Anthony Giddens wurde 1938 in Edmonton, Großbritannien geboren. Er studierte Soziologie und Psychologie in Hull und London und ist seit 1985 Professor an der Universität von Cambridge.
Mit seinem bisherigen Hauptwerk "The Constitution of Society" (engl.; Die Konstitution der Gesellschaft), welches 1984 erschien, gelang es Giddens, eine Gesellschaftstheorie zu entwickeln, deren Neuheit darin besteht, als Ausgangspunkt sozialwissenschaftlichen Forschens weder beim Individuum, noch bei der Gesellschaft anzusetzen. Dadurch überwindet Giddens den erkenntnistheoretischen Subjekt-Objekt-Dualismus, welcher die soziale Wirklichkeit entweder aus Sicht des individuellen Akteurs, oder als dinghafte Strukturobjektivität zu fassen versucht. Statt dessen versucht Giddens, dem rekursiven Charakter der menschlichen Praktiken theoretisch gerecht zu werden als einem Prozess kontinuierlicher Strukturierung, in dem Struktur und Handeln integral ineinander greifen (vgl. Hillmann 1994: 299).
Der Anspruch dieser Arbeit kann es natürlich nicht sein, diese komplexen Zusammenhänge umfassend zu erläutern. Daher beschränkt sie sich auf einen wesentlichen Teilaspekt im Denken von Anthony Giddens. Der Dimension der Zeit und die Auswirkung dieser Erkenntnisse auf die giddensche Handlungstheorie. Wie im Anschluss gezeigt werden soll, ist für Giddens eine genaue Betrachtung des Zeitbegriffes unabdingbar für alle seine Theorieansätze und sein gesamtes strukturtheoretisches Programm.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorbemerkung
2.Hauptteil
2.1 der Zeitbegriff
2.1.1 Geschichte und Evolution
2.1.2 der Begriff der durée
2.1.3 Trennung/"Entleerung" von Zeit und Raum
2.2 Zeitgeographie
2.2.1 Idee der Zeitgeographie
2.2.2 Raum-Zeit-Karten, Raum-Zeit-Prismen und RaumZeit- Konvergenz
2.3 Handeln im Kontext der Zeitdimension
2.3.1 Rationalisierung des Handelns
2.3.1 reflexive Steuerung des Handelns
3.Schlussbetrachtung
4.Bibliographie
1.Vorbemerkung
Anthony Giddens wurde 1938 in Edmonton, Großbritannien geboren. Er studierte Soziologie und Psychologie in Hull und London und ist seit 1985 Professor an der Universität von Cambridge. Mit seinem bisherigen Hauptwerk "The Constitution of Society" (engl.; Die Konstitution der Gesellschaft), welches 1984 erschien, gelang es Giddens, eine Gesellschaftstheorie zu entwickeln, deren Neuheit darin besteht, als Ausgangspunkt sozialwissenschaftlichen Forschens weder beim Individuum, noch bei der Gesellschaft anzusetzen. Dadurch überwindet Giddens den erkenntnistheoretischen Subjekt-Objekt-Dualismus, welcher die soziale Wirklichkeit entweder aus Sicht des individuellen Akteurs, oder als dinghafte Strukturobjektivität zu fassen versucht. Statt dessen versucht Giddens, dem rekursiven Charakter der menschlichen Praktiken theoretisch gerecht zu werden als einem Prozess kontinuierlicher Strukturierung, in dem Struktur und Handeln integral ineinander greifen (vgl. Hillmann 1994: 299).
Der Anspruch dieser Arbeit kann es natürlich nicht sein, diese komplexen Zusammenhänge umfassend zu erläutern. Daher beschränkt sie sich auf einen wesentlichen Teilaspekt im Denken von Anthony Giddens. Der Dimension der Zeit und die Auswirkung dieser Erkenntnisse auf die giddensche Handlungstheorie. Wie im Anschluss gezeigt werden soll, ist für Giddens eine genaue Betrachtung des Zeitbegriffes unabdingbar für alle seine Theorieansätze und sein gesamtes strukturtheoretisches Programm.
