„Ohne Pläne wäre menschliches Handeln ziellos.“ (Funke & Fritz, 1995, S. 2). Die Problematik eines angemessenen Auflösungsgrades einer Planung erkennen auch Funke und Glodowski (1990) und definieren „Planen“ als den „Entwurf einer Handlungsabfolge, die auf unterschiedlichen Auflösungsniveaus betrachtet werden kann, unter Beachtung von einschränkenden Randbedingungen und bei einem gegebenen Kenntnisstand“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 140). Dörner et al. (1993) betonen ebenfalls den geeigneten Auflösungsgrad einer Planung, ansonsten kann es beim Planen entsprechend zu einer Unterplanung oder einer Überplanung kommen. Bei der Unterplanung wird ohne Zusammenhang agiert bzw. es wird lediglich reagiert. Bei der Überplanung wird bis ins letzte Detail jede Eventualität bedacht. Dadurch verzögert sich das tatsächliche Handeln. Im schlimmsten Fall wird das Planen zum Selbstzweck und eine Umsetzung des Plans somit verhindert. Burschaper (2000) beschreibt Planen als „die Kunst des Weglassens“ (Burschaper, 2000, S.165). Die wahre Kunst besteht dabei natürlich darin, nicht das Falsche wegzulassen. Dörner und Tisdale (1993) bringen die Problematik des Planens auf den Punkt und merken an: „Planen ist ein schwieriges Geschäft“ (Dörner & Tisdale, 1993, S. 219).
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
0. Zusammenfassung
1. Einleitung
2. Theorie
2.1. Historischer Hintergrund des Planspiels
2.2. Konstruktion eines Parallelplanspiels
2.2.1. Merkmale von Planspielen
2.2.2. Anforderungen an Parallelverfahren
2.2.3. Die Paralleltestmethode
2.3. Begrifflichkeiten
2.3.1. Planen
2.3.2. Problemlösen
2.4. Die Theorie von Funke & Glodowski (1990)
2.5. Ziel der Untersuchung
3. Methode
3.1. Die Verfahren
3.1.1. Der Tour-Planer (To)
3.1.2. Der Fetenplaner (Fe)
3.1.3. Der Vergleichsfragebogen (VFB)
3.1.4. Der Selbsteinschätzungsbogen (SEB)
3.2. Das Validierungsdreieck
3.3. Die Hypothesen
3.3.1. Parallelitätshypothesen
3.3.2. Reihenfolgehypothesen
3.3.3. Planungskompetenzhypothesen
3.4. Die Untersuchung
3.4.1. Die Stichprobe
3.4.2. Die Durchführung
3.4.3. Die Auswertung
4. Ergebnisse
4.1. Verteilungsanalysen
4.1.1. Verteilung des Gesamtscores im Fetenplaner
4.1.2. Verteilung des Gesamtscores im Tour-Planer
4.1.3. Verteilung der Gesamtscores im Selbsteinschätzungsbogen
4.2. Itemanalysen
4.2.1. Itemanalyse des Fetenplaners
4.2.2. Itemanalyse des Tour-Planers
4.2.3. Itemanalyse des Selbsteinschätzungsbogens
4.3. Überprüfung der Hypothesen
4.3.1. Überprüfung der Parallelitätshypothesen
4.3.2. Überprüfung der Reihenfolgehypothesen
4.3.3. Überprüfung der Planungskompetenzhypothesen
4.4. Häufigkeitsverteilungen des Vergleichsfragebogens
4.5. Faktorenanalyse des Selbsteinschätzungsbogens
5. Diskussion
5.1. Die Parallelität des Fetenplaners zum Tour-Planer
5.2. Reihenfolgeeffekte bei der Bearbeitung beider Planspiele
5.3. Die Kriteriumsvalidierung und der Selbsteinschätzungsbogen
5.4. Bewertung der beiden Planspiele Fetenplaner und Tour-Planer
6. Fazit und Ausblick
7. Literatur
Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Darstellung der Anlaufstellen des Tour-Planers (blaue Schrift) in den Wochenplan des Fetenplaners (rote Schrift)
Abbildung 2: Die optimale Abfolge der Termine im Fetenplaner
Abbildung 3: Darstellung der eingesetzten Verfahren („Das Validierungszweieck“)
Abbildung 4: Die Laborsituation bei der Bearbeitung des Fetenplaners (linke Seite) und bei der Bearbeitung des Tour-Planers (rechte Seite)
Abbildung 5: Verteilung des Gesamtscores im Fetenplaner
Abbildung 6: Verteilung des Gesamtscores im Tour-Planer
Abbildung 7: Verteilung des Gesamtscores im SEB-allgemein
Abbildung 8: Verteilung des Gesamtscores im SEB-konkret
Abbildung 9: Mittelwerte der Gesamtergebnisse beider Planspiele in Abhängigkeit von der Position ihrer Durchführung
Abbildung 10: Mittelwerte der Gesamtergebnisse des ersten und zweiten Planspiels getrennt nach Fetenplaner und Tour-Planer
Abbildung 11: Boxplot der Gesamtergebnisse von Fetenplaner und Tour-Planer (nach den beiden Reihenfolgen FeTo und ToFe getrennt dargestellt)
Abbildung 12: Screeplot Faktoren des SEB
Abbildung 13: Mittelwerte der Gesamtergebnisse von Fetenplaner und Tour-Planer in der Reihenfolge „FeTo“ (blau) und „ToFe“ (rot) getrennt nach 1. und 2. Planspiel der Bearbeitung
Abbildung 14: Streudiagramme der Gesamtscores von Fetenplaner und Tour-Planer in den beiden Reihenfolgegruppen FeTo (linke Seite) und ToFe (rechte Seite)
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Klassifizierung von Problemen nach Newell & Simon (1972) und Strauß (1993)
Tabelle 2: Darstellung der Itemanzahl und maximalen Punktzahl der Skalen des Tour-Planers und deren prozentualer Anteil am Gesamtscore, unterteilt in verlaufsorientierte und ergebnisorientierte Auswertung und für das gewichtete Gesamtergebnis
Tabelle 3: Darstellung der Itemanzahl und maximalen Punktzahl der Skalen des Fetenplaners und deren prozentualer Anteil am Gesamtscore, unterteilt in verlaufsorientierte und ergebnisorientierte Auswertung und für das gewichtete Gesamtergebnis
Tabelle 4: Schwierigkeitsindizes der Items des Fetenplaners (nach Skalen)
Tabelle 5: Trennschärfekoeffizienten der Items des Fetenplaners auf den Gesamtscore bezogen (nach Skalen)
Tabelle 6: Schwierigkeitsindizes der Items des Tour-Planers (nach Skalen)
Tabelle 7: Trennschärfekoeffizienten der Items des Tour-Planers (nach Skalen)
Tabelle 8: Schwierigkeitsindizes der Items des Selbsteinschätzungsbogens mit seinen beiden Teilen SEB-allgemein und SEB-konkret
Tabelle 9: Trennschärfekoeffizienten der Items des Selbsteinschätzungsbogens mit seinen beiden Teilen SEB-allgemein und SEB-konkret, jeweils getrennt nach Selbsteinschätzungen zu P = Planungskompetenz und I = Intelligenz sowie interne Konsistenz α der beiden Teile des SEB und getrennt nach Konstrukt
Tabelle 10: Korrelationen zwischen Fetenplaner und Tour-Planer (Gesamtergebnis und Skalen)
Tabelle 11: Signifikanzen der Unterschiede in deskriptiven Kennwerten (Median, Streubreite, Varianz) zwischen Fetenplaner und Tour-Planer
Tabelle 12: Signifikanzen der Medianvergleiche zwischen erstem und zweiten Planspiel jeweils für den Fetenplaner und den Tour-Planer
Tabelle 13: Signifikanzen der Unterschiede der Varianzen der Reihenfolgen beider Planspiele
Tabelle 14: Korrelationen zwischen der allgemeinen sowie der konkreten Selbsteinschätzung zu Planungskompetenz und den Gesamtscores der beiden Planspiele
Tabelle 15: Korrelationen zwischen den Gesamtscores von Fetenplaner und Tour-Planer, getrennt nach den beiden Reihenfolgen FeTo und ToFe mit den allgemeinen und konkreten Selbsteinschätzungen zu Planungskompetenz des SEB
Tabelle 16: Absolute Häufigkeiten der Antwortkategorien des Vergleichs- fragebogens
Tabelle 17: Ergebnisse der Faktorenanalyse mit vier extrahierten Faktoren
Tabelle 18: Standardabweichungen des Gesamtscores von Fetenplaner (Fe) und Tour-Planer (To)
Tabelle 19: Korrelationen zwischen den Gesamtscores von Fetenplaner und Tour-Planer sowie ihrer Skalen über alle Probanden und nach den beiden Reihenfolgen FeTo und ToFe getrennt
Tabelle 20: Cronbachs Alpha-Koeffizienten als Maß für die interne Konsistenz des Fetenplaners und des Tour-Planers über alle 24 Probanden (FeTo & ToFe) und in den beiden Reihenfolgen FeTo sowie ToFe (jeweils n = 12)
Tabelle 21: Korrelationen zwischen den vier Skalen der beiden Planspiele Fetenplaner und Tour-Planer mit den allgemeinen und konkreten Selbsteinschätzungen zu Planungskompetenz
Tabelle 22: Cronbachs Alpha-Koeffizienten des Selbsteinschätzungsbogens mit den beiden Teilen SEB-allgemein und SEB-konkret insgesamt sowie unterteilt nach den Konstrukten der Selbsteinschätzungen zu Planungskompetenz und Intelligenz
Tabelle 23: Korrelationen zwischen den einzelnen Skalen des Selbsteinschätzungs-bogens mit seinen Teilen SEB-allgemein und SEB-konkret unterteilt, nach den beiden Konstrukten der Selbsteinschätzung P = Planungskompetenz und I = Intelligenz
0. Zusammenfassung
Das Planspiel Fetenplaner wurde als Parallelversion zu dem existierenden Planspiel Tour-Planer entwickelt. Dabei wurde die räumliche Komponente des Tour-Planers in eine zeitliche Komponente übertragen. Die Theorie von Funke und Glodowski (1990) zu planerischen Basisfähigkeiten bildete hierfür den theoretischen Hintergrund. Zudem wurde der Fetenplaner im Sinne des Validierungsdreiecks mit Hilfe eines Selbsteinschätzungsbogens einer Kriteriumsvalidierung unterzogen.
