Die Arbeit ist eine Zusammenfassung eines Dissertationsprojektes mit dem ursprünglichen Ziel die „Zukunft im Europäischen Retail Business 2050“
zu betrachten und folglich Strategien und Erfolgsfaktoren aus heutiger Sicht abzuleiten.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Anhangverzeichnis
1. Einleitung
2. Thesen zum Projekt der Dissertationsarbeit
3. Ziel der Dissertationsarbeit
4. Forschungsansatz, betrachtete Bereiche und grundlegende Definitionen
4.1. Definitionen und Abgrenzungen des Retail Marktes
4.2. Segmentierung und Typisierung im Retail Business
5. Eingesetzte Methoden
6. Hypothesen
6.1. Die sieben Thesen zur Zukunft des Retail Business
6.2. Die sieben zentralen Erfolgsfaktoren für das Retail Business
6.3. Die Dinge die sich nie ändern werden
7. Forschungsstand
7.1. Situationsbeschreibung aktueller Markt
7.2. Aktueller Forschungsstand und vorliegende Erkenntnisse zur Entwicklung
7.3. Erste grundsätzliche allgemein wissenschaftliche Erkenntnisse
7.4. Erste Auswirkungen auf die Praxis
7.5. Weitere Forschungsschritte und erwartete Teilziele
8. Grenzen der Arbeit und Empfehlung für weitere Forschungen
9. Konklusion und Ausblick
10. Aufstellung eigener Publikationen
11. Verzeichnis der voraussichtlich verwendeten Literatur und Quellen für die Dissertation
11.1. Bereits verwendete Literatur
11.2. Noch zur Verwendung vorgesehene Literatur
12. Anhang (Übersicht über die Anhänge)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungs- und Anhangverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung „Bedrohungen im stationären Retail Business erreichen Höhepunkt“
Die ersten Überlegungen zu dieser Dissertation entstanden 2006 während meines Zweitstudiums zum MBA an der HDU Deggendorf (Deutschland) und der University Limerick (Irland). Zum Zeitpunkt dieses Studiums wurde an den betriebswirtschaftlichen Fakultäten der am MBA-Programm beteiligten Hochschulen massiv über die Einflüsse des Internethandels auf die Marktpotentiale im Einzelhandel diskutiert. Sogenannte disruptive Strategien von Unternehmen, wie z.B. Amazon (für Bücher) oder Unister (für Tourismus), prägten massive Umwälzungen in den jeweiligen Branchen-Segmenten. Die Umwälzung traf kleine Einzelhändler ebenso, wie Branchenriesen. Die Frage für mich war, ob die Bedrohungen im stationären Retail Business einen neuen Höhepunkt erreichen.
Bereits während meines Erststudiums zum Diplom Kaufmann Universität (MA-Äquivalent) während der Jahre 1993-1998 (Zeitpunkt des New-Economy-Hypes) gab es, damals im Bereich der Finanzdienstleister, aber auch schon in den Anfangsphasen im Bereich des Buchhandels, riesige Marktumverteilungen, die oft von alteingesessenen Unternehmen nicht abgewehrt werden konnten.
Die Fragen, „Wie wird der Retail-Markt in den nächsten Jahren aussehen?“, „Wie haben sich Unternehmen unter diesen Gesichtspunkten strategisch zu verhalten?“ und „Gibt es Dinge, die von Bestand sind und sich nie ändern (quasi Fixpunkte im Markt)?“ bewegen mich seither.
Mit den Forschungsarbeiten der letzten Jahre habe ich versucht, Antworten auf diese Fragen zu finden und wichtige Potentiale für erfolgreiches Retail Business gesucht.
2. Thesen zum Projekt der Dissertationsarbeit
Vorausgehend zur Projektarbeit standen nachfolgende Thesen für den Betrachter im Raum.
These 1: „Alle Unternehmen im Retail Business müssen sich am Endkunden und dessen Bedürfnissen (Bedarf) ausrichten.“
Diese Aussage basiert darauf, dass sich selbst in engen Märkten, in Oligopolen, wie z.B. der Mineral-Öl-Industrie, Preissensibilitäten von Verbrauchern nicht ignorieren lassen. Es basiert auch darauf, dass Verbraucher heute in fast allen Bereichen auf Märkten agieren, die einen Angebotsüberhang bieten.
