Die Zitate aus verschiedensten Zeitepochen machen es deutlich: byzantinische oder Byzanz-rezipierende Kirchengebäude haben seit jeher eine außerordentliche Wirkung auf ihre Besucher. So kam es am Anfang des 19. Jahrhunderts dazu, dass Ludwig I. von Bayern den Plan fasste, in seiner Heimat eine ebensolche Kirche nach byzantinischem Vorbild zu errichten. Zu dieser Zeit entwickelt sich der Historismus in Architektur und Kunst, bei dem Stilelemente vergangener Epochen wieder verwendet, vermischt, kopiert oder neu interpretiert werden. Ludwig Wamser sieht diese Neu- oder, je nach Sichtweise, Rückentwicklung als Reaktion auf die neuen zeitlichen Umstände. Mit der wachsenden Industrialisierung zeigt sich eine Umverteilung in der Gesellschaft; es entsteht eine größer werdende Arbeiterschicht, die ein demokratisches System verlangt. Nun lassen die Herrscher Gebäude errichten, die stilistisch aus Zeiten stammen, in denen eine Person, oft in Einklang mit der Kirche, von Gott gewollt, allein und unangefochten herrschte. So versuchten sie wohl „auch mit Mitteln der Kunst die alten Zustände zu erhalten oder ein Ausgleich zu schaffen“, wie es Wamser formuliert. Dabei entwickelte sich unter Ludwig I. zum ersten Mal eine Vorliebe für den „byzantinischen Stil“. Die Vorstellung dieses Stils unterscheidet sich jedoch in der damaligen Zeit stark von unserer heutigen, da die Bauten des heutigen Griechenlands und der Türkei noch kaum bekannt, vor allem nicht untersucht waren. Wohl bekannt waren dagegen die vom byzantinischen Reich beeinflussten Bauten in Italien, wie die Capella Palatina in Palermo. Diese besuchte Ludwig I. zur Weihnachtsmesse im Jahr 1823 auf seiner Italienreise. Die Wirkung dieser Kirche, mit ihrer Mosaikausstattung und Kuppelgewölben, die am Weihnachtsabend von Kerzen erleuchtet wurden, muss einen enormen Eindruck auf Ludwig gemacht haben. Besonders deutlich wird das in einem Zitat von Leo von Klenze, der später als Hofarchitekt Ludwigs I. galt und auch mit dem Bau der neuen, von Palermo beeinflussten Kirche beauftragt wurde: „Der Goldgrund dieser Gemälde, das sonderbare, phantastische Verhältnis des Ganzen, der Rost eines ehrwürdigen Alterthums, die geschichtlichen Erinnerungen, welche sich daran knüpften, und die heilige Handlung bei mitternächtlicher Beleuchtung hatten auf den Kronprinzen so gewaltigen Eindruck gemacht, dass er nicht Worte finden konnte, mir denselben zu beschreiben.“
Inhaltsverzeichnis
- Die Wirkung des Goldes
- Leo von Klenze und die Vorbereitungen
- Der Kirchenbau in München
- Innenbau
- Außenbau
- Zerstörung im zweiten Weltkrieg
- Die Bedeutung der Byzanz-Rezeption für Ludwig l.
- Abbildungen
- Abbildungsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der Allerheiligen-Hofkirche in München, die von Ludwig I. von Bayern im 19. Jahrhundert erbaut wurde. Der Fokus liegt auf der Rezeption byzantinischer Architektur und Kunst durch Ludwig I. und die Rolle des Hofarchitekten Leo von Klenze bei der Umsetzung des Projekts.
- Die Wirkung byzantinischer Kirchengebäude auf Ludwig I.
- Die Rolle von Leo von Klenze als Architekt der Allerheiligen-Hofkirche
- Die stilistische Verbindung von byzantinischen und klassizistischen Elementen
- Die Bedeutung der Fresken von Heinrich Hess für die Innenraumgestaltung
- Die Kontroversen um den Außenbau der Kirche und die Kritik an der Rezeption byzantinischer Architektur
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Wirkung byzantinischer Kirchengebäude auf Ludwig I. und den historischen Kontext der Byzanz-Rezeption im 19. Jahrhundert. Das zweite Kapitel stellt Leo von Klenze als Hofarchitekt Ludwigs I. vor und beschreibt seine Vorbereitungen für den Bau der Allerheiligen-Hofkirche, einschließlich seiner Studienreisen nach Italien und seiner Auseinandersetzung mit byzantinischer Architektur. Das dritte Kapitel widmet sich dem Kirchenbau in München, wobei die Innen- und Außenarchitektur sowie die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg behandelt werden. Das vierte Kapitel analysiert die Bedeutung der Byzanz-Rezeption für Ludwig I. und die Auswirkungen der Allerheiligen-Hofkirche auf die spätere Entwicklung der Byzantinistik in Bayern.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Allerheiligen-Hofkirche, Ludwig I. von Bayern, Leo von Klenze, Byzanz-Rezeption, Klassizismus, Architekturgeschichte, Kirchenbau, Innenraumgestaltung, Fresken, Heinrich Hess, Außenarchitektur, Kritik, Historismus, Byzantinistik.
- Quote paper
- Lisa Wossal (Author), 2014, Byzanzrezeption in der Allerheiligen-Hofkirche in München, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273697
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