Rechnen gilt neben Lesen und Schreiben als grundsätzliche Voraussetzung für eine erfolgreiche
Schullaufbahn. Dazu schrieben Lorenz und Radatz schon im Jahre 1993 im „Handbuch
des Förderns im Mathematikunterricht“, dass 6 Prozent aller Schülerinnen und Schüler
der Grundschule extrem rechenschwach sind und 15 Prozent eine mindestens förderungsbedürftige
Rechenschwäche aufweisen (vgl. Lorenz/Radatz 1993, S. 15). Dabei sollte
sich die Frage gestellt werden, was getan werden kann, um diesem Prozentsatz entgegenzuwirken.
Um ein grundlegendes Verständnis für Rechenoperationen entwickeln zu können,
müssen bereits im Vorschulalter mathematische Kompetenzen entfaltet werden.
Genau mit diesem Thema werde ich mich in dieser Arbeit auseinandersetzen. Im ersten
Teil werde ich drei verschiedene Modelle vorstellen, die von der Entwicklung von mathematischen
Kompetenzen im Vorschulalter handeln. Hierbei orientiere ich mich an dem
„Entwicklungsmodell früher mathematischer Kompetenzen“ von Prof. Dr. Kristin
Krajewski, an dem „fünfstufigen Entwicklungsmodell“ von Annemarie Fritz und Gabi Ricken
und ebenso an dem Modell der „Entwicklung von Zählfertigkeiten durch Fingerbilder“
von Berthold Eckstein. Des Weiteren werde ich kurz auf Entwicklungsstörungen im
Vorschulbereich eingehen, indem ich Ursachen benennen und den Begriff der Rechenschwäche,
auch bekannt als „Dyskalkulie“, definieren werde.
Im zweiten Teil werde ich näher auf die Frühförderung und ihre Umsetzung in der Praxis
eingehen. Dazu stelle ich zuerst zwei Förderprogramme „Mengen, zählen, Zahlen“ von
K. Krajewski sowie „Mit 10 Fingern zum Zahlenverständnis“ von B. Eckstein vor. Im Anschluss
daran komme ich zum Hauptteil dieser Arbeit, der aus einem eigenen Förderprojekt,
entwickelt auf Grundlage von den beiden oben genannten Programmen, besteht. Zu Beginn
werde ich in Form eines Vorwortes die Entstehung, Entwicklung, Bedingungen und wichtige
Aspekte zur Durchführung des Förderprojektes erklären. Darüber hinaus wird eine
kurze Beschreibung der beiden Kinder folgen, mit denen das Förderprojekt durchgeführt
wurde.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entwicklung von mathematischen Kompetenzen im Vorschulalter
2.1. Fünfstufiges Entwicklungsmodell nach A. Fritz / G. Ricken
2.2. Entwicklungsmodell früher mathematischer Kompetenzen nach K. Krajewski
2.3. Entwicklung von Zählfertigkeiten durch Fingerbilder
3. Entwicklungsstörungen im Vorschulbereich
3.1. Definition von Dyskalkulie
3.2. Ursachen
4. Frühförderung
4.1. Existierende Förderprogramme
4.1.1. „Mengen, zählen, Zahlen“ von K. Krajewski
4.1.2. „Mit 10 Fingern zum Zahlverständnis“ von B. Eckstein
4.2. Entwicklung eines eigenen Förderprogramms basierend auf
Ideen von K. Krajewski und B. Eckstein
4.2.1. Vorwort
4.2.2. Beschreibung der Kinder
4.3. Durchführung des eigenen Förderprogramms
4.3.1. Zahlen als Anzahlen
4.3.1.1. „Die Zahlen 1 bis 5“
4.3.1.2. „Die Zahlen 6 bis 10“
4.3.1.3. „Zahlenpaare und Zahlenhaus“
4.3.2. Anzahlordnung
4.3.2.1. „Zahlenstraße“
4.3.2.2. „Vorgänger und Nachfolger“
4.3.2.3. „Zahlentreppe größer und kleiner“
4.3.2.4. „Längen und Höhen“
4.3.2.5. „Treppauf“
4.3.2.6. „Treppauf die Zahlen entlang“
4.3.3. Teil-Ganzes-Beziehungen und Anzahlunterschiede
4.3.3.1. „Zunahme an Längen und Höhen“
4.3.3.2. „Jungen, Mädchen, Kinder“
4.3.3.3. „Unterschiede in Längen und Höhen“
4.3.3.4. „Wie viele Kinder mehr oder weniger?“
4.4. Ergebnis
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1. Im Förderprogramm verwendete Materialien
2. Im Förderprogramm verwendete Fingerspiele und Fingerreime
3. Fingerbilder zu den Zahlen 0 bis 10
4. Interview über die beiden Kinder Ben und Lisa
4.1. Interview mit einer Erzieherin aus dem Kindergarten
4.2. Interview mit einem Erzieher aus dem Kindergarten
Erklärung
1. Einleitung
Rechnen gilt neben Lesen und Schreiben als grundsätzliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Schullaufbahn. Dazu schrieben Lorenz und Radatz schon im Jahre 1993 im „Handbuch des Förderns im Mathematikunterricht“, dass 6 Prozent aller Schülerinnen und Schüler der Grundschule extrem rechenschwach sind und 15 Prozent eine mindestens förderungsbedürftige Rechenschwäche aufweisen (vgl. Lorenz/Radatz 1993, S. 15). Dabei sollte sich die Frage gestellt werden, was getan werden kann, um diesem Prozentsatz entgegenzuwirken. Um ein grundlegendes Verständnis für Rechenoperationen entwickeln zu können, müssen bereits im Vorschulalter mathematische Kompetenzen entfaltet werden.