Nach nun fast sechs Jahren Betrachtung, scheint sich diese These mehr als bestätigt. Gerade auch die Thematisierung von Wirtschaftskrisen - 2008 und auch heute – zeigt in seinen Facetten, das Verbraucher auch zudem völlig irrational auf den Märkten agieren können.
These 2: „Das Retail Business hat mind. einen gemeinsamen Grundlagenfaktor für Erfolg.“
Eben die Tatsache, dass Retail Business zwangsläufig Verbraucheraktionen erfordert, weist auf mindestens einen gemeinsamen Grundlagenfaktor hin. Es gibt jedoch weitere Faktoren, wie z.B. die Geschwindigkeit von Informationen oder die wachsende Markttransparenz, die über alle Segmente des Retail Business vorkommen.
These 3: „Es gibt mehr oder weniger klare Schlüssel(-prinzipien), welche die nächsten 5, 10 und ggf. 30 Jahre den Erfolg nachhaltig bestimmen werden.“
Der Verfasser vertritt die Ansicht, dass Tendenzen und Bewegungen Richtungen anzeigen. Sofern Richtungen identifizierbar sind, müssen auch Schlüssel gefunden werden können, die die Handlungssicherheit von Unternehmen im Retail Business erhöhen. Die Wertigkeit im Sinne der zeitlichen Frist für den Verfall dieser Informationen oder Schlüssel, müsste sich über die Substanz des identifizierten Merkmals feststellen lassen. So sollte z.B. das Merkmal „Lieferschnelligkeit“ für Verbraucher immer in der Wertung „schneller ist besser“ auch noch in mehr als dreißig Jahren Gültigkeit haben. Ein Merkmal, wie z.B. „Farbe hellgrün“, ist hinsichtlich seines Verfalls mehr als zeitanfällig und evtl. in weniger als einem Jahr absolut unbedeutend.
These 4: „Es gibt Dinge die sich im Handel mit Endkunden nie ändern werden.“
Es gibt also Dinge, die sich nie ändern werden. Je länger Aussagen Bestand haben, desto mehr sind diese für strategische Entscheidungen wichtig. Es gibt also Dinge, die sind quasi immer gültig und werden sich nie ändern. Welche sind das?
These 5: „Es gibt Erfolgsfaktoren, die die Zukunft für Retailer sicherer machen.“
Neben dem Wissen über Dinge, die sich nie ändern, kommt es für Retail Business Unternehmen auch darauf an, ihren eigenen Wettbewerb und neue Wettbewerber im Blick zu haben. Welche Erfolgsfaktoren sind also in Kombination erforderlich um Unternehmen zu generieren, welche auf lange Sicht substanziell für Konsumenten, Mitarbeiter und dem Staat existieren?
3. Ziel der Dissertationsarbeit
Ziel der Dissertationsarbeit ist es, aufzuzeigen, wie sich Unternehmen aus dem Retail Business - heute und morgen - Wachstum, Stabilität und steigende Renditen sichern können.
Dabei steht am Ende der Dissertationsarbeit eine Strategieempfehlung, die Zukunfts-Thesen, Thesen zu notwendigen Erfolgsfaktoren und zu Strategie-Säulen (Dinge die sich nie ändern werden) enthält.
Die aus heutiger Sicht mutmaßlichen Lösungen zu den Thesen über die Zukunft und die notwendigen Erfolgsfaktoren werden unter 6. Hypothesen dargestellt. Zu den Strategie-Säulen über sich nie ändernde Dinge kann noch nichts gesagt werden.
