Wirft man einen Blick auf die aktuellen Werbe- und Kommunikationskampagnen vieler Unternehmen, so wird schnell klar: Botschaften, die in unterhaltsame, einzigartige, emotionale und überraschende Geschichten eingebettet sind, liegen klar im Trend. So wird ein einfaches Spülmittel nicht etwa mit besonderer Reinigungskraft oder einem Extra-Glanz-Finish beworben, sondern mit dem Duell zweier spanischer Städte: Villariba gegen Villabacho. Hier werden also statt persuasiver Argumente Geschichten erzählt – „vom spanischen Lebensgefühl, Gemeinschaft, Essen, Fairy Ultra und dem Stolz, sein Geschirr am schnellsten und saubersten zu reinigen.“ Um einen Schokoriegel werden Liebesgeschichten zwischen Milch und Schokolade gestrickt und Technikfreaks entführen den Rezipienten in ihren ganz eigenen Alltags-Wahnsinn – ‚Verrückte da draußen, willkommen beim Preis.‘ Judd Labarthe spricht beim Storytelling von einer zeitlosen Form der Kommunikation, die aber gerade heute zeitloser denn je ist. Storytelling – also das Erzählen von Geschichten rund um ein Unternehmen, ein Produkt oder einen Konsumentennutzen – kann in der Markenkommunikation nicht nur zu klassischen Werbezwecken eingesetzt werden, sondern auch unterstützend bei der Markenbildung oder dem Communityaufbau wirken. Im Folgenden sollen zunächst die Grundlagen des Storytellings überblicksartig dargestellt werden. Dabei geht es um die grundsätzliche Funktion von narrativen Strukturen für den Menschen und darum, wie Geschichten in besonderer Form Botschaften und Bedeutungen transportieren können. Danach soll beantwortet werden, warum Storytelling ein aktuell so beliebtes Tool in der Markenkommunikation ist und wie gute Geschichten aufgebaut sind. Ein Blick in die Praxis zeigt am Beispiel der Kampagne ‚Was passiert am Moss Lake?‘ des Produkts ,Müller Milchreis‘, welche spezifischen Ziele durch den Einsatz von Storytelling für die Marke verfolgt werden können und wie wirksam das Erzählen von Geschichten sein kann. Ein besonderer Fokus soll dabei auf der aktivierenden Funktion von Geschichten liegen, die den Konsumenten anregen, mit der Marke bzw. den mit ihr verknüpften Geschichten zu interagieren.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Die Bedeutung von Geschichten
2.1 Narrative Dispositionen unseres Gehirns - Erkenntnisse aus dem Neuromarketing
2.2 Geschichten erzählen, aber wie? - Erzähltheorien im überblick
3. Der Einsatz von Storytelling in der Markenkommunikation
3.1 Warum Storytelling?
3.2 Handlung, Darstellung und Wirkung von Markengeschichten
3.2.1 Handlung
3.2.2 Darstellung
3.2.3 Wirkung
4. Storytelling in der Praxis am Beispiel von ,Müller Milchreis‘
4.1 Märchen und Mythen als Grundmuster
4.2 Das Konzept der Kampagne ,Was passiert am Moss Lake‘
4.3 Storytelling und User Generated Content: eine neue Form der Consumer Activation?
4.3 Über Storytelling zum Social Media Erfolg
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. EINLEITUNG
Wirft man einen Blick auf die aktuellen Werbe- und Kommunikations- kampagnen vieler Unternehmen, so wird schnell klar: Botschaften, die in unterhaltsame, einzigartige, emotionale und überraschende Geschichten eingebettet sind, liegen klar im Trend. So wird ein einfaches Spülmittel nicht etwa mit besonderer Reinigungskraft oder einem Extra-Glanz-Finish beworben, sondern mit dem Duell zweier spanischer Städte: Villariba gegen Villabacho. Hier werden also statt persuasiver Argumente Geschichten erzählt - Åvom spanischen Lebensgefühl, Gemeinschaft, Essen, Fairy Ultra und dem Stolz, sein Geschirr am schnellsten und saubersten zu reinigen.“1Um einen Schokoriegel werden Liebesgeschichten zwischen Milch und Schokolade gestrickt und Technikfreaks entführen den Rezipienten in ihren ganz eigenen Alltags- Wahnsinn - ‚Verrückte da draußen, willkommen beim Preis.‘
Judd Labarthe spricht beim Storytelling von einer zeitlosen Form der Kommunikation, die aber gerade heute zeitloser denn je ist.2Storytelling - also das Erzählen von Geschichten rund um ein Unternehmen, ein Produkt oder einen Konsumentennutzen - kann in der Markenkommunikation nicht nur zu klassischen Werbezwecken eingesetzt werden, sondern auch unterstützend bei der Markenbildung oder dem Communityaufbau wirken.