Die Parallelität des Fetenplaners wurde anhand einer Untersuchung von 24 Studenten der RWTH Aachen überprüft. Es zeigte sich, dass der Fetenplaner durchschnittlich vier Punkte unter dem Gesamtscore des Tour-Planers liegt. Die Äquivalenzkriterien (Äquivalenz der Validität, der Reliabilität und der Verteilungs-kennwerte) sprechen jedoch für seine erfolgreiche Konstruktion als Parallelplanspiel zum Tour-Planer. Die beiden Planspiele wurden in zwei Reihenfolgegruppen erhoben. Dabei stellte sich heraus, dass die Probanden bei der Bearbeitung des jeweils zweiten Planspiels einen Lerngewinn von durchschnittlich drei Punkten des Gesamtscores erzielten.
Die erwarteten Korrelationen zwischen den Selbsteinschätzungen der Probanden bezüglich ihrer eigenen Planungskompetenz und den von ihnen erreichten Gesamtscores im Fetenplaner blieben aus. Die Kriteriumsvalidierung des Fetenplaners war somit nicht erfolgreich. Hierfür werden verschiedene Ansätze diskutiert. Außerdem wird die Konstruktion des Fetenplaners als Parallelplanspiel zum Tour-Planer kritisch erörtert. Des weiteren werden die gefundenen Reihenfolgeeffekte in Kombination mit den unterschiedlichen Schwierigkeiten der beiden Planspiele diskutiert.
„Wir planen zuwenig, wenn wir Dinge, die in unserer Hand liegen, dem Zufall überlassen. Wir planen zuviel, wenn wir das Ganze der menschlichen Dinge in die Hand unserer Absicht nehmen und verändern möchten.“
Karl Jaspers, „Die Atombombe und die Zukunft
des Menschen“ (1958/1983, S. 388).
1. Einleitung
„Ohne Pläne wäre menschliches Handeln ziellos.“ (Funke & Fritz, 1995, S. 2). Die Problematik eines angemessenen Auflösungsgrades einer Planung erkennen auch Funke und Glodowski (1990) und definieren „Planen“ als den „Entwurf einer Handlungsabfolge, die auf unterschiedlichen Auflösungsniveaus betrachtet werden kann, unter Beachtung von einschränkenden Randbedingungen und bei einem gegebenen Kenntnisstand“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 140). Dörner et al. (1993) betonen ebenfalls den geeigneten Auflösungsgrad einer Planung, ansonsten kann es beim Planen entsprechend zu einer Unterplanung oder einer Überplanung kommen. Bei der Unterplanung wird ohne Zusammenhang agiert bzw. es wird lediglich reagiert. Bei der Überplanung wird bis ins letzte Detail jede Eventualität bedacht. Dadurch verzögert sich das tatsächliche Handeln. Im schlimmsten Fall wird das Planen zum Selbstzweck und eine Umsetzung des Plans somit verhindert. Burschaper (2000) beschreibt Planen als „die Kunst des Weglassens“ (Burschaper, 2000, S.165). Die wahre Kunst besteht dabei natürlich darin, nicht das Falsche wegzulassen. Dörner und Tisdale (1993) bringen die Problematik des Planens auf den Punkt und merken an: „Planen ist ein schwieriges Geschäft“ (Dörner & Tisdale, 1993, S. 219).
„Auch wenn viele Pläne scheitern, gehört das Aufstellen und Durchführen eines Plans sicher zu den höchstentwickelten kognitiven Fähigkeiten, über die Menschen verfügen“ (Funke & Fritz, 1995, S. 2). Tagtäglich orientieren wir uns an Plänen und sind jederzeit und überall von Plänen umgeben. Firmen richten sich nach ihren Finanzplänen, Arbeitnehmer richten sich nach ihren Arbeitsplänen, manche Menschen richten sich nach ihren Fitnessplänen. Neben diesen eigenen oder persönlichen Plänen gibt es auch vorgegebene Pläne. Die Umwelt eines jeden ist organisiert durch Pläne, die öffentlichen Verkehrsmittel folgen einem Fahrplan, Geschäftszeiten strukturieren den Alltag, das Kinoprogramm gibt Vorgaben für die Abendgestaltung. Abgesehen von solchen zeitlichen Plänen gibt es auch räumliche Pläne, der Autofahrer orientiert sich an einem Stadtplan, der Innenarchitekt arbeitet mit einem Grundriss. Auch wenn die meisten Pläne sehr konkret sind, gibt doch auch abstrakte Pläne, der Idealist hat Visionen, man schmiedet Zukunftspläne, ohne dabei daran zu denken, wie man diese realisieren könnte.
„Planungsfähigkeit“ gehört in der heutigen Arbeitswelt zu den so genannten Schlüsselqualifikationen eines Mitarbeiters (vgl. Stangel-Meseke, 1994). Daher wird bei der Personalauswahl zur Einschätzung eines Bewerbers häufig das Kriterium „Planungskompetenz“ herangezogen. Planungskompetenz erfassbar zu machen stellt demnach eine große diagnostische Herausforderung dar. Eingesetzt werden Planspiele sowohl zu Forschungs- als auch zu Anwendungszwecken (vgl. Geilhardt, 1995). Anwendung finden Planspiele häufig in Trainings bzw. Personalentwicklungs-maßnahmen, aber auch in der Personalauswahl.
In der vorliegenden Untersuchung soll ein Planspiel zur Messung von Planungs-kompetenz entwickelt werden. Obwohl es bereits eine Vielzahl von Verfahren zur Erfassung von Planungsfähigkeiten auf dem Markt gibt, sind doch nur wenige Studien zur Überprüfung der Gütekriterien der eingesetzten Verfahren zu finden (vgl. Geilhardt, 1995). Dementsprechend merken Funke und Fritz (1995) an, dass der „Handlungsbedarf für die Konstruktion neuer Verfahren [...] unübersehbar“ ist (Funke & Fritz, 1995, S. 69).