Erstes Teilziel war die Durchführung der Delphi-Runde Nr. 1 und die Auswertung der Artikel der Financial Times Deutschland (FTD). Der Verfasser dieser Arbeit bediente sich zur Ermittlung der Erfolgsfaktoren, zum einen der Analyse der in der FTD vorgestellten 42 „Zerstörer der deutschen Wirtschaft“ und zum anderen einer Delphi-Umfrage unter 140 Experten aus Deutschland, England, Italien, Frankreich, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Polen und Ungarn. In dieser ersten Dissertationsschrift, wird die erste Stufe der Delphi-Befragung analysiert und in Zusammenhang mit den 42 „Zerstörern der deutschen Wirtschaft“ gebracht. Im Rahmen der Ergänzung und im Sinne eines Vergleichs der „westlichen“ Mitgliedsstaaten Europas mit den Ergebnissen aus den Ländern Slowakei, Tschechien, Ungarn und Polen, wurden aktuell nochmals Befragungen von Experten aus diesen Ländern durchgeführt. Die Teilnahme war jedoch für eine signifikante Aussage zu gering, so dass dieser Teilschritt verworfen werden muss.
Im Rahmen der Dissertations-Hauptschrift werden erneut ein bis zwei weitere Delphi-Stufen einfließen. Die Veröffentlichung des Verfassers mit dem Titel „Erfolgsfaktoren und Strategieansätze im europäischen Retail Business“ (wahlweise in englischer oder deutscher Fassung) wird hierbei als Informationsgrundlage aus der ersten Delphi-Stufe an die Teilnehmer versendet.
Die Ergebnisse aus der Delphi-Studie werden mittels einer Online-Verbraucherbefragung über 500 Teilnehmer durch Auswertung mittels der IBM-Software „SPSS“ validiert. Sofern erforderlich plant der Verfasser durch verschiedene Experimente Strategieempfehlungen noch mit weiteren Beweisen zu unterlegen. Teilziel ist auch die Besonderheit und die Struktur des heutigen Retail Business darzustellen. Ebenso werden die Umfeldfaktoren nach Pestel und Porter, sowie die Theoriegrundlage zum Strategieprozess, aus dem Blickwinkel des europäischen Retail Business betrachtet.
Der Aufbau der Dissertationsarbeit soll nach folgendem Gerüst erfolgen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 1: Aufbau der Arbeit, eigene Darstellung)
4. Forschungsansatz, betrachtete Bereiche und grundlegende Definitionen
Die Forschung bezieht sich auf das gesamte Feld des Retail Business. Es geht also um sämtliche Betriebe, die direkt an Endkunden verkaufen. Hierbei ist es egal, ob es sich um Ware, Dienstleistungen oder Kombinationen daraus handelt. Auch Bank- und Versicherungsleistungen, sowie Vermittlung von Reisen (Touristik) ist Teil der Betrachtung.
Der Forschungsansatz ist die Befragung von Experten, i.d.R. Führungspersonal von Großunternehmen aus den jeweiligen Marktsegmenten (Branchen) des Retail Business und in einem späteren Schritt der Verbraucher direkt.
Zur Konkretisierung des weiteren Bereichs, werden nachfolgend die Begriffe und betrachteten Teilnehmer definiert und abgegrenzt.
4.1. Definitionen und Abgrenzungen des Retail Marktes
Die Worte „Retail“ oder „Retail Business“ können aus dem Englischen mit Einzel- oder Detailhandel übersetzt werden. Der Begriff „Retail Business“ steht hierfür mehr für die Branchenbezeichnung.[1] Im Rahmen dieser Arbeit wird deshalb auch nur der Begriff Retail Business verwendet.
Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert den Begriff „Einzelhandel“ nach institutioneller Interpretation als „Absatz von Waren an Letztverbraucher“ und nach funktioneller Interpretation als „Absatz von Waren und sonstigen Leistungen an Letztverbraucher“ und umfasst damit auch Geschäftsbeziehungen von Herstellern, Groß- und Einzelhändlern an Konsumenten.[2] Ersterer umfasst die gesamte Aufgabe des Handels, d.h. den Ausgleich der „Spannungen zwischen den Vorgängen der Produktion und der Konsumption“ in „räumlicher, zeitlicher, qualitativer und quantitativer Hinsicht“[3]. Der funktionale Handelsbegriff kann auch mit dem Begriff Distribution gleich gesetzt werden.[4]
In nachfolgender Arbeit werden die Begriffe Retail Business, Einzelhandel und Handel gleichgesetzt. Betrachtet werden Unternehmen, die Teil der direkten Distributionskette zum Endkunden (Verbraucher) sind. Nicht Gegenstand der Betrachtung im Rahmen dieser Arbeit sind Unternehmen, die bspw. Betriebsstoffe, Investitionsgüter, Vorprodukte oder gar Rohstoffe liefern.