Im Folgenden sollen zunächst die Grundlagen des Storytellings überblicksartig dargestellt werden. Dabei geht es um die grundsätzliche Funktion von narrativen Strukturen für den Menschen und darum, wie Geschichten in besonderer Form Botschaften und Bedeutungen transportieren können. Danach soll beantwortet werden, warum Storytelling ein aktuell so beliebtes Tool in der Markenkommunikation ist und wie gute Geschichten aufgebaut sind.
Ein Blick in die Praxis zeigt am Beispiel der Kampagne ‚Was passiert am Moss Lake?‘ des Produkts ,Müller Milchreis‘, welche spezifischen Ziele durch den Einsatz von Storytelling für die Marke verfolgt werden können und wie wirksam das Erzählen von Geschichten sein kann. Ein besonderer Fokus soll dabei auf der aktivierenden Funktion von Geschichten liegen, die den Konsumenten anregen, mit der Marke bzw. den mit ihr verknüpften Geschichten zu interagieren.
2. DIE BEDEUTUNG VON GESCHICHTEN
Dass Geschichten einen wesentlichen Teil unserer Kommunikation ausmachen und ein beinahe selbstverständlicher Bestandteil unseres Alltags sind, ist eine Tatsache, die spätestens dann deutlich wird, wenn man in seine eigene Kindheit blickt. Schon damals waren es Geschichten, aus denen wir uns die Bedeutung von Ereignissen abgeleitet, moralisches Denken und Urteilen geübt und wichtige Lektionen des Lebens gelernt haben.
Und auch unsere tägliche Kommunikation wird stark von Geschichten bestimmt - sei es Klatsch und Tratsch oder der Austausch über die Erlebnisse des Tages.3
Bereits früh unterschied man in der Wissenschaft zwischen dem narrativen und dem argumentativen Denken. Eine Geschichte ist dabei immer mehr als die Summe an Fakten, die sie übermittelt. Geschichten sind Bedeutungsträger, schaffen Sinn, Orientierung und Zusammenhänge. Argumentatives Denken dient lediglich der Erfassung von Regeln und Gesetzen.4 Storytelling ist demnach also eine Möglichkeit, eine Botschaft zu vermitteln, die über den reinen Tatsachen steht und damit einer Sache eine (konstruierte) Bedeutung zuweist.
Auch wenn das argumentative Denken lange Zeit die Wirtschaft und all ihre Prozesse bestimmt hat, konnte man in den vergangenen Jahren eine Trendwende feststellen. Träume, Ziele und Visionen von Kunden bestimmen das Unternehmensgeschehen mindestens ebenso stark, wie ökonomische Zahlen und Fakten. Frenzel et. al sprechen in diesem Zusammenhang von der ÅWiederentdeckung des narrativen Denkens.“5 Dieser Paradigmenwechsel eröffnete nicht zuletzt der Kommunikation neue Mittel und Wege.
