Grundsätzlich gibt es viele verschiedene moralphilosophische Thesen, welche als „relativistisch“ bezeichnet werden. Generell wird der moralische Relativismus jedoch in drei Formen unterschieden. Zum einen findet man den deskriptiven Relativismus, welcher die Praxis unserer moralischen Urteile behandelt, zum anderen den normativen Relativismus, welcher selbst die moralischen Behauptungen aufstellt und zuletzt den metaethischen Relativismus, welcher Antworten auf zentrale Fragen der Metaethik gibt, wie beispielsweise die Frage nach der moralischen Erkenntnis und ob sie überhaupt möglich ist, oder wie man die Bedeutung moralischer Aussagen analysieren kann.
Titel: Analyse der Analysemethodik von Relativisten über moralische Aussagen und ihren Wahrheitsgehalt
„ Relativism can [ … ] be seen as a tactical retreat made by common sense in the face of the nihilist threat. Persuaded that absolute morality is a pipe dream, a relativist suggests that we might still salvage much of moral practice, moral thought, and moral talk by relativizing. Relative morality may be less than common sense could hope for, but it is better than nihilism ’ s nothing. “ 1
Grundsätzlich gibt es viele verschiedene moralphilosophische Thesen, welche als „ relativistisch “ bezeichnet werden. Generell wird der moralische Relativismus jedoch in drei Formen unterschieden. Zum einen findet man den deskriptiven Relativismus, welcher die Praxis unserer moralischen Urteile behandelt, zum anderen den normativen Relativismus, welcher selbst die moralischen Behauptungen aufstellt und zuletzt den metaethischen Relativismus, welcher Antworten auf zentrale Fragen der Metaethik gibt, wie beispielsweise die Frage nach der moralischen Erkenntnis und ob sie überhaupt möglich ist, oder wie man die Bedeutung moralischer Aussagen analysieren kann.2
Der nun folgende Essay beschäftigt sich jedoch ausschließlich mit dem metaethischen Relativismus und der Analysetechnik des metaethischen Relativisten von moralischen Aussagen.
Dabei besteht das Hauptproblem jedoch darin, dass sich die bekannten Theorien der Bedeutung, in der Art und Weise wie sie für den Bereich des Nichtmoralischen konzipiert wurden, nicht auf den Bereich des Moralischen transferieren lassen. Beispielhaft zeigt sich dieser Notstand daran, dass sich moralische Aussagen nicht einfach als wahre oder falsche Darstellungen bestimmter Tatbestände auffassen lassen, obwohl sie als ganz allgemeine Behauptungssätze auftreten.3 Als Gründe lassen sich diesbezüglich folgende Faktoren anführen:
Zum einen sind sie moralische Tatbestände von intrinsisch- normativem Charakter. Diese intrinsische Motivation unterscheidet sie beispielsweise von nichtmoralischen Tatsachen. Exemplarisch lässt sich dies an folgendem Argument illustrieren: Es ist schlecht jemand anderen zu bestehlen. Daraus leitet sich ab, dass man niemand anderen bestehlen sollte. Dies bedeutet also, dass es gute Gründe dafür gibt, keinen Menschen zu bestehlen, was wiederrum zeigt, dass anders als nichtmoralische Tatbestände, moralische Tatsachen einen Anspruch an Menschen haben.
Diesbezüglich konstatieren Erkenntnistheoretiker, dass Menschen über kein entsprechendes Sinnesorgan verfügen, welches diese Tatbestände wahrnimmt. Das bedeutet also, dass es dem Menschen nicht möglich ist, objektive moralische Aussagen zu treffen, es sei denn, wir legen unserer moralischen Bewertung einen Maßstab zugrunde. Dies würde jedoch zu einer Verschiebung der Fragestellung führen, da nun nicht mehr die Frage nach der Objektivität der moralischen Urteile im Fokus stehen würde, sondern die Frage nach der Objektivität der ihnen zugrundeliegenden Maßstäbe. Dies alles zeigt folglich, dass moralische Aussagen nicht als wahre oder falsche Deskriptionen erfasst werden können. Dennoch lässt sich auch die Auffassung, dass moralische Aussagen eben doch wahre oder falsche Beurteilungen von Tatsachen sind, belegen.
Beispielhaft soll dies durch folgende Prämissen, sowie der daraus resultierenden Konklusion illustriert werden:
P1: Es ist schlecht, einen anderen Menschen zu bestehlen.