4.2. Segmentierung und Typisierung im Retail Business
4.2.1. Segmentierung nach gängigen Kriterien
Das Feld des Retail Business kann nach sehr unterschiedlichen Kriterien charakterisiert werden. Sucht man in der Literatur nach einer einschlägigen Systematisierung, so findet man ein sehr uneinheitliches Bild[5].
Im nachfolgenden werden deshalb zum Überblick die wichtisten Kriterien wie Handelsweg, Fachbereich, Betriebsform und Größe, Standort, Preisniveau - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - exemplarisch aufgezeigt. Daraus ergibt sich ein umfassender Überblick über die gängigen Segmentierungsversuche (vgl. Abb. 2).
Kriterium Handelsweg[6]:
Hier wird z.B. zwischen Hersteller, Einzelhändler, Großhändler (Direktvertrieb) oder Katalogvertrieb (traditioneller Versandhandel), Internetshop (Electronic Retailing), stationärem Handel (Ladengeschäfte) oder ambulanten Handel (Straßenhandel) unterschieden.
Kriterium Fachbereich oder Branche, bzw. Warengruppen und –arten, auch als Warenkreis bezeichnet[7]:
Eine Segmentierung nach Fachbereichen könnte z.B. eine Aufteilung nach dem Verkauf von Lebensmitteln, Elektronik, Bekleidung, Schuhen, Brillen und Hörgeräten, Schmuck, Sportartikeln und Spirituosen sein.
Kriterium Sortimentsbreite und Marktbearbeitungssysteme (siehe auch Betriebsform)[8]:
Die Sortimentsbreite bestimmt die Verschiedenartigkeit, die Sortimentstiefe die Vielfalt der Varianten. Als Marktbearbeitungssystem werden die Formen der Bedienung verstanden, also Verkäuferbedienung, partielle Selbstbedienung oder totale Selbstbedienung. Hier ergibt eine Segmentierung die Gliederung in z.B. Fachgeschäfte, Discounter, Großflächenanbieter (Warenhäuser) oder Kaufhäuser etc.
Kriterium Betriebsform[9]:
Die bekannten Betriebsformen des stationären Handels sind: Fachgeschäfte, Spezialgeschäfte, Boutiquen, Gemischtwarengeschäfte, Warenhäuser, Kaufhäuser, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Selbstbedienungs-Warenhäuser, Discounter, Automatenhandel, Kioske, Convenience Stores, Fachmärkte, Off-Price-Stores und Factory-Outlets. Im nicht stationären Handel ist zwischen traditionellem Versandhandel und Electronic Retailing zu unterscheiden.
Kriterium Umsatzverfahren/Marktbearbeitungssystem[10]:
Eine Unterscheidung erfolgt hier nach den Kriterien Verkäuferbedienung, partielle Selbstbedienung (Vorauswahl), totale Selbstbedienung, Automatenbedienung, Katalogbedienung, Bedienung über elektronische Medien oder den sog. Multi-Channel-Handel. Hierbei werden verschiedene alternative Absatzwege verknüpft.
Kriterium Größe:
Eine Aufteilung nach der Größe trennt in Einzelunternehmen, Kleinfilialisten, Filialisten und Franchisesysteme.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 2: Beispielhafte Segmentierung von Unternehmen, eigene Aufstellung)
Kriterium Absatzpolitik[11]:
Die Merkmale genereller Rabattpolitik (Skonti, Boni ..) als Mengenrabatt oder Qualitätsrabatt (höhere Nachlässe bei Kauf einer höheren Klasse) könnten bei einer Differenzierung nach der Absatzpolitik dienen.
Kriterium Standort[12]:
Wird nach dem Standort segmentiert, wird üblicherweise zwischen City-Lage, Shopping-Center, Stadt-Nebenlagen und Außenlage unterschieden. Es könnte auch unterschieden werden, ob flächendeckend oder nur in bestimmten Standorten, z.B. Großstädten mit x-tausend Einwohnern, ein Geschäft eröffnet werden soll.