Genau mit diesem Thema werde ich mich in dieser Arbeit auseinandersetzen. Im ersten Teil werde ich drei verschiedene Modelle vorstellen, die von der Entwicklung von mathematischen Kompetenzen im Vorschulalter handeln. Hierbei orientiere ich mich an dem „Entwicklungsmodell früher mathematischer Kompetenzen“ von Prof. Dr. Kristin Krajewski, an dem „fünfstufigen Entwicklungsmodell“ von Annemarie Fritz und Gabi Ricken und ebenso an dem Modell der „Entwicklung von Zählfertigkeiten durch Fingerbilder“ von Berthold Eckstein. Des Weiteren werde ich kurz auf Entwicklungsstörungen im Vorschulbereich eingehen, indem ich Ursachen benennen und den Begriff der Rechenschwäche, auch bekannt als „Dyskalkulie“, definieren werde.
Im zweiten Teil werde ich näher auf die Frühförderung und ihre Umsetzung in der Praxis eingehen. Dazu stelle ich zuerst zwei Förderprogramme „Mengen, zählen, Zahlen“ von K. Krajewski sowie „Mit 10 Fingern zum Zahlenverständnis“ von B. Eckstein vor. Im Anschluss daran komme ich zum Hauptteil dieser Arbeit, der aus einem eigenen Förderprojekt, entwickelt auf Grundlage von den beiden oben genannten Programmen, besteht. Zu Beginn werde ich in Form eines Vorwortes die Entstehung, Entwicklung, Bedingungen und wichtige Aspekte zur Durchführung des Förderprojektes erklären. Darüber hinaus wird eine kurze Beschreibung der beiden Kinder folgen, mit denen das Förderprojekt durchgeführt wurde.
Bei der Unterteilung der Durchführung werde ich mich an drei großen Schwerpunkten, die ich aus dem Förderprogramm von K. Krajewski entnommen habe, orientieren. Zu dem ersten Schwerpunkt „Zahlen als Anzahlen“ werde ich drei Förderstunden beschreiben. Der zweite Schwerpunkt „Anzahlordnung“ ist von den dreien am umfangreichsten und wird somit sechs Förderstunden beinhalten. Darauf wird der dritte und letzte Schwerpunkt „Teil-Ganzes-Beziehungen und Anzahlunterschiede“ folgen, der aus vier Förderstunden besteht. Jede aufgelistete Förderstunde wurde von mir selbst mit den beiden Kindern, in dieser Arbeit als „Ben“ und „Lisa“ benannt, durchgeführt. Die Förderstunden sind alle nach dem gleichen Schema aufgebaut und enthalten am Ende Beobachtungen, die ich während der Stunden machen konnte. Anschließend werde ich die Beobachtungen zu einem abschließenden Ergebnis zusammenfassen. Zur Ergebnissicherung dienen sowohl meine eigenen Beobachtungen als auch die von zwei Erziehern, die viel Kontakt mit beiden Kindern haben.
Um ein abschließendes Fazit zu formulieren, kommen mehrere Aspekte zusammen, die von großer Bedeutung sind. Zum einen sollte natürlich geschaut werden, inwieweit die beschriebenen theoretischen Modelle im praktischen Teil umgesetzt werden konnten. Zum anderen ist es ebenso wichtig herauszustellen, ob und in welcher Art und Weise das eigene Förderprojekt erfolgversprechend ist. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob ein Projekt aus zwei so verschiedenen Förderprogrammen funktionieren kann.
Im Anhang werden sich zwei Interviews mit zwei Erziehern des Kindergartens, Fotos von selbst erstellten Materialien für das Förderprojekt sowie von mir verwendete Kopien aus dem Buch „Mit 10 Fingern zum Zahlenverständnis“ von B. Eckstein befinden.
2. Entwicklung von mathematischen Kompetenzen im Vorschulalter
„Unter mathematischer Kompetenz wird die Fähigkeit verstanden, die Rolle der Mathematik in Alltagssituationen zu erkennen und sie so zu verwenden, dass eine konstruktivistische gesellschaftliche Teilhabe unterstützt wird“ (Simon/Grünke 2010, S.19). Dabei entsteht die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine mathematische Kompetenz erwerben zu können. Eine große Bedeutung spielt dabei das Verständnis für das Wesen und die Eigenschaften von Zahlen (vgl. Simon/Grünke 2010, S.19).
2.1. Fünfstufiges Entwicklungsmodell nach A. Fritz / G. Ricken
In der ersten Stufe des Entwicklungsmodells von A. Fritz und G. Ricken werden die drei Fähigkeiten „Zahlwörter nennen“, „Reihen bilden“ und „Mengen vergleichen“ erlernt. Zuerst wird auf den Erwerb von Zahlwortreihen als Fundament für weitere Entwicklungen eingegangen. Wenn Kinder anfangen zu sprechen, lernen sie neben anderen Worten auch Zahlwörter. Diese werden jedoch zu Beginn noch nicht von anderen Wörtern differenziert, sodass sie vielmehr den Charakter von Adjektiven annehmen. Die Unterscheidung zwischen Zahlwörtern und anderen Wörtern erfolgt erst nach und nach. Haben die Kinder den besonderen Wert der Zahlwörter erkannt, so lernen sie die Zahlworte zunächst als ein zusammenhängendes Wortgebilde kennen. Aus diesem Wortgebilde können zu diesem Zeitpunkt keine einzelnen Zahlen erkannt werden. Kleinkindern im Alter von zwei bis vier Jahren gelingt es bereits, kleine Mengen zu vergleichen. Dabei können sie diese der Größe nach ordnen und gezielt in eine Reihenfolge bringen. Darüber hinaus erlernen sie Begriffe zur Kategorisierung von Mengen wie zum Beispiel „wenig“, „viel“ und „sehr viel“ (vgl. Fritz/Ricken 2008, S. 33).