Das Planspiel „Tour-Planer“ in der Version von Wessels (2003) und Wypior (2003) wurde von den Autoren einer Konstrukt- sowie einer Kriteriumsvalidierung unterzogen und erbrachte dabei zufrieden stellende Ergebnisse. Für die Überprüfung der Reliabilität benötigt man jedoch ein Parallelverfahren zum Tour-Planer, denn nach Lienert und Raatz (1998) gilt die Paralleltestmethode „als das beste Verfahren zur Beurteilung der Testreliabilität“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 182).
Im Tour-Planer geht es darum, eine Tour durch eine fiktive Stadt zu planen und dabei verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Bei der Konstruktion der Parallelversion „Fetenplaner“ besteht die Aufgabe der Probanden darin, innerhalb einer Arbeitswoche ein Betriebsfest zu organisieren. Den theoretischen Hintergrund bildet dabei die Theorie von Funke und Glodowski (1990), die im nächsten Kapitel beschrieben wird. Die Einbettung der Arbeit in den rehabilitationspsychologischen Kontext sowie die empirische Überprüfung der Parallelität beider Planspiele wird ebenfalls später detailliert dargestellt.
2. Theorie
Im Folgenden wird zunächst auf den historische Hintergrund von Planspielen eingegangen. Daran anschließend wird die Konstruktion eines Parallelplanspiels erläutert. Für das bessere Verständnis des Forschungsbereichs zu Planungs-kompetenz werden die Begriffe „Planen“ und „Problemlösen“ voneinander getrennt erläutert, bevor die Theorie von Funke und Glodowski zu planerischen Basisfähigkeiten aus dem Jahre 1990 beschrieben wird. Aus diesen theoretischen Überlegungen ergibt sich die Herleitung der Fragestellung und damit das Ziel der vorliegenden Untersuchung.
2.1. Historischer Hintergrund des Planspiels
Rohn (1995) behauptet: „Die Mutter aller Planspiele ist Schach.“ (Rohn, 1995, S.57). Die Wurzeln des Planspiels gehen zurück bis in das späte 18. Jahrhunderts, wo in Preußen eine erste Form des Planspiels entwickelt wurde (s. Anhang A, Der Stammbaum des Planspiels). Aus einer Variante des Schachspiels wurde das „Kriegs-Schachspiel“ entworfen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte es sich zum „Strengen Kriegsspiel“, das wiederum zum „Freien Kriegsspiel“ weiterentwickelt wurde (vgl. Geuting, 1992). Die ersten Planspiele dienten, wie so oft bei wissenschaftlichen Neuerungen, militärischen Zwecken. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden Planspiele fast ausschließlich vom Militär eingesetzt. Goldhamer und Speier (1961) berichten, dass Planspiele „in Deutschland und Japan zur Planung der Angriffe auf Polen bzw. Pearl Harbor verwendet wurden“ (Goldhamer & Speier, 1961, S. 71).
In den fünfziger Jahren entstanden die ersten Unternehmensplanspiele, die zunächst in der betrieblichen Weiterbildung Anwendung fanden. Der Aufschwung des Planspiels in den sechziger und siebziger Jahren ging von den USA aus und breitete sich über Großbritannien nach Deutschland aus. Ein großer Teil der grundlegenden Planspielliteratur entstand in dieser Zeit. Die klassische Arbeit zum Thema „Planen“ aus dem Jahre 1960 stammt von Miller, Galanter und Pribram. Ihr Buch „Plans and the structure of behavior“ stellt die kognitive Wende in diesem Themengebiet dar.
Ihre Definition von Planen als „jedem hierarchischem Prozess im Organismus, der die Abfolge einer Operationssequenz kontrolliert“ (Miller et al., 1960, übersetzt von S. 16), zeigt deutlich die Abkehr einer bis dahin behavioristischen Vorstellung zu einer Psychologie des informationsverarbeitenden Individuums. Ebenfalls von den Autoren stammt die Neukonzeption der fundamentalen Analyse-Einheit von dem klassischen Reflexbogen zu einem Konzept der Rückkoppelungsschleifen. Dieses Konzept der TOTE-Einheit[1] dient der Untersuchung von Kontrollprozessen. Das in den sechziger Jahren in der Pädagogik vieldiskutierte „Prinzip des exemplarischen Lernens“ basiert letztlich auf der Idee des Planspiels als Möglichkeit der Simulation von Realsituationen.
Bis etwa 1980 entstanden vor allem Unternehmens-Planspiele, die fast ausschließlich in der inner- und überbetrieblichen Aus- und Weiterbildung zur Schulung von planerischen Fähigkeiten eingesetzt wurden. Derzeit existieren über 200 deutschsprachige Unternehmens-Planspiele, zum größeren Teil „generelle“ Planspiele, daneben „spezielle“ Planspiele über einzelne Bereiche und Funktionen des Unternehmens (vgl. Rohn, 1995). Rohn gründete 1981 die Deutsche Planspielzentrale, die 1989 als zweiten Titel European Network for System Simulation and Management Gaming bekam. Diese Vereinigung dient dem Erfahrungsaustausch in der Entwicklung und Nutzung von Planspielen und der systematischen Förderung der Verbreitung von Planspielen. Ein Mal im Jahr findet das Europäische Planspiel-Forum als internationale Konferenz und Treffpunkt statt.
2.2. Konstruktion eines Parallelplanspiels
„Die Spielautoren, die ein neues Planspiel entwickeln, müssen über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen; handelt es sich doch um eine produktive Tätigkeit im Grenzbereich zwischen Kunst und angewandter Wissenschaft.“ (Geuting, 1992, S. 385). Bevor auf die eigentliche Konstruktion eines Parallelplanspiels eingegangen werden kann, werden zunächst die Merkmale von Planspielen im Allgemeinen erläutert. Daran anschließend werden die Anforderungen, die an ein Parallelverfahren gestellt werden, beschrieben. Abschließend wird das Vorgehen bei der Paralleltestmethode dargestellt.
2.2.1. Merkmale von Planspielen
Der Begriff „Planspiel“ beinhaltet die zwei Themen: menschliches Planungsverhalten und Spielkonstruktion. Unter Planungsverhalten kann „eine zeitlich-logische Strukturierung von einzelnen Aktionen verstanden werden“ (Geilhardt, 1995, S. 48). Der Spielkonstruktion liegt ein diskretes Modell zugrunde, da schrittweise vorgegangen wird. Gemäß Geilhardt (1995) ist ein Planspiel eine konstruierte Situation, in der sich eine Person in/an einem diskreten Modell nach vorgegebenen Regeln verhalten kann, wobei „das gezeigte Verhalten systematisch festgehalten und nach einem explizierbaren Kalkül bewertet werden kann“ (Geilhardt, 1995, S. 49). Genau hier liegt die Herausforderung bei der Konstruktion eines Planspiels, das Planspielverhalten des Probanden standardisiert zu erfassen und ebenso standardisiert auszuwerten.
Planspiele lassen vor allem in den Bereichen vorfinden, in denen die Beurteilung schwer erfassbarer, komplexer Anforderungen erforderlich ist (vgl. Etzel, 1998). Sie bilden einen bestimmten Ausschnitt der Realität nach und bestehen aus zwei Teilen, dem zugrunde liegenden Modell und dem Spiel. Bei der Erhebung von Planungs-kompetenz mit dem Fetenplaner wird das Modell von Funke und Glodowski (1990) herangezogen. Das Spiel des Fetenplaners besteht aus dem Wochenplaner, dem Terminordner und den Terminen selbst. Beim Fetenplaner basiert die Realisation auf der Vorstellung einer vereinfachten Wirklichkeit. Es kommt zu einer Reduktion der Einflussfaktoren.
„Die Frage nach der Definition und der Wichtung der „Realitätsnähe“ des Problemlöseszenarios stellt gewissermaßen die „Gretchen-Frage“ der Problemlöse-forschung dar“ (Beckmann, 1994, S 51). Bei der Konstruktion eines Planspieles kann es nicht darum gehen, die Realität original abzubilden, denn die Planspielsituation muss für den Probanden handhabbar bleiben. Sehr realitätsnah konstruierte Testverfahren weisen häufig eine kaum zu bewältigende hohe Komplexität auf. Außerdem könnte man sich fragen, worin dann der Erkenntnisgewinn in der Simulation bestünde.