2.1 NARRATIVE DISPOSITIONEN UNSERES GEHIRNS - ERKENNTNISSE AUS DEM NEUROMARKETING
Das Erzählen von Geschichten geht aber nicht nur auf unser alltägliches Erleben zurück, narratives Denken ist bereits seit der Geburt in den neuronalen Strukturen eines Menschen verankert. ÅStorytelling wirkt deshalb so stark, weil es an die Grundprinzipien des Gehirns anknüpft, an dessen Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung. Storytelling ist gehirngerechte Kommunikation.“6Informationen - so die Erkenntnisse der Neuroforschung - speichert unser Gehirn in Form von Geschichten, also miteinander verknüpften Kausalzusammenhängen. Eine Geschichte ist keine Aneinanderreihung von Fakten. Sie bündelt verknüpfte Ereignisse und miteinander interagierende Akteure zu einem sinnstiftenden Handlungsverlauf. Unser Gehirn fasst also auch eigene Erfahrungen zu Geschichten zusammen.7
Wie wichtig Geschichten für das menschliche Gehirn sind, zeigt sich schon durch das sogenannte episodische Gedächtnis - ein eigenes neuronales Netzwerk im Gehirn, das sich um die Verarbeitung und Speicherung von narrativen Inhalten kümmert. Später aufgenommene Informationen werden mit den gespeicherten Inhalten abgeglichen und in Relation gesetzt. So entstehen Bedeutung und Relevanz. Die Folge dieser Bewertung ist das menschliche Verhalten.8
Neuere Forschungsergebnisse zeigen, dass das episodische Gedächtnis in besonderem Maße auch unbewusst wirkt. Es speichert also auch Geschichten, die wir gar nicht speichern wollen. So gehen einmal wahrgenommene Informationen oder Episoden - sofern sie eine gewisse Bedeutsamkeit haben - nicht verloren.9Ein weiterer Grund, warum unser Gehirn stark affin für narrative Inhalte ist, ist das limbische System, das alle eingehenden Informationen nach ihrer emotionalen Relevanz bewertet. Besonders emotionale Inhalte - egal ob positiv oder negativ - sprechen das limbische System an und bleiben dadurch haften. Übertragen auf das Storytelling in der Markenkommunikation heißt das also: Konsumenten erinnern sich in erster Linie an Marken, die Gefühle auslösen. Und diese Gefühle lassen sich am besten durch Geschichten auslösen: ÅTo move people at the deepest level, you need stories.“10
Dass Geschichten jeglicher Art auf den Rezipienten einwirken, zeigen - ergänzend zu den Erkenntnissen aus dem Bereich Neuromarketing - auch unterschiedliche Ansätze aus der Kommunikationsforschung, die sich mit der Rezeption und Wirkung von Medieninhalten beschäftigen. Die Transportation Theory11besagt zum Beispiel, dass Geschichten und das damit verbundene narrative Erleben auf die Kognitionen des Rezipienten einwirken. Demnach verändern sich Meinungen und Einstellungen durch die Rezeption von Geschichten - und zwar in Richtung der narrativ gezeigten Inhalte. In diesem Fall werden die durch eine Geschichte transportierten Inhalte also besser angenommen, als bei einer reinen Faktenvermittlung.
2.2 GESCHICHTEN ERZÄHLEN, ABER WIE? - ERZÄHLTHEORIEN IM ÜBERBLICK
Die Muster des Storytellings, also die Art, wie Geschichten erzählt werden, finden sich schon in den frühen Kindheitserfahrungen der Rezipienten. Fuchs spricht davon, dass die Grundfähigkeit des Geschichtenerzählens, also der ÅWerkzeugkasten“ bei jedem Menschen vorhanden ist - lediglich die Gebrauchsanweisung muss man sich neu ins Gedächtnis rufen.12Zudem kann man beim Erzählen von Geschichten von einer der menschlichen Fähigkeiten sprechen, Ådie einen wahrhaft universalen Charakter aufweist - quer durch alle Kulturen und die ganze Menschheitsgeschichte hindurch.13
Dabei greifen wir stets auf kulturell tradierte Erzählmuster zurück. Dieser typische Ereignisverlauf, der eine Geschichte für den Rezipienten so spannend macht, findet sich in verschiedenen Erzähltheorien wieder.