Das Kriterium Standort ist im Zusammenhang des Themas „Multi Channel Retailing“ zu betrachten. Der Direkthandel, der Standort im Zusammenhang mit einem „Internet-Konzept“ nimmt verstärkt Lösungsformen an. Hierzu lohnt es sich die 2012 aktuelle Marktoffensive von Media-Markt[13] oder von Mr.-Spex[14] zu betrachten.
4.2.2. Definition der Betriebsformen im Handel
In der Literatur werden die Begriffe Betriebstyp und Betriebsform gelegentlich als gleich-bedeutend betrachtet[15] oder es wird die Betriebsform vom Typ differenziert[16] (vgl. Abb. 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Abb. 3: Systematisierung von Einzelhandelsbetrieben, Quelle: nach Barth/Hartmann/Schröder 2007[17].)
Bei einer differenzierten Betrachtung steht der Begriff Betriebstyp häufig in Abhängigkeit von einem gewählten Systematisierungsmerkmal[18]. Demnach wären die oben genannten Segmentierungsversuche als Aufzählungen von möglichen Betriebstypen zu verstehen. Folgt man der mehr philosophischen Ansicht, das der Begriff Typ einem „Urbild“[19] an Systematisierung gleich kommen soll, so stellt sich die Frage welches Kriterium das richtige ist.
Im Rahmen dieser Arbeit wird auf diese Diskussion nicht weiter eingegangen. Der Verfasser dieser Arbeit versteht als Betriebsform die zugrunde gelegte Organisationsform im Sinne von Anzahl der Geschäfte, Fläche, Sortimentspolitik und Kundenbetreuungskonzept.
Im Nachfolgenden werden in diesem Sinne die wichtigsten Betriebsformen definiert. Als Fachgeschäft werden Betriebe bezeichnet, die ein enges Sortiment bei hoher Sortimentstiefe und meist hohem Service- und Beratungsniveau anbieten, z.B. für Elektroartikel oder Haushaltswaren. Im sog. Spezialgeschäft wir dieses Verhältnis der genannten Komponenten noch extremer, d.h. noch engeres und tieferes Sortiment und noch bessere Beratung. Beispiele für Fachgeschäfte sind die Optiker, Hörgeräteakustiker, Sportgeschäfte und Zoogeschäfte. Im modischen Bereich werden beide Betriebsformen auch als Boutique bezeichnet, z.B. Pelzboutique Pelz & Design Leonhard Hofstetter e.K. in Rötz.
Eine fast ausgestorbene Form ist das Gemischtwarengeschäft (oft im Volksmund auch als „Tante Emma Laden“ bezeichnet). Hier gibt es eine den örtlichen Bedingungen, meist dem täglichen Bedarf, angepasste Sortimentsbreite. Derartige Geschäfte sind i.d.R. nur Nahversorger. Heute noch oft anzutreffen ist diese Gruppe auf Campingplätzen.
Warenhäuser sind Betriebe mit einer Verkaufsfläche von mind. 3.000 m². Sie verfügen über eine hohe Sortimentsbreite und meist über ein tiefes Sortiment. Es wird der Grundsatz „alles unter einem Dach“ zu vereinen verfolgt. Die Beratung ist meist einfacher aber i.d.R. noch fachkundig angesetzt. Etwas kleiner ist das sog. Kaufhaus. Hier ist die Fläche zwischen 1.500 und 3.000 m², infolge die Sortimentstiefe schmaler sein muss. Hier ist meist die Beratungskompetenz ähnlich gering wie im Warenhaus. Ein Beispiel dafür ist Galeria Kaufhof.
Supermärkte verfügen über ein breites aber flaches Sortiment, die Konzentration liegt auf den Lebensmitteleinzelhandel und auf eine Selbstbedienungsorganisation. Als sinnvolle Fläche sind mindestens 400 m² anzusetzen. Zur Gruppe der Supermärkte gehören Kaufland, Real oder Edeka Center.
Eine Sonderform der Supermärkte sind die Discounter. Ziel ist das für den Verbraucher klar erkennbare Discountprinzip, d.h. die meisten Preise sind unterhalb des üblichen Preisniveaus angesetzt. Das Sortiment ist nur begrenzt in Breite und Tiefe darstellbar, der Service ist, wenn überhaupt vorhanden, auf Massenbedienung durch Service Center für Anrufe und eMails angelegt. Bekannte Vertreter dieser Form sind Netto Markendiscount, Lidl oder Aldi.