Die Übersetzung der Realität in die Planspielsimulation ist gekennzeichnet durch „Reduktion, Abstraktion und Symbolisierung der Realität“ (Wein et al., 2000, S 279). Unter Abstraktion verstehen die Autoren eine Verallgemeinerung durch die Begrenzung auf wesentliche Details. Mit Symbolisierung meinen sie, dass bestimmte Elemente aus der Realität im Planspiel in anderer Gestalt auftauchen können. „Eine Planspielsimulation lässt sich als eine vereinfachte Wiedergabe der Realität definieren“ (Wein et al., 2000, S 279). Die Probanden können dabei Schritt für Schritt mit Handlungsalternativen experimentieren. Die Aufgabe eines Testkonstrukteurs besteht demnach in der Reduzierung der Komplexität einer Planungssituation auf die relevanten Merkmale.
Geuting (1992) hebt mit dem Wesenselement „Spiel“ das kreative „Spiel mit Möglichkeiten“ hervor, wobei es ihm „vor allem um eine methodisch gelenkte Exploration von inhaltlichen und strategischen Möglichkeiten“ geht (Geuting, 1992, S. 29). Durch ein Planspiel wird ein Zeitablauf simuliert. Dadurch können die jeweiligen „denkmöglichen Folgewirkungen und längerfristigen Konsequenzen der verschiedenen Lösungsvorschläge und Handlungsalternativen zeitlich gerafft bewusst gemacht werden“ (Geuting, 2000, S. 16). Jedes Planspiel enthält im Kern ein Simulationsmodell. Was simuliert wird, hängt von der Fragestellung ab. In dieser Untersuchung geht es um die Erfassung von Planungskompetenz. Entsprechend wird anhand eines Planspieles eine fiktive Planung simuliert.
Simulationsmodelle haben verschiedene Merkmale – die wichtigsten werden im folgenden kurz erläutert[2] (vgl. Geuting, 2000):
Repräsentationsmerkmal
„Ein Modell ist immer eine Abbildung, Nachbildung oder Repräsentation 'von etwas' “ (Geuting, 2000, S. 31). Geuting klassifiziert das Planspiel als fiktionales Modell, da deren Inhalte vom Grundgedanken mit der realen Erfahrungswelt übereinstimmen, auch wenn sie bloß erfunden sind. Dies ist in den vorliegenden Planspielen ebenfalls der Fall, denn die Organisation eines Festes oder die Planung einer Stadttour sind alltagsnahe Handlungen. Jeder Mensch hat auf die eine oder andere Art seine Erfahrungen mit solchen Situationen gemacht, trotzdem sind die Coverstorys der beiden Planspiele vollkommen fiktiv.
Reduktionsmerkmal
„Ein Modell ist eine verkürzte, vereinfachte Darstellung, da nur jene Teile, Eigenschaften, Aspekte des Vorbildes bzw. Originalsystems ausgewählt und dargestellt werden, die von den Autoren als wichtig eingeschätzt werden“ (Geuting, 2000, S. 31). Es muss hierbei der Mittelweg zwischen zu starker Vereinfachung und damit einhergehender Wahrheitsverzerrungen und angemessener Komplexitäts-reduzierung, um die Überforderung der Probanden zu vermeiden, gefunden werden. Dies geschieht im Tour-Planer z.B. über die standardisierten Wegstrecken zwischen den Attraktionen und im Fetenplaner über die standardmäßigen Termine von einer Stunde.
Funktionsmerkmal
„Ein Modell ist auch Modell „für etwas“, nämlich Mittel für einen bestimmten Verwendungszweck, für eine bestimmte Aufgabe, für einen bestimmten Benutzer-kreis, für einen bestimmten Zeitraum, für eine bestimmte gedankliche oder manipulativ-experimentelle Operation“ (Geuting, 2000, S. 31). Anwendung finden Planspiele dort, wo ein Experimentieren in der Realität unmöglich oder zu aufwendig wäre. Bei der Messung von Planungskompetenz wäre es zeitlich nicht vertretbar, die Probanden in der Realsituation zu beobachten. Stattdessen bedient man sich des Instrumentes Planspiel, das die Zeit per Zeitraffer auf einen angemessenen Untersuchungsablauf verkürzt und zudem standardisiert.
Symbolisierungsmerkmal
„Planspiele zeichnen sich durch eine Vielfalt an medialen Erscheinungsformen aus (= Multimedialität)“ (Geuting, 2000, S. 32). So kann die Bearbeitung eines Plan-spieles mit Hilfe eines Spielbretts erfolgen oder computerbasiert dargeboten werden. In dieser Untersuchung werden beide Planspiele durch ein Spielbrett visuell unterstützt. Im Fetenplaner symbolisiert das Spielbrett den Stundenplan einer Arbeitswoche, im Tour-Planer dagegen einen vereinfachten Stadtplan.
2.2.2. Anforderungen an Parallelverfahren
„Parallel sind Tests dann, wenn die auf der Basis gleicher, aber nicht identischer Itemstichproben beobachteten Mittelwerte und Standardabweichungen identisch sowie die Korrelationen zwischen den beobachteten Werten hoch [...] sind“ (Amelang & Zielinski, 2002, S.153). Das Parallelplanspiel muss demnach aus ähnlichen, aber nicht identischen Items bestehen, damit ein Wiedererkennungseffekt bei der wiederholten Bearbeitung der Parallelform vermieden wird.
Bei der Konstruktion eines Parallelverfahrens zum Tour-Planer ist die Überführung der räumlichen Komponente in eine zeitliche notwendig. Auch der Tour-Planer hat eine zeitliche Komponente, da man die Stadttour in einer gewissen Zeit erledigen muss, durch die Darstellung des Stadtplans auf dem Spielbrett überwiegt jedoch der räumliche Eindruck. Das Ziel ist demnach, ein bezogen auf die Items und deren Bewertung ähnliches, jedoch nicht identisches Planspiel zu entwickeln. In dem neu konstruierten Planspiel Fetenplaner wird dementsprechend der zeitliche Aspekt durch die Strukturierung des Spielfeldes in Zeitfenster betont.
Gulliksen (1950) definiert so genannte Äquivalenzkriterien als Kennwerte dafür, dass zwei Parallelverfahren als äquivalent angesehen werden dürfen (vgl. Lienert & Raatz, 1998, S. 299ff).
Gleichartigkeit des Testinhalts (Äquivalenz der Validität)
„Gleichartigkeit des Testinhalts zweier Parallelformen ist eine hinreichende Bedingung für gleiche inhaltliche Validität [...] das gilt jedoch nicht für die Übereinstimmungs- und Vorhersagevalidität. Hier ist die Gleichartigkeit der Inhalte natürlich notwendig, aber noch lange nicht hinreichend“ (Lienert & Raatz, 1998, S.300). Um die Äquivalenz der Validität empirisch zu ermitteln und zu beweisen, müssen beide Verfahren mit demselben Validitätskriterium validiert werden. In der vorliegenden Untersuchung erfolgt die Überprüfung der Kriteriumsvalidität beider Planspiele über die Selbsteinschätzungen der Probanden zu ihrer eigenen Planungsfähigkeit mit Hilfe des Selbsteinschätzungsbogens. Dieses Vorgehen wird im nächsten Kapitel bei der Beschreibung des Validierungsdreiecks genauer erläutert.
Hohe Paralleltestreliabilität (Äquivalenz der Reliabilität)
Die Reliabilität zweier Parallelverfahren ist durch deren Korrelation definiert. Die Paralleltestreliabilität soll dementsprechend ausreichend hoch sein. „Zu dieser Paralleltestreliabilität kann jede der beiden Formen in verschieden hohem Grade beitragen, da ja die beiden Parallelformen nicht gleiche innere Konsistenz besitzen müssen“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 300).
Gleichheit der Mittelwerte und Varianzen (Äquivalenz der Verteilungskennwerte)
Mittelwerte und Varianzen beider Verfahren werden auf Unterschiede getestet. Allerdings können „Testformen mit verschiedenen Mittelwerten und Varianzen [...] durch eine lineare Transformation vergleichbar gemacht werden“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 300).
