In Bezug auf die Charakterisierung der Frau in der römischen Gesellschaft des Prinzipats meint Veyne aufzeigen zu können, dass die „vollständige Verwirklichung des Menschentums“ nur den männlichen Angehörigen der Oberschicht möglich gewesen sei. Der Frau würde demnach das volle Menschsein aberkannt. Die These impliziert darüber hinaus die Vorstellung von der Unterordnung der Frau unter den Mann. Schon aus den mythischen Darstellungen Hesiods geht hervor, dass Zeus den Menschen die Frauen als Strafe für den Raub des Feuers durch Prometheus gebracht habe. Zudem würden Frauen das Ende der Zufriedenheit bedeuten, sie würden den Menschen stattdessen einzig Begierde, Verzweiflung und Verlorenheit bringen. Eingehend reflektiert Plato in seiner Abhandlung den Umstand, dass die Männer schon rein von ihren natürlichen Anlagen her die Frauen bei allen Handlungen übertreffen müssten. Die Vorstellung von der schwächeren Natur der Frau findet sich auch bei Aristoteles und Xenophon. Sie leiten die Überordnung des Mannes über die Frau aus der Natur ab. Während bei Aristoteles das Bessere über das Geringere herrsche, würde, so Xenophon, die Frau ausserhalb ihrer domus als vorgesehenen Handlungsraum wider die Natur agieren. Bei Seneca werden die Frauen schliesslich auf ihre Funktion als Gebärerinnen reduziert. Die aufgeführten (nicht abschliessenden) Beispiele verdeutlichen, dass in der antiken Welt offenbar Vorstellungen eines Weiblichkeitsideals bestanden, die der Frau einen dem Mann untergeordneten Platz zuwiesen. Die Unmündigkeit sei natürlich gegeben, ausserdem habe sich eine ehrenwerte matrona nicht in Angelegenheiten einzumischen, die ausserhalb ihrer domus von Männern der Oberschicht besetzt würden. Gleichzeitig drängt Seneca die Frau in die Rolle einer mater familias und zementiert so ihren Status als Mutter. Wir können davon ausgehen, dass auch Livius sich traditionellen Frauenbildern bedient. Es scheint zudem angebracht, das Frauen- und Weiblichkeitsideal des T. Livius anhand des Rededuells zwischen dem Konsuln M. Porcius Cato und dem Volkstribunen L. Valerius zu untersuchen, das sich im Jahr 195 v. Chr. anlässlich der Abrogation der lex Oppia zugetragen haben soll. Zu fragen wäre demnach: Welches Frauen- und Weiblichkeitsbild kolportiert T. Livius? Welche Charakteristiken schreibt T. Livius den Frauen zu? Lassen sich womöglich Gemeinsamkeiten der beiden Reden herausarbeiten?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Konstruktion von Weiblichkeit in der Antike
- Frauen- und Weiblichkeitsbild bei T. Livius
- Livius und die ergänzenden Quellen des Plautus
- Forschungsstand zu relevanten Aspekten der Arbeit
- Gliederung der Arbeit
- Hauptteil
- Zur römischen Rechtsgeschichte in augusteischer Zeit
- Leben und Werk des Livius in augusteischer Zeit
- Streit um die lex Oppia
- Das Szenarium
- Historizität der Frauendemonstration
- Zunehmende Emanzipierungstendenzen?
- Rededuell: M. Porcius Cato — Valerius
- Zur Authentizität der beiden Reden
- Plädoyer des Konsuln
- Zum Machtverlust der Männer
- Wettstreit unter Frauen
- Der Vergleich der luxuria mit einer wilden Bestie
- Plädoyer des Volkstribunen
- Engagement der Frauen
- Frauen und das schwache Geschlecht
- Zum gesellschaftlichen Hintergrund der Rogation
- Bedeutung der Farbe Purpur für die matronae
- Anspruch der Frauen auf Schmuck
- Das Szenarium
- Schlussteil
- Konträres Urteil über Charakter und Motive der Frauen?
- Quellen
- Gedruckte Quellen
- Darstellungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Frauenbild bei Titus Livius im Kontext der Reden zur Abrogation der lex Oppia im Jahr 195 v. Chr. Sie analysiert die von Livius dargestellten Argumente und die zugrundeliegenden Vorstellungen von Weiblichkeit in der römischen Gesellschaft der frühen Kaiserzeit.
- Die Rolle der Frau in der römischen Gesellschaft
- Das Idealbild der römischen Matrona
- Der Einfluss der lex Oppia auf die Lebensweise der Frauen
- Die politische und gesellschaftliche Bedeutung des Luxus
- Die Darstellung von Frauen in der römischen Geschichtsschreibung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Frauenbildes in der Antike ein und stellt das Frauenbild bei Livius vor. Sie beleuchtet die relevanten Quellen und den aktuellen Forschungsstand.
Der Hauptteil untersucht zunächst die römische Rechtsgeschichte in augusteischer Zeit, um den historischen Kontext des Werkes von Livius zu beleuchten. Anschliessend wird das Leben und Werk des Livius selbst betrachtet. Der Fokus liegt dann auf der Analyse des Streits um die lex Oppia, wobei die Reden des Konsuls Cato und des Volkstribunen Valerius im Detail untersucht werden.
Im Schlussteil werden die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und weitere Forschungsfragen aufgeworfen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Frauenbild, die lex Oppia, die römische Gesellschaft, die augusteische Zeit, Titus Livius, die politische und gesellschaftliche Bedeutung des Luxus, die Darstellung von Frauen in der römischen Geschichtsschreibung, die traditionelle Vorstellung von Weiblichkeit und die Unterordnung der Frau unter den Mann.
- Quote paper
- Master of Arts UZH Roman Weber (Author), 2011, Das Frauenbild bei T. Livius auf dem Hintergrund der Reden anlässlich der Abrogation der "lex Oppia", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273612
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