Das klassische 5-aktige Drama, das auf bereits auf Aristoteles zurückgeht, beschreibt einen stetig ansteigenden Spannungsbogen, der in einem Höhepunkt gipfelt und dann zügig wieder abfällt. Auslöser der Handlung ist stets ein Konflikt, der sich immer mehr zuspitzt, bevor er vom Protagonisten bewältigt wird.14 Dieser Konflikt findet sich ebenfalls in einem sehr bedeutenden Erzählmuster, das unter anderem die theoretische Grundlage für viele TV- und Kinoproduktionen bildet. Die sogenannte ‚Heldenreise‘ kennzeichnet ebenfalls ein spezieller Ereignisverlauf. Im Zentrum steht eine Person, die durch den Ruf eines Abenteuers bzw. einen bevorstehenden Konflikt zum Helden werden muss. Im Laufe der Handlung spitzt sich auch hier der Konflikt zu, der Held hat mit Rückschritten und Problemen zu kämpfen. Nur mit Hilfe eines Mentors kann er sich auf seine Stärke besinnen und die Aufgabe bewältigen bzw. die Welt retten. Schließlich überschreitet der Held die Schwelle zur Alltagswelt, aus der er ursprünglich aufgebrochen war. Er trifft auf Unglauben oder Unverständnis, und muss das auf der Heldenreise Gefundene oder Errungene in das Alltagsleben integrieren.15
Das Motiv des Konflikts, das in den beiden angesprochenen Erzähltheorien jeweils eine entscheidende Rolle einnimmt, ist auch ein wichtiges Instrument beim Einsatz von Storytelling in der Markenkommunikation (vgl. Kapitel 4.2). Ein klassisches Element in Geschichten sind auch die sogenannten Archetypen. Dieser Begriff geht auf den Tiefenpsychologen Carl G. Jung zurück, der damit Urbilder von Personen meint, die tief im Unterbewusstsein des Menschen angesiedelt sind. So kann der Mensch Rollen wie den Helden oder den weisen Ratgeber klar identifizieren. Diese Rollenzuweisungen unterstützen bei der Rezeption von Geschichten, indem sie das Handeln des Protagonisten verständlich machen. Viele Charaktere in klassischen Geschichten entsprechen diesen Archetypen und übermitteln dem Menschen dadurch bereits eine implizite Bedeutung ihrer Rollen für den Verlauf der Geschichte.16
3. DER EINSATZ VON STORYTELLING IN DER MARKENKOMMUNIKATION
Es liegt also in der Natur des Menschen, Geschichten zu erfinden, um sich in der Welt zurechtzufinden. Ähnliches gilt auch für Konsumenten, die sich heutzutage mit einer schier unendlichen Markenvielfalt konfrontiert sehen. Während Supermärkte früher zwischen 100 und 300 Produkte im Sortiment hatten, haben Kunden in einem großen Supermarkt (Vollsortimenter wie Edeka oder Rewe) inzwischen die Wahl zwischen 40.000 Produkten.
Egal ob man es nun die ‚Qual der Wahl‘ oder wie die US-Psychologin Sheena Iyengar den ‚Choice Overload‘ nennt, mehr Produktvielfalt bedeutet nicht automatisch zufriedenere Kunden.17
[...]
1Herbst o.J., S. 5
2Vgl. Labarthe 2011, S. 210
3Vgl. ebd.
4Vgl. Frenzel et. al 2006, S. 15
5Ebd.
6 Herbst o.J., S. 7
7Vgl. Labarthe 2011, S. 211
8Vgl. Herbst o.J., S. 8
9Vgl. Scheier & Held 2006, S. 72
10Mc Kee 2003 zit. nach Herbst o.J., S. 9
11Vgl. Green & Brock 2000
12Vgl. Fuchs 2009, S. 15
13Vgl. Labarthe 2011, S. 211
14Vgl. Fludernik 2010, S. 25ff
15Vgl. Campbell 2012. S. 41ff
16Vgl. Herbst 2011. S. 60ff
17Vgl. Holtermann 2010
- Arbeit zitieren
- B.A. Stephanie Julia Winkler (Autor:in), Anna Bergmann (Autor:in), 2013, Storytelling als Instrument in der Markenkommunikation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270907
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