Gleiches Häufigkeitspolygon (Äquivalenz der Häufigkeitsverteilung
Der Verteilungsvergleich spielt lediglich bei „nichtnormalen Verteilungen eine gewisse Rolle“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 300) und wird an dieser Stelle der Vollständigkeit halber aufgeführt.
2.2.3. Die Paralleltestmethode
Mit Hilfe der Paralleltestmethode lässt sich die Reliabilität durch einen Vergleich von Ergebnissen bei der Bearbeitung verschiedener Szenarios schätzen. Dafür werden einer Stichprobe die beiden Paralleltestformen in Zufallsfolge zur Bearbeitung gegeben. Die Korrelation der Rohwerte entspricht einer Schätzung der Reliabilität. Für eine kurzfristige Testwiederholung benötigt man gemäß Lienert und Raatz (1998) eine Parallelform. Voraussetzung hierfür ist, dass die gestellten Anforderungen und die Operationalisierung der Bearbeitungsgüte vergleichbar bzw. parallel sind. Eine allgemein anerkannte und hierfür hinreichende Taxonomie komplexer dynamischer Systeme existiert leider nicht. „Reliabilitätsschätzungen im Rahmen des komplexen Problemlösens gestalten sich [...] schwierig“ (Beckmann, 1994, S. 46).
Paralleltest-Koeffizienten geben darüber Auskunft, ob ein Test bedingungskonstant ist. Der Retest-Koeffizient liegt aufgrund der identischen Aufgabe in der Regel höher als der Paralleltest-Koeffizient, der um so geringer wird, je weniger äquivalent die Aufgabe der beiden Testformen ist. Für die Interpretation eignet sich jedoch der Paralleltest-Koeffizient besser als der Retest-Koeffizient, da er den Stichprobencharakter der Aufgaben im Hinblick auf das zu untersuchende Persönlichkeitsmerkmal berücksichtigt (vgl. Lienert & Raatz, 1998). „Das Parallel-testverfahren liefert unter vergleichbaren Bedingungen im allgemeinen niedrigere Reliabilitätskoeffizienten [...] entspricht jedoch häufig den Bedürfnissen der Praxis am besten“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 179).
„Bei der Durchführung der Paralleltestmethode geht man zweckmäßigerweise so vor, dass die eine Zufallshälfte der Stichprobe mit der Testform A, die andere Hälfte mit der Testform B den Anfang macht. Bei der Wiederholung wird dann nach Art eines Überkreuzungsplans (cross over design, vgl. Winer, 1971) entsprechend gewechselt“ (Lienert & Raatz, 1998, S. 182). In der vorliegenden Untersuchung werden dementsprechend zufällig zwei Probandengruppen gebildet. Die eine Gruppe bearbeitet die beiden Planspiele in der Reihenfolge „1. Planspiel Fetenplaner und 2. Planspiel Tour-Planer“ (FeTo) und die andere in der umgekehrten Reihenfolge „1. Planspiel Tour-Planer und 2. Planspiel Fetenplaner“ (ToFe).
2.3. Begrifflichkeiten
Für das bessere Verständnis des theoretischen Hintergrundes von Planspiel-Konstruktionen werden Unterschiede und Überschneidungen der Begriffe „Planen“ und „Problemlösen“ herausgearbeitet.
2.3.1. Planen
„Eine Psychologie des Planens hat die Aufklärung der Rolle des Menschen beim Planen zum Ziel“ (Strohschneider & von der Weth, 1993, S. 7). Die Autoren unterscheiden hierbei zunächst eine formal und eine funktional orientierte Vorstellung vom Planen.
Die formal ausgerichtete Betrachtungsweise beschreibt Planen als einen absichtlichen Prozess, der ein Fernziel verfolgt, welches durch gedankliches Ausprobieren von Maßnahmemöglichkeiten erreicht wird. „Planen ist Probehandeln im Geiste“ (Buerschaper, 2000, S. 165). Auch für Dörner (1990) bedeutet Planen „die Herstellung von hypothetischen Handlungsweisen 'im Geiste' oder in sonst einem Medium, welches nicht mit der Realität, in der gehandelt werden soll, identisch ist. Planen beinhaltet die Untersuchung der möglichen direkten Effekte und der Neben- und Fernwirkungen solcher Handlungsketten“ (Dörner, 1990, S 272). Nach Etzel (1998) beinhaltet Planen „im voraus festzulegen, welche einzelnen Handlungsschritte durchgeführt werden müssen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Wenn ein Plan erstellt wird, ist darauf zu achten, dass darin auch alle wichtigen Vorbedingungen berücksichtigt werden und dass er auch tatsächlich alle notwendigen Zwischenschritte enthält“ (Etzel, 1998, S. 52).
Bei der funktional ausgerichteten Betrachtungsweise (vgl. Strohschneider & von der Weth, 1993) steht die Begrenztheit des menschlichen Denkens im Mittelpunkt. Es geht nicht so sehr um das Erreichen definierter Ziele, sondern um Maßnahmen, die unerwünschte Effekte vermeiden. Ein klassisches Beispiel stellt die „Lohhausen-Studie“ von Dörner et al. (1983) dar.
„Um im Lohausen-Versuch erfolgreich abzuschneiden, muss man die Instruktion verstehen und die Vielzahl der verfügbaren Daten – durch Ordnen strukturiert und reduziert – im Gedächtnis verfügbar halten. Man muss die vorhandenen Problemfelder aktiv suchen, in ihrer Bedeutung erkennen und sich ein zutreffendes Bild von ihnen verschaffen. Man muss sich über die eigenen angestrebten Ziele klar werden und nach richtig dosierten, geeigneten Maßnahmen suchen, um sie zu verwirklichen. Man muss Planen und Entscheiden, dann aber auch tatsächlich handeln. [...] Und dies alles muss im Rahmen des zur Verfügung stehenden Zeit-Budgets erfolgen“ (Dörner et al., 1983, S. 319).
Aus Dörners Beschreibung für ein erfolgreiches Vorgehen bei der Bearbeitung eines Planspiels wird deutlich, wie komplex sich eine Planungssituation für den Probanden darstellt. Entsprechend fragt Volpert (1982): „Wie gelingt es einem denk- und lernfähigen Lebewesen, seine Beziehungen zur Umwelt gemäß seinen Intentionen zu gestalten, obwohl sich diese Umwelt in nicht genau vorhersehbarer Weise verändert und die 'Verarbeitungskapazität' des Lebewesens begrenzt ist?“ (Volpert, 1982, S. 39). Die Antwort lautet: durch Planung. Pläne reduzieren die Komplexität einer Handlungssituation. Neben der Reduktion der Komplexität einer Planungs-situation haben Pläne noch weitere Aufgaben. Sie können beispielsweise die zeitliche Abfolge und die Orte von Handlungen festlegen. Pläne können auch Gedankenkonstrukte darstellen, ohne den Anspruch zu haben, jemals umgesetzt zu werden (z.B. konnten die Pläne der Flugapparate von Leonardo da Vinci zu seinen Lebzeiten noch nicht realisiert werden).
Nach Hacker (1992) geben Pläne Antworten auf so genannte „W-Fragen“ (Was, Wie, Wann, Wo). Was soll geschehen? Pläne legen Ziele fest, die man erreichen möchte. Wie soll es geschehen? Pläne machen Aussagen zu den Handlungen, die geeignet sind bzw. aufgrund von Erfahrungen als geeignet empfunden werden, die festgelegten Ziele zu erreichen. Wann soll es geschehen? Pläne definieren die Zeiträume für bestimmte Handlungen. Wo soll es geschehen? Pläne legen die Handlungsorte fest (vgl. Hacker, 1992, S. 51f). Diese Informationen können in Plänen enthalten sein, müssen es aber nicht. Pläne können z.B. nur aus Informationen über Ereignisse bestehen, ohne die Abfolge der Handlungen festzulegen (Fahrplan, Stadtplan). Dies dient der Koordination mehrerer Personen und deren Aktivitäten. Insgesamt kann man sagen, dass Pläne die Rahmenbedingungen für Ereignisse festlegen.