Durch die Eins-zu-Eins-Zuordnung des jeweiligen Zahlwortes zu einem Objekt, werden Zahlwörter nun nicht mehr als ein zusammenhängendes Wortgebilde betrachtet, sondern können voneinander unterschieden werden. Dieses findet in der zweiten Stufe statt. Die Zahlwortreihe ist auch hier immer noch eine untrennbare Sequenz. Das äußert sich in dem Maße, dass bei Zählhandlungen die Zahlwortreihe immer mit „eins“ begonnen und vollständig aufgesagt wird. Möchten Kinder zwei oder mehrere Zahlen in Bezug auf ihre Größe vergleichen, orientieren sie sich an der Zahlwortreihe. Dabei wird genau die Zahl als größer betrachtet, die später in der Reihe aufgesagt wird. Betrachtet man den Umgang mit Rechenoperationen, werden oftmals die eigenen Finger zur Hilfe dazu genommen. Unabhängig davon, ob es sich um Additions- oder Subtraktionsaufgaben handelt, wird auch hierbei zählend bei eins begonnen. Die Zählweisen können zwar variieren, jedoch kommen die Kinder immer durch Auszählen auf das Ergebnis (vgl. Fritz/Ricken 2008, S. 33 ff.).
Die dritte Stufe zeichnet sich durch das Verständnis für die Verknüpfung der Zahl mit ihrer Menge aus. Der Name einer Zahl gibt zugleich die Anzahl der darin enthaltenen Objekte an. Dieses Wissen gilt als Voraussetzung für das kardinale Zahlenverständnis. Hierbei stehen viele Kinder vor einem Hindernis: Haben sie erfolgreich eine Menge ausgezählt, so können sie oftmals nicht beantworten, wie viele Objekte diese Menge tatsächlich enthält. Das liegt daran, dass sie das letzte Wort der Zahlreihe nicht als Angabe über die gesamte Menge wahrnehmen. Das letzte Word wird ausschließlich auf das letzte Objekt bezogen. Um herauszufinden wie viele Objekte es sind, müssen sie nochmal von vorne anfangen zu zählen. Haben sie diese Hürde jedoch erfolgreich überwunden, können sie Rechenaufgaben von jedem Startpunkt innerhalb der Zahlwortreihe ausführen. Damit begeben sie sich auf den Weg, ohne zählendes Rechnen Rechenstrategien entwickeln zu können (vgl. Fritz/Ricken 2008, S. 35 ff.).
Sobald Kinder Einsichten in das kognitive Schema von Teil-Teil-Ganzes-Beziehungen erlangen, ist die vierte Stufe erreicht. Dieses findet seinen Ursprung meistens durch Alltagssituationen im Kindergarten oder zu Hause. Als Beispiel kann an dieser Stelle das Aufteilen eines Kuchens in mehrere Stücke genannt werden. Setzt man die Stücke wieder zusammen, so ist der Kuchen wieder ganz. Die weitere Verinnerlichung dieses Schemas beinhaltet einen längeren Zeitraum und findet meistens in den ersten beiden Schuljahren statt. Dabei entwickelt sich ein Verständnis für die Eigenschaften und Beziehungen von Mengen. Kinder können somit nachvollziehen, dass Mengen aus anderen Teilmengen zusammengesetzt sind und zerlegt werden können. Ebenso lässt sich dieser Vorgang rückgängig machen, indem die zwei Teilmengen wieder zusammengesetzt werden. Zusätzlich lernen Kinder in dieser Stufe, dass ein Zahlwort einer eigenen Einheit entspricht und somit zählbar ist (vgl. Fritz/Ricken 2008, S. 37 ff.).
In der letzten Stufe werden das Teile-Ganzes-Konzept und der relationale Zahlbegriff schließlich vertieft. Im Kontext des Teil-Ganzes-Konzepts gilt die Addition als Zusammensetzung eines Ganzen aus mindestens zwei Teilen. Genauer gesagt, setzen sich Additionsaufgaben aus drei getrennten Mengen zusammen, wobei die beiden Summanden äquivalent zur Summe sind. Hier bekommt der Begriff „Zahlentripel“ seine Bedeutung. Die letzte Zahl des Zahlentripels ist das Ganze und die beiden ersten Zahlen sind die Teile des Ganzen. Diese Beziehung ist festgelegt, sodass sie auch bei variierender Aufgabenstellung unverändert bleibt. Daraus lässt sich folgern, dass es auch bei der Subtraktion ein Zahlentripel gibt. Die Subtraktion wird als Unterschied zwischen dem Ganzen und den Teilen gesehen. Dieses gestaltet sich so, dass eine Teilmenge aus dem Ganzen abgegrenzt wird. Erst wenn sie wieder hinzugefügt wird, kann die Gesamtmenge wieder hergestellt werden. Darüber hinaus können Rechenaufgaben, die relationales Zahlverständnis voraussetzen, zusammen mit dem Verständnis des Teile-Ganzes-Schemas gelöst werden (vgl. Fritz/Ricken 2008 S. 39 ff.).
2.2. Entwicklungsmodell früher mathematischer Kompetenzen nach K. Krajewski
K. Krajewski vertritt die Ansicht, dass der Schuleintritt nicht als Startpunkt betrachtet werden darf, da sich bereits im Kindergarten deutliche Unterschiede in frühen Mengen-Zahlen-Kompetenzen kristallisieren (vgl. Krajewski u. a. 2008, S.135). Eine erfolgreiche Förderung der Vorläuferkompetenzen kann genau dann erreicht werden, wenn diese eng an die natürliche Entwicklung der spezifischen Kompetenzen gehalten wird. Ziel ist es, die Mengen-Zahlen-Kompetenzen aufzubauen, die sich jeweils in der „Zone der nächsten Entwicklung“ befinden (Krajewski u. a. 2008, S. 136). Dazu hat K. Krajewski ein Modell entwickelt, das auf der Theorie von Resnick basiert. Demzufolge durchlaufen Kinder bis zum Schuleintritt drei Ebenen (vgl. Krajewski u. a. 2008, S. 136).