P2: Wenn es schlecht ist, einen anderen Menschen zu bestehlen, dann ist es ebenso schlecht Petra zu bestelen.
K: Es ist schlecht, Petra zu bestehlen.
Da moralische Aussagen, Elemente logischer Ableitungen sein können und dieser Schluss gültig ist, da die Konklusion unweigerlich aus wahren Prämissen folgt, wird deutlich gemacht, dass moralische Aussagen eben doch als Beschreibung bestimmter Tatsachen gesehen werden müssen.4
Dies enthüllt folglich das Dilemma, dass moralische Aussagen zum einen nicht als Beschreibung gesehen werden können, sie aber dennoch ebenso als Beschreibung verstanden werden m ü ssen.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma versucht nun die semantische Analyse der Relativisten. Ihrer Ansicht nach, sind Sätze wie „ Es ist absolut falsch Menschen zu bestehlen “ erst einmal nichts anderes als Beschreibungen, also eine bestimmte Form von Ausrufen, Befehlen oder gar Bitten. Weiterhin sind Relativsten der Auffassung, dass dieser Satz für sich genommen keine feste Wahrheitsbedingung enthält. Dieser Aspekt lässt Philosophen und Relativisten also übereinkommen. Die Ursache, dass dieser Satz keine feste Wahrheitsbedingung enthält, liegt daran, dass es sich bei moralischen Aussagen immer um kontextabhängige Beschreibungen handelt. Sie sollten immer im in Kontext mit einem Bezugssystem gesehen werden. Daher handelt es sich immer um relative Wahrheitsbedingungen. Das bedeutet also, dass es sich mit moralischen Aussagen genauso verhält wie beispielsweise mit dem Satz „ Die Leipziger Universität ist groß.“ Dieser Satz trägt in sich keine festen Wahrheitsbedingungen, da es keine Tatsachen gibt, die diesen Satz an sich wahr oder falsch machen. Da er kontextabhängig ist, lässt sich die Wahr-, oder Falschheit nur klären, indem der in ihm geäußerte Kontext herangezogen und betrachtet wird. Wird er von jemandem geäußert, der an der Fernuniversität Hagen eingeschrieben ist, erscheint diese Aussage unweigerlich als falsch. Wird diese Aussage jedoch von jemandem gemacht, der an der Universität Ulm eingeschrieben ist, erscheint sie als wahr. Das bedeutet also, dass die Festlegung des Kontexts, also die Betrachtung der Perspektive, die Beschreibung einer Tatsache wahr oder falsch macht.
Daraus lässt sich für den moralischen Relativismus schließen, dass es keinen Sinn macht, über die Wahr-, beziehungsweise Falschheit eines generell gefällten moralischen Urteils nachzudenken, da diese immer nur in Abhängigkeit von ihrem Äußerungskontext eruiert werden kann.
Generelle Aussagen wie „ Es ist unter allen Umständen falsch, einen Menschen zu töten.“ sind also laut metaethischen Relativisten, bezogen auf ihre Wahr-, beziehungsweise Falschheit sinnlos.5 Ihrer Auffassung nach, ist der Satz nur dann wahr, wenn es relativ zu dem durch den Äußerungskontext bestimmten moralischen Standard wirklich unter allen Umständen falsch ist, einen Menschen zu töten. Wahr wird er jedoch, wenn er relativ zu dem durch den Äußerungskontext bestimmten moralischen Standards der sich äußernden Person, wirklich unter allen Umständen wahr ist. Besonders offensichtlich wird diese Kontextabhängigkeit, wenn sie mit einem indexikalischen Ausdruck wie „ ich “, „ du “ etc versiehen werden. Würde der Satz lauten: „ ich finde, dass es unter allen Umständen falsch ist, einen Menschen zu töten. “ , wäre sofort ersichtlich, wessen moralische Ansichten gerade zum Ausdruck kommen. Neben diesen offensichtlichen Kontextabhängigkeiten, gibt es jedoch auch „ versteckte “.