2. Hauptteil
2.1 Der Zeitbegriff
Anthony Giddens schreibt, "die Zeit, bzw. die Erfahrung von Raum und Zeit ist augenscheinlich ein banales Charakteristikum des menschlichen Alltagslebens" (Giddens 1988: 88). Diese eigentlich banale Erfahrung wird im Alltagsleben repräsentiert durch die physikalische Uhrzeit, nach der alle unsere Aktivitäten eingeteilt sind. Diese ist über den gesamten Globus seit 1884 standardisiert und ermöglicht erst eine komplexe weltweite Kommunikation und den reibungslosen weltweiten Warenverkehr. Man kann also sagen, daß moderne Gesellschaften ohne die exakte zeitliche Einteilbarkeit ihrer Aktivitäten nicht existieren könnten. Je größer die Zahl der Bevölkerung und der involvierten Ressourcen, desto exakter muss diese Zeitplanung sein.
Giddens geht in seiner Konzeption der Dimension der Zeit jedoch weit über den rein physikalischen Zeitbegriff der Uhrzeit hinaus. Nach seiner Theorie ist es unerlässlich, zum Verständnis sozialer Beziehungen und Institutionen, deren Ausdehnung über Raum und Zeit hinweg zu betrachten.
"Die meisten Sozialwissenschaften behandeln Raum und Zeit als bloße Randbedingungen des Handelns und akzeptieren unbedacht eine Konzeption der Zeit als messbare Uhrzeit, wie sie für die moderne westliche Kultur charakteristisch ist" (Giddens 1988, 161). Heinz- Günther Vester bemerkt hierzu: "die Soziologie hat sich leider nur wenig mit der Frage beschäftigt, welche Rolle Zeit und Raum in der sozialen Erfahrung spielen und wie die Erfahrung von Zeit und Raum sozial geprägt ist" (Vester 1993, 49).
Giddens stellt die alte Auseinandersetzung von Subjektivismus und Objektivismus, bzw. Mikro- und Makrosoziologie in ein neues Licht, da, seiner Argumentation zufolge, diese Disziplinen keinen Dualismus, sondern eine Dualität bilden.
"Das zentrale Forschungsfeld der Sozialwissenschaften besteht - der Theorie der Strukturierung zufolge - weder in der Erfahrung des individuellen Akteurs noch in der Existenz irgendeiner gesellschaftlichen Totalität, sondern in den über Zeit und Raum geregelten gesellschaftlichen Praktiken" (Giddens 1988, 52). Hiermit meint Giddens, daß weder Mikro- noch Makrosoziologie, weder Subjektivismus noch Objektivismus für sich geeignet sind, zu beschreiben, was das zentrale Forschungsfeld der Sozialwissenschaften sein sollte. Giddens bietet hier ein Lösung an und sieht das Zentrale Feld in der Erforschung und Interpretation von gesellschaftlichen Praktiken, die über Raum und Zeit konstituiert und geregelt werden.
Diese Sichtweise ist jedoch nur möglich und vertretbar, wenn man die Zeitvorstellung in Giddens´ Sinn anpasst. Hierzu bedient er sich einer Reihe von neuen Termini, u.a. dem Begriff der "durée". Dieser Terminus stellt einen Gegenbegriff zur rein physikalischen Zeitkonzeption dar und macht die Betrachtung der "individuellen Präsenz" über deren zeitliche Grenzen hinaus erst möglich. Giddens Definition zufolge, "fließen die Ereignisse und die Routinen des Lebens nicht nur in einer Richtung" (Giddens 1988, 88).
2.1.1 Geschichte und Evolution
Betrachtet man längere Spannen in der Zeit, also die Geschichte, erliegt man leicht der Versuchung, der menschlichen Geschichte eine "evolutionäre Gestalt" zu geben, also anzunehmen, die Geschichte bewege sich in einer ständig aufwärts gerichteten Entwicklung hin zu unseren Tagen. Giddens widerspricht dieser teleologischen, bzw. evolutorischen Ansicht vehement. Wiederum aufgrund seiner Idee des Menschen als reflexivem Wesen, der seine Geschichte in Kenntnis eben dieser Geschichte macht. "Zu wissen, was in der Geschichte geschieht, wird nicht nur zum integralen Bestandteil dessen, was Geschichte ist, sondern auch zu einem Mittel, diese Geschichte zu verändern" (Giddens 1988, 293). Giddens führt hier Gellner an, der gesagt hat, daß die Geschichte der Menschheit keine "world-growth- story" sei, wie z.B. Karl Marx sie vertritt, dessen Ideologie von einer geschichtsphilosophischen Idee sich verändernder Systeme entlang eines vorgegebenen Schemas ausgeht.
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- Arbeit zitieren
- Johannes Stadler (Autor:in), 2003, Die Dimension der Zeit bei Anthony Giddens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/27103
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