Pläne können ebenso verpflichtenden Charakter haben. Wochenpläne können z.B. bewusst dafür eingesetzt werden sich selbst zur Arbeitsdisziplin zu zwingen. Außerdem bringen selbst gesetzte Pläne das aktuelle Handeln mit übergeordneten Zielen in Beziehung. Eine gegenwärtig vielleicht unangenehme Aktivität lässt sich in einen größeren Handlungszusammenhang zur Erreichung höherer Ziele einordnen. Zudem haben Pläne für das Denken und das Gedächtnis entlastenden Charakter. Wenn man einmal etwas geplant hat, dann bildet sich ein Schema (Skript) der Situation. Bei erneuter Konfrontation mit der Situationskonstellation oder einer unbekannten Situation mit ähnlichem Problemcharakter, muss man nicht von vorne anfangen und alles neu durchdenken, sondern kann auf die gemachte Erfahrung zurückgreifen. Dies kann das Gefühl der Unsicherheit in bestimmten, komplexen Situationen reduzieren, da Pläne unbekanntes Terrain strukturieren können. Um in einer unbestimmten Situation zurechtzukommen, greifen Problemlöser auf gewisse Ressourcen zurück. Menschen setzten für das Lösen von Problemen ihr Wissen und ihr Gedächtnis ein. Für häufig wiederkehrende Problemsituationen werden Wahrnehmungsmuster und Handlungsroutinen entwickelt.
Nach Buerschaper (2000) sind Heurismen Findeverfahren für Lösungen unbekannter Probleme. Heuristisches Wissen dagegen ist Wissen darüber, wie man das Denken und Handeln gestalten muss, um dem Problem angemessene Lösungsschritte zu finden oder neu zu kombinieren (vgl. Buerschaper, 2000). Heuristiken werden im Gedächtnis gespeichert und können in einer Problemsituation vom Problemlöser abgerufen werden. „Die Einschätzung der Problemlösekompetenz setzt sich aus dem konkreten Wissen um Handlungsschritte (epistemische Kompetenz) und der Einschätzung des allgemeinen Wissens, der Erfahrungen mit vielerlei Problemen (heuristische Kompetenz) additiv zusammen“ (Buerschaper, 2000, S. 156). Eine Strategie ist nach Buerschaper (2000) ein unvollständiger Plan und beinhaltet eine bestimmte Abfolge von Denk- und Handlungsschritten, die der Lösung komplexer und unbestimmter Probleme dienen. Wenn ein Problem bereits bekannt ist, dann braucht die Lösung nicht geplant zu werden. Es kann auf ein vorhandenes Skript zurückgegriffen werden (vgl. Schank & Abelson, 1977).
Strohschneider und von der Weth (1993, S.18ff) betrachten Planen aus der Perspektive von drei verschiedenen theoretischen Ansätzen: (1.) Planen als Gedächtnisstruktur, (2.) Planen als Entscheiden und (3.) Planen als Prozess.
(1.) Planen als Gedächtnisstruktur
Die Autoren bezeichnen die Grundstruktur von Plänen als hierarchisch-sequentiell. Die Festlegung der zeitlichen Abfolge von Handlungen als eine wesentliche Funktion von Plänen beschreibt den sequentiellen Aspekt. Der hierarchische Aspekt lässt sich durch die übergeordneten Ziele beschreiben. Selten folgen Menschen einem Handlungsplan um seiner selbst willen. Diese Auffassung wird später in der Theorie zu planerischen Basisfähigkeiten von Funke & Glodowski (1990) durch die Teilleistungen der Planerstellung „Abfolgen erkennen“ und „Zwischenzielbildung“ wieder aufgegriffen.
(2.) Planen als Entscheiden
Gegenstand der Entscheidungstheorie ist die Wahl der besten Alternative zwischen mehreren Handlungsalternativen. „Man wählt unter den bekannten Entscheidungsalternativen diejenige aus, bei der das Produkt aus Wert (d.h. den erwünschten Konsequenzen der Entscheidung, korrigiert um die unerwünschten Konsequenzen) und Erwartung (d.h. die Wahrscheinlichkeit des Eintretens hinderlicher oder förderlicher Ereignisse) maximal ist“ (Strohschneider & von der Weth, 1993, S.22). Ähnlich wird in der klassischen betriebswirtschaftlichen Entscheidungslehre der Wert der effizientesten Alternative berechnet[3] (vgl. von Nitzsch, 2002). Auch dieser Aspekt ist in der Theorie von Funke & Glodowski (1990) mit der Teilleistung der Planerstellung „Verfügbarkeit von Alternativen“ vertreten.
(3.) Planen als Prozess
Planungskonstellationen sind meist hochkomplex und dynamisch. „Je komplexer und unbestimmter eine Planungskonstellation ist, desto eher muss man damit rechen, dass die Planungsphase nicht sauber von der Durchführungsphase getrennt werden kann“ (Strohschneider & von der Weth, 1993, S. 25). Dieser Standpunkt der Unterscheidung einer Phase der Planerstellung von einer Phase der Planausführung und der damit verbundenen Schwierigkeiten wird ebenfalls später in der Darstellung der Theorie von Funke und Glodowski (1990) wieder aufgegriffen.
2.3.2. Problemlösen
„Eine beliebige Anforderung wird für uns zu einem Problem, wenn kein unmittelbares Wissen zur Ausführung zielführender Handlungen aktivierbar ist“ (Kotkamp, 1996). Wenn eine Person ein Ziel hat und nicht weiß, wie sie dieses erreichen soll, dann hat sie ein Problem. Dörner (1976) definiert ein Problem folgendermaßen: „Ein Individuum steht einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren oder äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für wünschens-wert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt, um den unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zielzustand zu überführen“ (Dörner, 1976, S 10). Ein Problem ist demnach durch die Komponenten unerwünschter Anfangszustand, erwünschter Endzustand und die Barriere, die eine Transformation von Anfangs- in Endzustand momentan verhindert, gekennzeichnet. Dörner (1976) unterscheidet verschiedene Problemtypen[4] in Abhängigkeit von der Art der Barriere, die eine Transformation des Anfangszustandes in den Endzustand verhindert.
Die beiden Planspiele der vorliegenden Untersuchung, Fetenplaner und Tour-Planer, erfordern die Auswahl einer richtigen Reihenfolge von Operationen und lassen sich somit den Problemen mit Interpolationsbarrieren zuordnen. „In Problemen, in denen es allein darum geht, die richtige Kombination oder Folge aus einer Reihe bekannter Operationen zu bilden, ist eine Interpolationsbarriere“ (Dörner, 1976, S. 12). Transformationsprobleme haben klar definierte Ausgangs- und Zielzustände und eine vorgegebene Anzahl von klar definierten Handlungsmöglichkeiten, die der Transformation der Zustände dienen. In der Instruktion wird den Probanden das benötigte Vorwissen zur Bearbeitung des Transformationsproblems vorgegeben.
Ein klassisches Beispiel ist der „Turm von Hanoi“ (vgl. Klix & Rautenstrauch-Goede, 1967). Die Aufgabenstellungen gelten jedoch als etwas künstlich und haben wenig Alltagsbezug. Das im Rahmen dieser Untersuchung konstruierte Planspiel Fetenplaner wird dagegen bewusst in einen betrieblichen Kontext gestellt. Der Ausgangszustand bzw. die Problemstellung stellt die Organisation eines Betriebsfestes innerhalb einer Arbeitswoche dar. Angestrebt wird ein Zielzustand bzw. eine Lösung, die in diesem Planspiel in der vollständigen Planung aller für das Betriebsfest benötigten Termine besteht. Die Überführung beider Zustände erfolgt durch die Anwendung von Handlungssequenzen, die es zu erfassen gilt. Die Konstruktion des Fetenplaners lehnt sich dabei eng an die Theorie von Funke und Glodowski (1990) zu planerischen Basisfähigkeiten, die im folgenden Kapitel ausführlich beschrieben wird.
