Die Bukowina sei „ein Museum - ohne gleichen - einer glorreichen rumänischen Vergangenheit", schwärmt Nandris, den der rumänische Historiker Octavian Lupu zitiert. Sein Text zur Bukowina erscheint zu einer Zeit, da diese längst (wieder) Teil rumänischer Geschichte geworden ist. Anfang des letzten Jahrzehnts der Ceauşescu-Diktatur, wo die Bestrebungen Rumäniens zu einer „nationalen Unabhängigkeit“ einem nie dagewesenen Höhepunkt zustreben, kommt Lupus kulturgeschichtliche Abhandlung zur Bukowina heraus. Sie atmet den antiwestlichen (besonders anti-österreichischen) Geist, der Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts politischer Mainstream in Rumänien geworden war. Dementsprechend negativ fällt die Einschätzung der österreichischen Annexion und der Habsburger Zeit für die Bukowina aus.
Wie aber lässt sich die Periode, in der die Bukowina - deutsch auch „Buchenland“ genannt - Teil des österreichischen Kronlandes war, beschreiben? Wie ist diese Phase zu bewerten? Zugang zu Wissen über die Zeit zwischen 1775 und 1918 ist nur vermittelt über einzelne Quellen und über Literatur möglich, der wiederum Quellen zugrunde liegen. Zu fragen ist dabei auch kritisch, welche Absichten und Motivationen hinter den Texten stecken mögen, welcher Nationalität der Autor angehört, aber auch zu welcher Zeit ein Text abgefasst wurde. Den „unverstellten Blick“, wie ihn Siegfried Zimmer in der Auslegung biblischer Texte sucht, gilt es auch im Folgenden zu suchen, wenn anhand teils kontroverser Aussagen, Zuspitzungen und Lücken eine Zeitspanne von knapp 150 Jahren rekonstruiert werden soll.
Die Bukowina, ein 10.442 km² großes Gebiet heute zwischen der Ukraine und Rumänien, liegt nicht nur an der Schnittstelle von Ost- und Südosteuropa oder derjenigen zwischen „katholischem Abendland“ und „orthodoxen Morgenland“, sondern ist auch ein Gebiet an der Peripherie Europas, eine „strukturschwache Region“, wie Wahba schreibt. Im öffentlichen Diskurs spielt sie eine geringe Rolle; die Informationen über sie beschränken sich meist auf das Thema der von dort nach Deutschland kommenden Arbeitsmigrantinnen und die Tatsache, dass es dort einmal eine deutsche Minderheit gab. Andernorts spielt die Bukowina in historiographischen Artikeln und Aufsätzen im Zusammenhang mit den Weltkriegen und ihren Folgen (Vertreibungen, Holocaust) eine Rolle. Eine Ausnahme bildet an dieser Stelle die Bukowinaforschung, die sich auf der Schittstelle von Geografie und Geschichtswissenschaft bewegt [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Die Bukowina bis 1775
- Wüst und leer oder blühende Obstgärten?
- Kurze Begriffsgeschichte
- Vorgeschichte der „Bukowina“
- Die Habsburger Zeit 1775-1918
- Die Annexion
- Konsolidierung und Modernisierung
- Die Bukowina als Teil Galiziens
- Kirche, Kultur und Bildung
- Herzogtum Bukowina
- Die jüdische Bevölkerung
- Der Erste Weltkrieg
- Der Anschluss an Rumänien
- Das Schicksal der Bauern
- Die Bukowina nach 1918
- Rivalitäten von Sowjetunion und Rumänien
- Bukowinaforschung heute
- Bewertung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Geschichte der Bukowina zur Zeit der Habsburger Herrschaft. Ziel ist es, diese Periode umfassend zu beleuchten und zu analysieren, indem die wichtigsten Aspekte der Außen- und Innenpolitik, Kultur und Bevölkerung im Zeitraum von 1775 bis 1918 untersucht werden.
- Die Annexion der Bukowina durch Österreich im Jahr 1775 und ihre Auswirkungen
- Die Entwicklungen in der Bukowina während der Habsburger Herrschaft, insbesondere in Bezug auf Konsolidierung, Modernisierung und das Verhältnis zu Galizien
- Die Rolle von Kirche, Kultur und Bildung im Bukowina unter österreichischer Herrschaft
- Die Auswirkungen der Habsburger Herrschaft auf die Bevölkerung der Bukowina, insbesondere auf die jüdische Bevölkerung
- Die politische und soziale Situation in der Bukowina nach dem Ersten Weltkrieg und die Rivalitäten zwischen der Sowjetunion und Rumänien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die die Relevanz der Bukowina für die rumänische Geschichte beleuchtet und gleichzeitig die Herausforderungen der historischen Rekonstruktion aufgrund von teils kontroversen Quellen und Interpretationen aufzeigt.
Im zweiten Kapitel wird ein Blick auf die Zeit vor der österreichischen Annexion geworfen. Der Fokus liegt auf unterschiedlichen Beschreibungen des Zustands der Bukowina vor 1775 und der Frage, welche politischen Mächte in dieser Region agierten.
Das dritte Kapitel widmet sich der Habsburger Zeit von 1775 bis 1918. Es werden die wichtigsten Entwicklungen und Verwerfungen in den Bereichen Außen- und Innenpolitik, Kultur und Bevölkerung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Bukowina, Habsburger, Annexion, Konsolidierung, Modernisierung, Galizien, Kirche, Kultur, Bildung, jüdische Bevölkerung, Erster Weltkrieg, Rumänien, Sowjetunion, österreichisches Erbe
- Citation du texte
- Janka Vogel (Auteur), 2014, Die Bukowina zur Habsburger Zeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/274335