Das Internet bietet eine Masse an Informationen, deren Verarbeitung unsere begrenzte Aufmerksamkeit vor das Problem der Auswahl stellt. Diese Arbeit untersucht daher, wie die Informationsflut im Netz auf unsere Aufmerksamkeit wirkt: da sie begrenzt ist, auf was richten wir dann unsere Aufmerksamkeit – und warum? Aufgrund der thematischen Breite liegt der Fokus auf der Gestaltung journalistischer Online-Angebote. Im Ergebnis soll die Arbeit aufzeigen, welchen Einfluss die Darstellung und Präsentation von journalistischen Online-Angeboten auf die Aufmerksamkeit der Leser hat.
Als Einstieg in das Thema werden die Eigenschaften von Hypertexten beschrieben und damit die grundlegende Struktur journalistischer Online-Angebote erläutert. Anschließend soll der kommunikationswissenschaftliche Begriff der Aufmerksamkeit über den Aspekt der Selektion greifbar gemacht werden. Diese ist notwendig zur Erklärung der Aufmerksamkeit, da man einen Medieninhalt zunächst auswählen muss, um seine Aufmerksamkeit auf ihn richten zu können. Anhand einer Studie werden anschließend die Auswirkungen bestimmter gestalterischer Faktoren von Hypertexten auf unser Selektions- und Aufmerksamkeitsverhalten untersucht. Ein Fazit fasst schließlich die Ergebnisse zusammen und reflektiert diese kritisch.
Inhaltsverzeichnis
1.0 Einleitung
1.1 Problem und Fragestellung
1.3 Relevanz
1.4 Vorgehen
2.0 Hypertext als das zentrale Strukturprinzip des Internets
2.1 Definition Hypertext
2.2 Hypertexte im Internet
3.0 Aufmerksamkeit
3.1 Der Begriff der Aufmerksamkeit
3.2 Aufmerksamkeit, Selektion und Wahrnehmung
3.3 Messung von Aufmerksamkeit
4.0 Hypertextgestaltung und Aufmerksamkeit
4.1 Studie „Aufmerksamkeitseffekte der Hypermediengestaltung“
4.2 Studienergebnisse im Kontext der Arbeit
5.0 Zusammenfassung und Fazit
Einleitung
Nichts hat das Verhältnis zwischen Informationsangebot und -aufnahme in den letzten Jahren so stark geändert wie das Internet.1 Da unser kognitives System eine begrenzte Kapazität hat, kann es die große Fülle an Informationen, die das Internet liefert, nicht auf einmal aufnehmen.2 Das bestätigt eine Online-Studie des ARD und ZDF, nach der Internetnutzer Webangebote für unübersichtlich hal- ten und Schwierigkeiten dabei haben, bestimmte Informationen zu finden.3 Die meisten Nutzer lesen Internetseiten deshalb gar nicht richtig, sondern überfliegen sie nur.4 Der Sozialwissenschaftler Herbert A. Simon brachte bereits 1971 das Zusammenspiel von Informationsflut und Aufmerksamkeit auf den Punkt:
“ What information consumes is rather obvious: It consumes the attention of its recipients. Hence a wealth of information creates a poverty of attention and a need to allocate attention efficiently among the overabundance of information sources that might consume it “ 5
Diese Untersuchung stellt sich daraufhin die Frage, wie die Informationsflut im Netz auf unsere Aufmerksamkeit wirkt: wenn sie begrenzt ist, auf was richten wir dann unsere Aufmerksamkeit - und warum? Aufgrund der thematischen Breite werde ich mich dabei auf die Gestaltung journalistischer Online-Angebote be- schränken. Im Ergebnis soll die Arbeit aufzeigen, welchen Einfluss die Darstel- lung und Präsentation von Hypertexten auf die Aufmerksamkeit der Leser hat.
Dieses Wissen ist besonders für Journalisten und Online-Werber von Relevanz. Denn erst, wenn man weiß, welche gestalterischen Merkmale die Aufmerksamkeit des Publikums anziehen, können journalistische Online-Angebote und Werbeanzeigen optimal gestaltet und platziert werden. So wird nicht nur die Aufmerksamkeit potentieller Kunden angezogen und damit der Gewinn optimiert, sondern auch die Nutzerfreundlichkeit verbessert.
Als Einstieg in das Thema werde ich die Eigenschaften von Hypertexten be- schreiben und damit die grundlegende Struktur von journalistischen Online-An- geboten erläutern. Anschließend soll der kommunikationswissenschaftliche Be- griff der Aufmerksamkeit über den Aspekt der Selektion greifbar gemacht werden. Diese ist notwendig zur Erklärung der Aufmerksamkeit, da man einen Medienin- halt zunächst auswählen muss, um seine Aufmerksamkeit auf ihn richten zu kön- nen.6 Anhand einer Studie werde ich anschließend die Auswirkungen bestimmter gestalterischer Faktoren von Hypertexten auf unser Selektions- und Aufmerksam- keitsverhalten untersuchen. In einem Fazit werden schließlich die Ergebnisse zu- sammengefasst und kritisch reflektiert.