Das Pendant, jedoch in Form großflächiger Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte mit breitem und tiefem Sortiment, dann noch günstigen Preisen und zahlreichen Angeboten, realisiert durch Selbstbedienung auf Flächen von mehr als 3.000 m² werden mit dem Fachterminus Selbstbedienungs-Warenhaus bezeichnet. Die Globus Märkte fallen beispielsweise in diese Kategorie.
Dazwischen liegen die Verbrauchermärkte. Auf Verkaufsflächen von 1.000 – 3.000 m² werden Lebensmittel mit relativ breitem und tiefem Angebot bei Selbstbedienung angeboten. Ähnliche sind Themenmärkte, wie z.B. Baumärkte, für spezielle Warenbereiche bekannt. Diese werden dann als Fachmarkt bezeichnet. Hier erhält der Kunde ergänzend eine Fachberatung bei Bedarf, muss sich jedoch überwiegend selbst informieren und bedienen. Die Preisstrategie ist i.d.R. aggressiv und das, obwohl das Service-Niveau hoch bleiben soll, z.B. Bauhaus, Obi oder Praktiker.
Sog. Ein-Pfennig-Märkte, bieten Non-Food-Artikel zu aggressiven Preisen, bei Selbstbedienung und i.d.R. ohne Service an. Meist handelt es sich um Überschuss-, Auslauf- und Zweite-Wahl-Markenware. Der Terminus Technicus hierfür ist Off-Price-Store. Die Ladengruppe Kik könnte z.B. unter dieser Form eingeordnet werden.
Etwas weniger aggressiv, aber meist sehr günstig werden diese Waren auch von den Herstellern direkt in sog. Factory-Outlets angeboten. Das Ingolstadt oder Wertheim Village sind bekannte Beispiele für Factory-Outlet-Center.
Zu den Betriebstypen gehört auch der Automatenhandel. Hier erfolgt der Verkauf an spezifisch ausgewählten Verkaufspunkten (Points of Sale), z.B. in Bahnhöfen, Kantinen, Schulen etc. durch rein mechanische Abwicklung. Meist wird eine Vielzahl von Automaten durch ein Unternehmen betrieben. Coca Cola mit seinen Niederlassungen oder Zigaretten Ostermeier aus München sind Beispiele dafür.
Die wohl kleinste Betriebsform ist der Kiosk. Er kennzeichnet sich durch sehr geringe Verkaufsfläche, sehr enges und flaches Sortiment. Die Bedienung erfolgt häufig durch den Inhaber selbst. Kioske finden wir z.B. heute noch am Bahnhof, in Freibädern etc.
Die bisher genannten Formen gehören alle zur Gruppe des stationären Handels. Im „nicht-stationären“ Handel ist die traditionelle Form der Katalogversandhandel. Die Bestellung kann schriftlich, mündlich (Call Center) oder per elektronischer Medien erfolgen. Eine Unterscheidung in Fach-, Spezial-, Sortiments- und Universalhandel ist möglich. Das Besondere ist das meist sehr breite Angebot und die Abwicklung des Geschäfts per Post und Lieferservice. Hier bekannte Namen sind z.B. Quelle, Heine Versand, Tchibo Versand[20], oder Neckermann.
Als spezielle Form ist heute der Elektronische Handel, das Electronic Retailing [21] herauszuheben. Wie schon genannt, gibt es in diesem Bereich teilweise Wachstumsraten von über einhundert Prozent. Die Präsentation und Abwicklung erfolgt ausschließlich über elektronische Medien. Es ist u.a. bekannt als Tele-Shopping, Interaktives Fernsehen oder Internet-Shopping. Der wohl bekannteste Vertreter ist hier Amazon.de.
