schwere ökonomische Krise heraufbeschwören wollte, wurden die ungarisch-österreichischen Grenzen geöffnet. Über Österreich konnten nun die DDR-Flüchtlinge zu Tausenden in die Bundesrepublik einreisen.
Die Proteste wurden nun immer lauter. Es formierten sich neue Bürgerrechtsbewegungen, viele Menschen gingen auf die Straßen und demonstrierten. Die Einschüchterungsversuche der Parteispitze wirkten nicht mehr. Honecker blieb bis zum Schluß hart, wollte sogar Panzer gegen die Demonstranten auffahren, doch seine engsten Vertrauten hatten sich bereits zu seinem Sturz entschlossen. Am 18. Oktober 1989 wurde Honecker zum Rücktritt gezwungen und Egon Krenz trat an seine Stelle. Doch bald merkte man, daß auch Krenz nicht reformwillig war und nur Zeit gewinnen wollte, die Wogen wieder zu glätten.
Immer mehr Menschen nahmen nun an den Demonstrationen teil, immer lauter wurden die Stimmen nach einer demokratischen Gesellschaft und sofortiger Reisefreiheit. Krenz und einige Politbüromitglieder beschlossen daher auf einer Sitzung des Zentralkomitees, daß nun alle DDR-Bürger einen Reisepaß erhalten sollten. Bisher besaßen nur wenige dieses Papier. Es sollten nun `“Privatreisen nach dem Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen“`[3] möglich sein, wobei keine Unterschiede mehr zwischen Besuchsreisen und Dauerreisen gemacht wurden. Der Überlegung, allen DDR-Bürgern die Ausreise mit Hilfe eines Reisepasses und eines kurzfristig zu beantragenden Visums zu ermöglichen, lag die Idee zugrunde, daß nicht alle Bürger auf einmal ausreisen konnten, da der Antrag auf einen Reisepaß mehrere Wochen in Anspruch nehmen konnte. So wollte man dem Massenexodus aus der DDR entgegenwirken. Krenz übergab am Nachmittag des 9. Novembers 1989 den Beschluß des Zentralkomitees dem Pressesprecher Günter Schabowski, der sie am Abend auf einer Pressekonferenz verlesen sollte, allerdings bei der eigentlichen Abstimmung im Plenum selbst nicht anwesend war. Dadurch war Schabowski nicht genügend über die neue Regelung informiert und hatte sich auch den Text vor der Pressekonferenz nicht mehr durchgelesen. Auf die Frage eines Journalisten, wann denn diese Regelung gelte, antwortete er irritiert: `“Sofort, unverzüglich“`[4], obwohl davon nichts erwähnt war. Ein schwerwiegender Fehler, der ungeahnte Folgen mit sich brachte. Nach diesen Äußerungen verließ Schabowski die Konferenz und fuhr nach Hause. Der Text des Beschlusses war nirgends zu bekommen und man war verwirrt über die eben gehörten Worte. Bald kursierte das Gerücht, daß „alle Reisebeschränkungen, einschließlich des Visumzwangs, aufgehoben worden seien.“[5] Journalisten interpretierten die Aussagen Schabowskis auf ihre eigene Art und so ging die Nachricht um die Welt , daß die DDR die Grenzen öffnet. Nun gab es kein Halten mehr für die DDR-Bevölkerung. Sie strömten an die Grenze in Ostberlin. Die Sicherheitskräfte, die keine genauen Anweisungen bekommen hatten, konnten dem Druck der Massen nicht mehr Stand halten und öffneten die Schlagbäume.
Die Mauer war gefallen.[6]
Dies ist im Kurzen ein Abriß der Ereignisse, die zum Mauerfall 1989 führten.
In der folgenden Arbeit soll nunmehr die Meinung zum Thema Wiedervereinigung seitens François Mitterrands beziehungsweise Frankreichs verdeutlicht werden. Wie sah Frankreich die Ereignisse Ende der 80er Jahre? Wie verhielt sich Frankreich zur Sowjetunion? Welche Haltung nahm François Mitterrand gegenüber der Wiedervereinigung ein? Welche Strategien wurden verfolgt? Diese und andere Fragen sollen im Folgenden behandelt werden. Um die Haltung und Entscheidungen Mitterrands besser verstehen zu können, soll zu Beginn kurz auf seine Persönlichkeit eingegangen werden. Ebenso soll das Deutschlandbild Mitterrands in kurzen Zügen dargestellt werden. Die Analyse der Arbeit basiert vor allem auf dem Buch von Franz-Olivier Giesbert `François Mitterrand – eine Biographie`.
[...]
[1] Weber, Deutsche Geschichte, S. 278.
[2] Weber, Deutsche Geschichte, S. 251.
[3] Weber, Deutsche Geschichte, S. 275.
[4] Weber, Deutsche Geschichte, S. 275.
[5] Zelikow/Rice, Sternstunden der Diplomatie, S. 152.
[6] Vgl. Weber, Deutsche Geschichte, S. 251-288.
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