2.0 Hypertext als das zentrale Strukturprinzip des Internets
2.1 Definition Hypertext
Das Internet ist grundlegend ein weltweiter Verbund von Computernetzwerken, die wiederum aus Millionen von Rechnern bestehen und deren wichtigste Dienst- leistung das WorldWideWeb (nachfolgend: WWW) ist.7 Eines haben alle Weban- gebote gemeinsam: sie sind von Hypertextualität geprägt. Nach dem Kommunika- tionswissenschaftler Wolfgang Schweiger macht „erst die Hypertexualität [...] es zu dem, was es in der Tat ist, nämlich zu einem weltumspannenden Netz“8. Damit ist das WWW das mit Abstand populärste und größte Hypertextsystem überhaupt.9
Doch was sind Hypertexte? Grundsätzlich verknüpft ein Hypertext einzelne Inhal- te miteinander.10 Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um technisch vermittelte Inhalte handeln. Voras und Helanders „Modell der vereinfachten Hypertextstruk- tur“11 zeigt am Beispiel von mehreren Papierseiten, deren Inhalte sich aufeinander beziehen, dass Hypertexte einzig durch die Verknüpfung verschiedener Inhalte charakterisiert werden.
2.2 Hypertexte im Internet
Was die Hypertextualität im WWW dagegen besonders auzeichnet, sind Hyper- links; sie „[...] sind die zentrale Eigenschaft, die Hypertexte von auf Papier ge- druckten Texten unterscheiden“.12 Durch Hyperlinks können ganze Websites - und damit ihre Inhalte wie Texte, Bilder, Filme und Töne - miteinander verbun- den werden. Der Begriff Hyper text ist deshalb irreführend, da er sich nicht nur auf Texte bezieht. Hyperlinks prägen die Struktur von Hypertexten im WWW, indem sie „[...] Verweise auf andere Dokumente beinhalten [...] und die Möglichkeit bie- ten, durch Anklicken dieses Verweises das korrespondierende Dokument direkt aufzurufen“.13
Ohne diese Verweise wäre ein Navigieren durch das WWW gar nicht möglich. Hypertexte und -links werden so auch als das zentrale Strukturprinzip 14 des Internets angesehen und beeinflussen wesentlich das Selektions- und Aufmerksamkeitsverhalten beim Lesen. Im Laufe der Arbeit werden wir auf diese Struktur zurückkommen. Zunächst soll allerdings der Begriff der Aufmerksamkeit erläutert und in Zusammenhang mit dem der Selektion gebracht werden.
3.0 Aufmerksamkeit
3.1 Der Begriff der Aufmerksamkeit
Im alltäglichen Sprachgebrauch wird Aufmerksamkeit meist intuitiv genutzt. Der Psychologe und Philosoph William James bemerkte schon 1890, dass offenbar „jedermann weiß, was Aufmerksamkeit ist“.15
In der Kommunikationswissenschaft erklärt die Aufmerksamkeit vor allem die psychologischen Prozesse bei der Medienwahl.16 Beachtet der Rezipient ein Medienangebot besonders, so wendet er diesem seine Aufmerksamkeit zu17. Der Aufmerksamkeit kommt in der kommunikationswissenschaftlichen Forschung eine Schlüsselrolle zu18. Sie ist der „[...] Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozess, bei dem sich der Rezipient primär einer Medienbotschaft zuwendet“19 und damit gleichzeitig Vorraussetzung für die Informationsverarbeitung, das Verstehen und das Erinnern von Medienbotschaften.
Dazu muss allerdings zunächst eine Medienbotschaft ausgewählt werden, denn die Aufmerksamkeit ist das „[...] Ergebnis einer Selektion zwischen vielen media- len Angeboten“20. Der „Selektionsaspekt“21 der Aufmerksamkeit bedarf daher ho- her Beachtung, wenn man den Begriff fassen möchte. Auch Wolfgang Schweiger betont die Verbindung von Aufmerksamkeit und Selektion und bezeichnet Selek- tion als eine selektive Verteilung der Aufmerksamkeit - „Reize, auf die sich die Aufmerksamkeit richtet, werden selegiert, andere übersprungen oder ausgeblen- det“.
3.2 Aufmerksamkeit, Selektion und Wahrnehmung
Selektion ist in seiner Wortbedeutung ein bildungssprachlicher Begriff für Aus- wah l 22. Wählt man etwas aus, dann entscheidet man sich aus einer Menge X für eine Teilmenge von X und damit auch gleichzeitig gegen die übrig bleibende Teilmenge. Deshalb ist die allgemeine Definition von Selektion in der Kommuni- kationswissenschaft zunächst auch nur „[...] ein Prozess, bei dem vor dem Hinter- grund spezifischer Umstände aus einer Menge von Elementen eine Teilmenge ausgewählt wird“23. Die Forschung interessiert sich dabei besonders für zwei Se-lektionsprozesse: die Auswahl von Themen und Ereignissen durch Journalisten und die Auswahl von Medien und Medieninhalten durch die Rezipienten24. In dieser Untersuchung soll es um letztere Selektionsprozesse gehen.
[...]
1 vgl. Roda 2011:1
2 vgl. Sanders 1996:21
3 vgl. Beck und Schweiger 2001:197
4 vgl. Beck und Schweiger:175
5 Beck und Schweiger: 22; zit. n. Adler 1997, S. 40-41
6 vgl. Winter 2013:34
7 vgl. Bentele et al. 2013:134
8 Wirth 1999:47
9 vgl. Rehm 2007:5
10 vgl. Seibold 2002:17
11 vgl. Rehm 2007:62
12 Rehm 2007:65, zit. n. Nielsen
13 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/hypertext.html
14 vgl. Seibold 2002:17
15 Sanders 1996:1
16 vgl. Beck und Schweiger 2001:81
17 vgl. Seibold 2002:32
18 vgl. Beck und Schweiger 2001:70
19 Bentele 2013:22
20 Seibold 2002:32
21 Beck und Schweiger 2001:81
22 http://www.duden.de/rechtschreibung/Selektion
23 Bentele et al. 2013:312
24 vgl. Bentele et al. 2013:312
- Citation du texte
- Kim Mensing (Auteur), 2014, Aufmerksamkeit im Internet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/273103
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