Gemäß Funke und Glodowski (1990) ist Problemlösen die „Überwindung von (unvorhergesehenen) Schwierigkeiten, die der (gedanklichen) Planumsetzung im Wege stehen“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 140). Problemlösen besteht also „...im Auffinden eines vorher nicht bekannten Weges von einem gegebenen Anfangszustand zu einem gewünschten und mehr oder minder genau bekannten Endzustand“ (Dorsch et al., 1994, S. 506). Dabei wird zwischen Vorwärts- und Rückwärtsplanung unterschieden. Bei der Vorwärtsplanung wird vom Anfangs-zustand ausgegangen, bei der Rückwärtsplanung entsprechend vom Endzustand. Es entstehen jeweils so genannte Planungsbäume, die dann als gelöst gelten, wenn ein Weg vom Anfangs- zum Endzustand gefunden wurde. Bei der Bearbeitung der Planspiele ist sowohl eine Vorwärts- als auch eine Rückwärtsplanung denkbar. Erwartungsgemäß werden die Probanden eher „vorwärts“ planen und im Fetenplaner am Montag Morgen mit der Planung beginnen bzw. im Tour-Planer bei Michas Haus starten. Ebenso gut könnte man jedoch auch im Fetenplaner von Freitag Nachmittag an die Termine „rückwärts“ planen bzw. im Tour-Planer vom ursprünglichen Zielort (Bahnhof) beginnend, die Stadtroute planen.
Newell und Simon (1972) unterscheiden zwei Arten der Beschreibung von Problemen, die internale Repräsentation des Problems durch den Problemlöser und die externale Beschreibung des Problems durch den Untersucher. Synonym wird die subjektive Sicht von der objektiven Beschreibung unterschieden. Dabei dient die Beschreibung des Untersuchers als Bezugspunkt, mit dem das Problemlöseverhalten der Probanden beurteilt wird. Dazu zählt z.B., „ob eine richtige Lösung gefunden wurde, wie die Leistung relativ zur objektiven Struktur zu bewerten ist, welche Wege die Problemlöser eingeschlagen haben, um zu einer Lösung zu gelangen, wann ein Problemlöseverhalten fehlerhaft ist“ etc. (Newell & Simon, 1972, übersetzt von S.52). Dies ist bei der Konstruktion eines Planspiels bei den Überlegungen zur Auswertung zu beachten. In den beiden Planspielen Fetenplaner und Tour-Planer wird für den verlaufsorientierten Teil der Auswertung auf die Methode des lauten Denkens zurückgegriffen. Im Bereich des Problemlösens ist die Analyse von Protokollen des lauten Denkens maßgebend für die Forschung (vgl. Klauer, 1995). Hierauf wird im nächsten Kapitel bei der Beschreibung der eingesetzten Verfahren ausführlich eingegangen.
In der klassischen Problemlöseforschung wird zur Rekonstruktion der internalen Repräsentationen des Problemlösers die objektive Beschreibung verwendet. Strauß (1993) nennt die objektiven Beschreibungen „Problemmerkmale“ und ordnet diesen Situations-, formale und inhaltliche Merkmale zu. Die subjektive Beschreibung bezeichnet er mit „Personmerkmale“, unter die Persönlichkeitsmerkmale im engeren Sinne, kognitive Merkmale, emotionale und motivationale Merkmale fallen. Tabelle 1 stellt die Klassifikation von Problemen nach Newell und Simon (1972) und Strauß (1993) dar.
Tabelle 1: Klassifizierung von Problemen nach Newell & Simon (1972) und Strauß (1993).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Unter Situationsmerkmalen werden die unterschiedlichen Untersuchungskontexte verstanden. Beim Fetenplaner bestehen diese aus einem Spielbrett, auf dem die verschiedenen Terminkärtchen beliebig verschoben werden können. Außerdem wird der Fetenplaner ausschließlich als Einzeltestung durchgeführt, wobei sehr genaue Zielvorgaben gegeben werden („Arbeite alle für die Organisation des Betriebsfestes nötigen Termine ab und achte zudem auf die Einhaltung der normalen Arbeitszeit“). Formale Merkmale sind hierbei die symbolisch-abstrakten Einheiten des Szenarios (Variablen und deren Vernetzungen). Im Fetenplaner sind dies z.B. die abhängigen Aufträge. Sie bilden die formale Struktur des Szenarios. Diese Einheiten werden durch die inhaltlichen Merkmale eingerahmt. Die Hintergrundgeschichte im Fetenplaner besteht in der Planung eines Betriebsfestes innerhalb einer Arbeitswoche.
Trotz zahlreicher Überschneidungen der beiden Konzepte „Planen“ und „Problem-lösen“ sind diese dennoch nicht gleichzusetzen. Planen erfolgt immer kognitiv, Problemlösen kann dagegen auch praktisch (motorisch) erfolgen. Planen bezieht sich immer auf zukünftige Ereignisse, während sich Problemlösen auch auf vergangene Aufgabenstellungen beziehen kann. Planen kann man nur Handlungen; Problemlösen kann sich zum Beispiel auch auf Motive beziehen. Problemlösen bezieht sich sowohl auf die Planung, als auch auf die Ausführung. Planen ist demnach ein Spezialfall von Problemlösen, denn Problemlösen kann nicht ohne Planung stattfinden. Im Gegensatz dazu kann eine Planung jedoch ohne Problemlösen erfolgen (morgens aufzustehen, um zur Arbeit zu gehen, muss man zwar planen, indem man z.B. den Wecker stellt, es sollte jedoch nicht zu einem dauerhaften Problem werden, dass man jeden Morgen aufs Neue lösen muss). Eine reine Planung ist nach Dörner (1976) eine Aufgabe, die lediglich reproduktives Denken erfordert, da bei Aufgaben die Lösungsmethoden bekannt sind. Das unterscheidet die Lösung einer Aufgabe vom Problemlösen, bei dem „etwas Neues geschaffen werden“ muss (Dörner, 1976, S. 10).
2.4. Die Theorie von Funke & Glodowski (1990)
Funke und Glodowski (1990) beschreiben in ihrer Theorie zu planerischen Basisfähigkeiten einen Ansatz zur neuropsychologischen Diagnostik des Planungsvermögens. Dabei differenzieren die Autoren zwischen einer Phase der Planerstellung und einer Phase der Planausführung. Diese Phasen stehen in einer zeitlichen Abfolge. Die Autoren räumen jedoch ein, dass die Trennung der beiden Phasen „in alltäglichen Situationen konfundiert sein kann“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 144), behalten die Trennung aus diagnostischen Gründen jedoch bei. Die Phase der Planerstellung beinhaltet nach Funke und Glodowski (1990) eine „...vorausschauende Ordnung von Teilschritten, die noch in der Zukunft liegen, unter Beachtung von Randbedingungen und unter Einbezug von Gedächtnisinhalten (Schemata)“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 144). Folgende Teilleistungen werden dabei von den Autoren für die Phase der Planerstellung unterschieden:
1. Randbedingungen erkennen (RE)
2. Abfolgen erkennen (AE)
3. Zwischenzielbildung (ZB)
4. Verfügbarkeit von Alternativen (VA)
5. Angemessenheit der Auflösung (AA)
Randbedingungen erkennen (RE)
„Diese Teilleistung besteht darin, (a) zeitliche, (b) materielle und (c) personen-bezogene Voraussetzungen zu berücksichtigen“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 144). Auch für Funke und Fritz (1995) beinhaltet Planung „die Beachtung von einschränkenden Randbedingungen räumlicher, zeitlicher, materieller und logischer Art“ (Funke & Fritz, 1995, S. 29).
Abfolgen erkennen (AE)
„Diese Teilleistung besteht darin, die angemessene zeitliche Abfolge mindestens zweier Teilschritte korrekt zu erkennen. Diese Erkenntnisleistung ist auch dann gegeben, wenn sie in der Erkenntnis der Beliebigkeit der Abfolge besteht (Austauschbarkeit von Handlungsschritten)“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 144). Nach Funke und Fritz (1995) sind für die Planung einer Handlung zunächst Kenntnisse über die Bedingungen der Handlung zu erwerben. Bei der Planerstellung gilt es zu überlegen, „in welcher Reihenfolge und auf welche Art und Weise die Merkmale miteinander zu verbinden, zu strukturieren sind“ (Funke & Fritz, 1995, S. 8). Gemäß Etzel (1998) setzt sich das Konstrukt „Planungskompetenz“ aus den beiden Aspekten Spezifikation und festgelegte Reihenfolge zusammen. Zunächst muss spezifiziert werden, welche Handlungsschritte zur Zielerreichung zwingend durchlaufen werden müssen. Ebenso wichtig ist die Reihenfolge dieser einzelnen Handlungsschritte (vgl. Etzel, 1998).