Exemplarisch dafür könnte folgender Aussagesatz angesehen werden: „ Marina sagt, es ist nicht unhöflich, andere Menschen warten zu lassen. “ Aber es ist unhöflich andere Menschen warten zu lassen. Nehmen wir also an, dass Tim eben diesen Satz äußert, dann wäre er richtig, wenn Marina aus einer Kultur stammen würde, in welcher es zum guten Ton gehört andere Menschen warten zu lassen. Falsch jedoch, wenn es aus Tims Bezugssystem falsch wäre, andere Menschen warten zu lassen. Festzuhalten ist also, dass uns diese Aussage als widersprüchlich erscheint, obwohl sie eigentlich gar nicht widersprüchlich ist. Doch wieso erscheinen sie uns als widersprüchlich? Die Antwort ist, dass die Kontextabhängigkeit unerwartet wechselt. Normalerweise wird der Kontext während der Unterhaltung geklärt und wir kündigen an, wenn wir einen Wechsel vornehmen. Dies geschieht hier jedoch nicht. Derjenige, der die Aussage wahrheitsgemäß äußert, legt einen Kontext fest, indem er die Äußerung von Marina als wahr bezeichnet, aber einen anderen, wenn er selbst darüber urteilt. Daher kommen solche Äußerungen ohne vorherige Ankündigungen im Alltag selten vor. Wong deutet daher an, dass wir häufig eben diese Kontextabhängigkeit moralischer Urteile übersehen, weil wir moralische Urteile normalerweise vor dem Hintergrund eines fest fixierten Kontextes machen.6 Daraus ergibt sich deduktiv, dass fixierte Kontexte natürlich zu widersprüchlichen Aussagen führen. Deshalb ist es wichtig, eben diese Kontextabhängigkeit nicht zu übersehen. Man muss sich dabei klar machen, dass es als sinnlos erscheint, das Gesagte unabhängig vom Kontext, als richtig oder falsch abzuurteilen, da es nicht „ an sich “ richtig oder falsch sein kann, jemanden warten zu lassen. Und obwohl es kein moralisches Urteil gibt, was „ an sich “ für jeden Menschen richtig oder falsch ist, zeigt dieses Beispiel, dass der Sprecher des Satzes „ Es ist nicht unhöflich, andere Menschen warten zu lassen. “ einen universellen Anspruch auf seine moralische Bewertung erhebt. Es kann also konstatiert werden, dass jemand, der eine moralische Aussage macht, nicht nur ausdrücken will, dass eine Handlung gemessen an einem bestimmten Maßstab (beispielsweise seiner Kultur oder ähnliches) richtig oder falsch ist, sondern dass das Verhalten gemessen am (an sich) richtigen Maßstab richtig oder falsch ist. Hier zeichnet sich der Unterschied zum Beispiel mit der Leipziger Universität ( „ Die Leipziger Universität ist aus meiner Perspektive groß . “) ab. Denn bei diesem Beispiel will der Sprecher lediglich seine Perspektive kundtun, beansprucht jedoch nicht, dass seine Perspektive richtiger ist, als die, der anderen Personen.
Dieser Äußerungskontext spielt auch in anderen Fällen eine wichtige Rolle. Betrachtet man beispielsweise andere Kulturen, fällt einem dies in den Blick. Dennoch zeigt sich hier, dass sich moralische Aussagen unterschiedlicher Kulturen, Gruppen etc. scheinbar unterscheiden, tatsächlich können sie aber sehr wohl zugleich wahr sein. Wenn eine Person X aus einem bestimmten Kulturkreis beispielsweise die Handlung einer anderen Person für moralisch falsch hält, eine Person Y aus einer anderen Kultur (oder gar derselben) diese Handlung
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1 Dreier, James, Moral Relativism and Moral Nihilism, in: Copp, David (Hrsg.), The Oxford Handbook of Ethical Theory, Oxford 2006, S. 240-264, hier S. 241.
2 Höffe, Otfried, Zeitschrift für philosophische Forschung (Bd. 60), München 2006, S. 3.
3 Fisher, Andrew, Metaethics: An Introduction. Durham 2011, S. 111.
4 Ernst, Gerhard, Das semantische Problem des moralischen Relativisten, in: Zeitschrift für philosophische Forschung (Bd. 60), München 2006, S. 337-357, hier S. 340.
5 Fisher, Andrew, Metaethics: An Introduction. Durham 2011, S. 120.
6 David Wong: Moral Relativity, Berkeley 1984, S. 79.
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- Judith Teßmann (Autor), 2013, Die Analysemethodik von Relativisten über moralische Aussagen und ihren Wahrheitsgehalt, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274446
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