Vereint ein Betrieb mehrere der genannten Typenmerkmale, im Sinne von Absatzkanälen, dann spricht man von einem Mehrkanalsystem [22] . Dieses wird häufig auch als Multi-Channel-Strategie [23] bezeichnet. Zum Beispiel betreiben traditionell stationäre Einzelhandelsunternehmen, wie die Modekette C&A oder der Discounter Lidl seit kurzem sowohl das stationäre Filialgeschäft und einen stark wachsenden Internethandel. Eine strategische Entscheidung darüber, welche Betriebsform oder Kombination von Absatzwegen im Sinne des Multi-Channel-Retailing die größten Erfolge verspricht, setzt die Kenntnis der Umfeldfaktoren voraus.
4.2.3 Branchen des Retail Business
Es gibt derzeit keine wissenschaftliche Aufteilung des Retail Business in spezielle Branchen.
5. Eingesetzte Methoden
Der Verfasser hat nachfolgende Methoden für die Beweisführung der Forschung innerhalb der Dissertationsschrift vorgesehen:
- Die Delphi Expertenbefragung
- Das “Picture of the Future”
- Die Konsumentenbefragung
- Die literaturwissenschaftliche Bearbeitung
- Sofern erforderlich: Spezielle Experimente
Die Delphi-Befragung ist ein in den 40er Jahren von RAND-Corporation entwickeltes Verfahren um Expertenmeinungen zu analysieren und zusammen zu führen. Der Ablauf erfolgt in mehreren Durchgängen. Nach einer ersten Befragung und Information der Teilnehmer (1. Runde) werden die Teilnehmer zu den möglichen Lösungen mit Wahrscheinlichkeiten befragt. Mit der Zeit soll sich eine Konvergenz und Verengung des Lösungsbereichs ergeben. Es liegt die Annahme zu Grunde, Experten würden die Zukunft besser kennen als andere und die Meinung mehrerer Experten prognostizieren nicht schlechter als ein einzelner. Oder anders, die Gruppe würde zu einem wahrscheinlicheren Ergebnis kommen. Ein Problem könnte bestehen, wenn weniger sichere Teilnehmer sich der Gruppenmeinung deshalb anschließen und dann das Ergebnis sich in Richtung der Allgemeinheit konvergiert. Deshalb sollten Delphi-Schritte auch nicht mit zu häufigen Wiederholungen durchgeführt werden.[24] Mit der Delphi-Befragung werden die großen Eckpunkte der Thesen und Erfolgsfaktoren ermittelt.
Das „Picture of the Future“ ist eine Kreativitätstechnik. Sie soll als Fiktion die Eindrücke und das Bild einfangen, welches dann als Grundlage für weitere Diskussionen dienen kann. Siemens verwendet diese Technik beispielsweise für Strategietagungen. Das „Picture oft the Future“ ermöglicht den Delphi-Teilnehmern ein schnelles einfinden in die Situation aus der ersten Runde und wird später dem Leser zum gleichen Zwecke zur Verfügung stehen.
Die Befragung von Konsumenten wird im Rahmen dieser Dissertation als Mittel eingesetzt, um die Ergebnisse aus den Delphi-Befragungen am Markt zu evaluieren. Hierbei werden voraussichtlich 500 Teilnehmer online befragt und die Ergebnisse mittels SPSS (IBM-Software für statistische Auswertungen) ausgewertet.
Für die Erstellung der Grundlage für die erste Delphi-Runde und zur Fundierung der Ergebnisse wird ein umfangreiches Literaturstudium durchgeführt. Von 2008 bis 2012 werden die deutschen Zeitungen Handelsblatt und Financial-Times nach Artikeln zum Thema Handel und Retail Business durchforstet und die Inhalte ausgewertet. Der Sonderteil der Financial-Times-Deutschland zu den sog. 42 „kreativen Zerstörern der deutschen Wirtschaft“ diente darüber hinaus einer gesonderten Auswertung. Interessant ist hier, dass die untergeordnet dargestellte Größe und damit Empfehlung des Verfassers, verstärkt auf „Green- oder Blue-Technologie“ zu achten heute bereits an Bedeutungsgröße stark zugenommen hat.
Sofern möglich, sind Experimente vorgesehen. Zum Zeitpunkt testet ein Mandant des Verfassers eine Lösungsalternative aus, die voraussichtlich bereits in der Dissertation anonym dargestellt werden könnten.