Die Ebene der numerischen Basisfertigkeiten handelt von der angeborenen Fähigkeit zwischen Mengen unterscheiden zu können. Genauer betrachtet können Mengen aufgrund ihrer räumlichen Ausdehnung voneinander differenziert werden. Im Alter von zwei Jahren fangen Kinder bereits an zu zählen. Der Zählvorgang ähnelt jedoch vielmehr dem Aufsagen des Alphabets, da die einzelnen Zahlen noch keinen numerischen Charakter besitzen. Das bedeutet auch, dass die Zahlen zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Mengen in Verbindung gebracht werden können. Somit kann das jeweilige Kind auch noch nicht wissen, dass das letzte Wort der Zahlreihe die Größe der Menge beschreibt. Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass es in dieser Ebene nicht möglich ist, Mengen und Zahlen miteinander in Verbindung zu bringen, obwohl Unterschiede zwischen Mengen realisiert und Zahlworte genannt werden können (vgl. Krajewski u. a. 2010, S. 75 f.).
In der zweiten Ebene, dem sogenannten Anzahlkonzept, wird die Grundlage für das numerische Verständnis geschaffen. Dahinter steckt der Gedanke, dass Zahlen und Mengen miteinander verknüpft sind. Das Wissen über diese Verknüpfung nennt sich die „Mengenbewusstheit von Zahlen“ und entwickelt sich in zwei Phasen. Bei dem unpräzisen Anzahlkonzept können Kinder bereits eine ungenaue Mengen-Zahl-Zuordnung angeben. Dabei gibt es grobe Mengenkategorien, wie zum Beispiel „wenig“, „viel“ und „sehr viel“, denen mehrere Zahlen zugeordnet werden können. Während die Zahl 2 als „wenig“ eingestuft werden würde, würde die Zahl 8 als „viel“ gelten. So ist den Kindern auch bewusst, dass 8 größer sein muss als 2. Die Unterscheidung der Zahlen beschränkt sich jedoch auf die groben Mengenkategorien. Das soll heißen, dass Kinder zu dieser Zeit nicht zwischen Zahlen derselben Mengenkategorie unterscheiden können. Würde die Zahl 4 ebenfalls der Kategorie „wenig“ angehören, so kann noch nicht gesagt werden, ob 4 oder 2 größer ist. Dieses kann ausschließlich durch die Zähllänge der jeweiligen Zahlen herausgefunden werden. Da man bis zur 4 länger zählen muss als bis zur 2, ist demnach 4 größer als 2.
Wenn Kinder verstanden haben, dass es nicht ausreicht die Dauer des Zählvorgangs mit „wenig“, „viel“ oder „sehr viel“ zu beschreiben, erreichen sie das präzise Anzahlkonzept. Hierbei wird verinnerlicht, dass die Dauer des Zählvorgangs mit der Zahlenfolge korrespondiert und dass ausgezählte Anzahlen durch die Zahlenfolge in ihre exakte Reihenfolge gebracht werden können. Die Eins-zu-Eins-Zuordnung von Mengen und Zahlen wird eingehalten, wenn jede Zahl einer bestimmten Menge zugeordnet wird. Durch diese punktuelle Zuordnung erwerben Kinder das Verständnis, dass aufsteigende Zahlen aufsteigende Anzahlen repräsentieren. Das ermöglicht ebenfalls die Einordnung aufsteigender Zahlen in eine Reihenfolge. Nun kann klar zwischen den Zahlen 2 und 4 differenziert werden, denn es steht fest, dass 4 größer ist als 2. Neben der Ausbildung des Anzahlkonzepts, entwickelt sich zusätzlich das kindliche Verständnis für Mengen. Dabei wird den Kindern nach und nach bewusst, dass Mengen sowohl in Teilmengen zerlegt und wieder zusammengesetzt als auch durch Hinzufügen oder Wegnehmen verändert werden können (vgl. Krajewski u. a. 2010, S. 77).
Durch die Verknüpfung von den noch voneinander unabhängigen Fähigkeiten, die hier das Verständnis für Mengenrelationen und Anzahlkonzept wären, erlangen die Kinder Einsichten in die Struktur der Zahlen. Dieses erfolgt in der dritten Ebene, dessen Kernpunkt auf dem Verständnis für Anzahlrelationen liegt. Einerseits werden Zahlen als Anzahlen bewusst, was dazu führt, dass sie miteinander verglichen werden können. Andererseits können Relationen zwischen Zahlen exakt bestimmt werden. Genauer gesagt können die Relationen nicht nur bestimmt, sondern auch durch Zahlen ausgedrückt werden. Der Unterschied zwischen zwei Anzahlen ist wiederum eine Anzahl. Schließlich begreifen die Kinder ebenso, dass eine Anzahl in kleinere Anzahlen aufgeteilt und anschließend wieder zusammengesetzt werden kann (vgl. Krajewski u. a. 2010, S.77 f.).
2.3. Entwicklung von Zählfertigkeiten durch Fingerbilder
Um kompetent zählen zu können, müssen grundsätzlich drei Fähigkeiten miteinander verbunden werden. Dazu gehört als erstes das „sichere Beherrschen der Zahlwortreihe“ (Eckstein 2011, S.80). Unabhängig davon was oder wer gezählt wird, werden immer dieselben Zahlwörter verwendet. Es lässt sich also sagen, dass Zahlwörter einen abstrakten Charakter haben. Jedes Zahlwort wird nur einmal verwendet, kein Zahlwort wird ausgelassen und zu jedem Zahlwort gibt es sowohl Vorgänger als auch Nachfolger. Die Reihenfolge der Zahlwörter definiert sich dadurch, dass sie unveränderlich feststeht und dass sie an jedem beliebigen Punkt gestartet und von dort aus vorwärts oder rückwärts weitergezählt werden kann (vgl. Eckstein 2011, S. 80 f.).
