Eine Definition des Begriffs Volkslied besagt:
„...vom Gesellschafts- und Kunstlied unterscheidet es sich durch Alter und Langlebigkeit,
eine zunächst nicht schriftliche, sondern mündlich- gedächtnismäßige Überlieferung und die
daraus resultierende Veränderlichkeit des Textes und der Melodie...“1
Wie die meisten Definitionen entstand auch diese erst nachdem sich der zu definierende
Gegenstand über einen gewissen Zeitraum hinweg verändert und die Erfahrungen der
Menschen im Umgang mit Ebendiesem eine Eingrenzung möglich gemacht hat. Dabei ist es
meist noch schwerer, das, was im Alltag so selbstverständlich als Begriff gebraucht wird,
genau zu definieren. So ist es auch in diesem Fall. Es stellt sich die Frage, durch welche
Einflüsse die allgemeine Vorstellung von einem Volkslied und damit auch die erwähnte
Definition geprägt wurden. Als eine wichtige Quelle des deutschen Volksliedes wird die
Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn angesehen. Warum dies so ist soll im Folgenden
dargestellt werden. Des Weiteren möchte ich auf die identitätsstiftende Wirkung der
Sammlung im Kontext ihrer Entstehungszeit eingehen und in diesem Zusammenhang auf die
viel diskutierte Frage nach der Originalität der Texte zurückgreifen. Zunächst soll jedoch ein
einführender Blick auf Heidelberg zur Zeit der Romantik geworfen werden. Hier begegnen
uns die beiden Editoren des Wunderhorns, Clemens Brentano und Achim von Arnim. Es folgt
eine Schilderung ihres Lebens, insbesondere der Entstehungsgeschichte des Wunderhorns.
Über die Beweggründe, die zur Entstehung der Sammlung geführt haben, soll dann
schließlich ein Einstieg in oben genannte Fragen gefunden werden.
1 Meyers grosses Taschenlexikon, s.v. Volkslied
Gliederung
0. Einleitung
1. Heidelberg zur Zeit der Romantik
2. Die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn
2.1. Clemens Brentano und Archim von Arnim
2.2. Beweggründe und Quellenarbeit
2.3. Identitätsstiftende Wirkung der Sammlung
3. Der Stand des Volksliedes heute
4. Zusammenfassung
Bibliografie
0. Einleitung:
Eine Definition des Begriffs Volkslied besagt:
„...vom Gesellschafts- und Kunstlied unterscheidet es sich durch Alter und Langlebigkeit, eine zunächst nicht schriftliche, sondern mündlich- gedächtnismäßige Überlieferung und die daraus resultierende Veränderlichkeit des Textes und der Melodie...“[1]
Wie die meisten Definitionen entstand auch diese erst nachdem sich der zu definierende Gegenstand über einen gewissen Zeitraum hinweg verändert und die Erfahrungen der Menschen im Umgang mit Ebendiesem eine Eingrenzung möglich gemacht hat. Dabei ist es meist noch schwerer, das, was im Alltag so selbstverständlich als Begriff gebraucht wird, genau zu definieren. So ist es auch in diesem Fall. Es stellt sich die Frage, durch welche Einflüsse die allgemeine Vorstellung von einem Volkslied und damit auch die erwähnte Definition geprägt wurden. Als eine wichtige Quelle des deutschen Volksliedes wird die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn angesehen. Warum dies so ist soll im Folgenden dargestellt werden. Des Weiteren möchte ich auf die identitätsstiftende Wirkung der Sammlung im Kontext ihrer Entstehungszeit eingehen und in diesem Zusammenhang auf die viel diskutierte Frage nach der Originalität der Texte zurückgreifen. Zunächst soll jedoch ein einführender Blick auf Heidelberg zur Zeit der Romantik geworfen werden. Hier begegnen uns die beiden Editoren des Wunderhorns, Clemens Brentano und Achim von Arnim. Es folgt eine Schilderung ihres Lebens, insbesondere der Entstehungsgeschichte des Wunderhorns. Über die Beweggründe, die zur Entstehung der Sammlung geführt haben, soll dann schließlich ein Einstieg in oben genannte Fragen gefunden werden.