Zwischenzielbildung (ZB)
„Diese Teilleistung verlangt die Segmentierung eines Gesamtplans in zeitlich aufeinander folgende Teilstücke, die als Zwischenziele auf dem Weg vom Ausgangs- zum Zielzustand angesehen werden können“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 145). Nach Oesterreich (1982) führt die Beachtung hoch „effizienter-divergenter“ Konsequenzen zu einer Erleichterung der Planung von Handlungen. Hoch effiziente Konsequenzen haben hohe Wirkwahrscheinlichkeiten und erhöhen damit die Chance der Zielerreichung. Divergente Konsequenzen ermöglichen es, den Handlungsweg in unterschiedliche Richtungen fortzusetzen. Werden vom Handelnden Konsequenzen mit hoher Effizienz-Divergenz berücksichtigt, kann er die Planung seines Handlungsweges bis zum Handlungsziel in Abschnitte unterteilen. Es verkürzt sich hierdurch die notwendige Länge der Antizipation (vgl. Oesterreich, 1982).
Verfügbarkeit von Alternativen (VA)
„Diese Teilleistung besteht darin, an bestimmten Segmenten eines Plans über mindestens eine Alternative zu verfügen“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 145). Auch in Battmans (1984) Definition eines Plans als „eine geordnete Folge von Handlungsanweisungen und möglichen Handlungsalternativen“ spielen Wahl-möglichkeiten zwischen verschiedenen Alternativen eine bedeutende Rolle (Battman, 1984, S. 674).
Angemessenheit der Auflösung (AA)
„Diese Teilleistung bezieht sich auf die Fähigkeit, eine angemessene Auflösung bei der Planerstellung zu erreichen“ (Funke & Glodowski, 1990, S. 145). Einleitend wurde auf diese Problematik bereits eingegangen. Zudem beschreibt die Forschung zur Künstlichen Intelligenz Planen als eine zunehmende Verfeinerung eines Oberziels durch Zerlegung in immer elementarere Subziele.
Auf die Phase der oben dargestellten Planerstellung folgt die Phase der Planausführung, die eine Planumsetzung und eine Planüberwachung des erstellten Plans mit der Option einer Revision und eines Abbruchs beinhaltet (vgl. Funke & Glodowski, 1990). In der vorliegenden Arbeit wird jedoch ausschließlich auf die Phase der Planerstellung eingegangen. Schon Hayes-Roth und Hayes-Roth (1979) gliedern den Problemlöseprozess in zwei Stufen. Zunächst muss geplant werden, wobei die Autoren Planen „als Vorbestimmung eines Aktionsverlaufs, der auf die Erreichung eines bestimmten Ziels gerichtet ist“ (zitiert nach Funke & Fritz, 1995, S. 26) definieren. Als zweiter Schritt folgt die Kontrolle, die eine Überwachung und Ausführung des Plans beinhaltet.
2.5. Ziel der Untersuchung
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, eine Parallelversion zu dem existierenden Planspiel „Tour-Planer“ in der Version von Wessels (2003) und Wypior (2003) zu entwickeln. Die Konstruktion der Parallelversion soll theoriegeleitet von statten gehen. Die zugrunde liegende Theorie ist die von Funke & Glodowski (1990) zu planerischen Basisfähigkeiten. Die Teilleistungen der Planerstellung bilden dabei die Skalen des Planspiels. Außerdem soll das Planspiel den Anspruch haben, Planungskompetenz zu erfassen. Des weiteren soll es den Gütekriterien der Objektivität, Reliabilität und Validität genügen. Dafür wird zusätzlich der Selbsteinschätzungsbogen in der Version von Wessels (2003) und Wypior (2003) eingesetzt.
3. Methode
Die in der Untersuchung eingesetzten Verfahren werden im Folgenden dargestellt. Des weiteren wird auf die Idee der Kriteriumsvalidierung eingegangen und die zu prüfenden Hypothesen werden aufgestellt. Abschließend wird der Ablauf der Untersuchung erläutert.
3.1. Die Verfahren
Den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet der Fetenplaner als Parallelversion des Tour-Planers (Wessels, 2003 und Wypior, 2003). Beide Planspiele werden in der Hauptuntersuchung eingesetzt. Außerdem dient eine Nachbefragung der Probanden nach Durchführung beider Planspiele dem subjektiven Vergleich der beiden Verfahren. Zusätzlich wird der Selbsteinschätzungsbogen zu Planungskompetenz und Intelligenz von Wessels (2003) und Wypior (2003) eingesetzt.
3.1.1. Der Tour-Planer (To)
Beim Tour-Planer von Wessels (2003) und Wypior (2003) wird von den Probanden verlangt, den optimalen Weg durch eine fiktive Stadt zu planen und dabei verschiedene Sehenswürdigkeiten zu besichtigen.
Die Entstehung
Im Jahr 2000 wurde an der RWTH-Aachen ein Forschungsprojekt mit dem Ziel ins Leben gerufen, ein Planspiel zu entwickeln, welches Planungskompetenz erfasst und zudem den Testgütekriterien der Objektivität, der Reliabilität und der Validität genügen sollte. Für die Evaluation einer Wiedereingliederungsmaßnahme für psychisch vorerkrankte Rehabilitanden wurde von Gühne, Mbarek und Spijkers (2000) zunächst das Planspiel „STARP-City“[5] konzipiert. Dieses wurde von Arling (2001) und Böhm (2001) weiterentwickelt. Die Überarbeitung von STARP-City[6] bestand zum einen in der theoretischen Fundierung des Planspiels mit dem Modell zum Planen und Problemlösen von Funke & Glodowski aus dem Jahre 1990 (vgl. Kapitel 2, Theorie). Auf der anderen Seite wurde die Instruktion standardisiert, um die Durchführungsobjektivität zu erhöhen. Die stressreduzierende Komponente der ursprünglichen Version fiel damit weg. Zudem wurde eine Optimallösung eingeführt und das Bewertungsschema dahingehend verändert, dass die Auswertungsobjektivität erhöht werden konnte. Die empirische Überprüfung des überarbeiteten STARP-City Planspiels von Arling (2001) und Böhm (2001) gab Anlass zu weiteren Verbesserungen. Arling (in Vorbereitung) entwarf daraufhin das auf STARP-City basierende Planspiel „Tour-Planer“ in einer Rohform. Wessels (2003) und Wypior (2003) führten diesen Entwurf weiter und entwickelten die vorliegende Version des Tour-Planers.
[...]
[1] Test-Operate-Test-Exit
[2] Neben dem Repräsentations-, Reduktions- Funktions- und Symbolisierungsmerkmalen beschreibt Geuting (2000) noch ein Abgrenzungs- und ein Strukturierungsmerkmal, die jedoch beide bei der Konstruktion eines Planspiels lediglich eine untergeordnete Rolle spielen.
[3] Zur Ermittlung der optimalen Strategie aus einem Entscheidungsbaum z.B. mit Hilfe des Roll back-Verfahrens (vgl. von Nitzsch, 2002, S. 213).
[4] Dörner (1976) unterscheidet zwischen Problemen mit Interpolations-, Synthese- und dialektischen Barrieren, wobei diese Barrieren in realen Problemsituationen meist kombiniert auftreten.
[5] „STARP“ ist die Abkürzung für „stressreduzierter adaptiver realitätsnaher Postkorb“.
[6] Bei Arling (2001) und Böhm (2001) hat „STARP“ keine inhaltliche Bedeutung mehr, sondern wird lediglich als Name weitergeführt.
- Citar trabajo
- Dipl. Sportpsychologin Tina Sirher (Autor), 2003, Entwicklung und Validierung eines Planspiels zur Erfassung von Planungskompetenz: Der Fetenplaner, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27284
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