Eng verbunden mit der Zahlwortreihe ist der eigentliche Zählvorgang. Dieser hat ebenfalls einen abstrakten Charakter, denn auch hierbei ist es unerheblich um welche zu zählenden Gegenstände oder Personen es sich handelt. Beim Zählen selbst kommt es darauf an, dass eine stabile Eins-zu-Eins-Zuordnung zwischen den Zahlwörtern und den Objekten der Zählmenge hergestellt wird. Oftmals gibt es anfängliche Schwierigkeiten dabei, da das Aussprechen der Zahlwörter schneller vorangeht als das Zeigen der Zählobjekte. Auch hier wird jedes Objekt der Zählmenge nur einmal gezählt. Für Kinder ist es wichtig, dass sie eine Zählstrategie entwickeln, die sicherstellt, dass jedes Objekt genau einmal erfasst wird. Die Reihenfolge, in der die Objekte der Zählmenge erfasst werden, hat keinen Einfluss auf das Ergebnis des Zählvorgangs (vgl. Eckstein 2011, S. 80 f.).
Zudem kann an dieser Stelle die Entwicklung des Anzahlverständnisses genannt werden. Damit ist gemeint, dass das letztgenannte Zahlwort des Zählvorgangs die Anzahl der Objekte des gesamten Zählvorgangs bezeichnet. Dieses ist auch unter dem Namen „last word rule“ bekannt. Kindern fällt es oft schwer, nachdem sie eine Menge richtig gezählt haben, die Anzahl der Elemente dieser Menge zu benennen. Das letztgenannte Zahlwort hat in dem Sinne einen Doppelcharakter, da es zum einen das Zahlwort bezeichnet und zum anderen die Anzahl der Menge angibt. Vielen Kindern ist dieser Doppelcharakter nicht immer sofort transparent. Darüber hinaus ist es für die Entwicklung des Anzahlverständnisses wichtig, dass Kinder verstehen, dass eine Menge von zählbaren Objekten in vielfältiger Weise in Teilmengen zerlegt werden kann (vgl. Eckstein 2011, S. 80 ff.).
Das Zählen mit den Fingern hilft den Kindern dabei die Numerositäten sichtbar und spürbar zu machen. Die Bewegung, die beim Fingerzählen entsteht und rhythmisiert werden kann, fördert die Konzentrationsfähigkeit. Der Zählvorgang wird kontrollierter und akzentuierter, wodurch es leichter wird die Eins-zu-Eins-Zuordnung von Zahlwort mit Zählobjekt herzustellen. Besonders für Kinder mit Schwierigkeiten bei der Entwicklung von Anzahlvorstellungen, lohnt es sich die Finger zur Hilfe zu nehmen. Fingerbilder erleichtern die Entwicklung von Zahlvorstellungen und die Verbindung von Zahlwörtern und Numerositäten. Ein weiterer Vorteil von Fingerbildern ergibt sich dadurch, dass sie eine sichtbare und spürbare Abbildung der Numerosität darstellen, wodurch das Ergebnis des Zählvorgangs deutlich vorliegt. Darüber hinaus wird die Zerlegbarkeit von Zahlen durch Fingerbilder besonders deutlich. Durch die einzelnen Finger, die sich zu einem Fingerbild zusammensetzen, ist die Zerlegung von vornherein sichtbar (vgl. Eckstein 2011, S. 85 ff.).
3. Entwicklungsstörungen im Vorschulbereich
3.1 Definitionen von Dyskalkulie
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellte die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“, um eine einheitliche Diagnostik von Krankheiten und Störungen zu ermöglichen. Darunter lässt sich unter anderem auch der Begriff der Rechenstörung, ebenso bekannt als Rechenschwäche oder Dyskalkulie, unter der Kategorie „umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten“ finden (Dilling/Freyberger 2010, S.290). In der zehnten Revision der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) heißt es, dass diese umschriebenen Entwicklungsstörungen durch Entwicklungsrückstände oder Entwicklungsverzögerungen gekennzeichnet ist. Darüber hinaus wird über verschiedene Bestimmungsmerkmale einer Rechenstörung folgendes aufgeführt:
Diese Störung besteht in einer umschriebenen Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft vor allem die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten, wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die abstrakten mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie oder Differenzial- und Integralrechnung benötigt werden (Dilling/Freyberger 2010, S.290).
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie legt in Deutschland die Leitlinien für die Diagnose einer Rechenstörung fest. Als zentrales Kriterium der Diagnose einer Rechenstörung wird die Diskrepanz zwischen den Leistungen im Intelligenztest und den Leistungen im Rechentest gesehen. Hierbei muss ein wesentlicher Unterschied vorhanden sein. Erst wenn durch standardisierte Tests Abweichungen in der allgemeinen Intelligenz, der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten und in dem Niveau der Rechenfertigkeiten festgestellt wurden, kann eine Rechenstörung diagnostiziert werden (vgl. Simon 2007, S. 17). Dabei bleibt jedoch die Frage bestehen, wie zuverlässig eine Diagnose gestellt werden kann.
3.2. Ursachen
Es lassen sich verschiedene Faktoren nennen, die zusammentreffen können, sodass die Chance für das Auftreten einer Rechenschwäche nach der Einschulung erhöht wird. An erster Stelle sollte hier auf die Bedeutsamkeit genetischer Voraussetzungen aufmerksam gemacht werden, denn Störungen im mathematischen Bereich können Ausdruck einer defizitären Informationsverarbeitung sein. Diese kann unter anderem mit verzögerten biologischen Reifungsprozessen verbunden sein. Weiterhin wurde festgestellt, dass bei Leistungsproblemen, die ausschließlich in der Mathematik vorliegen, zerebrale Störungen in der nichtdominanten Gehirnhälfte auftreten. Können diese genetisch bedingten Funktionsstörungen nicht durch eine gute Förderung kompensiert werden, so entwickeln sie sich zu manifesten Entwicklungsstörungen (vgl. Simon/Grünke 2010, S. 31).