1. Heidelberg zur Zeit der Romantik
Mit dem der Romantik sehr zugetanen Universitätsprofessor Anton Friedrich Justus Thibaut (1772 - 1840) und seiner Maler und Literaten anziehenden Kulisse, die besonders durch die Schlossruine geprägt wird, bildet Heidelberg 1805 bis 1808 ein Zentrum der deutschen Hochromantik. Privatdozent Joseph von Görres (1776 - 1848) zieht mit seinen Vorlesungen über germanische Mythologie Scharen von romantisch interessierten Studenten an, die in Dichterkreisen ihr Gedankengut austauschen und publizieren. So finden sich in dieser Zeit auch die beiden Studenten Clemens Brentano und Achim von Arnim in Heidelberg ein. Sie wirken im Heidelberger Kreis, dessen Interesse der Erkundung des germanischen Altertums und der Bildung einer neuen gesamtdeutschen Identität gilt. Auch der von beiden bewunderte Joseph von Görres ist Teil dieses Dichterkreises, dessen Sprachrohr die von Achim von Arnim herausgegebene Zeitung für Einsiedler (1.4. bis 30.8.1808, 37 Ausgaben) ist. Trotz aller Romantik – freundlichen Stimmung gibt es allerdings auch kritische Stimmen: Johann Heinrich Voß (1721 – 1826) ist Dozent für Philosophie und klassische Philologie an der Heidelberger Universität und als Klassizist und Gegner romantischer Strömungen einer der schärfsten Kritiker des Wunderhorns, der mit seiner Meinung auch das gesamte Lehrpersonal der Universität spaltet und somit zum Ende der Heidelberger Romantik 1808 beiträgt.
2. Die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn
2.1. Clemens Brentano und Achim von Arnim
Clemens Wenzeslaus Brentano wird am 9. September 1778 in Ehrenbreitstein bei Koblenz in eine Handelsfamilie geboren (er feiert später seinen Geburtstag immer am 8. September, „Maria Geburt“, und verwendet daher „Maria“ als Pseudonym). Er verbringt seine Kindheit in Frankfurt, Heidelberg, Mannheim und Koblenz, wo er im Jesuitenkolleg 1787 Görres kennenlernt, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet. Er studiert Bergwissenschaften, Medizin und Philosophie in Bonn, Halle, Jena und Göttingen. Hier lernt er 1801 auch den am 26. Januar in Berlin geborenen Achim von Arnim kennen, der in Halle und Göttingen Jura, Mathematik und Physik studiert und gerade an einer mathematischen Abhandlung arbeitet. Beide freunden sich an, und Brentano weckt Arnims Interesse an Literatur. Auf ihrer gemeinsamen Rheinreise im Juni 1802 lassen sie sich von der malerischen, sagenumwobenen Kulisse des Rheintals und der Ursprünglichkeit des Lebens der einfachen Leute inspirieren. Im Oktober 1804 - nachdem Brentano seine erste Frau Sophie Mereau geehelicht und seinen ersten Sohn nach nicht einmal einem Monat wieder verloren hat - und Arnim seine große Bildungsreise beendet hat, treffen sich beide bei Arnim in Berlin und fassen den Plan zu einer Volksliedsammlung. Im Februar 1805 schließlich fällt der Startschuss zur Arbeit am Wunderhorn in Form einer Festlegung der gewünschten Thematik, geschrieben in einem Brief von Brentano an Arnim (siehe unten).
[...]
[1] Meyers grosses Taschenlexikon, s.v. Volkslied
- Arbeit zitieren
- Jennifer Ruwe (Autor:in), 2004, Des Knaben Wunderhorn - alte Lieder und neue Ideale in der Heidelberger Romantik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27383
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