6. Hypothesen
Die nach den ersten Schritten identifizierten Thesen (Hypothesen) lassen sich wie folgt beschreiben:
6.1. Die sieben Thesen zur Zukunft des Retail Business
These 1: „Die Einschätzung des Verbrauchers wird zunehmend schwieriger!“
Die Daten aus der Demoskopie zeigen deutliche Veränderungen in den nächsten Jahren auf. Der Verbraucher wird noch mehr heterogen als er bereits heute ist. Der Anteil der Single-Haushalte wird ungebrochen steigen. Die Gruppe der „Alten“ wird auf fast die Hälfte der Bevölkerung anwachsen. Die Anzahl der „Geringverdiener“ wird steigen.
Die Internet- und Mobilshoppingumsätze werden stark wachsen, sowie der professionelle Umgang mit medialer Technik wird in allen Altersklassen normal sein. Die sensiblen Erwartungen der Verbraucher steigen zunehmend. Die Merkmale des Käufermarktes werden immer deutlicher und massiver in allen Branchen spürbar.
These 2: „Die Einstellung, hier als Mind Set bezeichnet, verschärft sich deutlich!“
Die Kunden sind kritischer und wechselbereiter. Sie agieren in immer mehr Bereichen als hybride Konsumenten (Billig & Marke zugleich). Sie fühlen sich dabei gut und haben kein „schlechtes Gewissen“ wenn sie den als „added value“ beigefügten Service meist kostenlos nutzen.
These 3: „Das Preisbewusstsein steigt weiter!“
Nicht nur Krisen werden den Konsumenten noch preiskritischer machen. Auch das für nahezu alle Produkte vorherrschende Überangebot und die wachsende Transparenz über die Märkte steigert die Verbrauchermacht. Es steigt damit auch der Kampf um die Kundengunst zwischen den Konkurrenten. Günstige Preise werden für den Verbraucher immer selbstverständlicher und gewinnen noch mehr an Bedeutung.
These 4: „Skandale werden den Verbraucher nach mehr Vertrauen suchen lassen!“
Lebensmittelskandale, Bankenzusammenbrüche, Mitarbeiterausbeutung, Schadstoffe in Materialien bei Kinderspielzeugen, in Kleidern …, die Liste der Verbraucherverunsicherung ist lang. Hoher Kostendruck und schwache ethische Prinzipien lassen schnell, insbesondere im Rahmen einer Globalisierung, neue Skandale entstehen.
[...]
[1] Pons 1990, S. 551, siehe auch http://dict.leo.org.
[2] Gabler 1988, S. 1460.
[3] Barth, Hartmann, Schröder 2007, S. 1.
[4] Barth, Hartmann, Schröder 2007, S. 1; auch bei Schobesberger 2007, S. 11.
[5] Barth, Hartmann, Schröder 2007, S. 88.
[6] Madl 2004, S. 42.
[7] Barth/Hartmann/Schröder, S. 44.
[8] Barth/Hartmann/Schröder, S. 47.
[9] Schobesberger 2007, S. 19.
[10] Barth/Hartmann/Schröder, S. 1 ff.
[11] Barth/Hartmann/Schröder, S. 42 ff.
[12] Meyer 1960, S. 68 ff.; siehe auch Lubbe 2002, S. 4.
[13] www.mediamarkt.de
[14] www.misterspex.de
[15] Glöckner-Holme 1988, S. 20.
[16] Barth/Hartmann/Schröder, S. 44.
[17] Barth/Hartmann/Schröder, S. 89.
[18] Barth/Hartmann/Schröder, S. 88.
[19] Typ (griech.) – Philos. Urbild, siehe Duden 1996.
[20] Tschibo ist auch gleichzeitig ein gutes Beispiel für den Multikanal-Vertrieb.
[21] Schramm 2003, S. 10 ff.
[22] Schröder 2005, S. 1 ff.
[23] Riekhof 2008, S. 204.
[24] Gabler Wirtschaftslexikon, 12. Auflage, Verlag Dr. Th. Gabler, Wiesbaden 1988, S. 1174.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Kfm., M.B.A. Jürgen Donhauser (Autor:in), 2012, Zukunft im Europäischen Retail Business, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270592
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