Hier kommen nun die Sozialisationsfaktoren ins Spiel, denn obwohl das Umfeld nicht so entscheidend ist wie die genetischen Bedingungen, spielt es trotzdem eine tragende Rolle. Kinder mit isolierten Rechenproblemen stammen häufig aus sozial benachteiligten Familien, da es in diesen Familien schwieriger ist die genetischen Vorbelastungen zu kompensieren. Kleine Aufgaben im ganz normalen Alltag, wie z. B. „Hol mir doch bitte mal 2 Eier“, können bereits zu einem guten Mathematikverständnis beitragen. Es bleibt jedoch die Frage bestehen, ob ein anregendes Umfeld bei Risikokindern mit hohen genetischen Vorbelastungen so viel ausmachen kann, dass Probleme beim Schuleintritt verhindert werden können. Gewiss ist jedoch, dass bei Risikokindern die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Störung im mathematischen Bereich durch ein anregungsarmes Umfeld erhöht wird (vgl. Simon/Grünke 2010, S. 31 f.).
Ein weiterer Faktor besteht in der mangelnden Vielfalt von schulischen Förderangeboten. Viele Ansätze, die bei unauffälligen Kindern gut funktionieren, eignen sich nicht unbedingt ebenso für Kinder mit Leistungsproblemen. Auch wenn im Allgemeinen ein guter Unterricht geführt wird, ist es oft nicht möglich mit geeigneten Fördermitteln auf gefährdete Kinder einzugehen, was dazu führt, dass sich die vorhandenen Probleme verfestigen. Es ist naheliegend, dass es für diese Kinder schließlich kaum möglich ist mit dem Lernfortschritt der anderen Kinder in der Klasse mitzuhalten. Folglich vergrößern sich die Rückstände mehr und mehr mit voranschreitendem Unterricht. (vgl. Simon/Grünke 2010, S. 32 f.).
Haben die Kinder in der Schule bereits einige Misserfolge einstecken müssen, so entwickeln sich ungünstige Voraussetzungen letztendlich durch Versagensängste in eine Verfestigung der Rechenschwäche. Die Kinder glauben nach einiger Zeit nicht mehr daran, dass sie in der Lage sind eine Mathematikaufgabe lösen zu können. Die Motivation einen Erfolg zu erzielen geht verloren und die Kinder geben die Mathematik auf (vgl. Simon/Grünke 2010, S. 33).
4. Frühförderung
4.1. Existierende Förderprogramme
4.1.1. „Mengen, zählen, Zahlen“ von K. Krajewski
Das Förderkonzept „Mengen, zählen, Zahlen“ von K. Krajewski zielt darauf ab, die Mengen-Zahlen-Kompetenzen von Vorschulkindern von der ersten bis zur dritten Ebene auszubauen. Somit kann ein Fundament für das Verständnis der Grundschulmathematik geschaffen werden, was ein besonderer Vorteil für diejenigen Kinder ist, die Schwierigkeiten in diesen Bereichen haben. Das oben in Kapitel 2.2 beschriebene Entwicklungsmodell wird in ein Fördermodell umgesetzt, bei dem die drei Ebenen in spielerisch aufeinander aufbauenden Übungen gefördert werden (vgl. Krajewski 2009, S. 95).
Über einen Zeitraum von acht Wochen werden die Kinder dreimal pro Woche in etwa halbstündigen Sitzungen gefördert. In den ersten zwei Wochen werden die Basisfertigkeiten ausgebaut, die sich zusammensetzen aus dem Mengenverständnis, den Zählfertigkeiten und der Zahlenkenntnis. Die Kinder lernen die Zahlen 1 bis 10 kennen und zwar dadurch, dass sie die verschiedenen Ziffern kennenlernen, Zahlenkarten in ihre exakte Reihenfolge bringen und den Zahlen regelmäßige Mengen zuordnen. Somit lernen sie zugleich auch die Zuordnung von diesen Zahlworten und arabischen Ziffern zu bestimmten Anzahlen. Dabei soll zusätzlich verdeutlicht werden, dass Zahlen die beim Zählen weiter hinten kommen, mehr Dinge bezeichnen als Zahlen, die weiter vorne kommen (vgl. Krajewski 2009, S. 95; Krajewski 2010, S. 78).
Die nächsten vier Wochen sind so konstruiert, dass das Anzahlkonzept vermittelt und mit den Basisfertigkeiten verknüpft wird. Anzahlen werden in die richtige Reihenfolge gebracht und anhand dieser miteinander verglichen. Zur Vermittlung des Anzahlkonzepts gibt es Spiele, bei denen strukturierte Zahlbilder, wie z. B. Punkte-, Uhren-, Zahlenstrahl- und Fingerkarten den Ziffern zugeordnet werden müssen. Den Kindern wird ebenfalls bewusst gemacht, dass Zahlen „größer“ oder „kleiner“ sind als andere Zahlen, weil zu ihnen „mehr“ oder „weniger“ Dinge gehören. Dieses kann beispielsweise veranschaulicht werden, indem die Kinder Chips übereinander stapeln. Es ist von besonderer Bedeutsamkeit, dass für alle Zahlen die gleichen Materialien verwendet werden. So können die Zahlbeziehungen und Unterschiede zwischen einzelnen Anzahlen für die Kinder auch visuell dargestellt werden. Dadurch, dass die Materialien sich lediglich in ihrer Stückzahl unterscheiden, wird die Aufmerksamkeit der Kinder auf den numerischen Aspekt gelenkt (vgl. Krajewski 2009, S. 95; Krajewski 2010, S. 78).
In den letzten beiden Wochen wird den Kindern die Struktur der Zahlen nähergebracht. Dabei sollen die Kinder entdecken, dass sich Zahlen in kleinere Zahlen zerlegen und daraus wieder zusammensetzen lassen und weiter noch, dass der Unterschied zwischen zwei Zahlen wieder eine Zahl ist. Dieses wird insbesondere anhand der verschieden langen Zahlenstreifen verdeutlicht. Legt man beispielsweise die Zahlenstreifen der Zahlen 3 und 4 nebeneinander, so sind sie zusammen genauso lang wie der Zahlenstreifen der Zahl 7. Durch den speziellen Aufbau der Materialien können die Kinder alleine schon beim Betrachten die Struktur der Zahl erkennen. Bei der genaueren Auseinandersetzung mit den Materialien können sie feststellen, dass immer eins dazukommt von einer zur nächsten Zahl. Die Materialien machen die Strukturen der Zahlen greifbar und sichtbar, was zusätzlich durch die Sprache, die im Rahmen der Übungen gebraucht wird, unterstützt wird. Die Sprache kommt aus dem Grunde zustande, weil die Kinder durch Fragen aufgefordert werden ihr Tun zu beschreiben (vgl. Krajewski 2009, S. 95 f.; Krajewski 2010, S. 79). Bezeichnungen wie „kleiner als“, „kommt eins dazu“, „ist eins mehr als“ werden häufig verwendet (Krajewski 2009, S. 95 f.; Krajewski 2010, S. 79).
4.1.2. „Mit 10 Fingern zum Zahlverständnis“ von B. Eckstein
Um seine theoretischen Überlegungen in eine kindgerechte Praxis umzusetzen, hat B. Eckstein in seinem Buch „Mit 10 Fingern zum Zahlverständnis“ verschiedene Arbeitsschritte ausgearbeitet. Dabei unterteilt er die Arbeitsschritte zum Zählen und zur Entwicklung des Anzahlverständnisses in zwei Kategorien. Bei der „enaktiven Darstellung“ wählt er Übungen aus, bei denen die Zahlen handelnd durch Fingerbilder dargestellt werden (Eckstein 2011, S. 87). Dieses äußert sich in dem Maße, dass die Erzieherin oder die Therapeutin die Fingerbilder zeigt und die Kinder diese nachmachen. Die Kinder sollen zuerst praktisch lernen, jede Zahl und jede Numerosität durch Fingerbilder darstellen zu können. Dieses wird aber nur als Zwischenziel gesetzt, da das eigentliche Ziel ist, dass die Kinder eine lebendige Zahlvorstellung entwickeln, ohne dabei auf Fingerbilder zurückgreifen zu müssen. Aus diesem Grund wird bereits in der Arbeitsphase der enaktiven Darstellung auf dieses Ziel hingearbeitet, indem die Fingerbilder schrittweise ausgeblendet werden, nachdem sie sicher gespeichert wurden (vgl. Eckstein 2011, S. 87 ff.).
Neben der enaktiven Darstellung werden ebenfalls bildliche Darstellungen von Fingerbildern gewählt. Diese nennt sich „ikonische Darstellung“ (Eckstein 2011, S. 90). Die Arbeit mit diesen Darstellungen hilft den Kindern, eine bildliche Vorstellung der Fingerbilder zu bekommen und führt sie auf die Ebene des vorstellungsmäßigen Operierens. Dabei kann es passieren, dass die Kinder ab und zu wieder auf die enaktive Darstellung zurückgreifen müssen. Ohne eine ausreichende Erarbeitung in der Handlungsebene, in der die Kinder genügend Gelegenheit hatten, mit ihren Fingern verschiedene Fingerbilder auszuprobieren und diese mit Zahlvorstellungen zu verbinden, ist eine Erarbeitung der ikonischen Darstellungsebene nicht möglich. Beherrschen die Kinder die Fingerbilder der Zahlen 0 bis 10, so kann auf die ikonische Darstellungsebene gewechselt werden. Dieses bereitet die Ablösung von den Fingerbildern vor (vgl. Eckstein 2011, S. 90 ff.).
Darüber hinaus hat B. Eckstein für verschiedene Altersklassen verschiedene Elemente für die Praxis entwickelt. Er unterteilt seine Fingerbilder in der Praxis in Kindergarten, mathematischen Anfangsunterricht und Lerntherapie. Das für diese Arbeit relevante Thema ist seine Ausarbeitung der Ideen für die Arbeit mit Fingerbildern im Kindergarten. Da sich seine 15 Arbeitsschritte vorzugsweise für den mathematischen Anfangsunterricht, eine schulische Fördersituation oder eine Therapiesitzung eignen, hat er aus diesen 15 Arbeitsschritten acht ausgewählt, die im Kindergarten in umgewandelter Form eingesetzt werden können (vgl. Eckstein 2011, S. 136 ff.).
Er verweist zudem darauf, dass in diesem Alter das Zählen eine besondere Rolle spielt. Dabei ist es wichtig, dass Kinder beim Zählen die Numerositäten richtig erfassen, die Zählprinzipien und somit auch die Reihenfolge der Zahlwörter einhalten. Dazu bieten sich insbesondere verschiedene Abzählreime, Lieder und Fingerreime an. Falls Kinder handmotorische Schwierigkeiten haben, ist es sinnvoll zuerst die Fingerbilder bis 5 zu üben, damit die andere Hand frei bleibt, um die Finger festzuhalten oder einzuklappen. In diesem Alter ist es bereits möglich, von der Handlungsebene auf die Vorstellungsebene zu wechseln. Aus diesem Grund eignen sich Spiele und Übungen, bei denen nicht auf die Hände geschaut wird (vgl. Eckstein 2011, S. 136 f.).
4.2. Entwicklung eines eigenen Förderprogramms basierend auf Ideen von K. Krajewski und B. Eckstein
4.2.1. Vorwort
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich ein eigenes Projekt zur Förderung früher mathematischer Kompetenzen auf Grundlage von den Förderprogrammen von K. Krajewski und B. Eckstein ausgearbeitet. Hauptsächlich stützt sich mein Konzept auf die Sitzungen von K. Krajewski. Dazu habe ich aus ihren 24 Sitzungen die grundlegenden Ideen und Spiele übernommen und die Materialien ihrer Förderbox nachgebastelt, wobei ich ein paar von den Materialien abgewandelt habe (s. Anhang). Am Ende vieler Sitzungen konnte ich zudem die Fingerbilder, Fingerreime und Fingerlieder (s. Anhang) von B. Eckstein einfügen. Ich komprimierte beide Förderprogramme zu insgesamt 13 Sitzungen, die zweimal wöchentlich für ungefähr eine halbe Stunde im Kindergarten stattfanden.
Durchgeführt habe ich das Projekt mit zwei Kindern, denen ich in dieser Arbeit die Namen „Ben“ und „Lisa“ geben werde. Das Projekt war ursprünglich so ausgelegt, dass die Förderstunden mit beiden Kindern gleichzeitig durchgeführt werden sollten. Da die beiden Kinder aber zu Beginn des Förderprojekts abwechselnd krank waren, entschied ich mich dazu, den ersten Schwerpunkt mit beiden einzeln zu erarbeiten. Im weiteren Verlauf fanden die Sitzungen wie geplant mit beiden Kindern zusammen statt.
Das Programm ist so beschrieben, dass Sie als Leser es nachvollziehen und auch selbst durchführen können. Die Beschreibung der Kinder und die Beobachtungen, die ich während der Durchführungsphase mit den beiden Kindern gemacht habe, sind in „Ich-Form“ beschrieben. Ich habe mich für diese Schreibform entschieden, da ich oftmals meine eigenen Gedanken, Eindrücke und Fragen darstelle und ich die Ich-Form somit für am geeignetsten halte. Die Beschreibung der Kinder und die Ergebnisse der Durchführung des Projektes basieren auf meinen eigenen Eindrücken und Beobachtungen sowie dem Interview, das ich mit einer Erzieherin und einem Erzieher nach Abschluss des Programmes durchgeführt habe (s. Anhang).
4.2.2. Beschreibung der Kinder
Ben ist 55 Monate alt. Er ist sprachlich weit hinter den anderen Kindern und seinem Alter entsprechend zurückgeblieben, da vor einem halben Jahr entdeckt wurde, dass er Probleme mit seinen Ohren hatte und er erst seit einer darauffolgenden OP richtig hören kann. Seit diesem Zeitpunkt lernt er richtig zu sprechen und hat somit einiges aufzuholen. Dieses äußert sich dadurch, dass er viele Wörter nicht richtig aussprechen kann, ihre Bedeutung nicht kennt und er Sätze oft in einem grammatikalisch falschen Satzbau bildet. Er ist sehr wissbegierig und freut sich jedes Mal über neue Aufgaben. Er kann sich sehr gut Abläufe merken und weiß immer, was wir in der letzten Stunde gemacht haben. Generell arbeitet er sehr sorgfältig und zählt alles genau ab. Ihm passieren selten Zählfehler. Er gibt sich große Mühe, sein Tun sprachlich richtig auszusprechen. Wenn wir zusammen Sätze üben, die er zuerst falsch ausspricht, kommt er in der nächsten Stunde von sich aus zu mir und sagt sie mir nochmals richtig vor.
Lisa ist 53 Monate alt. Sie ist sehr freundlich und offen. Als ich zum ersten Mal in den Kindergarten kam, kam sie direkt auf mich zu und wollte, dass ich mit ihr spiele. Wenn ich sie mit den anderen Kindern aus dem Kindergarten vergleiche, würde ich sagen, dass sie sehr klug ist für ihr Alter. Sie kann jedoch auch sehr stur und dickköpfig sein. Sie möchte immer ihren Willen durchsetzen und wenn sie dieses nicht schafft, arbeitet sie nicht mehr mit. Sie ist sehr anhänglich und braucht sehr viel Aufmerksamkeit. Sie möchte Ben gegenüber immer bevorzugt werden und sich beispielsweise Materialien zuerst aussuchen dürfen. Sie kann neuen Sachverhalten schnell folgen und erklärt diese Ben auch bereitwillig. Sie ist jedoch auch sehr voreilig, was dazu führt, dass sie sich oft verzählt. Oftmals weiß sie nicht mehr, was wir in der letzten Stunde gemacht haben, woraufhin ich ihr dieses nochmals erkläre.
4.3. Durchführung des eigenen Förderprogramms
4.3.1. Zahlen als Anzahlen
Der erste Schwerpunkt ist darauf ausgerichtet, dass die Kinder die Zahlen 1 bis 10 kennenlernen. Dabei steht im Fokus, dass die Kinder erkennen, dass hinter Zahlen Mengen (Anzahlen) stehen. Aus diesem Grund sollte darauf geachtet werden, dass Mengen und Zahlen stets miteinander verknüpft werden. Bis zum Ende dieses Teils sollten alle Zahlen bis 10 beherrscht werden. Es ist sehr wichtig, dass von Anfang an die Eins-zu-Eins-Zuordnung von Zahl und Objekt eingehalten wird.[1]
Folgendes soll im ersten Schwerpunkt erreicht werden:
1. Beherrschen der Zählfolge und der Ziffern von 1 bis 10
2. Einordnung einzelner Zahlen in die Zahlreihenfolge
3. Zuordnung von Anzahlen von Dingen zu den dazugehörigen Zahlen und umgekehrt
4. Übertragen der Mengen (Anzahlen) und Zahlen 1 bis 10 in ihre Darstellungsweisen
5. Verinnerlichung der Struktur der Zahlentreppe
4.3.1.1. „Die Zahlen 1 bis 5“
Benötigte Materialien:
1. Fünf große Bogen Papier, auf jedem eine große Zahlenkarte der Zahlenstraße
(Zahlen 1, 2, 3, 4, 5)
2. Je 1 bis 5 Stück Gegenstände, die im Raum zur Verfügung stehen (z.B. 1 bis 5
Bausteine in fünf gleichen Schälchen, 1 bis 5 Bücher auf fünf Stapeln,1 bis 5 Stifte
in fünf gleichen Bechern)
3. 1 bis 5 Chips
4. Karten je passend für die Zahlen 1 bis 5: Zahlenhaus-Kinderkarten, Zahlenhaus- Zahlenkarten, Würfelbilder, Treppenkarten, (mit Zahlen, Würfeln, Punkten, Fingern)
5. Zahlenstufen 1 bis 5
6. Zahlenhaus
[...]
[1] Schwerpunkt übernommen aus K. Krajewskis Förderprogramm „Mengen, zählen, Zahlen“
- Citar trabajo
- Nathalie Fiore (Autor), 2013, Mathematische Frühförderung im Vorschulalter, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/271144
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